Kulturelles

Freitag, 16. April 2010

Tillykke med fødselsdagen

Heute, am 16. April, feierte die dänische Grafikerin, Malerin, Designerin Bühnenbildnerin und Kostümbildnerin Ingahild Grathmer ihren 70. Geburtstag. Ihre bekanntesten Werke sind die Illustrationen der dänische Ausgabe des "Herrn der Ringe" von J. R. R. Tolkien und das Dekor für den Film "Die wilden Schwäne" nach Hans Christian Andersens gleichnamigem Märchen.
Übrigens hat die vielseitige und sympathische Künstlerin einen recht interessanten Zweitberuf.

Samstag, 10. April 2010

Besser kann man es nicht sagen (oder wenigstens: Ich kann es nicht)

Manchmal stoße ich auf Formulierungen, die einen Gedanken so gekonnt in Worte fassen, dass ich mich ärgere, dass mir so etwas nicht einfällt.

Die Einleitung von Hans Schmids Ein deutsches Schicksal - Das Dritte Reich im Selbstversuch, Teil 2: Hans Westmar drückt mit wenigen Worten etwas aus, was ich, vielleicht aus Betriebsblindheit, so nicht hätte formulieren können:
Die Nazis hatten vor, das Christentum durch etwas zu ersetzen, von dem sie gern glauben wollten, dass es die Religion der alten Germanen gewesen sei. Diese Religion war angeblich in Deutschlands Wäldern entstanden (wahrscheinlich in einer Fichten-Monokultur), und es gab diverse Forschungsprojekte, die das beweisen sollten. Die Phantasien von der Fortsetzung des Germanentums führten zu immer abstruseren Gedankengängen. Vielleicht stimmt deshalb sogar die Geschichte, dass im Himalaya in Himmlers Auftrag der Yeti gefangen werden sollte, um ihn mit einer Südtirolerin zu kreuzen und so den Urgermanen zu züchten, den neuen/alten deutschen Übermenschen.
Genial! Allenfalls gäbe es zu bemäkeln, dass längst nicht allen Nazis ein stark ariosophisch geprägter "Germanenglaube" vorschwebte - er konkurrierte vor allem mit dem Modell "entjudifiziertes Christentum" ("Deutsche Christen"), das ein Menschenbild hatte, das etwa so "christlich" war, wie das Religionskonstrukt der falschen Freunde Odins unter den Nazis "germanisch" war. Die meisten Nazis in Machtpositionen verstanden sich nachweislich als "christlich" - oder behaupteten wenigstens, Christen zu sein. Andere Nazis waren Nihilisten, es gab sogar "Nazi-Esoteriker", die ihren "Ariermythos" mit hinduistischen Elementen garnierten oder mit Versatzstücken aus dem "alten Tibet" - was sich u. A. in den Himalaya-Expeditionen zeigte. Entgegen mancher Behauptungen, vor allem von römisch-katholischer Seite, spielte der Atheismus in der NS-Weltanschauung keine Rolle und stand immer unter Marxismusverdacht. In der SS waren bekennende Atheisten unerwünscht, das gleiche galt für die NSDAP.

Aber genug davon. Tatsächlich waren die realen "Germanen" (in Anführung, weil es sie als Volk, Staat oder gar "Rasse" nie gegeben hat) so verschieden vom Wunschbild der Nazis hinsichtlich der "großartigen Vorfahren", dass es den Archäologen im SS-Ahnenerbe sichtlich schwer fiel, ihre Forschungsergebnisse mit der "gewünschten" Weltanschauung in Einklang zu bringen. Hitler soll gelästert haben, die alten Griechen hätten schon großartige Bauten gehabt, als die Germanen noch in Lehmhütten gelebt hätten - und dieser Himmler hätte nichts Besseres zu tun, als diese Lehmhütten ausgraben zu lassen. Die propagandistische Darstellung der "Germanen" als "urwüchsige unverdorbene" Naturburschen hatte allerdings ihre Grenzen - vor allem, wenn es galt, ihre"rassische und kulturelle Überlegenheit", etwa gegenüber den "Völkern des Orients" zu "beweisen". Was dann zu völlig abstrusen Gedankenkonstrukten führte.

Die "Germanen" im Nazi-Verständnis entsprechen tatsächlich nicht dem lebensstrotzenden Chaos eines Urwaldes, sondern der Gradlinigkeit und Gleichförmigeit einer Monokultur. Das Nazi-Verständnis von "Gleichheit" in der "Volksgemeinschaft" war nicht das von "Egalität", sondern von "Homogenität". Wer "irgendwie anders ist", dem ist nicht zu trauen, und Individualismus ist sowieso dekadent. Eine Einstellung, die im heutigen Deutschland auch nicht gerade selten ist.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Intertextuelle Abschreibkünste

Das Dauerthema "geistiges Eigentum" kocht hoch - und ich koche mit, denn es geht mich an - und zwar unmittelbar.
Über den Anlass, den konkreten "Axolotl-Fall", und die Art und Weise, wie das deutsche Literaturfeuilleton in den "Qualitäts"-Zeitungen mit dieser Peinlichkeit umgeht, blogge ich nichts, denn darüber haben andere schon besser und sachkundiger gebloggt, als ich es könnte, z. B.:
Anatol Stefanowitsch im "Sprachblog": Intertextuelle Illusionen oder Gregor Keuschnig: Die Unfähigkeit, zu googlen und - kurz, knackig, böse und treffend Klaus Jarchow Muss ich das nun verstehen? (Kommentare unbedingt mitlesen!)

