Kulturelles

Donnerstag, 12. März 2009

Worpswede verliert Künstlerförderung

Bisher genossen die Stipendiatenstätten der Künstlerhäuser Worpswede nicht nur einen guten Ruf, sondern auch öffentliche Förderung durch das Land Niedersachsen.

Damit ist jetzt Schluss: Das Land Niedersachsen stellt die Künstlerförderung für die beiden Stipendiatenstätten in Worpswede ein.
Nach Angaben des Weser-Kurier, will das Ministerium für Wissenschaft und Kunst seine Künstlerförderung in Lüneburg an der dortigen Universität konzentrieren.
Neben Worpswede wird zum Jahresende 2009 auch die Unterstützung für die Stipendiatenstätte im Schloss Bleckede beendet.
Für die zehn Worpsweder Stipendiatenplätze auf dem Barkenhoff und in den Atelierhäusern Vor den Pferdeweiden kommt das Aus völlig überraschend. Die als Künstlerhäuser Worpswede firmierende Einrichtung besteht seit 1971 und gehört zu den größten deutschen Stipendiatenstätten. Zuletzt hatten sich über 1000 Bewerber der Sparten Bildende Kunst und Musik aus 81 Nationen für einen sechsmonatigen Aufenthalt in Worpswede beworben.

Pressemeldung: Weser-Kurier: Worpswede verliert Künstlerförderung.

Überrascht bin ich über diese bedauerliche Entscheidung nicht: sie passt allzu gut in die politische Landschaft. Dass es Sparzwänge gibt, ist nichts Neues. Dass aber die Künstlerförderung an einem Ort konzentriert werden soll (und sei es auch eine Stadt mit malerischer Altstadt), passt allzu gut in ein quasi-industrielles Verständnis von Kunst.

Samstag, 28. Februar 2009

Schreiben nach Schema F?

Vor einigen Wochen meinte momorulez, angesichts einer gewissen Öde in einer hamburgischen Großbuchhandlung:
Lebenweisheit - Kanon - Best of, eigentlich zieht sich das durch alle Regalbretter da in der Thalia-Buchhandlung, und das Schlimme ist ja, daß es darum auch in den “Sternstunden der Bedeutungslosigkeit” geht, nur gegativ, wobei zum Glück bisher keine Songs auftauchen. Soweit es nicht den Wildwuchs von Krimi, Thriller, Fantasy betrifft, wo auch alle Klappentexte sich gleich lesen - hätte es wirklich so viele dubiose Geheimbünde gegeben, wäre die Realhistorie bestimmt lustiger gewesen.Und vor lauter Serienkillern gäbe es die Menschheit gar nicht mehr.
Kunst kommt nicht von Können

Was das Buchsortiment als solches und im großen und ganzen angeht, kann ich momorulez Beobachtung nur bestätigen. Tendenziell sah es bei "Thalia" zwar nie anders aus, allerdings ist das Angebot, nicht nur hier, tatsächlich im Laufe der Jahre risikoscheuer geworden. Wie überall gilt: hohe Gewinne lassen abseits des Massengeschmacks nicht realisieren.

Als eifriger Science Fiction-, Fantasy und Krimi-Leser (und gelegentlicher -Schreiber) mag ich aber den Vorwurf, der auch an die Adresse der Schreiber geht, nicht auf den Science Fiction, Fantasy- und Krimi-Schreibern sitzenlassen.

Klappentexte bzw. Rückseitentexte haben in diesen Genres - überhaupt im Massen-Buchmarkt - erfahrungsgemäß nicht viel mit dem Inhalt zu tun. Oft sind sie sogar regelrecht falsch - als ob die Autoren der Klappentexte niemals das dazugehörige Buch gelesen hätten. In meinem Blog verlinkte ich einen Klappentextgenerator für Mystery-Thriller á la Dan Brown: Auch mal Bestseller-Autor sein? - die generierten Texte wirken sehr echt, weil auch bei realen Texten dieser Art immer wieder mit den selben “bewährten” Textbausteinen gearbeitet wird. Wie fast überall, wo es um Werbung und PR geht.

In Verteidigung der Schreiber meine ich ferner: Das Problem in diesen Genres liegt weniger bei den Autoren, denen nichts originelles mehr einfallen würde, als bei den großen Verlage - wobei die paradoxe Faustregel gilt: je größer, desto risikoscheuer. (Mutmaßliche Gründe: hohe Gewinnerwartung, Planbarkeit von Umsätzen, Angst der Medienkonzerne, bei Anteilseigner oder politischen Unterstützern ins Fettnäpfchen zu treten.) Das sitzen genau die Sorte Leute, die Frau Joanne K. Rowling erzählten, Kinderbücher über Magier und Internate würden sich heutzutage nicht mehr verkaufen, da hätte man Erfahrung, so was lesen die Kids heute nicht mehr.

Hinzu kommt meiner Ansicht nach, dass bestimmte Themen “den Nerv der Zeit treffen”, wenn auch manchmal leider so, wie ein ungeschickter Zahnarzt beim Bohren den Nerv trifft. "Verschwörungen” und “Serienkiller” umreißen ziemlich genau zwei zentrale, aber irrationale, Ängste unserer Zeit - die Verbindung aus beidem wäre das politische Angstthema Nr. 1, Terrorismus.

