doof-aber-gut

Freitag, 13. Februar 2009

Mobilfunk isoliert von Gott und der LHC ist ein Sternentor zur Hölle

Mobilfunk sorgt dafür, dass Gott uns nicht mehr erreichen kann. Das meint zumindest der (nach eigenen Angaben) Psychologe Ralf C. Maucher.
Ich hoffe ja sehr, dass es eine gut gemachte Parodie auf pseudoreligöse und pseudowissenschaftliche Scharlatanerien ist.
Auf jeden Fall ist es für Kenner pseudowissenschaftlicher und pseudoreligöser Spinnereien zum Schreien komisch:


Gefunden auf dem ScienceBlog - Gefahren des Elektrosmogs: Wie Mobilfunkmasten uns von Gott abschneiden.

Schon gewusst? Der LHC ist gar kein Teilchenbeschleuniger - sondern ein Sternentor, das ein Loch in den Van-Allen-Gürtel schießen soll, damit satanische Außerirdische - auch bekannt als gefallene Engel - auf der Erde landen können. Die bereiten dann alles für die Ankunft des Teufels vor.
Selbstverständlich stecken die Illuminaten und Freimaurern dahinter, die das CERN und die EU unterwandert haben:


In diesem Fall ist meine Hoffnung, dieses Potpourri aus der Hitparade der bescheuersten Verschwörungstheorien sei Satire, eher gering: allzu weit ist das nicht vom Weltbild Jan Udo Holeys alias Jan van Helsings entfernt, und der meint es ernst!
(ScienceBlog: LHC: Das Sternentor zur Hölle!)

Mittwoch, 31. Dezember 2008

Thor - der Film

Silvester - Zeit für einen Blick in die Zukunft.
Ausnahmsweise berichte ich in dieser Rubrik deshalb einmal nicht von einem existierenden "gut-doofen" Film, sondern einem Film, der (wenn alles gut geht) gute Aussichten hat, ein "gut-doofer" Film zu werden.

Bekanntlich diente der Donnergott Thor, der Sohn der Erde, bekannt und beliebt als Beschützer der Menschen vor Naturgewalten, u. A. zuständig für Regen und Fruchtbarkeit - als Vorbild für einen von Stan Lee erdachten und von
Jack Kirby
zeichnerisch realisierten Comic-Superhelden: The Mighty Thor.
Thor-272

In Zeiten wie diesen liegt die Frage nicht fern, ob nicht die heutigen Freunde / Verehrer dieses Gottes (zu denen ich mich zähle) die Comic-Version als "Blasphemie" betrachten. Von den mir bekannten Ásatrúar wüsste ich keinen, der das so sieht - auch wenn längst nicht alle den Comic-Thor mögen. Ich kenne zwar einen gewissen Allsherjargoden, der nach katholischem Vorbild gerne mal mit dem Begriff "Blasphemie" operiert, kann aber nicht sagen, wie dieser Herr zu Comics im Allgemeinen und "Thor" im Besonderen steht. Wenn "Thor" ihm persönlich nicht gefällt, wird er automatisch "blasphemisch" sein - so einfach ist das beim GGGoden!

Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass Nazitrus, z. B. der Marke Artgemeinschaft, "Thor" verabscheuen - wenn auch hauptsächlich deshalb, weil amerikanische Superheldencomics schon mal aus Prinzip "undeutsch" und "kulturzersetzend" sind, und selbstverständlich auch, weil Stan Lee und Jack Kirby Juden sind.
Was Thor angeht, weiß ich nicht, was er persönlich davon hält. Er hat allerdings Humor. Wie die meisten seiner Fans (außer den falschen).

Zum Filmprojekt: Der Film wird von Paramount produziert. Das Drehbuch für den Thor-Spielfilm wurde von Mark Protosevich ("I Am Legend") geschrieben (Joseph Michael Straczynski ("Babylon 5"), der für die "Thor"-Comic-Serie schreibt, soll das Scipt überarbeitet haben). Protosevich beschrieb im Dezember 2007 seinen Entwurf als eine Superhelden-Ursprungs-Story, allerdings nicht (wie im "normalen" Superhelden-Film) über einen Menschen, der Superkräfte entwickelt, sondern über einen Gott, der seine wirklichen Fähigkeiten entdeckt. Etwas rätselhaft ist seine Bemerkung, es sei die Geschichte eines alttestamentarischen Gottes, der ein Gott des neuen Testaments wird. (Ich war bisher der Ansicht, dass es in der Bibel nur einen Gott gäbe und das Thor - sowohl der Gott wie auch der Comic-Held - mit der Bibel herzlich wenig zu tun hätte.)
Lange Zeit war unsicher, ob das Filmprojekt je realisiert werden würde, und wenn, in welcher Form. Erst in diesem Monat (Dezember 2008) bestätigte Kenneth Branagh, dass er Regie führen wird. Wenn alles wie geplant läuft, wird der Film im Juli 2010 in die Kinos kommen.
Wer den "Mächtigen Thor" spielen wird, ist mir noch nicht bekannt, das Casting müsste theoretisch längst im Gange sein.

SFF-media: Branagh breaks silence about Thor movie
rottentomatoes:
Another superhero movie and "Thor" is coming

Weshalb ich bestenfalls mit einem "gut-doofen", aber nicht wirklich mit einen guten Film rechne, liegt daran, dass "The Mighty Thor" als Superheld vergleichsweise albern wirkt - jedenfalls im Vergleich mit seinen Marvel-Kollegen Spiderman, den X-Men, Ironman, Daredevil usw. - oder auch Batman (von DC). "Thor" hat, darin "Superman" ähnlich, einfach zu viele zu starke "Superkräfte", um für ein "erwachsenes" Publikum wirklich überzeugend zu sein.

Nicht zu verwechseln mit der Comic-Verfilmung ist ein isländisches Filmprojekt, das ebenfalls für 2010 angekündigt ist: eddische Mythen als computeranimierten Film - Thor the Movie. Die graphische Gestaltung der Helden lässt mich befürchten, dass der Film - egal, wie das Drehbuch mit den alte Mythen umgeht - Gefahr läuft, "doof" zu werden.

Wie man aus eddischen Texten einen charmanten, unterhaltsamen und der Mythologie inhaltlich gerecht werdenden Zeichentrickfilm macht, zeigte schon 1986 eine dänische Comicverfilmung: Valhalla nach den gleichnamigen Comicalben von
Peter Madsen.

filmplakat

Samstag, 13. Dezember 2008

Worauf manche Leute stolz sind ...

