Persönliches

Freitag, 30. Oktober 2009

Einen Tag vor dem Start

So, ich bin seeklar! Recherchen, Plot, Hauptpersonen, Schiffe - steht!
Morgen noch der "Kick Off" - da treffen wir wahnsinnigen Marathonschreibern aus Hamburg uns noch mal und machen uns Mut.

Mein NaNoWriMo-Profil findet Ihr hier: About the author: hrafnsgaldr.

ich habe den Plot in 14 Kapitel unterteilt. In Analogie zu den 14 Songs des FAWM, den anderen Wahnsinns-Wettbewerb, in dem es darum geht, im Februar in 28 Tagen 14 Songs zu schreiben. Da ich ja zwei Tage "off Keyboard" sein werde, kommt das mit den 28 Tagen auch hin.

Damit liegen auch die Etappenziele ("Milestones") fest. Etwas nervös bin ich schon.
Es geht ja um Quantität - 50.000 Wörter in 30 Tagen - nicht darum, einen möglichst "guten" Roman zu schreiben - obwohl es einige NaNoWriMo-Wahnsinnige es schaffen, veröffentlichungsreife Bücher zu schreiben - natürlich mit Nachbearbeitung. Mehr noch: einige dieses Romane wurden auch schon veröffentlicht. Vor Kurzem wurde der erste deutsche NaNo-Roman bei einem "richtigen" Verlag veröffentlicht: der Krimi "Millionenallee".

Ich merke schon jetzt, wie der bei mir normalerweise sehr scharf gestellte "Qualitätsfilter" beim Projekt "Brüder der Küste" durchlässiger wird, oder anders gesagt, die verinnerlichten Deutschlehrer, Chefredakteure, Kritiker und Lektoren die Klappe halten. Auch die Schere im Kopf klappert nicht; der innere Zensor, die Instanz, die mir sagt, dass "man" "so etwas" nicht schreibt.
Wobei ich noch ein paar "Filter" mehr "ausschrauben" muss, als die genannten - welche, gehört nicht in die Öffentlichkeit.

Es ist ja so, dass "Qualitätsfilter" nicht unbedingt zu gutem Stil oder auch nur gutem Deutsch führen, wovon sich jeder Leser meines Blogs und des Rechtschreib- und Grammatikmülls, den ich manchmal produziere, überzeugen kann.

Manche Ideen, manche davon schon zu Exposés oder sogar ausgearbeiteten Handlungen gereift, habe ich abgewürgt und weggeworfen, weil irgendetwas in mir sagte "das wird ja eh nichts". Es stimmt, dass das Gefühl in vielen Fällen nicht trog und die Idee wirklich nicht taugte. So ganz falsch zeigt mein innerer Kompass nicht an. Was ich versuche: einmal einfach an einem nicht unbedingt überzeugenden, literarisch eher fragwürdigen, aber viel Spaß versprechenden Thema dranzubleiben.

Durch den immensen Zeitdruck entsteht eine Konzentration, die Erlaubnis gibt, die Filter und Zensoren, die "Wenns" und "Aber", außer acht zu lassen. Ein Experiment mit offenem Ausgang zu wagen. Wegschmeißen oder löschen kann ich den Kram hinterher immer noch. Ja, auch das gehört zur Übung: vorn vornherein für den Papierkorb, und nicht für das Verlagslektorat, zu schreiben. Ich werde mein Urteil, ob der fertige Roman gut oder schlecht ist, nicht anderen, und vor allem keinen Freunden (Freunde sind schlechte Kritiker), überlassen. Es wäre eine angenehme Dreingabe, wenn "Brüder der Küste" auch nur halbwegs lesenswert gerät. Nie daran denken, wie viel Aufwand ich schon investiert habe. Nach vorne blicken!

Egal, schon zu viel über mich gesenft. Morgen wird's ernst. Und in einem Monat werde ich es wissen.

Per aspera ad astra!

Samstag, 24. Oktober 2009

NaNoWriMo - in einer Woche wird's ernst

Noch eine Woche bis zum 1. November.
Dann werde ich den ersten Satz meines NaNoWriMo-Projektes (aus dem hoffentlich ein Roman wird) mit dem Arbeitstitel "Brüder der Küste" niederschreiben.