Plagiator ist, wer fälschlich behauptet, Urheber d. h. Schöpfer, eines Werkes zu sein oder wer bei (grundsätzlich zulässigen!) Zitaten die Quellenangabe unterlässt. Das nur mal, um klarzustellen, worum es geht. Es geht nicht um die Fragen der Verwertungsrechte (was ja gerne und oft mutwillig mit dem Recht des Urhebers durcheinandergewürfelt wird).
Ich halte nebenbei das Schlagwort vom "geistigen Diebstahl" für falsch. Wenn jemand z. B. eines meiner Werke plagiert, dann ist es nach wie vor in meinem Besitz - der Unterschied zu jemandem, der mir etwa das Originalmanuskript klaut, oder eine meiner Originalzeichnungen mitgehen ließe, ist zumindest aus meiner Sicht nicht gänzlich irrelevant.
Es macht aus meiner Sicht einen Unterschied, ob jemand mein Werk übernimmt, und nur "vergisst", mich als Quelle anzugeben - oder ob jemand behauptet, es sei sein Werk - oder ob jemand mit meinem Werk Geld verdient. Der ärgerlichste - aber keineswegs unrealistische - Fall wäre, wenn jemand mein Werk übernimmt, es als sein Werk ausgibt, und dann den Spieß umdreht, und behauptet, es wäre sein Werk und mir vorwift, abgeschrieben zu haben.
Ich selbst stelle grundsätzlich alles, was ich "im Internet" veröffentliche, unter Creative-Commons-Lizenz. Es gibt unterschiedliche Modelle, die aber grundsätzlich gemein haben, dass die Urheber ausdrücklich genannt werden müssen. (Wobei ich zugeben muss, dass ich auch schon in dieser Hinsicht geschlampt habe). Ich bevorzuge dabei die CC-Lizenz Namensnennung - Keine kommerzielle Nutzung. Jedenfalls bei Werken, mit denen ich selbst kein Geld verdienen möchte.

Übrigens ist es an sich nicht strafbar, ein Plagiat zu begehen. (Das ist ein entscheidender Unterschied zum "Diebstahl", der ist grundsätzlich strafbar.) Dazu aus der "Wikipedia": Plagiat:
Möglicherweise verstößt ein Plagiator aber gegen:
  • das Urheberrecht, wenn das plagiierte Werk noch urheberrechtlich geschützt ist. Es macht so gesehen einen Unterschied aus, ob man ein Gedicht von Goethe oder von einem lebenden Autor plagiiert.
  • einen Arbeits- oder Honorarvertrag, wenn darin vereinbart ist, dass der Arbeitende sich nicht plagiieren darf.
  • die Bestimmungen einer Prüfungsinstanz, beispielsweise einer Schule oder Hochschule. Das Plagiat führt je nach Regelgebung zu einer schlechten Note oder auch zum Ausschluss.
  • Strafrechtsnormen, z.B. Betrug.
Der Satz mit dem "Arbeits- und Honorarvertrag" bezieht sich auf das "Selbstplagiat", also den Fall, dass der Autor auf seine älteren Arbeiten zurückgreift. Was einmal mehr den Unterschied zwischen "Diebstahl" und "Plagiat" und die Fragwürdigkeit der Metapher "geistiges Eigentum" verdeutlichen sollte, denn ich kann mich nicht selbst bestehlen.

Eine weitere, aus meiner Sicht nicht unwichtige Unterscheidung ist die zwischen "Remix-, Sharing- oder Sampling" und "einfach mal eben klauen". (Ich schreibe "klauen", auch wenn ich vom Begriff "geistigen Diebstahl" nichts halte - eine sprachliche Inkonsequenz, die hinsichtlich meiner Rechtsauffassung irrelevant ist. Ich habe so einige Erfahrung mit haarspalterischen Trollen.)