Burkhard Schröder, mitlerweile besser bekannt als Bomben-Burks (obwohl weder eine Bombe gebaut noch böse Bombenbauanleitungen ins böse, böse Internet gestellt hat), ist stolz auf das Ergebnis, das er im Welt-online-Quiz über das alte Rom erzielte:
Da bin ich doch mal richtig stolz - weil ganz ohne Google und andere Hilfsmittel geschaft! Nachmachen - aber nicht schummeln!
- Burks kam, wie man hier sieht: Aufstieg und Fall des römischen Reiches auf immerhin 28 richtige Antworten.

Mein Testergebnis - natürlich auch ohne Google und andere Hilfsmittel erzielt - kann man hier nachsehen. (Ich war bisher der Ansicht, mich in altrömischer Geschichte so halbwegs auszukennen.)

Weitere interessante - und viel relevantere - neue Beiträge bei Burks:
Beugehaft, Zwangsgeld, Hausdurchsuchungen
Der Datenschutz ist ein Käse

Und nicht ganz neu, aber sehr wichtig, ist das: Keine VDS für Tor-Nodes

Freitag, 12. Dezember 2008

Stoibers Vision wird Wirklichkeit - allerdings nicht in München ...

Wenn Sie vom S-Bahnhof in Barmbek mit zehn Minuten ohne daß Sie am Flughafen noch einchecken müssen dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen am … am S-Bahnhof in Barmbek starten Sie ihren Flug zehn Minuten — schauen Sie sich mal die großen Flughäfen an wenn Sie in Heathrow in London oder sonstwo meines Charles de Gaulle in äh Frankreich oder in äh in … in Rom wenn Sie sich mal die Entfernungen ansehen, wenn Sie Frankfurt sich ansehen dann werden Sie feststellen daß zehn Minuten Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen um ihr Gate zu finden — Wenn Sie vom Flug — äh vom S-Bahnhof starten Sie steigen in den S-Bahnhof Barmbek ein Sie fahren mit der S-Bahn in zehn Minuten an den Flughafen in an den Flughafen Hamburg-Airport dann starten Sie praktisch hier am S-Bahnhof in Barmbek — das bedeutet natürlich daß der S-Bahnhof im Grunde genommen näher an Hamburg an die hamburgischen Stadtteile heranwächst weil das ja klar ist weil aus dem S-Bahnhof viele Linien aus Hamburg zusammenlaufen.
Gefunden auf dem Barmblog Nord aus dem Hamburger Stadtteil Barmbek-Nord (dem Geburtsort von so bedeutenden Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt, Hans Apel, Ralph Giordano, Andreas Brehme, Lotto King Karl und Martin Marheinecke).

Hintergrund: Heute, am 12. 12. 2008, wird die neue S-Bahn-Strecke zum Hamburger Flughafen eröffnet.
Vom Hamburger Hauptbahnhof bis zum Flughafen braucht die S-Bahn nur 25 Minuten - was im Vergleich zu anderen Städten sehr schnell ist. (Und ganz ohne Transrapid.)

Samstag, 25. Oktober 2008

Aus der Wunderwelt der gut-doofen Filme, heute: Steampunk, familien-kompatibel: Der goldene Kompass

"Der goldene Kompass" ist eigentlich kein "gut-doofer" Film - jedenfalls in dem Sinne, in dem z. B. "Barbarella" "gut-doof" wäre.

Ich habe den Film seinerzeit im Kino gesehen, nun habe ich ihn mir noch einmal auf DVD angetan. Und ich finde den "Den goldenen Kompass" immer noch richtig gut. Aber zugleich noch ein Stück "doofer" als damals im Kino. (Die große Leinwand hat eben ihre eigene Magie - allerdings macht der von Kate Bush interpretierte Titel "Lyra", der den Abspann unterlegt, und der im Kino in Füssegetrappel und Aufsteh-Unterhaltung unterging, Einiges wett ... )

Die literarische Vorlage, der erste Teil der Trilogie His Dark Materials von Philip Pullman, gehört meiner Ansicht nach zu den originellsten Werken der neueren Fantasy bzw. Science Fiction - die Grenzen der Genres gehen in dieser Trilogie fließend ineinander über. Wobei ich persönlich der Ansicht bin, dass "His Dark Materials" Science Fiction ist - und zwar, was manche überraschen wird, zumeist recht realitätsnahe!
Genau so fließend ist der Übergang zwischen "Jugendbuch" und "Erwachsenenbuch". Ähnlich wie bei "Harry Potter" wird der Text mit zunehmender Reife der Hauptperson, Lyra, "erwachsener" - wobei auch der dritte Band für einen aufgeweckten jungen Leser verständlich sein dürfte. (Nicht so aufgeweckte junge Leser kapitulieren möglicherweise schon am Anfang. Im Gegensatz zu "Harry Potter" ist "His Dark Materials" wahrscheinlich nicht der Stoff, mit dem man junge Lesemuffel zum Bücherlesen bringt. Sehr wohl aber ein Stoff, der junge Leser jeden Alters fesseln kann.)

Für "Jugendbücher" typisch ist, dass es um aufregende Abenteuer eines jungen Protagonisten - in diesem Fall dem Mädchen Lyra - geht. Lyra lebt in einer Parallelwelt, die sich von unserer dadurch unterscheidet, dass jeder Mensch einen sichtbaren Dæmonen, einen ständigen Begleiter in Tiergestalt hat, der Teil der Seele seines Menschen ist und sich nie von ihm entfernt. In Lyras Welt ist Brittanien eine strenge Klassengesellschaft mit z. T. feudalen Zügen, die von einer sehr strengen Kirche und einer Behörde namens Magisterium beherrscht wird, die wie eine Mischung aus frühneuzeitlicher Inquisition, dem "Wächterrat" der islamische Republik Iran, dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR und einer von Kafka beschriebenen Bürokratie anmutet. Lyras Welt steht in etwa auf dem selben wissenschaftlichem und technischen Erkenntnisstand wie unsere, allerdings unterscheidet sich die Anwendung der Technik in mancher Hinsicht: Autos sind z. B. selten, da sie der Oberschicht vorbehalten sind, Zeppeline haben sich als das bevorzugte Lufttransportmittel erhalten. Der zweite Protagonist, der im ersten Band "Der goldene Kompass" noch nicht auftaucht, ist der Junge Will, der in "unserer" Welt geboren wurde.