Mit einem wichtigen Teil der Vorbereitung, nämlich den der Recherche der Fakten und Hintergründe, bin ich, soweit ich es überblicken kann, fertig. Übrigens blieben die Recherchen nicht ohne Auswirkungen auf den Plot. Ein Beispiel: ursprünglich hatte ich angenommen, dass das größere der beiden Kaperschiffe, eine Pinas niederländischer Bauart, ca. 280 Tonnen, ca. 30 m Rumpflänge, ruhig mit 9-Pfünder-Kanonen, d. h. mit Kanonen, die eine eiserne Vollkugel von 9 Pfund engl. (4,1 kg) verschießen können, bewaffnet sein könne.
Die Recherchen ergaben, dass so ein Schiff historisch glaubwürdig allenfalls 6-Pfünder getragen haben könnte. Das hat erhebliche Auswirkungen darauf, wie die Taktik der Seegefechte beschrieben werden muss. Überhaupt: Ich habe die beiden "Hauptschiffe" meines Projektes, die "Schwalbe" und die "Aphrodite" so gründlich durchdacht wie den Hauptcharakter, auch wenn ich garantiert nicht alle Details verwenden werde. Von der ausgearbeiteten Biographie des sich "Jan Ackermann" (ein falscher Name, soviel sei verraten) nennenden Protagonisten, wird bestimmt auch nur ein Teil ins fertige Werk einfließen. Ebenso wenig wie von seinem "Psychogramm". Aber so weiß ich genau, wie er in einer bestimmten Situation reagiert. Genau so ist das bei den Schiffen - ich weiß z. B., dass sich der über 1,80 m lange Smut den Kopf am Decksbalken stoßen wird, wenn er beim Verlassen seiner Kombüse nicht aufpasst, oder wie gut die "Schwalbe" einen Hurrican abreiten kann, oder dass die "Aphrodite" ein gutes, seetüchtiges Schiff ist, aber dazu neigt, ein bisschen leegierig zu sein, oder, dass die "Aphrodite" nicht den Hauch einer Chance hätte, einem niederländischen 52-Kanonen Konvojschiff zu entkommen (der Konvojer hat nämlich weitreichende 24-Pfünder und ist schneller), hingegen die noch schwächer bewaffnete und langsamere "Schwalbe" unter Umständen schon (weil sie höher an den Wind gehen kann und dank ihres geringen Tiefgangs über Untiefen hinwegsegeln kann, die für den Konvojer unpassierbar sind). Ich könnte die Schiffe jederzeit malen - und werde das auch bestimmt tun. (Wahrscheinlich im Dezember.)

Notizen über die sozialen, politische und geographischen Verhältnisse in der Karibik des Jahres 1672 und über den "Holländischen Krieg" (ein brutaler Raubkrieg des Frankreichs Louis XIV. gegen die Niederlande) liegen bereit, und ich weiß auch, wo ich weitere Fakten nachschlagen kann, wenn ich sie brauche. (Und noch ein Klischee fällt - von wegen "Zeitalter der Kabinettskriege", bei denen "nur" Söldner starben!) In der Karibik herrschte im 17. Jahrhundert praktisch ständig Krieg, mit wechselnden Koalitionen.
Sklaverei war übrigens selbstverständlich.
Natürlich habe ich mich über die Bukaniere / Flibustiere / Freibeuter der damaligen Zeit gründlich schlau gemacht. Alexandre Olivier Exquemelins "The Buccaneers of America" aus dem Jahr 1684 ist dafür meine Hauptquelle. Übrigens ist mein Hauptprotagonist (nicht "Held", dazu ist er nicht "edel" genug - manchmal ist "Jan Ackermann" ein ganz schönes Ekel und ausgesprochen rücksichtslos) wie Exquemelin (oder wie Rafael Sabatinis fiktiver, aber nahe an den Tatsachen angelehnter "Captain Blood") Wundarzt. Die damaligen Methoden der Wundbehandlung sind - nun ja, interessant. "Knochensäger-Jan" ist zwar ein erfahrener Praktiker, der locker den meisten studierten Ärzten seiner Zeit fachlich überlegen ist - aber er ist kein "Medicus" mit seine Epoche überragenden medizinischen Kenntnissen. Ich gestehe ihm aber zu, dass er weiß, welche Lebensmittel gegen Skorbut helfen - das wussten damals überraschend viele. (Sauerkraut war z. B. die "Geheimwaffe" der Niederländer, die auch deshalb mit viel kleineren Mannschaften auskamen, als etwa die Engländer.)