Aus der Sicht des Urheberrechts sieht das so aus:
Die freie Benutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist zulässig, um ein neues selbständiges Werk hervorzubringen. Das neue Werk muss aber selbst alle Voraussetzungen eines geistigen Werkes aufweisen und die schöpferische Leistung des benutzten Werks zu einem gewissen Maße verdrängen.
(§ 63 UrhG)

In der juristischen Praxis liefert die Abgrenzung zwischen "Remix" und "Urheberechtsverletzung", wie könnte es anders sein, Stoff für lange Auseinandersetzungen. Aber grundsätzlich sollte klar sein, worum es geht, und wieso es nicht immer redlich ist, die "üblichen Verdächtigen", die in Plagiatsfällen gern bemüht werden, als entschuldigendes Beispiel heranzuziehen. Die "üblichen Verdächtigen" sind berühmte "Abschreiber" wie Shakespeare, Thomas Mann, Brecht, Goethe oder Kempowski. Die haben nämlich unbestreitbar etwas Eigenes aus dem verwendeten übernommen Material geschaffen - und vor allem: sie hatten auch wirklich etwas zu sagen. Das ist längst nicht bei allen, die mit Alle-großen-Schriftsteller-haben-abgeschrieben ankommen, der Fall. Nebenbei ist es auch im Fall eines "Remixes" oder einer "Collage", die ein neues, selbstständiges Werk darstellt, nur recht und billig, die verwendeten Quellen anzugeben.

Was ist aber mit unbeabsichtigten Plagiaten? Das es so etwas nicht nur gibt, sondern das es mich persönlich betrifft, wurden mir vor Kurzem unangenehm deutlich. Unproblematisch - aus juristischer Sicht jedenfalls - sind dabei Selbstplagiate "aus Versehen":
Nebenbei: Beim sorgsamen Lesen wurde mir klar, dass ich, ohne es zu wollen, doch Motive und Handlungselemente längst fertiger Texte "recycelte" - nicht etwa durch direktes Abschreiben oder gar "copy-paste", sondern aus dem Gedächtnis. Der Zeitdruck und die nano-typische Enthemmung führt dazu, dass ich viele Situationen so ähnlich schilderte, wie ich sie schon mal geschildert hatte. Im Gehirn abgelegte Textbausteine, wenn man so will, oder selbst gemachte Handlungsklischees.
Leider sind im Hirnkasten eines belesenen Schreiberlings (wie mir) nicht nur eigene Texte "abgespeichert":
Etwas heikler sind "innere Textbausteine", die aus dem Textgedächtnis, Abteilung: "tolle Romane so intensiv gelesen, dass ich sie inhaltlich auswendig kann" stammen. Einiges bei mir erinnert stark an Szenen aus Romanen und Geschichten von Foster, London, Melville, Defoe, Kent usw. usw. . Was, solange die sinngemäßen Zitate unter der Plagiatsschwelle bleiben, nicht weiter schlimm ist.
NaNoWriMo - Nachlese

Mit "Plagiatsschwelle" meine ich, dass genügend "Eigenes" zum "Fremden" dazukommt, dass die schöpferische Leistung des benutzten Werks zu einem gewissen Maße verdrängt wird, wie es im Gesetz so schön heißt. Wobei es präziser heißen sollte: "Schwelle, ab der ein Plagiat urheberrechtlich relevant werden kann."

Jürgen vom Scheidt, ein nicht ganz unbekannter Schriftsteller, Psychologe und Schreiblehrer, schrob in seinem Kommentar zu Intertextuelle Illusionen:
Dies ist eine willkommene Gelegenheit zur Beichte: Ich habe damals eine Stelle aus einem Sachbuch (A. Bragine: "Atlantis", S. 238)abgekupfert, weil ich eine Schilderung des Untergangs von Atlantis "brauchte" und mich selbst überfordert fühlte, die Szene gut zu beschreiben. Ich habe die halbe Druckseite zwar mit meinen eigenen Worten wiedergegeben - aber "geklaut" war sie in ihrer Dramatik der Sezne eben trotzdem - und dies ohne Nennung des Autors. Mea culpa - ich war jung und brauchte (nicht das Geld aber den ersten) Erfolg.
Vom Scheidt war gerade einmal 17, als er seinen Science Fiction-Roman verfasste. Urheberrechtlich ist sein Plagiat nicht relevant - nicht nur, weil er eindeutig ein eigenständiges Werk schuf - einen SF-Roman gegen ein Sachbuch - und weil er nicht wörtlich abschrieb, sondern den Text umarbeitete. Ein Plagiat ist es aber trotzdem.
Allerdings kein wirklich Schlimmes - vom Scheidt zähle ich zu jenen, die ohne rot zu werden, mit Shakespeare, Brecht usw. ankommen könnten. Nein, das ist keine Frage der literarischen Qualität des Romanerstlings, sondern allein eine Frage, in welchen Verhältnis eigene Kreativität zur "Kleptokreativität" steht.

Montag, 25. Januar 2010

Der Eislauf

Endlich mal wieder ein Winter, in dem ich meine Schlittschuhe nicht nur auf der Kunsteisbahn benutzen kann, sondern auch auf den Teichen und Seen hier in der Umgebung. (Einschließlich Muskelkater, Hinfallen, Durchfrieren - und hinterher (!) einem steifen Grog - so gehört sich das ja auch.) In dem, das erste Mal seit Jahren, die Außenalster so weit zufriert, dass man auf ihr laufen kann - wahrscheinlich wird es dieses Jahr, das erste Mal sein 1997, wieder ein Volksfest auf der zugefrorenen Alster geben!
Der Eislauf
Begraben ist in ewiger Nacht
Der Erfinder großer Name zu oft!
Was ihr Geist grübelnd entdeckt, nutzen wir;
Aber belohnt Ehre sie auch?