Pullman vermischt humanwissenschaftliche Einsichten und naturwissenschaftliche Erkenntnisse mit philosophischen Spekulationen und vor allem mit seinen Ansichten über Religion und Spritualität, wobei der Schamanismus eine wichtige Rolle spielt - das Konzept des Seelenbegleiters in Tiergestalt ist z. B. schamanisch. Dass die Romane als Jugendbücher, mit Protogonisten im Pubertätsalter, konzipiert sind, tut ihnen gut, da damit ein leicht nachvollziehbarer "roter Faden" - die Entwicklung Lyras und Wills, ihr Erwachsenwerden - die Romane zusammenhält. Außerdem müssen Jugendbuchautoren in klarer, einfacher Sprache schreiben - pseudointellektuellem "Schwurbeln" und dem bei SF-Schreibern so beliebten "Technobabble" wie dem für viele Fantasy-Schreiber obligatorischem "Esoterik-Schwampf" ist damit ein wirksamer Riegel vorgeschoben.
Das Werk hat eine deutlich antiklerikale Haltung und ist vom Autor bewusst als Gegensatz zur deutlich christlichen, genauer gesagt, katholisch-mythologischen Reihe "Die Chroniken von Narnia" von C. S. Lewis, konzipiert. (Interview mit Pullman im "Spiegel": "Tolkien ist trivial".)

Der Film "Der goldene Kompass" hätte das Zeug dazu gehabt, ebenbürtig neben Peter Jacksons "Herr der Ringe" zu stehen. Leider ist dabei ein ansehbarer, aber enttäuschender Fantasy-Film herausgekommen. Ein guter Film, der viele - manchmal schön anzusehende - "Doofheiten" enthält.

Optisch beeindruckend ist Lyrias Welt umgesetzt - als victorianisch anmutende Steampunk-Welt. Atemberaubenden neogotischen Bauten, Zeppeline und pferdelose Kutschen, die von geheimnisvoll blau leuchtenden "alchimistischen Motoren" angetrieben werden, Schaufelrad-Dampfschiffe und lenkbare Ballons. Allerdings stellt schon das eine gewisse Verfälschung der Vorlage dar, da es in Lyras Welt auch Atomkraftwerke, Atombomben, Computer ("Ordinatoren"), Teilchenbeschleuniger, U-Bahnen und Hubschrauber gibt. Statt pferdeloser Kutschen gibt es (für die Oberklasse) einige luxuriöse Autos, die Zeppeline werden von gewöhnlichen Gasmotoren angetrieben, und ein besegeltes Dampfschiff mit Schaufelrädern wäre im Roman schlicht anachronistisch.
Der optische Eindruck des "Steampunk" ist wie gesagt gut - aber, dass damit der Vorlage Einiges an zum Nachdenken anregendem Potenzial genommen wird, auch irgendwie doof. Gut, wie Pullman selbst sagt, ist der Film eben ein eigenständiges Werk, in dem er nicht Regie führt.
Auch nicht wirklich schlimm ist, dass dem Film einige der düsteren Seiten der Vorlage genommen wurden. Nicht wirklich schlimm, es soll ja ein Familien-Film sein.
Wirklich problematisch ist aber, dass der Film Pullmans religiöse und spirituelle Weltsicht auf "Disney-Stärke" verwässert. Klar, dass die Kirche bei Pullmann eine verbrecherische Organisation und Gott ein hilfloser alter Mann ist, brachte kirchenchristliche Kritiker zum Schäumen. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass solche Aussagen abgeschwächt wurden. Ärgerlich ist jedoch, dass offensichtlich bei der fertigen Fassung die Selbstzensur kräftig zubiss - so wurden Hinweise darauf, dass das Magisterium eine kirchliche Behörde ist, getilgt. Im Film erscheint das Magisterium als Gruppe sinistrer Munkelmänner, die eine nicht näher bestimmte Herrschaft über Lyras Welt ausübt.
Tatsächlich sind in der Kinoversion von "Der goldene Kompass" alle provokanten Elemente bis zur Unkenntlichkeit weichgespült worden.

Was übrig blieb, ist ein guter, stellenweise sogar sehr guter, Fantasy-Film. Aber leider nur auf dem Niveau "Familien-kompatibler" Steampunk.
Man kann es auch so formulieren, wie der Kritiker der FAZ:
Nur dass sich leicht ein großer Film denken lässt, der mit demselben Aufwand, derselben Vorlage, denselben Schauspielern, aber erheblich mehr Mut entstanden wäre.
Da selbst die entschäfte Filmfassung von christlichen Verbänden - und zwar nicht nur den "üblichen Verdächtigen" aus der fundamentalistischen Ecke, die sogar Harry Potter für eine "Anleitung zum Okkultismus" halten - heftig kritisiert wurde, und die Catholic League der Vereinigten Staaten einem Boykott des Films aufrief, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die beiden folgenden Teile der Trilogie je ins Kino kommen werden. Oder allenfalls in einer bis zur Unkenntlichkeit umgeschriebenen Fassung.
Was Pullman Tolkien (mit einigem Recht) vorwirft, trifft auf die Ver-Filmung seines Buches voll und ganz zu: "Der goldene Kompass" ist eine ganz traditionelle, ziemlich triviale Geschichte vom Kampf zwischen "Gut" und "Böse".

Warum der Film, trotz massiver Selbstzensur und viel cineastischem Weichspüler in konservativ-christlichen Kreisen ebenso schlecht wegkommt wie die Romane, wird vielleicht aus diesem Artikel aus der "Tagespost" beim katholischen Pressedienst "Zenit" deutlich: Parallelwelten: Wer sie für mehr als nur Fiktion hält, nähert sich dem Atheismus.
Einen einheitlichen Maßstab für Wahrheit gibt es dann nicht mehr, weil die Welten und damit ihre "Logiken" verschieden sind. Lewis fordert, den Preis zu zahlen, der unserem gesunden Menschenverstand widerspricht. Aber wie leicht sich diese Anschauung, auch die in dem oben erwähnten Roman "Der goldene Kompass", mit Atheismus vermischen lässt, ist leicht durchschaubar. Diesen Preis darf man nicht zahlen, man sollte lieber daran festhalten, dass Parallelwelten Fiktionen sind.
Es ist auch leicht durchschaubar, wieso das Parallelweltenkonzept einem konservativen Katholiken nicht behagt: gibt es Parallelwelten, ist das Prinzip des christlichen Dualismus nicht mehr zu halten. Es ist auch dieser augustinische Dualismus, der "mit der katholischen Dogmatik unvereinbar" zu "atheistisch" werden lässt - denn Pullmanns "His Dark Materials" ist nicht atheistisch, noch nicht einmal religionsfeindlich:
Ich habe nur nichts übrig für Theokratie. Immer wenn in Gottes Namen Politik gemacht wird, geht das schief: Wenn Kirchen Armeen aussenden und den Gläubigen exakte Vorschriften für ihr Leben diktieren, ist das falsch.
Pullman gegenüber dem "Spiegel".

