Sonntag, 18. Oktober 2009

Mut zum Klischee

"You can't wait for inspiration. You have to go after it with a club."
- Jack London

Ich nehme an einem wahnsinnigen Wettbewerb teil, der zum Ziel hat, innerhalb eines Monats einen kompletten Roman zu schreiben: dem National Novel Writing Month, kurz NaNoWriMo. Allerdings bin ich wahrlich nicht der einzige Wahnsinnige, denn während des NaNoWriMo vom 1. bis 30. November versuchen tausende von Menschen einen ersten Entwurf (!) eines Romans zu schreiben. Dabei zählt nicht die Qualität des Werks, sondern allein die Quantität. Jeder, der 50000 Worte zusammenbringt, was durchschnittlich etwa 1700 Worten am Tag entspricht, zählt als Gewinner. Ein Preisgeld gibt es übrigens nicht. Die Sprache ist übrigens beliebig, und der Wettbewerb, entgegen dem Titel, längst International.

Beim NaNoWriMo bin ich zum ersten Mal dabei. Nach einigem Zögern: Zwar sind 50.000 Wörter nicht so schrecklich viel, und an manchen Tagen schreibe ich auch ohne Wettbewerb mehr als 1700 Worte. Es ist auch nicht das erste Mal, dass ich einen Roman schreibe. Ich habe sogar, im bescheidenen Rahmen, etwas veröffentlicht. (Aber nicht in Druckkostenzuschussverlagen, also der "Vanity Press"! Ich kann auch jeden angehenden Schreiber nur davor warnen, weil diese Verlage oftmals über kein Lektorat verfügen, also einfach alles drucken, wofür der Autor zahlt, und die dort verlegten Bücher daher oft von zweifelhafter Qualität sind. Die meisten in Zuschussverlagen erschienenen Bücher werden zu Recht von vornherein nicht ernst genommen. Ein Vorteil gegenüber dem Selbstverlag besteht also nicht, schon gar nicht finanziell: Für die geforderten Beträge kann man locker auch ein "Book on Demand" publizieren. Außerdem bin ich der Ansicht, dass ein Verlag am Buch verdienen soll, und nicht am Autor!)

Das Problem liegt darin, dass ich dann im November zu praktisch gar nichts anderem mehr käme, da ich ja auch andere Dinge vorhabe, z. B. arbeiten (im Job, nicht am Roman). Außerdem ist es ist schon verdammt lang her, seitdem ich meinen letzten romanlangen Text "verbrochen" habe. Aber nach Karans hervorragenden Erfahrungen mit dem genau so verrückten FAWM (February Album Writing Month), bei dem sie so geniale Lieder wie "Muschelkalk" oder "Piratin" schrieb, und einigen Ermutigungen von guten Freunden ließ ich mich breitschlagen überzeugen.

Ich gehöre nämlich zu den Typen, die zahllose angefangene Skripte in der Schublade bzw. auf der Festplatte liegen haben. Nein, ich halte mich an die Regeln des NaNoWriMo und werde davon nichts verwenden!
Und um ganz sicher zu gehen, schreibe ich keine Science Fiction, keine Fantasy und auch keinen Krimi - in diesen Genres habe ich mich schon versucht. Der Versuchung, irgendwann zu einem "Fertigteil" zu greifen, will ich so gleich einen Riegel vorschieben.

Meine ursprüngliche Idee, einen Gesellschaftsroman über die bizarre Welt einer Studenten-WG der turbulenten 80er Jahre zu schreiben, habe ich im Moment der Anmeldung fallen gelassen. Die maritime Begrüßung im deutschsprachigen Unterforum hat es mir angetan. Also schreibe ich einen Seeabenteueroman. Ich habe ein bisschen Ahnung von der christlichen und der unchristlichen Seefahrt, und der Hafen zwecks Inspiration ist ja auch nicht weit weg.
Es kam noch "schlimmer" - da gerade in den Nachrichten von "den Piraten" und von "Jamaica" die Rede war, dachte ich mir "Ist ja das abgenudelste Klischee der Abenteuerliteratur: Piraten in der Karibik."
Nun ist es aber so, dass ich in den Romanen, die ich tatsächlich fertig bekommen habe, mit Klischees spiele - während die, die es nie über das Exposé-Stadium schafften, vor allem durch meinen Eifer, abgenutzte Klischees zu vermeiden, nie voran kamen. Vielleicht ist es keine schlechte Idee, Klischee Klischee sein zu lassen - und dafür zum Beispiel durch interessante Charaktere zu glänzen zu versuchen. Hej, den berühmtesten und vielleicht besten Seeräuberroman überhaupt, "Treasure Island" ("Die Schatzinsel") schrieb Robert Louis Stevenson auch in knapp einem Monat!

Ich habe immer mit dem Problem zu kämpfen, dass ich meine Romane nie fertig bekomme - an meinem "Erstling", der auch nur ca. 100.000 Worte hatte, bastelte ich über zwei Jahre. Daher ist der NaNoWriMon eine echte Herausforderung für mich. Zumal ich den Roman ja am Feierabend schreiben muss.

Mein Teilnehmername "hrafnsgaldr" ist übrigens altisländisch und bedeutet "Rabenzauber". Was nicht bedeutet, dass ich etwa beabsichtige, isländische Sagaliteratur zu schreiben. Oder einen Wikingerroman (den gibt's vielleicht beim NaNoWriMo 2010).

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