Wer nannte dir den kühneren Mann,
Der zuerst am Maste Segel erhob?
Ach, verging selber der Ruhm dessen nicht,
Welcher dem Fuß Flügel erfand?

Und sollte der unsterblich nicht sein,
Der Gesundheit uns und Freuden erfand,
Die das Roß, mutig im Lauf, niemals gab,
Welche der Reihn selber nicht hat?

O Jüngling, der den Wasserkothurn
Zu beseelen weiß und flüchtig tanzt,
Laß der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir,
Wo des Kristalls Eb'ne dir winkt!

Sein Licht hat er in Düfte gehüllt.
Wie erhellt des Winters werdender Tag
Sanft den See! Glänzender Reif, Sternen gleich,
Streute die Nacht über ihn aus!

Wie schweigt um uns das weiße Gefild!
Wie ertönt vom jungen Froste die Bahn!
Fern verrät deines Kothurns Schall dich mir,
Wenn du dem Blick, Flüchtling, enteilst.

Wir haben doch zum Schmause genug
Von des Halmes Frucht? und Freuden des Weins?
Winterluft reizt die Begier nach dem Mahl;
Flügel am Fuß reizen sie mehr.

Zur Linken wende du dich, ich will
Zu der Rechten hin halbkreisend mich drehn;
Nimm den Schwung, wie du ihn mich nehmen siehst;
Also! Nun fleuch schnell mir vorbei!

So gehen wir den schlängelnden Gang
An dem langen Ufer schwebend hinab.
Künstle nicht! Stellung, wie die, lieb' ich nicht,
Zeichnet dir auch Preisler nicht nach.

Was horchst du nach der Insel hinauf?
Unerfahrne Läufer tönen dort her!
Huf und Last gingen noch nicht über's Eis,
Netze noch nicht unter ihm fort.

Sonst späht dein Ohr ja alles; vernimm,
Wie der Todeston wehklagt auf der Flut!
O wie tönt's anders! Wie hallt's, wenn der Frost
Meilen hinab spaltet den See;

Zurück! laß nicht die schimmernde Bahn
Dich verführen, weg vom Ufer zu gehen!
Denn wo dort Tiefen sie deckt, strömt's vielleicht,
Sprudeln vielleicht Quellen empor.

Den ungestörten Wogen entströmt,
Dem geheimen Quell entrieselt der Tod!
Glittst du auch leicht, wie dies Laub, ach, dorthin,
Sänkest du doch, Jüngling, und stürbst!
Friedrich Gottlieb Klopstock

Es ist übrigens sehr wahrscheinlich, dass Klopstock ( 1724 - 1803) auch auf der zugefrorenen Alster eislaufen war.

Montag, 11. Januar 2010

Winter, heut hab ich dich tanzen geseh'n

ans Fensterglas locken mich tanzende Flocken,
wirbeln so schwungvoll und tanzen so schön,
Deine Flocken als würden sie niemals vergeh'n.
Aus einem halb vergessenen Lied von Knut Kiesewetter, an das heute ständig denken musste.

Abgesehen von Ostholstein und Teilen Mecklenburg-Vorpommerns (beides nicht allzu weit von mir entfernt) konnte in der letzten Tagen von wirklich harten Winterbedingungen, gar nicht zu reden von einer "Schneekatastrophe", wahrlich nicht die Rede sein. Dennoch scheint (jedenfalls außerhalb der Wintersportgebiete) Schnee das ultimative Horror-Wetter zu sein.

Ich vermute das ist so, weil "schlechtes Wetter" eine unversell verwendbare Ausrede für die fehlende Fehlertoleranz überoptimierter und über-rationalisierter Verkehrs- und Energieversorgungssysteme ist.

Dienstag, 20. Oktober 2009

Bedenkliche Klischees in Schulbüchern

Am Sonntag schrieb ich noch vom "Mut zum Klischee" im Abenteuerroman - dieses Mal schreibe ich über Geschlechtsrollenklischees, die die Welt nicht braucht - schon gar nicht in Schulbüchern!
Jungs sind anders - Mädchen auch. Gerade in der Vorpubertät unterscheiden sich die Neigungen und Vorlieben männlicher und weiblicher Schüler, jedenfalls aus Sicht der Lehrer und Eltern, deutlich. Dennoch dürfte wenig Zweifel daran bestehen, dass getrennten Jungen- und Mädchenschulen, wie sie noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weit verbreitet waren, veraltet sind. Die Koedukation hat sich bewährt.
Das Klischee, dass Mädchen sich nicht für Technik und Naturwissenschaften interessieren würden und "von Natur aus" schlechter in Mathe wären als Jungs, die dafür "natürliche" Schwächen in den sprachlichen und musischen Fächern hätten, wird wohl kein Pädagoge mehr ernsthaft vertreten.

