Wissenschaft & Technik

Dienstag, 9. Dezember 2008

Eine Erfindung, die die Welt verändert

Vielleicht wird durch einen technischen Durchbruch der Alptraum aller Geheimdienste bald wahr: eine Verbindung, die aus physikalischen Gründen nicht unbemerkt abgehört werden kann:
Durchbruch in der Quantenkommunikation. Die Quantenkommunikation ermöglicht es, vertrauliche Informationen, z. B. Kreditkartennummern, mit absoluter Sicherheit zu übermitteln. (Genauer gesagt bedient man sich hierzu der Quantenkryptographie.) Will man mithilfe der Quantenmechanik verschlüsselten Daten über große Entfernungen übertragen, muss man der unvermeidbaren Abschwächung des übermittelten Signals entgegenwirken. Deswegen werden zur Herstellung einer Verbindung Zwischenstationen, so genannte Quanten-Repeater, benötigt, die einen speziellen Speicher besitzen. Die bisher mögliche Speicherzeit begrenzte die Kommunikationsdistanz auf wenige Kilometer.

Nun haben Physiker um Professor Jian-Wei Pan von der Universität Heidelberg zusammen mit Kollegen der University of Science and Technology of China und der Technischen Universität (TU) Wien diesen Quantenspeicher so verbessert, dass eine Quantenkommunikation auch über größere Distanzen möglich ist. Die Wissenschaftler erwarten, dass durch die weitere Verbesserung ihres Speichers in den kommenden Jahren die maximalen Übertragungsdistanzen so weit gesteigert werden, dass ein sicheres Kommunikationsnetz mit Quanten-Repeatern für ganz Europa möglich wird.

Welche Konsequenzen ein überall verfügbares, absolut abhörsicheres Kommunikationsnetz haben wird, kann man heute nur vermuten. Schon die allgemein verfügbare, sehr sichere "starke Kryptographie", die Programmen wie PGP zugrundeliegt, bereitet den Behörden Sorgen.
Eine Reaktion auf verschlüsselte Kommunikation ist die
Quellen-Telekommunikations-Überwachung, bei der ein auf dem Computer, mit dem z. B. über Skype telefoniert wird, heimlich ein Programm installiert, welches die Kommunikation vor der Verschlüsselung mitschneidet. Auch der viel diskutierte (und wahrscheinlich technisch nicht realisierbare) "Bundestrojaner" entspringt dem Wunsch, die (praktisch nicht brechbare) Verschlüsselung zu umgehen.
Letzten Endes beruht auch die Quantenkryptographie auf herkömmlichen starken Schlüsselverfahren, beseitigt aber die Schwachstelle: den Schlüsseltausch. Die Sicherheit der verschiedenen Verfahren der Quantenkryptografie entsteht dadurch, dass ein Angreifer, der die Schlüsselübertragung abhört, bemerkt wird. Stellt man fest, dass die Übertragung belauscht wurde, verwirft man den übertragenen Schlüssel und beginnt die Schlüsselerzeugung und -übertragung neu. Auch Man-in-The-Middle-Angriffe, die z. B. beim Online-Banking mittels TAN ein Risiko darstellen, und die - vielleicht - eine Möglichkeit darstellen könnten, Software zur "Online-Überwachung" ohne Wohnungseinbruch zu installieren, können in der Quantenkryptografie ausgeschlossen werden.

Ob die Quantenkryptographie das faktische Ende des Überwachungsstaats bedeutet, oder im Gegenteil die Entwicklung hin zum Polizeistaat beschleunigt, lässt sich leider nicht sagen.

Eines ist aber gewiss: es wird unsere Welt verändern. (Und die Schäubles dieser Welt noch mehr verwirren.)

Noch etwas - nicht die Welt, aber unseren Alltag veränderte diese "kleine" große Erfindung: Vor genau 40 Jahren wurde die
X-Y-Positionsanzeigesteuerung für die Bewegung per Hand über eine beliebige Oberfläche zur Verschiebung eines Positionsanzeigers auf dem Bildschirm
vorgestellt.