Da widersprach mir momorulez. Er wäre nur richtig wütend, irgendwann beim Stöbern, bei so vielen Büchern immer auf die gleiche Skizze zu treffen. Und die Serienkiller seien ja nur deshalb so beliebt, weil sich da der Plot am besten drumrum basteln ließe nach Lehrbuch - passieren halt immer wieder neue Morde, die neue Hinweise bedeuten, man kann Opfer in irgendwelche Keller sperren und dann die nächsten 50 Seiten verschweigen, was mit denen da passiert usw. . Er glaube gar nicht, dass das der Terrorismus ist, der dahinter steckt, “Schweigen der Lämmer” als Film, das wäre ja schon 1990 gewesen. (Da denkt momorulez vielleicht zu kurz: denn die aus dem Gefühl des Kontrollverlustes, des Gefühls, Spielball unkontrollierbarer Ängste zu sein, geborene Verschwörungsangst ist viel älter als 1990. Und Terrorismusangst ist zumindest in Westdeutschland schon seit ca. 1970 kultureller Faktor.)

Bei Science Fiction und Fantasy kenne ich er sich viel weniger aus, aber er wettete mit mir, dass auch da 98% nach den immergleichen Mustern geschrieben sind. Ich ließ mich auf die Wette nicht ein, denn wenn auch nicht 98% der erschienenen Titel nach "Schema-F" geschrieben sind, so hege ich den begründeten Verdacht, dass 98% der "abverkauften Auflage" oft gut gemachte Konfektionsware sind.

Das lässt sich mit "Sturgeons Gesetz" allein nicht begründen. Nach diesem Gesetz ist nur eines von 10 Büchern wirklich lesenswert, und von den 10 lesenswerten Büchern hat nur eines literarischen Bestand. Verallgemeinert: "99 % of everything is scrap" - was nicht ganz dem Sinn des ursprünglichen Gesetzes entspricht.
Dieses Gesetz stammt vom SF-Schreiber Theodore Sturgeon, einem hervorragender Schriftsteller, der es aber nie zum Bestseller-Autoren gebracht hatte - auch, weil er ungern nach "bewährten Rezepten" schrieb. (Allerdings taten auch die "ganz großen" SF-Schreiber seiner Generation - etwa der mit ihm befreundete Robert A. Heinlein - das nicht.)
Zurück in die Gegenwart: Zum Beispiel neigt der finanziell erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor, Wolfgang Hohlbein, sehr dazu, formelhaft zu schreiben. Es gibt zwar auch originellere Kollegen, die ebenfalls sehr gut verkaufen, z. B. Andreas Eschbach - aber auch bei Eschbach fällt auf, dass er einige seiner größten kommerziellen Erfolge im Weltverschwörungs-Bereich erzielte. ("Das Jesus-Video" ist zwar ungleich origineller und besser recherchiert als die meisten Verschwörungsthriller - und einige Zehnerpotenzen besser als die unsägliche Ver-Filmung - aber eine Zeitparadoxa-Geschichte ohne verschwörerische Elemente wäre wohl nur etwas für SF-"Stammleser" gewesen - und das sind zu wenige für einen echten Bestseller.)

Woran liegt's? Auch am Lesepublikum. Sicher vor allem an den Verlagen. Aber leider auch an den Schreibern.
Zugleich handwerklich gute und originelle Schreiber kommen nicht aus dem Nichts.

Lange Zeit waren in Deutschland die Heftromane zugleich “Versuchslabor” und “Talentschmiede” der Genreliteratur. Seit etwa den 1980er Jahren ist dieser Markt fast vollständig zusammengebrochen - wie zuvor in den USA der Markt der Story-Magazine. Beides wirkt sich meines Erachtens deutlich auf die durchschnittliche Qualität der Genreliteratur aus.
Auf dem Feld der Musik wäre der entsprechende Faktor das “Clubsterben”.

Was dabei wesentlich ist: ein Heftroman-Schreiber verdient mit seinem Schreiben Geld. Anders die heutigem "Fanautoren", für die die Schreiberei ein reines Hobby ist.
Habe ich als Hobbyschreiber Ambitionen, mit meinem Schreiben Geld zu verdienen, muss ich eine relativ hohe Schwelle überwinden: Mein Buch muss den Lektor und - noch wichtiger - den Marketing-Leiter des Verlags überzeugen. Das geht nicht mit rasant und ideenreich hingerotzten Texten. Also werde ich, als angehender Autor zum “Wie schreibe ich einen Roman”-Ratgeber greife oder Schreibkurse besuchen. (Es gibt auch gute Schreibkurse, die dem angehenden Autoren wirklich erlauben, sich weiterzuentwickeln, aber die meisten gehen doch in die Richtung, "bewährte Rezepte" zu vermitteln. Was man bitte nicht mit der alten Erfahrung "nur, wer die Regeln kennt, kann sie aufbrechen" verwechseln sollte.)

Das Ergebnis sind dann Schreiber, deren Debutromane sich formal und stilistisch kaum hinter denen "alter Hasen" verstecken müssen - bei denen ich als Leser aber oft das Gefühl habe, das Buch schon längst zu kennen.
Das andere Extrem sind Hobbyautoren, die nie ernsthaft mit Kritik konfrontiert wurden - und die sich oft in maßloser Selbstüberschätzung für verkannte Genies halten. Die dann allzu leicht an unseriöse Druckkostenzuschussverlage oder gar an betrügerische Pseudoverlage gelangen.
(Damit einem das nicht passiert, sollte man als angehender Schriftsteller sollte man deshalb unbedingt mal hier vorbeisehen: Aktionsbündnis für faire Verlage.)