Die Handlung ist im Groben ausgearbeitet, im Groben deshalb, weil zu detaillierte Plots den Fluss der Phantasie eher hemmen (spreche da aus Erfahrung). Ich weiß, worauf es hinausläuft, aber die dazwischen liegenden Schritte kenne ich noch nicht.
Jemand, der es wissen musste, nämlich der Kriminalschriftsteller Raymond Chandler, meinte, dass die Fähigkeit, improvisierte Szenen plausibel wirken zu lassen, die Grundlage des raschen Schreibens sei. (Und Chandler hatte nach eigenen, glaubwürdigen, Angaben, manchmal 5000 Worte auf einen Sitz geschrieben.) Außerdem war er fest davon überzeugt, dass einem Schreiber in dem Augenblick, in dem er anfängt über Technik zu reden, totsicher die Einfälle ausgegangen wären, und meinte, dass diejenigen, die am meisten vom Schreiben verstünden, diejenigen seien, die nicht schreiben könnten.

Allerdings hätte Chandler Jack London, der riet, nicht auf die Inspiration zur warten, sondern mit der Keule hinterher zu jagen, wahrscheinlich nicht zugestimmt. Er schrieb:
Ich bekomme dauernd Aufsätze zu Gesicht, in denen Schriftsteller sich darüber auslassen, dass sie grundsätzlich nie auf Inspiration warten; sie setzen sich einfach jeden Morgen um acht an ihren kleinen Schreibtisch, ob’s regnet oder ob die Sonne scheint, ob sie einen Kater haben oder einen gebrochenen Arm oder was weiß ich sonst, und knallen ihr bisschen Pensum hin. Wie leer ihr Kopf auch sein mag und wie öde alles, was ihnen durch die Gedanken trudelt, mit solchen Quatsch wie Inspiration haben sie nichts im Sinn. Ich entbiete ihnen meine Bewunderung und gehe ihren Büchern sorgfältig aus dem Weg.
Auch wenn es beim NaNoWriMo auf Quantität, nicht Qualität, ankommt - ganz ohne Einfälle geht es nun mal nicht. Auch Jack London, ein extrem einfallsreicher, aber auch sehr sachkundiger Autor, schrieb nicht ohne Inspiration. Und auch Chandler wartete nicht einfach ab, bis eine Muse sich bequemte, ihn zu küssen.

Ich gehöre zu den Menschen, die in einen kreativen "Flow" geraten können, einen Schaffensrausch. Wenn mir das im November ein paar mal gelingt, schaffe ich die 50000 Wörter locker. Ohne "Flow", aber mit "täglichem Pensum", ist es eher fraglich.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Mut zum Klischee

"You can't wait for inspiration. You have to go after it with a club."
- Jack London

Ich nehme an einem wahnsinnigen Wettbewerb teil, der zum Ziel hat, innerhalb eines Monats einen kompletten Roman zu schreiben: dem National Novel Writing Month, kurz NaNoWriMo. Allerdings bin ich wahrlich nicht der einzige Wahnsinnige, denn während des NaNoWriMo vom 1. bis 30. November versuchen tausende von Menschen einen ersten Entwurf (!) eines Romans zu schreiben. Dabei zählt nicht die Qualität des Werks, sondern allein die Quantität. Jeder, der 50000 Worte zusammenbringt, was durchschnittlich etwa 1700 Worten am Tag entspricht, zählt als Gewinner. Ein Preisgeld gibt es übrigens nicht. Die Sprache ist übrigens beliebig, und der Wettbewerb, entgegen dem Titel, längst International.