Nachtrag: Wie ich zum Parallelweltkonzept stehe habe ich hier schon einmal gebloggt: Der Pfeil der Zeit - oder: John Constantine lebt!

Freitag, 11. Juli 2008

Au! Schwer vom Taschen-Stöckchen getroffen.

Bin von Distelfliege beschmissen worden ...

1. Take a picture of your bag.
Rucksack
Gemacht. Es ist mein schon ziemlich mitgenommen aussehender Tagestourenrucksack, den ich fast immer benutze, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin.

2. Now dump everything out and neatly adjust them, and take a picture (no matter how embarrassing).
Inhalt
Erstaunlich, was in einem "leeren" Rucksack so alles steckt ...

3. Talk about the items inside. Detail.

Der Regenschirm ist so ein billiger Taschenschirm. Auf dem Fahrrad natürlich nicht zu gebrauchen; ich habe ihn eingesteckt, weil ich den Rucksack zuletzt "zu Fuß" benutzte, und weil es gerade arg nach Regen aussah.
Einen Einkaufsbeutel habe ich deshalb dabei, weil ich den Rucksack zum Einkaufen trug, und weil meine Einkäufe nicht alle im Rucksack Platz fanden.
Labello-Stift. Steckte in der unteren Nebentasche. Wusste gar nicht, dass er da noch drin steckte. Bin irgendwie froh, dass da ein Lippenpflegestift und nicht etwa ein Kondom wieder auftauchte.
Ein paar gnabbelige Papiertaschentücher. Kommentar überflüssig.
Ein Taschenmesser. Endlich mal ein annähernd "typisch männliches" survivalmäßiges Teil, nicht wahr, Distel?
Brillenetui. Habe ich oft sicherheitshalber dabei, denn ich hatte schon mal eine Brille ruiniert, die ich mal kurz beiseite legte - ungeschützt.
Notizblock. Ich bin der Typ, der sich eigentlich immer irgendwelche Notizen macht - und wenn nicht, irgendetwas krickelt. (Natürlich nicht, wenn ich auf dem Fahrrad sitze.)
Stift. Ohne ist der Notizblock irgendwie schlecht zu gebrauchen.

4. Tag 6 people. (Don’t tag the person that was already tagged.)

Arrg ... Die Menschen, auf deren Tascheninhalt ich neugierig wäre, bloggen entweder nicht, oder es wäre extrem unwahrscheinlich, dass sie auf ein Stöckchen von mit reagieren würden.
Z. B. wüsste ich gern, was Königin Elisabeth II. in diesem albernen kleinen altmodischen Handtäschen hat, das sie offensichtlich immer mit sich herumträgt - und zwar seit über 50 Jahren.
Ich wüsste auch gern, was sich in Guido Westerwelles schickem Aktenköfferchen befindet.
Ebenfalls rätselhaft ist der Inhalt von Madonnas Handtasche - es muss schon einen Grund haben, wieso sie ihre Tasche meistens von einem Diener tragen lässt. Ist sie vielleicht so schwer? Aber was könnte so schwer sein, dass frau ihre Tasche nicht selbst tragen mag? Ein Ambos? Hantelscheiben? Oder etwa Goldbarren?
Beim "Stilexperten" Bruce Darnell wüsste ich nur gerne, ob überhaupt etwas in seiner topmodischen Herrenhandtasche mit dem mutmaßlichen Anschaffungspreis eines Mittelklassewagens ist. So ein Edel-Teil ist doch zu Schade zum Benutzen - oder?
Mir ist neulich in der Tagesschau aufgefallen, dass das Merkel - ich meine natürlich die Frau Bundeskanzlerin - eine auffällig große Handtasche, einen sog. Messenger, trug. Vielleicht bezog der Kommentar, sie könne Sarkozy glatt in die Tasche stecken, auf diesen geräumigen Shoppingbehälter. Der französische Präsident ist nun mal nicht sonderlich hochgewachsen.


Nein, ich bin nicht sadistisch genug, um dieses Stöckchen zu werfen. Soll es sich aufheben, wer mag.

Montag, 23. Juni 2008

Aus der Wunderwelt der gut-doofen Filme - heute: Die Wikinger

Auch wenn die historischen Fakten in diesem berühmten Kostümfilm nicht wirklich authentisch zu nennen sind, zeichnet er ein in weiten Teilen glaubwürdiges Bild der Wikinger als wagemutige und wilde Seefahrer, und auch die Charaktere wirken echt. Zudem besticht der Film durch farbenprächtig wiedergegebene Riten und beeindruckende Aufnahmen an Originalschauplätzen.
ARTE-Website über den Film "Die Wikinger".

So kann man es natürlich auch ausdrücken. Eine treffendere Beschreibung wäre allerdings: "Der Film lässt kaum ein Wikinger-Klischee aus und ignoriert äußerst souverän die historische Fakten."
Die Wikinger
Die Wikinger" (The Vikings) aus dem Jahre 1958 ist der bekannteste und kommerziell erfolgreichste Wikingerfilm aller Zeiten.
Für mich gehört er, inhaltlich gesehen, zu einer Unterkategorie, in der sich sonst eher billige Trash-Filme als aufwendige Großproduktionen finden: "So daneben ist, dass der Film schon wieder Kult ist."
Das betrifft, wie gesagt, den Inhalt, in erster Linie also das Drehbuch. Optisch und dramaturgisch gehört der Film "Die Wikinger" zu den besseren "Historienschinken" der 1950er Jahre.

Die Besetzung ist hervorragend - Kirk Douglas, damals ohnehin die Idealbesetzung für kantige Kämpfertypen mit körperlicher Präsenz, gab mit sichtbarer Spielfreude und der notwendigen Prise Ironie den Wikingerhäuptling Einar, Tony Curtis überzeugte als sein Halbbruder / Rivale Erik. Erstaunlicherweise konnte auch Ernest Borgnine als Douglas' Filmvater Ragnar überzeugen, obwohl Borgine und Douglas etwa gleichaltrig sind. Die gutaussehende Janet Leigh war als Prinzessin Morgana auch keine Fehlbesetzung. James Donald als intriganter Lord Egbert und Frank Thring als böser König Aella von Northumbrien traten neben der enormen Präsenz der Hauptdarsteller Curtis und Douglas etwas in den Hintergrund.

Die Dramaturgie ist routiniert, und die für Hollywood in den 50ern obligatorische Liebes-Schmonzette - Einar und Erik verlieben sich beide in Morgana - noch im erträglichen Kitschbereich. Die Kampf- und Schlachtszenen sind, für damalige Verhältnisse, überzeugend choreographiert, die Ausstattung ist üppig. Es kam dem Film auch sehr zugute, dass er zum Teil an Originalschauplätzen gedreht wurde.