Es sei denn, er oder sie arbeitet bei "PONS".
Der Verlag brachte folgende "Neuheiten" heraus: Diktate für Mädchen, Diktate für Jungs und sogar Mathe-Textaufgaben für Mädchen und Mathe-Textaufgaben für Jungs.
"Wir wollen nicht altbekannte Klischees zementieren, sondern die Kinder da abholen, wo sie stehen", sagt Sebastian Weber, Verlagsleiter PONS Selbstlernen in der Pressemeldung zu dem, äh, geschlechtsspezifischen Lehrmaterial.
Tja, dumm nur, dass PONS die Jungs und Mädchen da abholen will, wo altbekannte Klischees sie hinstellen: "Wilde Jungs, die erst aktiv an ein Lernthema herangeführt werden, lösen anschließend bereitwilliger die nächsten Aufgaben konzentriert am Tisch. Gleiches gilt für Mädchen, deren Aufmerksamkeit vor allem über ihre Lieblingsthemen wie Pferde, Prinzessinnen und Mädchenfreundschaften gefesselt wird."
Das hat meines Erachtens herzlich wenig mit dem unterschiedlichen Entwicklungsstand von Jungs und Mädchen zu tun, oder mit tatsächlichen Vorlieben.
Mehr dazu auf Ludmila Carones Blog: Hinterm Mond gleich links an Pons: Welches Jahr haben wir noch mal?
"Okaaaaay, also die Mädchen sollen Nägel lackieren und Schmuck basteln? So, so. Auf das die Mädchen schon früh auf kleine konsumgeile Modepüppchen getrimmt werden, bei denen vor allem das Äußerliche zählt.
Da hat sie recht. Und Jungs haben gefälligst "wild" und "aktiv" zu sein, sonst sind sie
keine richtigen Jungs ...

Noch eine nette Fundsache aus den Kommentaren:
Gender Mainstreaming 'ungeheuer gefährlich' (auf kath.net).
(...) Die Kritiker sehen dadurch Gottes Schöpfungsordnung bedroht. Vom Gender Mainstreaming gehe eine „ungeheure Gefährlichkeit“ aus, sagte der Präsident des Kongressveranstalters, der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, der Missionswissenschaftler Prof. Peter Beyerhaus (Gomaringen bei Tübingen), am 10. Oktober. Es handele sich um den systematischen Versuch, die schöpfungsgemäßen Unterschiede der Geschlechter zu beseitigen. Besonders problematisch sei, dass schon Kinder mit dieser Ideologie indoktriniert würden.(...)
Nachtrag: Aus der praktischen Sicht des Mathe-Unterrichts:
pons! que tu eusses pensé? (Wirrlicht)

Sonntag, 27. September 2009

Düsenjäger

Vor gut zwei Jahren ging eine Meldung durch die Medien, die einige meiner "dummen Vorurteile" über den Kunstmarkt auf's Schönste bestätigte. ("Dumme Vorurteile" nannte eine Hamburger Galeristin, mit der ich mich vor einigen Jahren mal auf einer Vernissage darüber unterhielt, meine Ansichten. Immerhin: das kalte Buffet war gut, meiner Ansicht nach weitaus besser als die ausgestellten einfallslosen Schinken eines der zahlreichen Möchtegern-Neo-Rauchs. Danke nochmal für die Einladung damals!)
Gerhard Richters Frühwerk "Düsenjäger" wurde am 13. November 2007 in einer Auktion bei Christie's für 11,2 Millionen US-Dollar versteigert. "Düsenjäger" war damit das teuerste Bild eines noch lebenden deutschen Malers. Hysterische Herbstauktion: "Düsenjäger" in der Preisspirale (SpOn)

Ich schätze Gerhard Richter und sein Werk sehr, halte allerdings "Düsenjäger" für eine seiner schwächeren Arbeiten.
richter duesenjaeger
Der "Düsenjäger" von Gerhard Richter aus dem Jahr 1963 ist im Original 1,3 mal 2 Meter groß - ein großes, aber nicht ungewöhnlich großes Format also, jedenfalls gemessen an den wohnraumsprengenden Formaten, die etwa von vielen Neo-Expressionisten bevorzugt werden. Das Gemälde gehört zu den ersten, für die Richter ein Foto als Vorlage benutzte. "Foto" ist fast ein wenig übertrieben, denn es war ein simpler Illustriertenausschnitt den er abmalend vergrößerte (nach anderen Quellen: ein Foto aus einem Buch). Ohne Richters künstlerischen Rang schmähen zu wollen, gehört "Düsenjäger" nicht unbedingt zu seinen originellsten Werken. Tatsächlich erinnert es mich an eine typische Aufgabe aus dem Kunstunterricht der gymnasialen Oberstufe: Wie stelle ich Geschwindigkeit optisch dar? Dazu verwendet Richter genau das selbe Mittel, das wohl auch die meisten Schüler verwendet hätten: simulierte Bewegungsunschärfe durch Verwischen. Außerdem ist die Nase des Flugzeuges etwas "abgeschnitten", was aufgrund der Seherfahrung der meisten Betrachter den Effekt hat, dass das gemalte Flugzeug "aus dem Bild herauszufliegen" scheint.