Freitag, 28. November 2008

Claude Lévy-Strauss wird heute 100

Claude Lévi-Strauss ist schon lange der "große alte Mann" der Ethnologie bzw. Kulturantropologie,und wurde berühmt als einer der Begründer des Strukturalismus (obwohl er sich dagegen verwehrt, zu dieser philosophischen Richtung gezählt zu werden) und als Vorkämpfer der Kolonialismus- und Zivilisationskritik.

Die "Bricolage" (Bastelei), ist ein zentraler Begriff in Lévi-Strauss' Werk. Mit dem Bild des Bastlers, erklärt er die Entstehung und Weitergabe von Mythen. Ein Bastler erfindet nicht etwas völlig Neues, sondern improvisiert, er kombiniert das, was er gerade zur Hand hat. Statt radikal anzufangen, transformiert der Bastler das Bestehende, indem er es auf originelle Art und Weise zusammensetzt. Ein, wie ich finde, großartiges Bild.

Lévi-Strauss nennt die Psychoanalyse die moderne Form der schamanischen Technik. Dafür könnte ich ihn umarmen.

Es heißt, er hätte von Grund auf unser Bild vom Menschen verändert. Mag sein. Er hätte das "primitive" Denken rehabilitiert und dazu beigetragen, den Eurozentrismus zu überwinden. Wenn damit gemeint ist, dass Lévy-Strauss gegen ein zu einseitiges Verständnis der menschlichen Rationalität hinwies, und die fruchtbaren Funktionen von Mythen, Bräuchen und Traditionen ins Bewusstsein rückte, stimmt das. Aber der Eurozentrismus, die kulturelle Arroganz gegenüber den "Primitiven" ist leider noch nicht überwunden.
Lévy-Strauss tritt dafür ein, gegenüber allen Bräuchen und Sitten eine neutrale Haltung einzunehmen. Für die Kulturwissenschaften ist das richtig und wichtig, aber es stellt sich meiner Ansicht nach die Frage, ob sein extremer Kulturrelativismus, in Verbindung mit seinem Universalismus der Strukturen, nicht auch die politischen, ökonomischen und kulturellen "Eliten" dazu verführen könnte, sich vor moralischer Verantwortung zu drücken.
Auch seinen Kulturpessimusmus halte ich für nachvollziehbar, aber nicht immer für angebracht. Aber dafür, dass "Antiwestler" bis ins neurechte Lager seine Ansätze instrumentalisieren, kann er meiner Ansicht nichts.

Seine Werke werden, denke ich, nicht nur deshalb bestand haben, weil er ein hervorragender Schriftsteller ist. Mir wurde, wie vielen anderen auch, Lévy-Strauss durch seinen Bestseller "Traurige Tropen" bekannt. Es ist schon über ein halbes Jahrhundert her, dass sein sehr persönlich gefärbter Reisebericht erschien. Er berichtet darin von seinen in den 1930er-Jahren unternommenen Expeditionen zu den Indio-Stämmen der Boróro, Nambikwara, Mundé und Tupí-Kawahib in Brasilien.

nzz: Der Blick der Katze

taz: Mythen, Musik, Bastelei

Die Presse: Claude Lévi-Strauss: Auf der Spur des nackten Menschen

Dienstag, 11. November 2008

Schallschutz für Musiker - zum Nachbauen

Auch wenn ich selbst nicht musiziere, habe ich in meinen Freundes- und Bekanntenkreis etliche Musiker, und kenne daher das Problem: Musiker gefährden mit der eigenen Musik ihre Ohren. In einer Wagner-Oper können Werte von 120 Dezibel (dB) und mehr erreicht werden - das entspricht einem Presslufthammer oder einem startendem Flugzeug direkt neben der Startbahn. Hinzu kommt, dass einige technische Lösungen, die für die ähnlich lautstarken Rockbands entwickelt wurden, für ein klassisches Orchester nicht praktikabel sind.
Bei einer typischen Rockband (ohne Bläser) ist von den Instrumenten nur das Schlagzeug tatsächlich laut: der Schall wird von den Lautsprecherboxen nach vorne abgestrahlt, weshalb auf der Bühne nur der reflektierte Schall ankommt. Infolgedessen hört man sich sich auf der Bühne selbst nicht spielen oder singen, weshalb auf der Bühne kleinere Monitorboxen stehen - idealerweise für jeden Musiker eine. Dennoch ist der Schallpegel auf der Bühne hoch, weshalb speziell angepasste Gehörschutzstöpsel bei Rockmusikern weit verbreitet sind.