Mittwoch, 25. Februar 2009

14 Songs in 25 Tagen - "Mission Impossible?" - "Mission Accomplished!"

Karan ist eine jener verrückten Liederschreiber, die sich bei FAWM.org für einen wahnsinnigen Liederschreib-Marathon anmeldeten, in dem es darum geht, 14 Songs in 28 Tagen zu schreiben.

Sie hat es tatsächlich geschafft - und zwar, wie man hier sich selbst überzeugen kann, in beeindruckenden Qualität (einfach das Banner anklicken):
fawmbanner 425

(Tatsächlich sind es sogar 14 1/2 Lieder, da sie zusätzlich einen Song zusammen mit einer anderen "Verrückten" schrieb.)

Dienstag, 10. Februar 2009

Klischees

Eine beinahe selbst zum Klischee gewordener Aussage in vielen Buch- oder Film-Renzensionen ist die, dass der renzensierte Text oder Film zu viele Klischees enthalten würde.

Das wirkt manchmal so, als ob Klischees etwas ganz schlimmes sein müssten. Und in der Tat gibt es Texte und Filme, deren Autoren so eifrig, ja krampfhaft, Klischees vermeiden, dass ihre Werke - nun, sehr verkrampft wirken. Klischees gelten nun einmal als Merkmal der Trivialliteratur - obwohl auch die Werke z. B. Thomas Manns oder Heinrich Bölls Klischees enthalten, und die "Klischees bei Günter Grass'" schon zu meiner Schulzeit, in der Grass so klischeereiche Bücher wie "Ein weites Feld" und im "Im Krebsgang" noch gar nicht geschrieben hatte, ein beliebtes Thema für Deutsch-Klassenarbeiten waren.
Sich von der pöbelhaften Trivialliteratur abzugrenzen, ist vor allem im deutschen Sprachraum immer noch eine relativ einfache Methoden, vornehm ausgedrückt, Distinktionsgewinne zu erzielen. Weniger vornehm: die Nase hoch zu tragen.

Klischees sind an sich nichts Schlimmes. Man mag sich an den "abgedroschenen Klischees" über z. B. Journalisten, Computerfreaks, Professoren oder Polizisten etwa in Krimis stören oder nicht: in den meisten Fällen sind sie immerhin recht treffende Karikaturen eines Journalisten, Computerfreaks, Professors oder Polizisten. Problematisch ist es nur, wenn sich die Charakterisierung etwa eines Journalisten auf diese Klischees beschränkt. Wenn eine Figur oder Situation mehr enthält als nur das Klischee, halte ich es für akzeptabel, manchmal sogar angebracht, auf ein Klischee zurückzugreifen.
Wirklich schlimm sind Klischees dann, wenn sie unzutreffend und diskriminierend sind - und dann, wenn nicht mehr Differenziert wird.
Ein schon morgens seinen Whisky trinkende Journalist ist ein Klischee, das insofern zutrifft, da Journalisten tatsächlich überdurchschnittlich oft Alkoholprobleme haben. Die Aussage "alle Journalisten sind Säufer" oder "die meisten Journalisten schreiben im Suff" trifft nicht zu und setzt einen ganzen Berufstand herab.

Trotzdem gibt es Klischees, die einfach nur auf die Nerven gehen. Abgegriffene Klischee-Handlungen zum Beispiel. Die Stellen, bei denen ich weiß: "Ach, nun kommt das schon wieder!" und je nach dem ein paar Seiten umblättere, vorspule, ein Bier aus dem Kühlschrank hole oder mal kurz aufs Klo gehe.
Um in diesem Sinne abgegriffen zu sein, muss ein Klischee gar nicht mal alt sein. Anje Schrupp nimmt in Hollywood im Vaterkompex ein relativ neues, aber trotzdem schon abgegriffenes Klischee aufs Korn: den "Vaterschwulst-Dialog", der seit einige Jahren sogar in Filmen auftritt, in denen es sonst gar nicht um Vaterkonflikte geht.
Womit ein anderer Grund, weshalb ein Klischee auf den Geist gehen kann, schon angeschnitten wäre: mangelnde Plausibilität.

Smog gehört - zumindest in Deutschland - zu den weitgehend gelösten Umweltproblemen. Trotzdem gehört er nach wie vor zum Inventar vieler Romane mit Umweltproblematik, und das nicht nur, weil diese buchstäblich atemraubende Mischung aus Abgasen und Nebel z. B. in China leider noch Alltag ist. Er taucht sogar da auf, wo er von der inneren Logik des Szenarios her längst verschwunden sein sollte.
Zum Beispiel im klischeereichen, aber trotzdem (manchmal beunruhigend) realistisch wirkenden Shadowrun-Universum.
Über den Ballungsgebieten (Metroplexen oder Sprawls) liegt in der Shadowrun-Zukunft typischerweise eine dichte Dunstglocke, die sich ohne Atemmaske kaum ertragen lässt. Anderseits erfährt man aus dem Hintergrundmaterial zum Rollenspielsystem, dass fast die gesamte elektrische Energie aus Fusionsreaktoren oder Solarkraftanlagen stammt. Autos fahren, zumindest in der "Allianz Deutscher Länder", mit Elektromotoren. Koksbetriebene Hochöfen gehören ebenfalls der Vergangenheit an. Das Zeitalter der fossilen Energieträger ist, da es kaum noch kostengünstig erschließbare Erdöl-, Erdgas- oder Steinkohlevorkommen gibt, und Kosteneffizienz im erzkapitalistischen und durch den buchstäblich mörderischen Konkurrenzkampf der Konzerne gekennzeichneten Shadowrun-Universum das oberste Gesetz ist, längst Geschichte.