Die Idee für den Film stammte von Kirk Douglas selbst. 1956 nahmen seine Pläne, einen "Normannenfilm" zu machen, konkrete Formen an. Als Regisseur engagierte er Richard Fleischer, mit dem er bereits bei der aufwendigen Jules-Verne-Verfilmung "20000 Leagues Under the Sea" ("20000 Meilen unter den Meeren") erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Douglas und Fleischer sollen anfangs beabsichtigt haben, den Roman "Die Abenteuer des Röde Orm" von Frans G. Bengtsson zu verfilmen, sie wählten jedoch den weniger bekannten Roman "The Viking" von Edison Marshall als literarische Vorlage. Abgesehen davon, dass es offenbar schwierig war, die Filmrechte von Bengtssons Erben zu bekommen, war der vielschichtige und genau recherchierte "Röde Orm" wahrscheinlich als Vorlage eines "Western, der in der Wikingerzeit spielt" (Douglas über seinen Film), weniger geeignet als Marshalls Roman, der mit dem Untertitel "An Heroic Saga of Lust and Conquest" erschien.
Douglas und Fleischer entschlossen sich, nach eigenen Angaben, die Wikinger so weit wie möglich historisch genau darzustellen. Deshalb sollten die Wikinger in ihrem Film auch keine Helme mit Hörnern tragen (einige Hörnerhelmträger schafften es dann doch in den fertigen Film).
"Die Wikinger" wurden, wie so viele "Hollywood"-Monumentalfilme von der Stummfilmzeit bis heute, fernab von Kalifornien gedreht. Die Innenaufnahmen entschanden in den Bavaria-Filmstudios bei München, die Außenaufnahmen entstanden in einer mittelalterlichen Burg in Frankreich und in Norwegen, wo ein komplettes und einigermaßen originalgetreues Wikingerdorf am Sognefjord errichtet wurde. Der Schnitt und die Nachbearbeitung fanden in London statt. Zwei originalgetreue Wikingerschiffe wurden auf einer norwegischen Bootswerft gebaut - sie gehören bis heute zu den überzeugendsten Film-Langschiffen. Beim Casting der Wikinger-Nebendarsteller und -Komparsen bissen die Klischees um so heftiger zu: sie mussten nicht nur geübte Ruderer sein, sondern auch mindestens 1,80 m groß sein und lange Vollbärte tragen.
Zu den Kompromissen, die beim Nachbau der Wikingerschiffen gemacht wurden, gehörten nicht nur versteckt eingebaute Bootsmotoren, sondern auch Segel aus Kunstfaser. Die Motoren wurden dazu benutzt, um die Schiffe schnell von einem Drehort zum anderen zu bringen - allerdings sollen die Propeller in einigen Szenen zu sehen sein (mir sind sie bisher nicht aufgefallen). In einer Produktion mit großem Budget und großzügigem Zeitrahmen konnte Fleischer es sich leisten, Filmszenen neu drehen zu lassen, wenn in bereits fertigen Szenen ein "Wikinger" im Hintergrund eine Zigarette rauchte oder eine leere Bierdose im Wasser trieb.
Aushangbild "Die Wikinger"
Das unberechenbare norwegische Wetter und Fleischers Perfektionismus drohten schließlich doch das Budget und den Zeitrahmen zu sprengen - Schlechtwetter erforderte drei Monate zusätzliche Drehzeit, das Budget wurde um eine Million Dollar (was damals viel Geld war) überschritten.
Kopfschmerzen bereitete Fleischer auch Kirk Douglas' und Tony Curtis' bei Regisseuren und Produzenten gefürchtete Vorliebe dafür, gefährliche Stunts selbst auszuführen. Hätte sich Douglas in der berühmten Szene, in der er außenbords von Riemen (Ruder) zu Riemen sprang oder Curtis bei seinem Sprung auf den Pferderücken etwa ein Bein gebrochen, wäre das Filmprojekt wahrscheinlich geplatzt. Ein Streik der norwegischen Komparsen um mehr Gage verzögerte die Dreharbeiten nur geringfügig. Die von Douglas gern erzählte Anekdote, dass er und Curtis bei einer Party für die Filmcrew auf der Bühne jongliert hätten und sich über den frenetischen Beifall gewundert und gefreut hätte, weil sie nicht gewusst hätten, dass Janet Leigh hinter ihnen einen Striptease aufführte, ist wahrscheinlich eine von Douglas erfundene Legende, mit der er den Komparsenstreik ausschmückte.

Der Film war in den USA ein überwältigender Erfolg. In Skandinavien war er jedoch ein Kassen-Flop. Vor allem in Schweden waren die Filmkritiken vernichtend.

Das war auch kein Wunder, den der Film entzückt den historisch sachkundigen Freund der unfreiwilligen Filmkomik durch daumendick aufgetragene Klischees und durch zahlreiche kleine historische Fehler und große Anachronismen. Egbert trägt nicht nur den Titel "Lord", sondern auch die Allüren eines englischen (Klischee-)Edelmannes. König Aella lebte vor der Zeit der Wikingerüberfälle auf England - er war der erste bekannte angelsächsische König des Königreiches Deira im 6. Jahrhundert, das mittelenglische Königreich Northumbria, in dem Deira aufging, existierte zwischen 604 und 878, während die gezeigte Wikingerkultur am ehesten noch im 10. Jahrhundert angesiedelt werden könnte. Abgesehen davon wirkt "Northumbria" im Film eher hochmittelalterlich, was nicht nur an der hoch- bis spätmittelalterlichen Burg liegt, auf der einige Szenen gedreht wurden. Aber genug der Haarspalterei: ungewöhnlich für das amerikanische Kino der damaligen Zeit ist, dass Pater Godwin (Alexander Knox) eine beinahe lächerliche Figur abgibt - ungewöhlich, weil der damals für Filme in den USA praktisch verbindliche Production-Code vorschrieb, dass Geistliche nicht als komische Charaktere oder Schurken dargestellt werden durften.
Die gezeigten Riten wirken immerhin schön barbarisch-prächtig, auch wenn sie fast alle frei erfunden wurden und sich ihr Sinn daran erschöpft, barbarisch-prächtig zu sein. Eben passend für einen Western im Fantasy-Mittelalter.
Für Kenner der nordischen Mythologie ist die dramatische Schlusssequenz von besonderer Delikatesse: Es kommt zu einem Schwertkampf zwischen Einar und Erik. Eriks Klinge zerbricht, Einar könnte ihn nun ohne weiteres töten. Doch Einar zögert und erkennt, dass er seinen Bruder vor sich hat. Erik stößt Einar die zerbrochene Klinge in die Brust. Und nun die Szene, die beim sachkundigen Publikum stets große Heiterkeit erzeugt: Erik gibt seinem sterbenden Bruder sein Schwert in die Hand, damit er Walhalla erreichen kann.
Ob ein im Kampf gefallener Kämpfer als Einherjer nach Walhall einzieht, hängt nach altnordischer Vorstellung davon ab, dass er tapfer und ehrbar gekämpft hat. Tatsächlich ist die Vorstellung, dass ein Krieger ein Schwert für den Einzug nach Walhall brauchen würde, etwa so grotesk, wie die Vorstellung, ein Christ müsse unbedingt mit der aufgeschlagenen Bibel in den Händen sterben, um in den Himmel zu kommen.
Zuschauern ohne Wikinger-Wissen entgeht dieser Spaß leider.