Bei Orchestermusiker genießt der Gehörschutz hingegen kein hohes Ansehen. Nur etwas mehr als 16 Prozent der befragten Musiker verwenden ihn. Zwar mindert ein solcher Gehörschutz die Lautstärke gleichmäßig über alle Tonhöhen hinweg, anders als bei billigen Ohrstöpseln, die vor allem hohe Töne dämpfen. Aber auch diese speziellen Musikerstöpsel unterscheiden nicht zwischen Musik und Sprache, die Musiker verstehen bei den Proben ihren Dirigenten nicht mehr.
Bei Bläsern kommt ein weiteres Problem hinzu: Mit einem Ohrstöpsel hört man mehr Körperschall als zuvor. Der Schall pflanzt sich vom Instrument, das per Mundstück oder Rohrblatt an oder zwischen den Lippen sitzt, über die Schädelknochen fort. Der Bläser kann bei starkem Körperschallanteil seinen Ton nicht mehr so kontrollieren wie gewohnt.
Der Ausweg sind Schallschutzschilde. Aber auch die sind bisher nur selten befriedigend. Sie dürfen den Schall nicht direkt zum Spieler zurückwerfen und müssen außerdem einfach aufzubauen und einzurichten sein.

Braunschweiger Wissenschaftler um Ingolf Bork, Ingenieur für Geräuschmesstechnik an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und selbst aktiver Pianist und Tonmeister, haben nun eine Lösung für dieses Lärmproblem gefunden. Sie entwickelten einen Schallschutzschirm, der im kritischen Bereich oberhalb von 250 Hertz den Schallpegel am Ohr des Musikers um bis zu 20 dB senkt und mit wenig Aufwand nachgebaut werden kann.

Der neue PTB-Schirm dagegen, den Bork entwickelt hat, ist im oberen Teil geknickt und leitet den Schall über den Kopf des vorne sitzenden Spielers nach oben hinweg. Außerdem sind die kommerziellen Schirme oft viel zu klein, um eine wirksame Schutzwirkung zu erreichen. Bork hat seinen Schirm daher groß gehalten.
Der Schutzschirm ist nicht patentiert und kann von jeder Bühnenwerkstatt nachgebaut werden, eine Bauanleitung gibt es von der PTB.
Quelle: Pressemeldung der PTB: Wenn's beim Fortissimo in den Ohren klingelt.

Samstag, 18. Oktober 2008

Psychologische Aspekte der Finanzmarktkrise

Kein Scherz, sondern das Ergebnis einer seriösen Studie einer Forschungsgruppe um Professor Markus Knauff aus der Abteilung Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung der Universität Gießen: Börsenmakler können nicht logisch denken (scinexx.de)

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Deutscher Zukunftspreis: die Kandidaten stehen fest

Wie Stammleser meines Blogs wissen, liegen mir von den zahlreichen in Deutschland verliehenen Preisen nur wenige am Herzen. Obwohl ich ihn schon mal spöttisch "Deutschland sucht den Super-Erfinder" nenne, halte ich den "Deutschen Zukunftspreis" für einen der (wenigen) sinnvollen Preise.

Nominiert sind:
  • Das Herzstück solarthermischer Kraftwerke: Hochleistungsreceiver als Energiesammler
    Dr. Nikolaus Benz
    Dr. Thomas Kuckelkorn
    Schott Solar CSP GmbH , Mitterteich
  • Mitwachsende Herzklappen zur Implantation im Kindesalter
    Prof. Dr. Axel Haverich (Sprecher)
    Dr. Serghei Cebotari
    Dr. Michael Harder
    Medizinische Hochschule Hannover
    corlife GbR, Hannover
  • Smarte Sensoren erobern Konsumelektronik, Industrie und Medizin
    Dr. Jiri Marek (Sprecher)
    Dr. Michael Offenberg
    Dr. Frank Melzer
    Robert Bosch GmbH, Reutlingen
    Bosch Sensortec GmbH, Reutlingen
  • Professionelles Digitales Drahtlos-Mikrofonsystem
    Professor Dr. Jörg Sennheiser
    Dipl.-Ing. Gerrit Buhe
    Sennheiser electronic GmbH & Co. KG, Wedemark
Mehr über die Nominierungen: Deutscher Zukunftspreis: Kandidaten stehen fest