Das heißt, für eine richtig "dicke Luft", egal, ob als klassischer rauchiger Wintersmog oder Sommersmog mit reichlich Ozon, fehlen die "Rohstoffe". Das Klischee stimmt nicht, obwohl es um den Umweltschutz, eben wegen des manischen Kosteneffizienzdenkens, eher schlecht bestellt ist, z. B. was die Sondermüllentsorgung angeht (die erfolgt nach dem Motto "Deckel drauf und vergessen", mit entsprechenden Folgen).

Warum also dieses "abgegriffene Smog-Klischee"? Es wird, nicht nur im "trivalen" Shadowrun, deshalb verwendet, weil es sich längst verselbständigt hat. Smog ist in unserer Kultur eine allgemein verständliche Metapher für Umweltzerstörung geworden - deshalb gibt es auch Wortprägungen wie "Elektro-Smog".

Umweltzerstörung ist eine Grundeigenschaft der kaputten Shadowrun-Welt - in Form von lecken Giftmülldeponien, katastrophalen Klimaveränderungen, zerstörten Kernkraftwerken usw.. Hinzu kommt, als charakteristische Besonderheit Shadowruns, die "magische Umweltverschmutzung".
Smog - mit Kratzen im Hals, schlechter Sicht, Hustenanfällen, brennenden Augen und Atemnot - ist eben eine "sinnliche" Form des Umweltdrecks, während man erhöhte Radioaktivität oder Dioxine im Salat nicht spürt - jedenfalls nicht sofort. Daher ist das Smog-Klischee eine einfache Methode, um beim Spieler oder Leser das Gefühl einer bedrohlich dreckigen Umwelt zu erzeugen.

Wieder verallgemeinert: dem Leser, Zuschauer oder Spielers geläufige Klischee erleichtern das Einfinden in die Situation. Was dann auch der Grund dafür ist, Klischees absichtlich und wohlbedacht zu verwenden.

Samstag, 7. Februar 2009

Der heimliche Welthit

Er gehörte sozusagen zum Soundtrack meiner Kindheit und meiner Jugend. Lange wusste ich nicht, wie er heißt. Das erste Mal hörte ich ihn bewusst in einem Film über Überschall-Flugzeuge, weshalb ich ihn bei mir den "Überschallflugzeug-Titel" nannte. Dass es gerade Überschallflugzeuge waren, war purer Zufall, denn der Titel wurde zwischen den späten 60ern und frühen 80ern sehr oft, jedenfalls sehr viel öfter als andere Instrumental-Stücke zum Unterlegen oder Drübersprechen verwendet. Egal, ob unter wichtigen Ansagen in der Disco ("Der Fahrer des Wagens mit dem Kennzeichen ... "), ob als Kaufhaus-Musik, als Hintergrundsoundteppich auf Steh- und Quassel-Parties, ob in Werbespots, Spielfilmen, Dokumentationen - er war beinahe allgegenwärtig.
Die Rede ist von "Early Bird", aufgenommen 1965, interpretiert vom belgischen Organisten André Brasseur an der Hammond-Orgel und seiner Combo:


Was ich lange Zeit nicht wusste: Brasseurs Interpretation von "Early Bird" (zur Unterscheidung von anderen Stücken mit gleichem Titel auch "Satellite Early Bird" genannt) war ein Cover. Das Original, ebenfalls von 1965, stammte von den Tornados und wurde von dem ebenso exzentrischen wie genialen britischen Produzenten, Songwriter und Soundbastler Joe Meek geschrieben. Der größte kommerzielle Erfolg, den Joe Meek und die Tornados hatten, war Telstar aus dem Jahr 1962, eines der erfolgreichsten Instrumentalstücke aller Zeiten. Telstar war eine Hymne auf den in diesem Jahr gestarteten ersten aktiven Kommunikationsatelliten Telstar 1, über den die erste Live-Fernsehsendung zwischen Europa und den USA erfolgte. Es lag vielleicht an der Euphorie über angebrochene Zeitalter der Satelliten-Kommunikation, dass es den Tornados mit diesem für damalige Pop-Verhältnisse sehr "experimentellen" Song als erster britischen Band gelang, einen Nummer-Eins-Hit in den USA zu landen.

"Early Bird" war der Spitzname des ersten kommerziellen Kommunikationsatelliten Intelsat I. Wie zuvor Telstar inspirierte er Meek zu einem Instrumentalstück, das allerdings den Erfolg von "Telstar" nicht wiederholen konnte. Zum "heimlichen Welthit" wurde der Titel erst in der Version von André Brasseur.
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Start des Satelliten Intelsat I auf einer Trägerrakete vom Typ Delta-D am 6. April 1965.