Da der Film aber mit dem Anspruch beworben wurde, das Leben der Wikinger so historisch genau wie möglich wiederzugeben, ist die Enttäuschung der meist über die Wikingerzeit gut informierten skandinavischen Zuschauer nachvollziehbar. Erst viel später, als in den 80er Jahren der Film in die Videotheken kam, wurden "Die Wikinger" auch in Nordeuropa "Kult".
Kirk Douglas in "Die Wikinger"

Alles im Allem ist "Die Wikinger" ein sehenswerter Film - und damit eher "gut" als "doof". Es gibt wirklich viel schlechtere Wikinger-Filme, von denen die meisten noch nicht einmal "gut-doof" sind.

Ein Wikinger-Film, der wirklich nur wegen seiner unfreiwillgen Komik zu ertragen ist, der in jeder Hinsicht "so daneben ist, dass der Film schon wieder Kult ist", ist z. B. "Raubzug der Wikinger" (The Long Ships) aus dem Jahr 1964, immerhin mit Richard Widmark und Sidney Poitier und immerhin unter Verwendung eines der Schiffe aus "Die Wikinger" (angeblich) frei nach Bengtssons "Röde Orm" gedreht (so frei, dass es kaum Ähnlichkeiten gibt). Verglichen mit diesem oft im Fernsehen gezeigten Trash ist Kirk Douglas' "Wikinger-Western" wahrlich Filmunterhaltung mit Niveau!

Mittwoch, 18. Juni 2008

Wahlslogan

Zugegeben, bisher war Oskar Lafontaine ("Fremdarbeiter") für mich eher ein Grund, nicht die "Linken" zu wählen.
linke
"Für ein Deutschland ohne Dieter Bohlen!" Mit der Parole schafft "Die Linke" aus dem Stand 45 % - mindestens!

Bildmontage und Bearbeitung: zenzizenzizenic aus dem ZAF-Beitrag:
Der Tagesspiegel als Satirezeitung

Sonntag, 8. Juni 2008

Aus der Wunderwelt der gut-doofen Filme - heute: Quo Vadis?

Quo vadis? (Originaltitel: Quo Vadis, dt.: „Wohin gehst du?“) ist ein "klassischer" Monumentalfilm aus dem Jahre 1951. Das bedeutet: der Film hat beachtliche Schauwerte in Form üppiger Ausstattung und tausender Komparsen. Der Film entstand nicht in Hollywood, sondern in der Cinecittà in der Nähe von Rom - teils aus Kostengründen, aber auch, um eine authentische Landschaft und in einigen Szenen sogar authentische altrömische Bauten einbeziehen zu können. Die Kulissen und Requisiten wurden noch Jahre später für zahlreiche "Sandalenfilme", aber auch für Filmklassiker wie "Ben Hur" genutzt.
Im Unterschied zu zahlreichen anderen monumentalen Antikenfilmen, von den billiger gemachter Sandalenfilmen gar nicht zu reden, hatte "Quo Vadis?" den Anspruch eine "Botschaft" zu haben. Das Filmdrehbuch basiert auf dem Roman "Quo Vadis?" des Nobelpreisträgers Henryk Sienkiewicz, dessen Titelgebung wiederum die christliche Überlieferung von der Begegnung Christi und seinem Jünger Simon Petrus vor den Toren Roms (Quo vadis?) aufgreift.

Womit sich dem aufmerksamen Leser dieses Blogs zwei Fragen stellen: Warum ist "Quo Vadis?" ein doofer Film? Und was macht ihn trotzdem gut?

Der Roman und sein historischer Hintergrund
Henryk Stienkiewicz' historischer Roman "Quo Vadis?" war schon kurz nach seiner Erstveröffentlichung im Jahre 1895 ein Bestseller.
Der Roman erzählt die Liebesgeschichte zwischen dem jungen Patrizier Marcus Vinicius und Callina, genannt Lygia, einer Königstochter vom Volk der Lygier, die als Geisel nach Rom kam und die Christin ist. Allmählich geraten die Liebenden in den Strudel der Ereignisse um die Christenverfolgungen im Jahr 64 unter Nero. Die meisten Protagonisten im Roman sind, bis auf Vinicius, Lygia und den bärenstarken Ursus, historisch.
Die "Gut-Böse"-Verteilung ist für einen Roman dieses literarischen Ranges ungewöhnlich klar: "die Guten" sind die Christen, vor allem Lygia und die gerade in Rom weilenden Apostel Petrus und Paulus. Die "Bösen" sind Nero, Poppaea Sabina und Tigellinus. Einen "guten Kern" haben Petronius (im Roman "Kanzler", realhistorisch Senator und Autor des Romans Satyricon) und der Ex-General Plautius und dessen Ehefrau Pomponia, die im Roman Lygias Adoptiveltern sind.
Aulus Plautius und Pomponia waren, entgegen der Darstellung im Roman, keine christlichen Märtyrer, wahrscheinlich noch nicht einmal Christen. Pomponia Graecina wurde im Jahre 57 u. Z. wegen "fremden Aberglaubens" angeklagt, aber von einem Familiengericht für unschuldig befunden. Sienkiewicz interpretiert das in dem Sinne, dass Pomponia Christin gewesen wäre.