Verleihung der Auszeichnung am 3. Dezember 2008

Dienstag, 16. September 2008

LHC Atlas - "A New Hope" & "The Particles Strike Back"

Unter als dem apokalyptische Hype um "Schwarze Löcher", die im
Large Hadron Collider (LAC) entstehen könnten, gerät die Frage, was denn eigentlich am LAC erforscht wird, leider total ins Hintertreffen:
Laut einer Sat.1 Teletext-Umfrage haben 85 % Teilnehmer, davor Angst, dass ein im LHC produziertes Schwarzen Loch die Erde und die Menschheit verschlingen könnte.
Armes Deutschland! Es bestätigt sich leider mal wieder:
"Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der Bild. Und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht, aus: Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht!" (Die Ärzte)
Wobei die Bild leider nicht allein steht: Worüber wurde im Fernsehen berichtet, nicht nur im piraten, sondern auch im öffentlich-schwächlichen? Welche "Experten" wurden interviewt? Wie sehr wurde das alte Prinzip, nur eine schlechte Nachricht sei eine gute Nachricht, beherzigt? Weltuntergänge verkaufen sich gut, das wissen nicht nur die Zeugen Jehovas.

Aber nun zu dem, was am CERN in Genf wirklich gemacht wird.
Eines der Experimente am LHC ist ATLAS.

Zwei Videos über ATLAS, die sogar jene mögen dürften, die im Physikunterricht immer eingeschlafen sind (wie ca. 85 % der Teilnehmer an der SAT.1-Umfrage):

The ATLAS Experiment: Episode I - "A New Hope"


The ATLAS Experiment - Episode II - "The Particles Strike Back"
Teil: 1


Teil 2:


Es handelt sich wohlgemerkt um offizielle CERN-Videos!

Ein cooles inoffizielles LHC-Video stellte ich vor einigen Wochen hier vor.

Die offizielle ATLAS Website. (In jeder Hinsicht: sehenswert!)

Allgemeinverständlich und auf Deutsch: Welt der Physik: LHC

Sonntag, 14. September 2008

Paradigmenwechsel zum Elektroauto

Noch vor gar nicht so langer Zeit spielte das klassische batteriebetriebene Elektro-Auto in den Zukunftsstudien der Industrie eine Nebenrolle. Allgemein hieß es, Elektromobile seien langsam, lahm, hätten zu wenig Reichweite und zu schwere Batterien. Allenfalls würden sie als Zweit- oder Drittwagen für kurze Strecken im Stadtverkehr taugen. Nicht der Mühe wert.

Nur unter öffentlichem Druck oder aus Image-Gründen wurde das eine oder andere E-Mobil entwickelt. Der "Think City" von Ford z. B. entstand vor dem Hintergrund eines Gesetzesentwurf in Kalifornien (USA), welcher der Automobilindustrie auferlegte ab/bis im Jahre 2005 mindestens 10 % Fahrzeuge ohne Emissionsausstoß zu produzieren. Als dieses Gesetz unter Gouverneur Schwarzenegger kippte, wurde das entstandene Tochterunternehmen, die Think Group, wieder verkauft, und 440 E-Autos, bei denen der Leasingvertrag mit Ford ausgelaufen war, einfach verschrottet werden. Zum Glück war das nicht das Ende des Think Citys.