Was war der "Treibstoff", der "Early Bird" zum vielseitig verwendeten musikalischen Dauerbrenner machte?
Der erste Grund ist sicher die zugleich eingängige wie interessante Melodie Joe Meeks. Seine eigenwilligen Arrangements lagen aber oft etwas "quer im Gehörgang", strengten an. Brasseurs Party-Orgel-Stil ist hingegen typischer "Easy Listening", unaufdringlich und sanft - der ideale Klangteppich. Wie wenige andere Stücke eignet sich "Early Bird" dazu, als "Endlosschleife" gespielt zu werden - was ihn für das Unterlegen von gesprochenem Text besonders geeignet macht. "Early Bird" ist außerdem ein zugleich entspannendes und anregendes Stück Musik - etwa das akustische Gegenstück zu einer Tasse Kaffee oder Tee.
Nicht zuletzt ist es die "Neutralität" des Stückes, die seinen Erfolg ausmachte. Es stößt weder Jazzenthusiasten, noch Schlagerfreunde, noch Rockfans vor den Kopf. Dass es in "Early Bird" um einen Satelliten geht, wird, anders als bei "Telstar", einem betont "explosiven", treibenden Stück, nicht deutlich - er klingt zwar "flott" und im damaligen Verständnis modern, was aber ebensogut auf Autos, Flugzeuge oder Schnellzüge passt - aber auch zu Modeschauen.

Sonntag, 4. Januar 2009

2009 - Es ist noch was zu retten ...

Das Jahr 2009:
Jeden Tag gibt es in Europa rund 30.000 Tote durch Luftverschmutzung. Nahrungsmittel - die größtenteils synthetisch hergestellt werden - und Trinkwasser sind streng rationiert. Die Meere sind nach Unfällen mit Chemikalientankern praktisch tot. Es gibt keine Wälder mehr. Wegen der anhaltende Dürre in der versteppten Landschaft ist auch in Deutschland kaum noch Landwirtschaft möglich. Der allgemeine Rohstoffmangel ist akut.
Auch viele der Versuche, die katastrophale Lage "in den Griff" zu bekommen, wirken sich negativ aus: es gibt eine mächtige (und korrupte) Kontrollbürokratie, die Bürgerrechte sind ausgehebelt und fragwürdige Versuche, mit der lebensbedrohlichen Krise fertig zu werden, die bis zu Genmanipulationen an Menschen reichen.

Leider gibt nur wenige deutsche Science-Fiction-Serien. Unter diesen wenige Serien überzeugen die meisten weder durch Originalität noch Niveau.
Die 1974 vom WDR produzierte Fernsehserie: "2009 - Es ist noch was zu retten" (Alternativtitel: "Studio Telerop 2009") gehörte zu diesen seltenen Serien. Sie lief im Laufe der 1970er Jahre einige Male in den ARD-Regionalprogrammen und in einigen 3. Programmen. Seit Anfang der 1980er Jahre ist sie nicht mehr wiederholt worden.

Im Mittelpunkt der Serie steht ein Fernsehmagazin des "Studio Telerop", eine "wöchentliche Lebens- und Überlebenshilfe". Dabei gibt es drei Ebenen: die Ebene der (fiktiven) Sendung selbst, mit Expertenrunde und dem "Archiv", in dem die Moderatoren Bilder aus der "Gegenwart" mit denen der "Vergangenheit" der 1970er Jahre verglichen, wobei auch jedesmal die Frage gestellt wird, was damals hätte anders gemacht werden müssen. (In der Serie selbst wirkte das weniger "dikdaktisch", als es meine Beschreibung vielleicht nahe liegt.) Die zweite Ebene ist der Blick "hinter die Kulissen" der Produktion, die Recherchen der Journalisten, aber auch Versuche von "interessierter Seite" (Politiker, Lobbyisten, Beamte) auf sie Druck auszuüben. Die dritte Ebene zeigt thematisch passende Szenen aus dem schwierigen Alltag des Jahres 2009.

Soweit ich mich erinnern kann, war "Es ist noch was zu retten" wegen ihrer belehrenden Art, die manchmal an ältere "Greenpeace"-Spots erinnerte, unter Teenagern (wie ich es damals war) nicht unbedingt beliebt. Dennoch lieferten ihre erschreckenden Zukunftsszenarios reichlich Gesprächsstoff. Denn sie war zwar bedrückend und "uncool", aber irgendwie spannend und informativ, gerade weil sie auch 1974 noch scheinbar fern liegenden Gefahren (etwa durch Manipulation am menschlichen Erbgut) thematisierte.

Zwar waren Umweltverschmutzung und Umweltschutz 1974 schon breit diskutierte Themen, und es gab auch mehr oder weniger überzeugende (Horror-)Szenarien z. B. von Paul Ehrlich ("Die Bevölkerungsbombe") oder dem "Club of Rome" ("Das Ende des Wachstums"). Vor dem Hintergrund solcher Szenarien muss man "Es ist noch war zu retten" sehen - tatsächlich ähnelten mache Grundanahmen der Serie einem Szenario Ehrlichs aus dem Jahr 1972:
Zum Beispiel starben wie bei Ehrlich in der Serie alle wichtigen Meerestierarten und das gesamte Phytoplankron aus - wenn auch einige Jahre später als es Ehrlich befürchtete (Ehrlich 1979 - Studio Telerop "um die Jahrtausendwende").