Beim NaNoWriMo bin ich zum ersten Mal dabei. Nach einigem Zögern: Zwar sind 50.000 Wörter nicht so schrecklich viel, und an manchen Tagen schreibe ich auch ohne Wettbewerb mehr als 1700 Worte. Es ist auch nicht das erste Mal, dass ich einen Roman schreibe. Ich habe sogar, im bescheidenen Rahmen, etwas veröffentlicht. (Aber nicht in Druckkostenzuschussverlagen, also der "Vanity Press"! Ich kann auch jeden angehenden Schreiber nur davor warnen, weil diese Verlage oftmals über kein Lektorat verfügen, also einfach alles drucken, wofür der Autor zahlt, und die dort verlegten Bücher daher oft von zweifelhafter Qualität sind. Die meisten in Zuschussverlagen erschienenen Bücher werden zu Recht von vornherein nicht ernst genommen. Ein Vorteil gegenüber dem Selbstverlag besteht also nicht, schon gar nicht finanziell: Für die geforderten Beträge kann man locker auch ein "Book on Demand" publizieren. Außerdem bin ich der Ansicht, dass ein Verlag am Buch verdienen soll, und nicht am Autor!)

Das Problem liegt darin, dass ich dann im November zu praktisch gar nichts anderem mehr käme, da ich ja auch andere Dinge vorhabe, z. B. arbeiten (im Job, nicht am Roman). Außerdem ist es ist schon verdammt lang her, seitdem ich meinen letzten romanlangen Text "verbrochen" habe. Aber nach Karans hervorragenden Erfahrungen mit dem genau so verrückten FAWM (February Album Writing Month), bei dem sie so geniale Lieder wie "Muschelkalk" oder "Piratin" schrieb, und einigen Ermutigungen von guten Freunden ließ ich mich breitschlagen überzeugen.

Ich gehöre nämlich zu den Typen, die zahllose angefangene Skripte in der Schublade bzw. auf der Festplatte liegen haben. Nein, ich halte mich an die Regeln des NaNoWriMo und werde davon nichts verwenden!
Und um ganz sicher zu gehen, schreibe ich keine Science Fiction, keine Fantasy und auch keinen Krimi - in diesen Genres habe ich mich schon versucht. Der Versuchung, irgendwann zu einem "Fertigteil" zu greifen, will ich so gleich einen Riegel vorschieben.

Meine ursprüngliche Idee, einen Gesellschaftsroman über die bizarre Welt einer Studenten-WG der turbulenten 80er Jahre zu schreiben, habe ich im Moment der Anmeldung fallen gelassen. Die maritime Begrüßung im deutschsprachigen Unterforum hat es mir angetan. Also schreibe ich einen Seeabenteueroman. Ich habe ein bisschen Ahnung von der christlichen und der unchristlichen Seefahrt, und der Hafen zwecks Inspiration ist ja auch nicht weit weg.
Es kam noch "schlimmer" - da gerade in den Nachrichten von "den Piraten" und von "Jamaica" die Rede war, dachte ich mir "Ist ja das abgenudelste Klischee der Abenteuerliteratur: Piraten in der Karibik."
Nun ist es aber so, dass ich in den Romanen, die ich tatsächlich fertig bekommen habe, mit Klischees spiele - während die, die es nie über das Exposé-Stadium schafften, vor allem durch meinen Eifer, abgenutzte Klischees zu vermeiden, nie voran kamen. Vielleicht ist es keine schlechte Idee, Klischee Klischee sein zu lassen - und dafür zum Beispiel durch interessante Charaktere zu glänzen zu versuchen. Hej, den berühmtesten und vielleicht besten Seeräuberroman überhaupt, "Treasure Island" ("Die Schatzinsel") schrieb Robert Louis Stevenson auch in knapp einem Monat!

Ich habe immer mit dem Problem zu kämpfen, dass ich meine Romane nie fertig bekomme - an meinem "Erstling", der auch nur ca. 100.000 Worte hatte, bastelte ich über zwei Jahre. Daher ist der NaNoWriMon eine echte Herausforderung für mich. Zumal ich den Roman ja am Feierabend schreiben muss.

Mein Teilnehmername "hrafnsgaldr" ist übrigens altisländisch und bedeutet "Rabenzauber". Was nicht bedeutet, dass ich etwa beabsichtige, isländische Sagaliteratur zu schreiben. Oder einen Wikingerroman (den gibt's vielleicht beim NaNoWriMo 2010).

Sonntag, 4. Oktober 2009

Erinnerungen an ´82

Eine persönliche Ergänzung zu Die Herrschaft der ´82er.
1982 war das Jahr, in dem ich mein Abi "baute". (Wie sich daraus mühelos schließen lässt, bin ich nicht mehr der Jüngste.) Übrigens mit einem Schnitt von 2.0, was angesichts der Tatsache, dass ich zwar hochmotiviert lernte, aber vorzugsweise Dinge, die nicht zum abfragbaren "Stoff" gehörten, und mich zwar immer konzentrierte, aber nicht immer auf den Unterricht, keineswegs selbstverständlich war.