Aber ist das Elektro-Auto wirklich umweltfreundlich? Angeblich gibt es, wie ADAC-Sprecher Maximilian Maurer noch 2006 im "Spiegel" erzählte, Probleme mit der Batteriealterung, ungeklärte Fragen der Entsorgung, hohe Herstellungs- und Ersatzkosten - und angeblich kann die im Kraftwerk eingesetzte Primärenergie nur mit großen Verlusten auf die Straße gebracht werden.
Um es klar zu sagen: Maurer argumentierte nicht auf dem technischen Stand des Jahres 2006, sondern bestenfalls auf dem des Jahres 1986 - wahrscheinlich aber auf dem von 1966. Davon sind bei Einsatz von schwermetalfreien Lithium-Akkus, IGBT-Wechselrichtern, modernen Trafos und Drehstrommotoren allenfalls noch die Batteriealterung und Herstellungkosten ein Problem. Die Herstellkosten werden bei Großserienfertigung sinken. Bei der Batteriealterung gab es, wie unzählige Benutzer von akkugetriebenen Laptops, Werkzeugen und Kameras wissen, in den letzten Jahren enorme Fortschritte - es ist ziemlich sicher, dass dieses kleiner gewordene Problem in den nächsten Jahren vernachlässigbar klein wird. Ein Problem, dass Maurer gar nicht erwähnt, nämlich das der relativ langen Ladezeiten von 10 Stunden beim E-Smart fällt bei Privatwagen wenig ins Gewicht. Außerdem ist sie beim Tesla schon auf 3,5 Stunden reduziert - eine Ladung reicht bei vernünftiger Fahrweise für 350 km, was selbst für Fernpendler ausreicht. Bei Fahrzeugen, die ständig "auf Achse" sein müssen, etwa Taxis oder Lieferwagen, böten sich Wechselakkus an.

Auch die europäische Union will im Kampf gegen den Klimawandel künftig stärker auf Elektroautos setzen. EU will Elektroautos statt Biosprit.

Aber was ist mit dieser Greenpeace-Aktion gegen Elektro-Smarts?

Diese Aktion wendet sich nicht gegen die Elektroautos, sondern gegen den Stromanbieter RWE und dem Automobilkonzern Daimler.
Anfang September kündigten RWE und Daimler AG in Berlin an, in Hauptstadt ein Netzwerk von Aufladestationen für Elektroautos aufbauen und dieses mit 100 Fahrzeugen vom Typ Smart testen zu wollen. Daimler und RWE testen Elektroauto-Flotte in Berlin (Welt.de) Greenpeace - immerhin einer der Retter des "Think City" - initiierte gegen das Pilotprojekt sogleich eine Protestaktion. So bauten sie einen Smart zu einem „rosa Klimaschwein“ um und demonstrierten so vor dem Hotel in Berlin, wo die Pläne vorgestellt wurden. Wie "klimafreundlich" ein Elektroauto ist, entscheidet sich bei der Erzeugung benötigten Stroms. Nach Rechnung der Umweltschutzorganisation würden, wenn man den Energiemix der der REW gehörenden Kraftwerke zu Grunde legt, 113 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer abgeben werde, gegenüber 88 g/km beim beim selben Fahrzeug mit Dieselmotor. Allerdings läge der C02 Ausstoß, wie "Greenpeace" einräumt, beim statisch durchschnittlichen Strom aus einer deutschen Steckdose, bei etwa 78 g/km. Wenn der E-Smart mit Strom aus regenerativen Energiequellen betrieben würde, wäre er auch nach "Greenpeace"-Angaben eine "feine Sache".

Ein Elektrosmart benötigt rund 13 - 15 Kilowattstunden Netzstrom für 100 Kilometer, der kräftig motorisierte Elektrosportwagen Tesla Roadster ca. 20 kWh. (Ein Mittelklassewagen mit Platz für 4 Personen läge wohl dazwischen. Damit wären sowohl der E-Smart wie der Tesla bereits bereits jetzt günstiger im Unterhalt als ein entsprechendes Fahrzeug mit Benzin- oder Dieselmotor. Wenn man nur den Strompreis berücksichtig und die (bislang) hohen Kosten für die Akkus vernachlässigt, ist die Fahrt im Elektromobil spottbillig: Für den Preis von 1 Liter Benzin (heute 1,449 Euro für den Liter Super an der Tankstelle um die Ecke) bekommt man im Haushaltstarif 7,7 kWh Strom. Damit kommt ein Elektrosmart bei zügiger Fahrweise über 50 km weit.