Es wäre allerdings verfehlt, die Serie auf ihre Warn- und Informationsfunktion zu reduzieren, auch wenn die Autoren von "Es ist noch was zu retten" sicherlich diesen Aspekt im Auge behielten. (An den "Archiv"-Einblendungen wird dieser "präventive" Aspekt besonders deutlich.) 1974 gab es z. B. weder die "Grünen" noch bundesweite Umweltschutz-Bürgerinitiativen. Es wäre interessant herauszufinden, wie viele Menschen sie dazu bewegt hat, sich für Umweltschutz zu engagieren.
Was die Serie etwas von den Szenarien Ehrlichs oder den schon erwähnte frühen "Greenpeace"-Spots abhob, war eine tiefe Skepsis gegen technokratische und zentralistische Krisenbewältigungsprogramme. In einer Folge, "Fortschritt verboten", wird gezeigt, wie sich die strenge Rohstoffrationierung hemmend auf die technische Entwicklung auswirkt - auch auf Erfindungen, die echte Problemlösungen sind. Auch wird, etwa in der Folge "Megalopolis" gezeigt, dass es durchaus Profiteure des weltweiten Öko-Desasters gibt.
In mancher Hinsicht war "Es ist noch was zu retten" auch gegenwartsbezogene Gesellschaftskritik im Science-Fiction-Gewand. Ein immer wiederkehrendes Motiv könnte man mit "Misstraue den Experten, wenn sie einfache Lösungen versprechen" beschreiben.

Interessant, wenn auch für die Beurteilung der Serie nebensächlich, ist die Frage, inwieweit die Szenarien der Serie Wirklichkeit wurden.
Eine Kommentatorin auf fernsehserien.de meinte gar:
Leider ist all das eingetreten, was prophezeit wurde (Feinstaubbelastung, Überalterung und Hass auf alte Leute, verseuchte Lebensmittel, Züchtungen von Menschen)
Das ist, wenn ich die "Es ist noch was zu retten" richtig in Erinnerung habe, keineswegs der Fall: als "Prophezeihung" ist die Serie ein Flop. Tatsächlich ist z. B. die Feinstaubbelastung heute geringer als 1974 - allerdings hat sich damals kaum jemand - und schon gar kein Politiker - um Feinstaub gekümmert. Ähnlich ist sieht es mit "verseuchten Lebensmitteln" aus - auch wenn das Problem etwa der Pestizidrückstände immer noch ein Problem ist. Eine "Überalterung" gibt es in der Welt von "Es ist schon was zu retten" allein wegen der drastisch gesunkenen Lebenserwartung nicht.
Was man den Autoren der Serie (Jürgen Voigt und Karl Wittlinger) unbedingt zugestehen muss, ist ein Gespür für Trends. Und einige der Warnungen sind heute noch aktuell. Auch wenn vieles, was in der Serie gezeigt wurde, heute lächerlich wirken würde.
Telerop 2009 - Es ist noch was zu retten [TV-Serie] - auf Online-Filmdatenbank"

2009 - Es ist noch was zu retten - auf fernsehserien.de

Bliebe die Frage, wieso "Es ist noch was zu retten" seit etwa 1980 nicht mehr wiederholt wurde - und weshalb es vergleichbare Serien später nicht wieder gab.
Die zweite Frage ist leider einfacher zu beantworten: Es erfordert einigen Mut, eine innovative und gesellschaftskritische TV-Serie zu machen - und der fehlt in der heutigen deutschen Fernsehlandschaft, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat. Man ist dort, aus Angst vor "Flops", aus ökonomischem und politischem Druck, stockkonservativ geworden. Schon eine weniger düstere und weniger kritische deutsche SF-Serie hätte derzeit kaum Chancen realisiert zu werden.
Für die erste Frage vermute ich eine Antwort zwischen: "Den alten Kram will doch niemand mehr sehen" und "So etwas düsteres kann man dem heutigen Fernsehzuschauern nicht mehr zumuten". Wobei düstere Prognosen, auch im Fernsehen, durchaus Konjunktur haben - je düsterer, desto besser. Vielleicht ist auch das ein Grund, "Es ist noch was zu retten" im Archiv zu lassen - die Serie würde allzu deutlich machen, dass Niels Bohr recht hatte:
"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen."
Das wäre, nehme ich an, einigen Angstmachern eben so wenig recht, wie den Anhängern von autoritären Lösungen - die in der Serie geradewegs zu einer regelrechten "Ökodiktatur", die aber gerade nicht mit der ökologischen Krise fertig wird, führen - das tiefe Misstrauen der Serie gegen eben solche Lösungen recht wäre.

Aber das ist, wie erwähnt, nur eine Vermutung.

Donnerstag, 6. November 2008

Nachruf auf Michael Crichton - und ein Nachruf, den er nicht verdient!

Dr. Michael Crichton verstarb am 4. November 2008 in Los Angeles im Alter von 66 Jahren an Krebs.

Crichton, der in Havard zum Doktor der Medizin promoviert, machte sich einen Namen als Autor zwischen Science-Fiction, Science-Fact und Thriller. In seinen spannend geschriebenen Bücher spielte er aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse weiter - und trieb sich manchmal auf die (satirische) Spitze.