Ich erwähnte die Popper von damals, die in vielen Fällen die Politiker, Top-Manager und Meinungsmacher von heute sind. Ich war keiner. Das lag einerseits daran, dass ich beim Wort "Popper" schon damals eher an Karl Raimund Popper dachte, als an junge Menschen mit asymetrischen Föhnfrisuren, Kaschmir-Pullovern, Rolex-Uhren (manchmal sogar echt) Karottenhosen und Schuhen, die, anders als die Bezeichnung "Pennyloafer" vermuten ließ, sauteuer waren. Anderseits natürlich auch daran, dass mir für diesen teuren Lebensstil sowohl die nötige Kohle wie die nötige Eitelkeit fehlte.
Meine Schule zeichnete sich durch eine sozial und politisch extrem gemischte Schülerschaft aus - in meiner Jahrgangsstufe gab es sowohl jemanden, der in einem besetzten Haus in der Hafenstraße wohnte, wie auch Töchter und Söhne von erfolgreichen mittelständischen Unternehmern, die, wenn sie auf Angeber-Uhren Wert legten, nicht auf Rolex-Imitate zurückgreifen mussten. Das verhinderte ziemlich wirksam die Cliquenbildung - es gab von jeder Herkunftsgruppe und Subkulturgruppe dazu einfach zu wenige. Es gab bei uns einige, die im Popper-Stil herumliefen, die sich aber nicht "poppermäßig" verhielten - womit ich extreme Angeberei, Rücksichtslosigkeit, Konsumgeilheit, Karrieregeilheit, Oberflächlichkeit meine. Waren meistens ganz gute Kumpel, nur eben besonders modebewusst. Anderseits gab es da einen, den wir den "Punkpopper" nannten - jemanden, der in Kleidung und Auftreten extrem provokativ war, aber eben nur äußerlich "Rebell", innen karrierebewusst und selbstbezogen. Ich war nicht im Mindesten erstaunt, als ich Jahre später sein Gesicht und seinen Namen auf einem CDU-Wahlplakat sah. Inzwischen ist er nicht nur Dozent an der Universität Berlin, sondern war auch lange Jahre in führenden Management-Positionen in großen Medienunternehmen tätig. Immerhin: Internet-Ausdrucker ist er nur wirklich nicht ...

Im Rückblick erscheint mir das damals in der BRD herrschende gesellschaftliche Klima extrem polarisiert. Einerseits herrschte bei sehr vielen Menschen eine extreme Angst vor Krieg - vor allem nach dem NATO-Doppelbeschluss und der im Rahmen dieses Beschlusses 1982 stationierten, nuklear bestückten us-amerikanischen Marschflugkörpern vom Typ BGM-109 Tomahawk. Die (m. E. berechtigte) Angst, dass durch "eurostrategische" mobile - und daher im Präventivschlag kaum zu vernichtende - extrem zielgenaue nukleare Waffensysteme wie die Tomahawk, die Pershing II-Rakete oder auf östlicher Seite die RSD-10 (besser bekannt unter dem NATO-Kürzel SS 20) ein auf Europa "begrenzten" Atomkrieg möglich und sogar "führbar" wäre, war der Hauptauslöser der sehr breiten Friedensbewegung. Eine andere Angst, die zehntausende Menschen auf die Straßen trieb, war die vor der Umweltzerstörung.
Ohne diese (nicht grundlosen) Ängste hätte es die "GRÜNEN" nicht gegeben, und wären umweltpolitische Themen in Medien und Politik Randthema geblieben. Auch der "bewährte" Versuch, die Friedensbewegten als "Marionetten Moskaus" darzustellen, schlug fehl - und das, obwohl es tatsächlich an Versuchen der "realsozialistischen" DKP, die Proteste in ihrem, einseitig anti-westlichen Sinne, zu instrumentalisieren, nicht mangelte. Ja, und dann gab es noch die Lambsdorf-FDP - es waren wenige, die aber von Anfang an massiven medialen "Feuerschutz" für das Vorhaben "schlanker Staat" genossen.