Gemessen an der Energieerzeugung in Deutschland, würde ein 20 kWh Auto, etwa ein Tesla Roadster oder ein gut motorisierter Mittelklassewagen, nach Angaben des IFEU- und des Wuppertalinstitutes soviel CO2 ausstoßen wie ein modernes 3-Liter Auto. (Nach meiner eigenen Rechnung eher weniger.) Wenn ganz Deutschland mit E-Autos fahren würde, würde dies den Stromverbrauch nur um 16% steigern. Schon mit den Überschüssen der deutschen E-Werke ließen sich rechnerisch 10 Millionen Elektroautos (vollwertige Autos wohlgemerkt, bei einer Fahrleistung von 20.000 km pro Jahr) versorgen: heise: Rechnerisch laufen drei Atomkraftwerke nur für den Export. Da ein Elektroauto bzw. dessen Akku auch ein Energiespeicher ist, ist auch Strom aus "unzuverlässigen" Wind und Solarkraftwerken für Fahrzwecke geeignet.

Selbst der Aufbau einer Versorgungsinfrastruktur wäre kein allzu teures Unterfangen, jedenfalls verglichen mit dem Aufwand, den nur ein flächendeckendes Erdgas-Tankstellennetz erfordern würde.

Aber warum setzt dieser Paradigmenwechsel zum Elektroauto erst jetzt ein?
Ein Grund dafür ist, dass der Elektroantrieb mit Akkus die einzige "ölfreie" Antriebstechnologie ist, die in überschaubarer Zeit verfügbar ist (anders als etwa das Wasserstoff-Brennstoffzellen-Auto) und anders als etwa "Biosprit" nicht mit schwer kalkulierbaren ökologischen Folgen belastet ist.

Und warum erst jetzt? Sicher, weil es technische Neuerungen gegeben hat, sicher auch, weil das Öl-Problem (nicht ganz unerwartet) drängend geworden ist.
Ohne jetzt in Verschwörungstheorie einzusteigen, ist es offensichtlich, dass dem Elektroauto seitens der Mineralölindustrie reichlich Steine in den Weg gelegt wurden. Zum Beispiel kaufte Exxon Patente auf und verhinderte so, dass moderne NiMH Akkus in den in den USA gebauten Elektroautos wie dem EV-1 von GM oder dem schon erwähnten Ford Think City eingesetzt werden konnten. Die Mineralölindustrie hat ein Interesse daran, ihre vorhandenen Infrastruktur, vor allem ihr Tankstellennetz, auch nach dem "Ölzeitalter" weiter zu nutzen - am einfachsten mit "Biosprit", aber auch nach einem Übergang auf Wasserstoff / Erdgas bräute man ein Tankstellennetz. Eine Ladestation für ein Elektroauto ist ein kleiner Kasten mit Netzanschluß in der Garage oder auf dem Firmenparkplatz. (Auch der sehr lesenwerte "Spiegel"-Artikel: Fahren ohne Feuer überschätzt m. E. den Aufwand zum Aufbau einer E-Auto-Infrastruktur.) Mehr noch: bei einer generellen Umstellung auf E-Antrieb gäbe es für die Mineralölindustrie kein "Beyond Petroleum" mehr. Sie wäre, als Lieferant egal welcher Treibstoffe, aus dem Rennen. Mit einem flüssigen oder gasförmigen "Benzinersatz" könnte sie auch nach dem Ölzeitalter weitermachen.

Nicht so leicht nachvollziehbar ist, wieso die großen Automobilhersteller (mit der zeitweilige Ausnahme von Toyota) in Sachen Elektroauto bisher durch "negatives Marketing" oder gar Sabotage ihrer eigener Produktion auf. Es fällt auf, dass Elektro und andere "Öko-Autos" normalerweise den optischen Charme eines motorisierten utesacks oder einer Tupperdose auf Rädern haben und hinsichtlich ihre Leistungsmerkmale an der Nachfrage vorbeiproduziert wurden. Offenkundig waren viele dieser Ökomobile Alibi-Projekte, die belegen sollten, dass z. B. einfach niemand den 3-Liter-Lupo haben wollte. Auch die Negativ-Propaganda seiten z. B. des ADACs (siehe oben) ist nur schwer nachvollziehbar.

Siehe auch mein Beitrag: Kein elektrischer Jutesack.

Dienstag, 12. August 2008

Coole Hochenergiephysik

In Rap-Form informieren Physiker des LHC am CERN, woran sie eigentlich arbeiten - und warum Grundlagenforschung richtig cool sein kann: (Vorsicht, Lerngefahr!)

(Leider ist die Tonqualität nicht so doll.)