Kein ganz großer Wurf also. Es ist allerdings ein "schönes", sprich dekoratives Bild, ich würde mir "Düsenjäger" durchaus ins Wohnzimmer hängen - womit ich beim ersten meiner "Vorurteile" über den Kunstmark wäre: Kunstwerke, die "leicht verständlich" sind, aber dennoch schön viel Spielraum für alle möglichen tiefsinnigen und unsinnigen Interpretationen lassen, verkaufen sich am Besten.

Wichtiger ist allerdings mein zweites bestätigtes "Vorurteil". Es liegt für mich auf der Hand, dass es bei den damals, im Jahr 1 vor der Finanzkrise, immer wieder erzielten Wahnsinnspreisen für Kunst gar nicht um das Kunstwerk ging, sondern um Kunst als Kapitalanlage. Eine "Aktie in Öl", gekauft als Spekulationsobjekt in Erwartung weiterer Preissteigerungen. (Wobei sich wenig später - wieder einmal - die extrem hohen Preise für moderne Kunst als Spekulationsblase erwiesen.) Das ist meine Erachtens auch eine Missachtung des Künstlers, der allenfalls indirekt von den hohen Preisen, die seine Werke auf dem Kunstmarkt erzielen, profitiert. Gerhard Richter verkaufte dieses Gemälde seinerzeit für einige tausend Mark an einen Privatsammler, vom Weiterverkauf seines Bildes hat er nichts. Er hatte allerdings noch das Glück, dass der "Marktwert" auch seiner aktuellen Kunst durch solche Wahnsinnspreise indirekt besser wurde. In der Regel ist ein Künstler schon tot, wenn seine Werke richtig teuer werden.

Das dritte "Vorurteil" ist das, dass solche Preise nur dank ebenso intensiver wie verlogener Werbung zustande kommen. Im Falle des "Düsenjäger" beschreibt Christie's im Auktionskatalog das Bild als einen künstlerischen Kommentar auf die Zeit des Kalten Krieges. Es mache "existenzielle Angst" spürbar und "sein Stachel" sei fast 50 Jahre nach seiner Entstehung und gerade in Zeiten globalen Terrors "so scharf wie nie zuvor".
Wer unbedingt will, kann das natürlich in das Gemälde hineininterpretieren, aber mindestens ebenso plausibel wäre die Behauptung, der Künstler wäre von der ästhetisch ansprechenden Form und der Geschwindigkeit eines Kampfflugzeuges fasziniert gewesen. Eine Einschätzung, die wahrscheinlich dazu geführt hätte, dass Richters Gemälde als "Militärkitsch" abqualifiziert und für den Kunstmarkt "unmöglich" gemacht worden wäre. (Vergleichbare Gemälde des "Gebauchskünstlers" Johnny Bruck etwa gelten bei ernsthaften Kunstkennern immer noch als Kitsch.)
Dietmar Elger, der führende Experte für die Kunst Richters, wies jedenfalls darauf hin, dass das Thema Militärflugzeuge 1963 und 1964 in mehreren Werken auftauchte. Wahrscheinlich ginge das auf Richters Erfahrungen als Jugendlicher gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zurück. Mit der aktuellen politischen Situation um 1963 hätte das Werk eigentlich weniger zu tun.
Aber auch ein aufgearbeitetes Kriegstrauma verkauft sich offensichtlich schlechter als gemalte Zeitkritik. Jedenfalls eignet es sich weniger für blumige Interpretations-Prosa.

"Düsenjäger" ist meines Erachtens ein gelungenes Werk, und war seinen ursprünglichen Verkaufswert ohne Weiteres Wert, aber ist bei weitem nicht so künstlerisch herausragend, dass es Millionensummen wert wäre. Im Gesamtwerk Richters ist es eher Mittelmaß, ein gekonntes Routinegemälde. Nicht mehr, nicht weniger.

Ich will nicht verschweigen, dass ich durch Recherche-Nebenergebnisse für Aus der Wunderwelt der gut-doofen Filme: Düsenjäger (Jet Pilot) darauf kam, etwas über Richters "Düsenjäger" zu schreiben. Ein weiteres "Nebenprodukt" ist die Erkenntnis, dass das Gemälde im streng militärisch-technischen Sinne den falschen Titel trägt. Das dargestellte Flugzeug ist eine Fiat G 91, bei der Bundesluftwaffe meistens "Gina" genannt. Die "Gina" ist ein leichtes, einsitziges Erdkampfflugzeug, es gibt auch eine zweisitzige Trainer-Variante. Sie wurde zwar auch als "leichter Jagdbomber" bezeichnet, aber Jagdaufgaben, also die Bekämpfung feindlicher Flugzeuge, spielten im Einsatzspektrum der G 91 kaum eine Rolle. Zur der Zeit, als Richter sein Bild malte, war der aktuelle "Düsenjäger" der bundesdeutschen Luftwaffe der Lockheed F 104 Starfighter. Man könnte natürlich tiefsinnige Vermutungen anstellen, wieso Richter die vergleichsweise "lahme" (1075 km/h Höchstgeschwindigkeit, 850 km/h Reisegeschwindigkeit - nicht schneller als ein gewöhnliches Verkehrsflugzeug) und kleine "Gina" und nicht den extrem schnellen und extrem umstrittenen "Starfighter" malte, was, wäre es ihm wirklich um politische Kritik gegangen, nur logisch gewesen wäre. Die wahrscheinlichste Erklärung ist banal: Richter fiel das Illustriertenfoto wohl eher zufällig ins Auge.