Sein bekanntestes Werk "Jurassic Park" wurde von Spielberg erfolgreich verfilmt (ein weiterer "gut-doofer-Film", denn er erreicht nicht annähernd das Niveau und die satirisch-kritische Tiefe des Buches). 2002 wurde eine in China neu entdeckte Dinosaurierspezies zu Ehren Crichtons Crichtonsaurus getauft.
Als Regisseur der Verfilmungen eigener Werke schuf er mit "Andromeda - tödlicher Staub aus dem All", "Westworld", "Coma" oder "Runaway" Klassiker des "gegenwartsnahen" Science Fiction-Films. Das Konzept und viele Drehbücher der realistischen Krankenhausserie "Emergency Room" stammt auch von ihm.
Chrichton schrieb außer SF und Thrillern auch historische Romane, wobei ich besonders seinen Motive aus der Beowulf-Sage und die Reiseberichte Ibn Fadlans verwendenden Wikinger-Roman "Eaters of the Dead" ("Die ihre Toten essen") hervorheben möchte - er wurde unter dem Titel "Der 13. Krieger" verfilmt und gehört zu den wenigen Wikingerfilmen, für deren Genuss man als Wikingerkenner weder reichlich Alkohol noch extrem viel Humor benötigt.

Umstritten waren Crichtons Äußerungen zum Klimaerwandel, vor allem sein Roman Welt in Angst. Ich sehe den sehr spannenden und ungewöhnlich fundierten Roman (er hat ein umfangreicheres Literaturverzeichnis als viele Sachbücher) in erste Linie als Kritik an einer ideologisierte Wissenschaft - und dafür ist die "Klimadebatte" in der Tat ein treffendes Beispiel. Für problematisch halte ich, dass Crichton sich darin und auch in Vorträgen hinsichtlich der anthropogenen Ursachen der Klimaerwärmung sehr weit in Richtung "Klimawandel-Leugner" aus dem Fenster hing.

Ich sehe das als einen Punkt an, für den man Crichton kritisieren sollte, ohne ihn zu verdammen. Leider ist der Klima-Diskurs extrem polarisiert. Ich selbst bin, angesichts meiner Äußerungen zum Klimawandel, auch schon als "Klimaleugner" beschimpft worden, obwohl ich weder an der Erwärmung des Weltklimas noch an anthropogenen Einflüssen auf das Klima zweifle.

Daher halte ich diesen Nachruf auf der Klima-Aktivisten-Website "Climate Progress", nicht nur für pietätlos, sondern auch für von der Sache her unangemessen: Michael Crichton, world’s most famous global warming denier, dies.
Damit erweisen die Klimaschützer sich selbst und ihren Zielen einen Bärendienst, denn so etwas ist Wasser auf die Mühlen jener, die nach wie vor Umweltschützer für "sentimentale Spinner" und Klimaschutz für "überflüssigen Luxus" halten.

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Ich nenne es "hamburgisch"

Es ist ungewollt symbolisch, das Denkmal auf dem Beatles-Platz:
Beatlesplatz04

Symbolisch, weil das Denkmal auf eine private Initiative zurückgeht, an die sich die Stadt Hamburg erst nachträglich "dranhängte" (aber immerhin mit finanzieller Beteiligung) - und dass Bürgermeister Ole von Beust, der strenggenommen gar nichts zu dem Projekt beigetragen hat, sich bei der feierlichen Eröffnung im Licht der Öffentlichkeit sonnte.
Symbolisch, weil es auf vergangenen Ruhm verweist - dem Ruhm, dass zahlreiche erfolgreiche Musiker in der (inzwischen arg verödeten) Musikszene um die Reeperbahn ihren "großen Durchbruch" schafften - von denen die Beatles die berühmtesten waren. (Wobei der "Hamburger Staat" dazu nichts beitrug - eher im Gegenteil.)
Symbolisch auch, weil der Platz und das Denkmal irgendwie schäbig aussehen ...

Es passt irgendwie dazu, dass nach dem (gerade für ein Jahr dank eine anonymen Spende "geretteten") "Molotow" auch das "Docks" vor dem "Aus" steht. Übrigens "dank" der stadteigenen Sprinkenhof AG als Vermieter, die dort abenteuerlich agiert: Im Hintergrund haben mehrere Hamburger Gastronomen – ohne das Docks – große Projekt-Ideen entwickelt, die zum Teil den Abriss des fast 100 Jahre alten Gebäudes beinhalten. Deshalb wird der Pachtvertrag nicht verlängert.
Nun ist "Clubsterben" vielleicht ganz normal - kein Geschäft hat Bestandsgarantie - aber wenn die Auftrittsmöglichkeiten für Musiker, die nicht die Musikhalle oder gar die Color-Line-Arena füllen können, weniger und weniger werden, obwohl das Interesse an Live-Musik nach wie vor groß ist, dann ist da irgendwo der Wurm drin.
Nun erwartet niemand ernsthaft, dass die St. Pauli-Musikszene subventioniert werden sollte - etwa in Art der Staatsoper - aber es wäre ganz nett, wenn wenigstens einige Steine aus dem Weg statt in den Weg gerollt werden könnten (siehe Fall "Sprinkenhof - Docks").
Und angesichts immer gewaltigerer Summe, die in das Projekt Elbphilharmonie fließen - von der nicht einmal gesichert ist, ob sie angemessen bespielt werden kann - ballen sicher nicht nur existenzbedrohte Club-Betreiber die Faust in der Tasche.