Wer meint, die Forschung am CERN sei realitätsfremd und anwendungsfern, und folglich Geldverschwendung, möge bedenken, dass er das hier ohne die Forschungsarbeiten am CERN nicht lesen könnte.
Am CERN wurde unter anderem auch die Idee des World Wide Web von Tim Berners-Lee auf den Weg gebracht. Das Web entstand 1989 als Projekt am CERN, das ursprüngliche Ziel des Systems war es, Forschungsergebnisse auf einfache Art und Weise mit Kollegen auszutauschen.
Derzeit ist man am CERN intensiv an der Entwicklung eines World Wide Grid beschäftigt, eines Systems für verteiltes Rechnen. Dieses wird benötigt, um die ungeheuren Datenmengen, die ab 2008 an den drei großen Experimenten (ATLAS, CMS, LHCb) des LHC anfallen, zu verarbeiten. Es wird spannend sein, mitzuerleben, was daraus werden wird.

Gefunden bei Eoraptor Log

Mittwoch, 2. Juli 2008

Tunguska-Katastrophe - Meteoritentheorie weiter erhärtet

Am Montag jährte sich zum 100. Mal die "Tunguska-Katastrophe". Sie gilt als eine der größten Naturkatastrophen der Neuzeit. Am 30. Juni 1908 ereigneten sich in der Nähe des Flusses Tunguska in Zentralsibirien nördlich des Baikalsees eine oder mehrere Explosionen, die auf einem Gebiet von über 2000 Quadratkilometern rund 80 Millionen Bäume umknickten. Die Kraft der Explosion wird auf fünf bis 30 Megatonnen TNT geschätzt. Das entspricht mehr als dem Tausendfachen der Hiroshimabombe.
Glücklicherweise ereignete sich die Katastrophe in einem sehr dünn besiedelten Gebiet. Viele Indizien deuten auf eine Meteoriten-Einschlag (Impakt) hin - da aber bisher kein Krater gefunden wurde, kursieren auch andere Theorie über das "Ereignis" - von recht plausiblen wie einer gewaltigen Methangas-Explosion bis zu so versponnenen wie einer durch ein Zeitloch "gefallenen" Atombombe.

Vor einigen Tagen schriebt Volkmar in seinem Eoraptor Log: Der Tunguska-Impakt: potenzieller Krater gefunden. Womit möglicherweise die Meteoriten-Theorie bewiesen wären. Unabhängig von diesem möglichen Krater gibt es weitere neue Erkenntnisse, die die Impakt-Theorie sehr stark erhärten:
Bei der Tunguska-Katastrophe ist es 1908 offenbar zu starken sauren Niederschlägen gekommen. Das schließen russische, italienische und deutsche Forscher aus Ergebnissen der Untersuchungen der Torfprofile des Katastrophengebietes. An der Grenze des Dauerfrostbodens von 1908 hatten sie deutlich erhöhte Werte der schweren Stickstoff- and Kohlenstoff-Isotope 15N und 13C festgestellt. Die maximale Anreicherung wurden für die Gebiete im Explosionsepizentrum and entlang der Flugbahn des kosmischen Körpers registriert. Erhöhte Konzentrationen von Iridium und Stickstoff in entsprechenden Torfschichten stützen die Theorie, dass die gefundene Isotopeneffekte eine Folge der Tunguska-Katastrophe sind und kosmische Ursachen haben. Schätzungen zufolge sind damals etwa 200.000 Tonnen Stickstoff auf die Tunkuska-Region in Sibirien herabgeregnet. "Extrem hohe Temperaturen beim Eintritt eines Meteoriten in die Atmosphäre haben dafür gesorgt, dass der Sauerstoff in der Atmosphäre mit Stickstoff zu Stickstoffoxid reagiert hat", sagte Natalia Kolesnikova am Montag gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti. Die Wissenschaftlerin ist eine der Autoren der 2003 im Fachblatt Icarus veröffentlichten Studie der Lomonosov-Universität Moskau, der Universität Bologna und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ).
Quelle, weitere Informationen und weiterführende Links auf der Website des Helmholz-Zentrum für Umweltforschung: Tunguska-Katastrophe: Beweise für sauren Regen stützen Meteoritentheorie

Dienstag, 13. Mai 2008

Na also ....