Sonntag, 16. August 2009

Die Gänge der Lübecker Altstadt und das Weltkulturerbe

Ich, als Hamburger, beneide die Bewohner unserer "Schwesterstadt", der "Königin der Hanse" um ihre Altstadt. Während man in der Hamburger Innenstadt nach Geschäftsschluss ohne weiteres die meisten Bürgersteige hochklappen könnte, hat Lübeck eine lebendige, attraktive, sehr kompakte Altstadt, die auch abseits der erhaltenen historischen Bauten sehens- und erlebenswert ist.
Aber natürlich sind es die historischen Bauten, darunter natürlich die berühmten Gänge, denen die Lübecker Altstadt ihren Platz auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste verdankt:
Wie in anderen Großstädten des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, gab es auch in Lübeck eine große Anzahl von Tagelöhnern und Trägern. Meist wohnten sie in kleinen, "Buden" genannten Häusern, die dicht aneinander gedrängt auf Eckgrundstücken, an den Rückseiten der Bürgerhäuser oder im inneren Bereich der Wohnblöcke standen. Die versteckt gelegenen Wohnbereiche wurden Gänge oder Gangviertel genannt.
Mittelalterliche Buden sind kaum noch erhalten, da man erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts begann, auch steinerne Buden zu errichten. Ab dieser Zeit zog auch wohlhabendere Bürger in die Gänge, denn Lübecks Altstadt liegt auf einer Insel, und das lübische Bürgerrecht war lange Zeit an einen Wohnsitz in der "ummauerten Stadt" gebunden. Heute gibt es in Lübeck noch etwa 90 Gänge. - In Hamburg gewannen hingegen die "Anforderungen an eine moderne Metropole" über den Denkmalschutz der noch noch erhaltenen Gängeviertel, soweit sie nicht schon dem Großen Brand von 1842, der "Kahlschlagsanierung" des frühen 20. Jahrhunderts und den Kriegszerstörungen des 2. Weltkriegs zum Opfer gefallen waren. (Hierzu schrob Magerfettstufe einiges: Hamburgs Gängeviertel verkommt.)
Ich beneide deshalb eine gute Freundin um um ihr kleines, wenn auch verhältnismäßig "neues" Ganghaus in der Lübecker Altstadt.
Allerdings hat das Leben als Ganghausbewohner auch weniger idyllische Seiten:
"Ich habe vor gut einem Jahr zwei Türen in meinen Gang eingebaut", sagt Thomas Haake, Besitzer eines Hauses in der Straße "Engelswisch". Durch sein Haus läuft der "Hellgrüne Gang". Der Lübecker Architekt fühlt sich durch Touristenmassen gestört, die an seinem Kaffeetisch vorbeiziehen. Zu Tausenden fielen sie ein, machten Lärm und ließen Abfall liegen.
"Als ich vor 25 Jahren einzog, gingen hier drei Touristen täglich durch - wir waren ja noch nicht Weltkulturerbe", so Haake.
Lübecker Nachrichten: Lübecker Altstadtbewohner sperren Touristen aus.

Eine durchaus verständliche Reaktion - die aber Folgen haben könnte: Die Gänge, so eng sie sind, sind öffentliche Wege die man als Anwohner nicht so ohne weiteres absperren darf. Außerdem könnte eine Sperrung der Gänge Lübecks Status als Weltkulturerbe gefährden.
Das Problem des "Lebens wie im Museum" kennen auch die Bewohner anderer historischer Altstädte - vor kurzem erst unterhielt ich mich mit einer entnervt aus der historischen Innenstadt von Rothenburg ob der Tauber weggezogenen Frau. Allerdings ist das Problem in der engen Gängen Lübecks buchstäblich drängend.

Nachtrag: Hamburg: Künstler besetzen Gängeviertel (indymedia).

Dienstag, 9. Juni 2009

Wie die jetzige GEMA-Regelung das Musikmachen erschwert ...

Im Prinzip ist die GEMA ja eine gute Einrichtung für Komponisten und Texter. Leider, vor allem nach der letzten Statuten-Änderung, nur noch im Prinzip - finanziell gesehen lohnt sich die GEMA-Mitgliedschaft erst auf einem Erfolgsniveau, das für die meisten Musikschaffenden praktisch unerreichbar ist.