Computer. Es gab zwar schon das Internet, aber kaum jemand, der nicht gerade Informatik studierte, wusste das. Noch im Fischer-Taschenlexikon "Computer", Auflage 1986, fehlte dieses Stichwort. Mein erster Computer war übrigens kein C-64, sondern ein Sinclair ZX81, der unter dem Namen "Timex Sinclair 1000" für nur 99 DM bei "Allkauf" verramscht wurde. Ein Jahr später leistete ich mir einen "Basic"-programmierbaren Taschenrechner, der irgendwie praktischer war. Woran ich mich noch gut erinnern kann, waren die Trauben Jugendlicher in den Computer-Abteilungen der Warenhäuser. Und schon damals gab es besorgte Pädagogen und Erziehungs-Politiker, die mit markigen Worten vor verrohenden Computerspielen warnten. 1984 wurde erstmals dann ein "Ballerspiel", River Raid, von der BPjS indiziert. (Einiges zu dieser absurden Indizierung schrieb ich unter Die Tücken der virtuellen Realität.)

Donnerstag, 13. August 2009

S.Y. Woodstock

Es war vom 15. August bis 17. August 1969 geplant, dauerte dann bis zum 18. und fand nicht bei Woodstock statt:
Das "Woodstock Music and Art Festival", das berühmteste Open-Air Musikfestival überhaupt. Es markiert den Zeitpunkt, an dem eine vormalige Minderheitenkultur den Pop-"Mainstream" eroberte.
Wahrscheinlich war "Woodstock" auch deshalb legendär, weil es trotz der unkontrollierten und unkontrollierbaren Menschenmenge zu keinen nennenswerten Gewalttätigkeiten kam.
Wie auch immer: die Legende "Woodstock" überlebte und gewann beinahe mythische Züge.

Was könnte auch dem Mythos werden? Eine nicht ganz ernst gemeinte "Zukunftsvision" sieht so aus:
sy-woodstock-02

sy-woodstock-01

Die Raumyacht S. Y. WOODSTOCK.
Angesiedelt im "Star Trek"-Universum. Das Modell baute ich für den Star Trek Con "Con Course 3" im Jahre 1993.
Das Modell sollte ursprünglich ein "Heavy Shuttlecraft" der "Wostok"-Klasse darstellen, im "Star Trek"-Universum der Vorgängertyp der bekannten "Runabouts" der Fluss-Klasse, bekannt aus "Deep Space 9". Leider sah dann die "offizielle" Wostok-Klasse doch anders aus, so dass ich mein Modell zur "Wos'chod-Klasse" umdefinierte.
Meine Idee war, dass ein von Star Fleet ausrangiertes Kleinraumschiff von Privatleuten in Eigenarbeit wieder flott gemacht und im "Hippie-Bus"-Manier bemalt und ausgestattet wurde. Anregung war die originale "Star Trek"-Folge "The Way to Eden" aus dem Jahre 1969 (deutscher Titel: "Die Reise als Eden") in Fankreisen besser als "die Folge mit den Weltraum-Hippies" bekannt. Der Gedankensprung von Wos'chod zu WOODSTOCK entbehrte dann, wie Spock sagen würde, nicht einer gewissen Logik.
(Nein, es hat keine Plüschborten an den Fenstern - aber das Cockpit ist innen mit rotem Kunstfell verkleidet.)
Später erfand ich eine Geschichte um die Raumyacht WOODSTOCK, auf die ich heute allerdings wenig stolz bin. Fan-Fiction ist sowieso wegen der Urheberrecht eine heikle Sache.

Freitag, 10. Juli 2009

Endlich gefunden ...

... der legendäre Vorspann von Heinz Edelmann ("Yellow Submarine") zur ZDF-Reihe "Der phantastische Film" (1970er und 1980er Jahre):

(Das heißt: wirklich gefunden hat ihn helimars. Danke!)

Sonntag, 10. Mai 2009

Den "Hafengeburtstag" lehne ich inkonsequent ab!

Es gibt von mir eine Fotogalerie von der Einlaufparade zum "Hafengeburtstag" am 8. Mai.
Sie ist ein Dokument meiner Inkonsequenz.

Denn ich lehne die Feiern des "Hamburger Hafengeburtstags" ab.