Nach damaligem Verständnis war der Roman historisch im Großen und Ganzen korrekt. Die sehr stark prochristliche und stark moralisierende Haltung entsprach dem damaligen Zeitgeschmack. Insgesamt wirkt der Roman auf mich trotz seiner drastischen Gewaltdarstellungen sehr "spätviktorianisch".
Oft wird behauptet, dass das "rebellische" Element des Romans daher stamme, dass Polen, die Heimat des Autors, zwischen Russland, Deutschland und Österreich-Ungarn geteilt war, was angesichts der Thematik des Romans, dem Widerstand einer religiösen, nicht einer nationalen, Minderheit, ziemlich an den Haaren herbeigezogen ist. Hätte Stienkiewicz einen Schlüsselroman auf das unterdrückte Polen schreiben wollen, hätte er in der altrömische Geschichte leicht deutlichere Parallelen finden können. Wirklich "polnisch" wirkt auf mich, dass Stienkiewicz sich die frühen Christen wie frühe fromme Katholiken vorstellte und dass die lygische Prinzessin Lygia aller historischen Wahrscheinlichkeit zum Trotz Christin ist - die Lugier oder Lygier waren eine ostgermanische Stammesgruppe mit wahrscheinlich keltischen Wurzeln, deren Siedlungsgebiet teilweise im heutigen Polen lag - Stienkiewicz sah Lygia als eine Art "Urpolin". Einschub: Dass er sie zugleich als "Germanin" sah ist für einen polnischen Nationalisten um 1900 weniger erstaunlich, als es nach dem deutschen Vernichtungskrieg gegen Polen und der daraus resultierenden (m. E. realpolitisch alternativlosen) zwangsweisen Umsiedlung der Deutschen aus dem heutigen Westpolen anmuten mag. 1895 gab es noch polnische Nationalisten, die auf ihre deutschen Vorfahren und deutsche Nationalisten, die auf ihre polnische Abkunft stolz waren. Sehr bezeichnend finde ich auch, dass der Roman mit einem Verweis auf den künftigen Sieg des (katholischen) Christentums endet.

Sienkiewicz' Darstellung des Kaisers Nero (mit vollem Namen Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus, von 54 bis 68 Princeps und Imperator des des Römischen Reiches) prägte das Nerobild des 20. Jahrhunderts: Nero als größenwahnsinniger eitler Tyrann, der sich wenig um sein Volk kümmerte, und Spiele mit bis dahin unerreichter Grausamkeit aufführen ließ. Nero als verrückter Herrscher mit (im klinischen Sinne) psychotischen Zügen. Nero, der große Feind der frühen Christen. Nero, der Rom anzünden ließ und über die Flammen sentimentale Gedichte schrieb.
Aus heutiger Sicht gelten die Quellen Stienkiewicz', die "Annalen“ des Tacitus und die Kaiserbiographien Suetons, vor allem hinsichtlich der Schilderungen des Kaisers Nero als parteiisch und unzuverlässig.
Heute gilt als gesichert, dass Nero nicht Urheber des großen Brandes Roms war, ob er ein Christenverfolger war, ist sehr umstritten. Die Christenverfolgung unter Nero war auf Rom beschränkt - wenn sie überhaupt mehr war als eine Reihe von Lynchmorde gegen "menschenfeindliche Weltuntergangs-Sektierer", als die die frühen Christen vielen Römern galten. Stienkiewicz überschätzte die gesellschaftliche Bedeutung des frühen Christentums. Er nimmt die altkirchliche Legende, nach der die Paulus und Petrus unter Nero in Rom hingerichtet worden sind, ernst, obwohl Paulus nach einem längeren förmlichen Prozess und Petrus zu einem späteren Zeitpunkt hingerichtet wurde. Abgesehen davon waren Petrus und Paulus eher Rivalen als Freunde.
Henryk Sienkewicz war ein erzkatholischer polnischer Nationalist - und das merkt man seinem Roman auch an.

Der Film - und warum er "doof" ist
Der Film ist von der Handlung her einigermaßen werkgetreu - einigermaßen. Die größte Freiheit gegenüber dem Roman ist, dass Nero am Ende des Filmes stirbt. Im Roman wie in der historischen Wirklichkeit beging er erst vier Jahre nach den gezeigten Ereignissen Selbstmord. Der Film vergröbert das holzschnittartige "Gut-Böse"-Schema des Buches noch weiter: grundsätzlich alle Christen, denen man habhaft werden konnten, werden eingesperrt und hingerichtet, auch Aulus Plautius, der immerhin Senator war und als römischer Bürger unbedingt das Recht auf einen fairen Prozess gehabt hätte. Im Roman von Sienkiewicz wird, anders als im Film, abgesehen von einigen Protagonisten, nicht deutlich gesagt, wer zu den Christen gehört und wer nicht.
Die Zeitspanne, in der der Film spielt, wirkt stark komprimiert. Man bekommt beim Ansehen des Films den Eindruck, dass sich alle Geschehnisse innerhalb einiger Wochen, allenfalls Monate, abspielen. In Wirklichkeit vergingen vom Zeitpunkt des Britannienfeldzuges (61 u. Z.) bis zum Brand Roms drei Jahre - bis zum Tod Neros sogar sieben Jahre.
Störender als die zahlreichen kleinen und großen historischen Fehler des Films ist der selbst für Hollywood-Produktionen der 50er Jahre großzügig aufgetragenen Kitsch. In einigen Dialogszenen ist das Pathos geradezu unerträglich, einige gewollt bedeutungsschwere Worte fällen in Situationen, in denen selbst fromme Christen allenfalls noch "gottverdammt nochmal" sagen würden.
Eine weitere Quelle unfreiwilliger Komik ist durch den "Movie Production Code" verordnete außerordentliche Prüderie, mit der ein dekadentes und ausschweifendes Rom dargestellt werden musste. Es ist schon ein hartes Stück Regiearbeit, eine Orgie zu veranschaulichen, wenn nicht einmal ein Bauchnabel entblößt werden darf. Das "gewagte" Kostüm der Poppaea entspricht vielleicht auch deshalb eher der Mode des Jahres 1952 als der des Jahres 64. Seltsam unwirklich wirken die Bauten - was weniger den Unzulänglichkeiten des damaligen Kulissenbaus, als der fixen Idee, dass das alte Rom eine Stadt aus sauberem weißem Marmor gewesen wäre, geschuldet ist.
Quo Vadis
Es stimmt sicherlich, dass Kitsch, hohles Pathos und freizügiger Umgang mit historischen Tatsachen nun mal zum Antikenfilm gehören wie Säulen und Sandalen. "Quo Vadis" hinterlässt aber auch wegen seiner moralischen Botschaft einen unangenehmen Nachgeschmack. Zu den Bildern der durch die Straßen Rom paradierender Legionäre heißt es einführend aus dem "Off": "Das kaiserliche Rom ist der Mittelpunkt des Imperiums, ist unumstrittene Herrin der Welt. Aber mit dieser Machtfülle kommt unausweichlich die Korruption".
Das Rom Neros wirkt wie eine totalitäre Diktatur, getragen von einer Pyramide aus Gewalt und Korruption, aus menschlichem Elend und Sklaverei. Nur der humanitären Idee des Christentums könne es gelingen, dieses System in seinen Grundfesten zu erschüttern.