Um zu illustrieren, wie hoch dieses Niveau ist: man sollte meinen, dass eine Band mit regelmäßigen Tourneen, großem Repertoire an eigenen Kompositionen und zwei bei einem "großen Label" erschienenen CDs, die auch gut laufen, reichlich Tantiemen über die GEMA kassiert. Von wegen! Sie hat gerade angefangen, nicht mehr draufzuzahlen! (Vor allem, weil auch für eigene Lieder GEMA-Abgaben gezahlt werden müssen, was die Promotion über Hörproben auf der Website zu einem teuren Vergnügen macht, und die Selbstkosten für Konzerte kräftig erhöht.)

"Die GEMA ist für Marius Müller-Westernhagen", heißt es schon lange unter deutschen Rockmusikern - und zwar nicht, weil man auf MMW sauer wäre, sondern auf die GEMA. Dass weniger als ein Zehntel der GEMA-Mitglieder mehr als 70 % der ausschüttungsfähigen Summe erhalten, liegt nicht allein daran, dass das Repertoire dieses Personenkreises auch den größten Teil der Aufführungen ausmacht. Dass über 90 % der Mitglieder sich die verbleibenden 30 % teilen, hängt auch damit zusammen, dass nur die ordentlichen Mitglieder der GEMA die Auszahlungsmodalitäten bestimmen. "Ordentliches Mitglied" mit Stimmrecht bei der Mitgliederversammlung zu werden, ist nicht ganz einfach: Voraussetzung ist eine 5-jährige außerordentliche Mitgliedschaft, und ein Mindesttantiemenaufkommen von über 30.000 Euro über die letzten 5 Jahre.

Wie bei Karan zu erfahren ist, wird auf Existenzgründungsseminaren für Musiker mittlerweile explizit abgeraten, der GEMA beizutreten.
Veranstalter stöhnen ebenfalls schon lange über die GEMA.
Die Abgaben für Kleinveranstalter wird von der GEMA nach Raumgröße und Höhe des Eintrittsgeldes berechnet und muss vorab entrichtet werden. GEMA-Pflicht für die gesamte Veranstaltung gilt ab einem GEMA-pflichtigen Musikstück. Die hohen Abgaben zwingen Kleinveranstalter die Anzahl der Konzerte zu reduzieren.

Monika Bestle von der Kulturwerkstatt Sonthofen, hat es nicht beim Stöhnen belassen, und eine Petition beim deutschen Bundestag initiert - mit dem Ziel einer längst fällige Reform zugunsten auch der Kleinverdiener unter den Künstlern und der "kleinen" Veranstalter. Sie kann hier online unterzeichnet werden.

Montag, 20. April 2009

Steampunk - ein Lebensgefühl

Piratin - das ist ein stimmungsvoller Chanson, von Karan geschrieben und getextet während eines schier unglaublichen Songschreibemarathons, dem FAWM.
Ich habe versucht, zum Lied und seiner Stimmung passende Fotos zu machen, das hier ist eines meiner Versuchsergebnisse:
piratin04

Karan ordnet Piratin bei FAWM unter anderem unter "Steampunk" ein. Was mich auf den ersten Blick irritierte, denn mit der gemeinhin Steampunk genannten literarische Gattung, eines Subgenres der Alternativweltgeschichten, hat das Lied vom Text her nichts gemeinsam. (Musikalisch gesehen hat es nicht die geringste Ähnlichkeit mit Punk-Rock - und ist nur begrenzt mit dem vergleichbar, was Bands wie Abney Park machen.)

Wie so oft ist es hilfreich, (geistig) einen Schritt zurück zutreten. "Steampunk" und "Cyberpunk" sind sozusagen komplementäre, sich ergänzende und befruchtende, Sub-Genres der Science Fiction. "Punk" bedeutet im Zusammenhang mit diesen literarischen Gattungen nicht Unsinn, Abschaum, Dreck, was der Wortsinn nahe liegen könnte; und steht auch nur indirekt mit der Subkultur der Punks in Verbindung. "Punk" steht etwa seit den 1970er Jahren für provozierendes Aussehen, eine rebellische Haltung und nonkonformistisches Verhalten. "Punk" ist, in Bezug auf gesellschaftliche Utopien, die Hoffnung auf "Systeme", den Staat, "die Gesellschaft" illusionslos, manchmal zynisch, meistens anarchistisch. "Punk" steht für "wir müssen uns selber helfen, sonst hilft uns keiner".
"Steampunk" - das ist "Rebellion mit Stil", Unangepasstsein, Mut zum Anachronismus, die Frage nach dem "Was wäre, wenn?" und die Antwort "Warum denn nicht?"
"Steampunk" - das ist Technik im edlen Design vergangener Zeiten, poliertes Holz, Messing, brünierter Stahl.
"Steampunk" ist aber auch die Sehnsucht nach einer Zeit, die es nie gab, in der die Ideen Jules Vernes, die Fortschrittsträume des victorianischen Zeitalters, aber auch die romantischen Phantasien des Bayernkönigs Ludwig II. Realität wurden.

Und wenn ich es mir so überlege, dann passt die Piratin sehr, sehr gut zu diesem Lebensgefühl - "Steampunk".

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