Europäer planen Einstieg in bemannte Raumfahrt (SpOn).
Wobei das "große Geheimnis", das SpOn da, enthüllt gar nicht so schrecklich groß war. ("Die Nachricht wurde in kleiner Runde lanciert. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Raumfahrtkonzern EADS Astrium hatten eine Handvoll Journalisten nach Bremen eingeladen. Vorab gab es kaum Informationen, nur nebulöse Andeutungen.") Jedenfalls nicht für den, der sich näher mit dem unbemannten Raumtransporter ATV befasst. Da verweise ich noch mal auf meinen Artikel Prestigeobjekt "bemannte Raumfahrt"? - In Europa eher nicht!, in dem ich darlegte, dass sich relativ "einfach" ein leistungsfähiges bemanntes Raumschiff aus dem ATV entwickeln ließe. Ein Raumschiff, dass durchaus leistungsfähiger sein könnte, als das in der Entwicklung befindliche "Orion"-Raumschiff der USA (geplanter Erstflug: 2014).

Da der "Prestige"-Effekt in der europäischen Raumfahrt eine eher geringe Rolle spielt, wird das Programm wahrscheinlich etappenweise angegangen werden, und zwar so, dass jede Etappe für sich ein voll nutzbares System ist. Die erste Etappe zum bemannten Raumschiff ist mit der erfolgreichen Flug des ATV 1 "Jule Verne" zur ISS schon zurückgelegt. Daraus aufbauend präsentierten EADS/DLR ihre Pläne für ein europäisches bemanntes Raumschiff. Dafür soll das ATV zunächst mit einer unbemannten Kapsel, mit der Nutzlasten von der ISS zur Erde zurückgeführt werden können, ausgerüstet werden. Der erst Start könnte 2013 erfolgen. Vier Jahre später, also 2017 könnte das System dann so modifiziert worden sein, dass ein erster bemannter Start erfolgen kann. Theoretisch ginge das auch schneller, wäre aber teurer - und das ist der kritische Punkt bei diesem Projekt.
Dieses Konzept wird in den nächsten Wochen/Monaten noch weiter durchgerechnet, dann könnte es im Herbst auf der Ministerratstagung beschlossen werden.

Mit einer fachkundigen Diskussion zu diesem Thema auf dem Raumcon-Forum ist zu rechnen ...

Hier eine Studie der EADS für ein bemanntes Raumschiff auf ATV-Basis (einschließlich Kostenvoranschlag): ATV Evolution - Executive Summary.

Nachtrag: Entwurf eines ATVs mit Rückkehrkapsel - als Zwischenschritt zum bemannten CTV:
ATV-Version mit Rückkehrkapsel
ATV mit Rückkehrkapsel - Bild: ESA

Für einige Verwirrung sorgt die Nachricht, dass auch die Entwicklung eines bemannten Raumschiffs in Zusammenarbeit mit Russland geplant ist:
NZZ: Raumgleiter mit Russland geplant.
ESA und ROSKOSMOS / ENERGIJA unterzeichneten eine Vereinbarung für gemeinsames bemanntes System.
Es handelt sich um eine Kapsel (keinen Raumgleiter!) mit bis zu 6 Sitzplätzen. Die Russische Seite soll die Kapsel liefern, die ESA das Service-Modul (mit dem Antrieb). Als Träger fungiert die neue ANGARA - Startplatz soll WOSTOTZNY sein. Im Laufe des nächsten halben Jahres sollen die konstruktiven Vorarbeiten abgeschlossen sein. Beteiligt sind auf Seiten der ESA EADS Astrium und Tahles Alenia Space, auf russischer ENERGIJA. Flugtests ab 2015, erster bemannte Start 2018.

Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Projekt für einen Sojus-Nachfolger, bei der die ESA eher "Zulieferer" wäre. Die Verhandlungen für dieses Projekt kamen lange Zeit nicht von der Stelle, so dass man darüber spekulieren könnte, ob der Durchbruch nicht mit den EADS-Plänen für ein eigenes bemanntes Raumschiff zusammenhängt. Die "Angara"-Trägerrakete ist noch nicht geflogen, deshalb der verhältnismäßig späte Zeitraum des Testflugs.

Hierzu auch im englischsprachigen "Russian Space Net": The Russian-European space cooperation to face moment of truth

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