Dass nur sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Parallelen vom Film-Rom zu Nazideutschland beabsichtigt sind, ist anzunehmen. Ursprünglich hatte MGM als Regisseur John Huston vorgesehen. Huston hatte die Absicht Nero als eine Art antiken Hitler darzustellen und sein Vorgehen gegen die Christen mit der Judenverfolgung im 3.Reich zu vergleichen. Auch wenn letztes Endes Mervyn LeRoy Regie führte und die allzu platte Parabel fallen gelassen wurde, sind einige Einstellung unverkennbar von Nazi-Wochenschauen inspiriert. Aber vieles, was an diesem Film äußerlich "faschistisch" anmutet, ist es eigentlich nicht, denn die italienischen Faschisten und nach ihrem Vorbild auch die Nazis plünderten gern den Fundus der römischen Antike, angefangen beim Gruß (zackiges Heben des rechten Armes). (Dass Nero den strammen Gruß seiner Truppen höchst lässig mit krummem Arm erwiderte, war allerdings ein Einfall des Schauspielers Peter Ustinov, weil eine imitierte Hitler-Gestik in diesem Moment einfach passte - nicht nur als Anspielung, sondern auch als komisches Moment - in Falle Hitler ungewollt komisch. In den meisten Szenen vermied Ustinov aus gutem Grund die Hitler-Imitation.)
"Quo Vadis" zeichnet aber auch deshalb das Bild eines allmächtigen und willkürlichen Staates, um das Christentum als Idee zu präsentieren, die das "Unmögliche" schaffen kann. Das Kreuz, heißt es im Film, werde die römischen Adler auf den Standarten ersetzen. Nun ist es reine Legende, dass Konstantins "Bekenntnis zum Christentum" den Charakter des Römischen Reiches als Machtstaat grundlegend geändert hätte - was sich wirklich bei der "Konstantinischen Wende" wendete, war das Christentum: weg vom Pazifismus und dem Gleichheitsgedanken des Frühchristentum, hin zum Segnen von Waffen, zur intoleranten "Staatskirche" und sogar zur Rechtfertigung von Sklaverei.
Wie auch immer: Wegen des scharf gezeichneten "Gut-Böse" Schemas des Filmes und der plakative Botschaft vom stets siegreichen Christentum wirkt "Quo Vadis?" wie ein mit reichlich Zuckerguß versehener Propagandafilm: Der "wahre Glaube" setzt sich gegen alle Verfolgungen des heidnischen Unrechtsregimes durch. Am Ende steht die Bekehrung.
Wegen der Kombination aus Sentimentalität, hohlem Pathos und grob gestrickter Religionspropaganda ist "Quo Vadis?", wenn man mich fragt, ein richtig "doofer" Film.

Warum ist "Quo Vadis" aber dennoch "gut"?
Der Film ist aus einem einzigen Grund "gut-doof" statt einfach nur "doof": Peter Ustinov als Nero.
Ustinov machte das schauspielerisch Beste, was sich aus der Rolle des als verrückten, skrupellosen und dekadenten Herrschers angelegten Neros machen ließ. Er überzeichnete seinen Nero zur Karikatur, und schaffte es dabei, dass selbst so bizarre Drehbucheinfälle wie die Tränenvase nicht albern wirken. Ustinovs Nero ist die überzeugende Darstellung eines Mächtigen, der den Kontakt zur Wirklichkeit und jede Fähigkeit, Kritik zu ertragen, längst verloren hat, in einer größenwahnsinnigen Traumwelt lebt, aber nach wie vor über uneingeschränkte Macht verfügt, und vor dem fast alle, auch wider bessere Wissens, kuschen und stiefellecken. Die Szene, in der er als völlig "durchgeknallter" Kaiser das brennende Rom besingt, ist zwar historisch falsch - aber auch eine der besten Karikaturen des menschenverachtenden Herrschers. Auch wenn Nero ebenso wenig das brennende Rom besang, wie Hitler mit der Weltkugel Ball spielte wie Chaplin in "Der große Diktator", wird in beiden Fällen deutlich, wie autoritäre Persönlichkeiten im Machtrausch "ticken": in ihrer Regression nehmen sie geradezu kleinkindhafte Charakterzüge an.
Ustinov meinte später, auf seine Rolle in "Quo Vadis" angesprochen, dass es das große Problem mit den Politikern sei, dass sie nicht zweifelten - und wer keine Zweifel hätte, schlicht verrückt sei. In seiner Rolle als "Nero" machte er diese normalerweise verborgene Verrückheit des keine Zweifel kennenden Politikers sichtbar.
Von den weiteren Akteuren bleibt eigentlich nur Leo Genn als Petronius in halbwegs guter Erinnerung, während selbst anerkannte Schauspieler wie Robert Taylor, Deborah Kerr und andere weit hinter ihren darstellerischen Fähigkeiten blieben und hölzern pathetische und langatmige Dialoge aufsagten, also dramaturgisch sinnlos verschlissen wurden.

Für Peter Ustinov markierte die Rolle des Nero den Beginn einer glanzvollen internationalen Karriere. Dabei hatte MGM trotz überzeugender Probeaufnahmen lange gezögert, ihm den Part zu geben. Doch das Argument, er sei zu jung, widerlegte Ustinov intelligent und geistreich mit dem historischen Faktum: "Wenn Sie noch länger warten, bin ich zu alt." Ustinov war zu Beginn der Dreharbeiten 30, der echte Nero starb mit 31 Jahren.

Mittwoch, 26. März 2008

Das Rätsel der Managergehälter - mathematisch gelöst!

Behauptung: Das Gehalt eines Managers verhält sich umgekehrt proportional zu seiner Kompetenz.

Beweis:
Es gilt:

Power = Work / Time (1)
Time = Money (2)
Knowledge = Power (3)

Durch Einsetzen erhalten wir:

Knowledge = Work/Time = Work/Money

Und durch Umstellen ergibt sich:

Money = Work/Knowledge

Schlußfolgerung: Geht das Wissen gegen 0, so steigt die Bezahlung ins Unendliche!

(Gerade in der Kaffepause aufgeschnappter Witz.)
(Funktioniert leider nur auf Englisch. Könnte die Affinität von Möchtegern-Managern zu denglischen Vokabeln erklären.)

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