Vor zwei Jahren schrieb ich Hafengeburtstag in Hamburg: "He lücht!". Kurz zusammengefasst: Der "Hafengeburtstag" gründet sich auf eine mittelalterliche Urkundenfälschung. Die "Tradition des Hafengeburtstags" wurde 1939 begründet - als typische Nazi-Feier. 1977, als genügend Gras über diese peinliche Veranstaltung gewachsen war, regte der damalige Wirtschaftssenator Wilhelm Nölling mit Blick auf den Tourismus den "Hafengeburtstag", wie wir ihn heute kennen, an.

Mit Nils von Magerfettstufe bin ich einer Meinung: der Hafengeburtstag ist uninteressant. Die "Festmeile" zwischen St.Pauli Landungsbrücken und Fischmarkt ist zum größten Teil eine austauschbare Fress- und Saufmeile. Die Unterschiede zum "Alstervergnügen" oder zum "Weihnachtsmarkt" sind marginal. Alles wie gehabt: Rummelplatz mit viel Gedränge am Wasser. Standard-Attraktionen wie das "Schlepperballett" waren mal originell. Sicher, es gibt Lifemusik umsonst und draußen, und auch Schiffbesichtigungen interessieren mich. Aber sowohl Lifemusik wie Schiffsbesichtigungen gibt es zu anderen Gelegenheiten ohne viel Gedränge und Remmidemmi.
Kein Wunder, dass mich, wie anscheinend immer mehr Hamburger der "Hafengeburtstag" kalt lässt. Nach einer (nicht repräsentativen) Umfrage des "Hamburger Abendblattes" wollen 79 % der Befragten nicht zum "Hafengeburtstag" gehen.

Alles wie immer? Nö, denn dieses Mal gab es eine unglaublich blöde, überflüssige, extrem belästigende Idee: das Partnerland des 820. "Hafengeburtstags", die Schweiz, schickt, in Ermangelung schöner Schiffe, die Kunstflugstaffel "Patrouille Suisse". Eine Kunstflugstaffel - mit Kampfjets vom Typ Northrop F-5 Tiger II. Hieß es nicht nach der Flugkatastrophe von Ramstein, Kunstflugvorführungen mit Jets seien selbst bei verbesserten Sicherheitsregeln zu gefährlich, um je wieder genehmigt zu werden? Am Sonnabend mussten nicht allein die vielleicht noch interessierten Besucher des "Volksfestes", sondern auch zehnttausende Anwohner eine Viertelstunde lang ohrenbetäubendem Lärm über Elbe und Innenstadt ertragen: Schweizer Flieger ärgern Hamburger.

Weil halte es für unangemessen am 8. Mai etwas anderes zu feiern, als die Befreiung der Menschheit vor Deutschland am 8. Mai 1945 - wo lautes Feiern für uns Deutsche, zumal mit Kriegsschiffen und Militärjets (auch wenn sie aus der neutralen Schweiz kommen) schlicht geschmacklos ist. (Nebenbei: Auch wenn "Tag der Befreiung" gegenüber "Zusammenbruch" oder "Stunde Null" ein echter Fortschritt war: es ging bei der Bedingungslosen Kapitulation Deutschland nicht darum, Deutschland von "den Nazis" zu befreien. Wie denn auch, wenn Hitlers Mörderregime auf über 80% Zustimmung rechnen konnte? Wo klar war, dass es Deutschlands gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und auch kulturellen Strukturen waren, die Vernichtungskrieg und Holocaust möglich machten? Um befreit zu werden, muss man gefangen sein, und die überwiegende Mehrheit der Deutschen stand, selbst wenn sie keine Täter waren, auf Seiten der "Gefängniswärter" und "Henker. Gefangene Deutsche, das waren ausschließlich die politischen Gegner, die Angehörige von Minderheiten in Gefängnissen, KZ, Strafbattalionen, und jene, die täglich vor der Gestapo und ihren denunziationsfreudigen Mitmenschen bedroht waren - deutsche Juden kaum noch, die hatten entweder noch rechtzeitig ihr nacktes Leben durch Flucht gerettet oder waren ´45 längst ermordet.
Vielleicht sollte es "Tag der Gnade" heißen: die Sieger, einschließlich Stalins brutaler Diktatur, gegen unendlich viel gnädiger mit den Deutschen um, als sie es umgekehrt mit ihren "Feinden" taten. Und "Tag des unverdienten Glücks", denn nach Ausbruch des "Kalten Krieges" war ab 1947 im Westen, ab etwa 1949 auch im Osten von "Deindustalisierung" und wenig später auch von "Demilitarisierung" nicht mehr die Rede.)

Wie auch immer: Es ist bezeichnend, dass der 8. Mai in Deutschland nur in Mecklenburg-Vorpommern Feiertag ist. (In Österreich, dem Opferland, das schnell und willig zum Täterland wurde, ist er auch kein Feiertag.)
Beifreites Lachen steht uns am jenem Festtag, als die Welt von der tödlichen Bedrohung durch uns befreit war, dennoch wohl an - ich kenne da jemanden, der hat zur Bedingungslosen Kapitulation 1945 nur gelacht. Wie er auch heute über seine falschen Freunde mit dem braunstichigen Innenleben nur höhnisch lachen kann. Auf das ihnen, ihren Gesinnungsgenossen und auch den unsäglichen Nazi-Relativierern, Schlussstrich-Ziehern und Freunden autoritären "Durchgreifens" das Lachen vergehen möge!

Aber dennoch bin ich von Schiffen, vor allem Segelschiffen, fasziniert. Während ich die Festmeile meide, genieße ich es, bequem im Finkenwerder "Gorch Fock-Park" (benannt nach einem Dichter, der im Dienst der Kaiserlichen Marine elendiglich ersoffen ist), mit einem kühlen Bier in Griffweite zu sitzen, und die prachtvollen Schiffe vorbeisegeln zu lassen.

Inkonsequent? Ja. Unmoralisch? Vielleicht. Schlechtes Gewissen? Bestimmt nicht! Das sollten lieber andere haben ... jene, die es in der Hand hätten, den "Hafengeburtstag" wieder verschwinden zu lassen. Vielleicht zugunsten eines Hafenfestes wie der Rostocker "Hanse Sail", bei dem es etwas mehr um Seefahrt und weniger um Rummel geht. Zum einem anderen Termin als ausgerechnet dem 8. Mai.

Freitag, 1. Mai 2009

Frühling in Finkenwerder

Hamburg-Finkenwerder - was fällt einem dabei ein?
Vielleicht die "Finkwarder Speeldeel", die - wie ich finde, zu Unrecht - den Ruf hat, "Volkstümliche Musik" zu sein. ("Volkstümliche Musik", nicht zu verwechseln mit Volkslieder bzw. Folklore, verstehe ich als einen gängigen Euphemismus für sentimentale Schlager für Menschen über 70 - womit man zugleich den meisten Menschen über 70 hinsichtlich ihres Musikgeschmacks bitter Unrecht tut.)
Vielleicht die berühmte "Finkenwerder Kutterscholle", die nicht mehr aus Finkenwerder kommt, wegen des Niedergangs der Hochseefischerei - ein einziger Kutter fischt noch von Finkenwerder aus in der Nordsee. Immerhin - die Elbe ist wieder sauber genug, dass es wieder Flussfischerei gibt.
Vielleicht kennt man auch das Airbus-Werk mit Werksflughafen, unter Umweltschützern berüchtigt durch die teilweise Zuschüttung des Mühlenberger Lochs mit seinem ökologisch wertvollen Süßwasser-Watt.

Ich könnte, wenn ich wollte, einen sehr kritischen Artikel über Finkenwerder Probleme schreiben.
Ich will es aber nicht. Weil ich diesen Stadtteil mag, so wie er ist - mit seinen Ecken, Kanten, Widersprüchen. Mit seinem hohen Einwandereranteil, seiner Überalterung, seiner Hafen- und damit Industrienähe, seinen Industriebrachen.

Glattgehobelte Wohnquartiere gibt es schon zu viele. Deshalb ein wenig Idylle, aufgenommen bei einem Besuch Ende April.


(Mehr davon hier.)

Sonntag, 26. April 2009

Piratin - ein Versuch

Ein kleines Medienexperiment, erst mal "quick & dirty"



Samstag, 11. April 2009

Illuminaten unter Dampf?

Ein Zug, mit dem Verschwörungsparanoiker wohl nicht fahren würden:
JD604978
Foto: Londo42
Mehr Bilder und Kurzvideos: Noch einmal Museumszug Bensheim-Worms und zurück

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