Nun gibt es ein Kunst-Festival namens "Wir nennen es Hamburg" (nicht etwa "Wir sind Hamburg") - SpOn: Widerborstig und kratzbürstig.
Kunst und Stadtmarketing, manchen mag das erstaunen, vertragen sich gar nicht immer – und immer wenn das so ist, ist die Kunst stolz: stolz darauf, widerborstig und kratzbürstig geblieben zu sein in Städten, aus denen längst Standorte geworden sind und langsam Marken werden. Zu stolz also, um sich als Eventproduzent und Imagefaktor benutzen zu lassen.
art: "Wir nennen es Hamburg" - ein bisschen "Rumble In The Jungle"
"Wir nennen es Hamburg" ist das Ergebnis der Reflektionen über eine Stadt, die kulturell zu stagnieren scheint, betont Kampnagel-Dramaturgin Nadine Jessen, jedoch liegt der Grund dafür nicht in der fehlenden künstlerischen Produktion, gerade Hamburgs Intermedialität sei ein besonderes Charakteristikum, das die Stadt gegenüber anderen auszeichne, sondern im Mangel der finanziellen Unterstützung. Ein stetiger Kampf um Sponsoren sei für viele Ausstellungsmacher und Organisatoren der Kulturbranche ermüdend.
Ich nenne es "hamburgisch". Ebenso "typisch" wie die traurige Tatsache, dass die Medienstadt Hamburg auf dem Sektor der Tageszeitungen eine ausgesprochene "Wüste" ist - die außerdem, abgesehen von der chronisch existenzbedrohten Boulevardzeitung "Hamburger Morgenpost" (oft "Hamburger Sorgenpost" genannt) und dem Lokalteil der "taz" nur von Titeln aus dem Hause Axel Springer bevölkert wird.

Freitag, 3. Oktober 2008

Aufruf zum SF-Storywettbewerb - mit Kinken

Als (gelegentlicher) Science-Fiction-Schreiber nehme ich auch gern mal an Storywettbewerben teil (meistens erfolglos). Deshalb stelle ich auch gerne folgenden Aufruf des DORTcon-Orga-Komitees auf mein "Senfblog". Allerdings wäre das hier nicht MMsSenf, wenn ich das kommentarlos täte.
Sehr geehrte Autorinnen und Autoren!

Der DORT.con veranstaltet einen Storywettbewerb zum Thema “Auf dem Weg zum Über-Ich”. Gesucht werden Manuskripte, die das Thema eindeutig als Science Fiction behandeln und der Öffentlichkeit bisher nicht zugänglich waren. Fantasy und Horror werden nicht akzeptiert. Schriftsteller, die durch ihre Arbeit auf regelmäßiger Basis Geld verdienen, sind nicht zugelassen.

Die Manuskripte müssen getippt oder gedruckt und in Deutsch geschrieben sein. Die maximale Länge beträgt 10 Standard-Manuskript-Seiten (30 Zeilen á max. 60 Anschläge, zweizeilig, in non-proportionaler Schrift, z. B. Courier). Es sind 4 Kopien der Texte erforderlich, außerdem, wenn möglich, eine wordfähige Datei auf einem Datenträger. Auf dem Manuskript darf nicht der Name des Autors erscheinen. Maximal können drei Stories eingeschickt werden. Aus technischen Gründen können keine Arbeiten über das Internet angenommen werden. Einsendeschluss ist der 10.01.2009 eintreffend.

Die Organisatoren des Wettbewerbs behalten sich vor, eine Vorauswahl vorzunehmen. Die Endbewertung findet durch eine professionelle Jury statt. Der Erstplatzierte hat freien Eintritt zum DORT.con. Die Siegerstory wird im Programmbuch und auf der Website des DORT.con veröffentlicht. Die Urheber akzeptieren mit der Einsendung, dass das Recht zur Veröffentlichung für diesen Zweck beim Organisationskomitee des DORT.cons liegt. Darüber hinaus wird sich das Organisationskomitee um die Vermittlung des Textes an einen Verlag bemühen. Mitglieder des Komitees sind von der Teilnahme ausgeschlossen.

Schickt Eure Manuskripte an:

Arno Behrend
Kaiserstraße 38
40479 Düsseldorf

Der DORT.con findet am 21. und 22. März 2009 im Dortmunder Fritz-Henßler-Haus statt.

Wer diese Ausschreibung über Websites, Foren, etc. weiter bekannt machen kann, ist herzlich dazu eingeladen.
Mit den "Kinken" meine ich unglückliche Formulierungen. Was ich nun schreibe ist, zugegeben, haarspalterisch. Aber wer einmal erlebt hat, wie haarspalterisch z. B. Juristen an solche Themen herangehen, wird meine Einwände für "großzügig" halten.

"Gesucht werden Manuskripte, die das Thema eindeutig als Science Fiction behandeln und der Öffentlichkeit bisher nicht zugänglich waren. Fantasy und Horror werden nicht akzeptiert."

Irgendwo versteht sich von selbst, dass an einem Science Fiction-Wettbewerb auch nur Science Fiction-Storys teilnehmen können. Bei einem Krimi-Wettbewerb wären Liebesgedichte auch fehl am Platze. Das Problem hier ist, dass es keine eindeutige Grenze zur Fantasy und zum Horror (übrigens einem Stilmittel, und keine Literaturgattung) gibt. Einer der besten SF-Filme, "Alien", arbeitet massiv mit dem Stilmittel des Horrors und gilt auch als ein "moderner Klassiker" des Horrorkinos. Im Falle "Fantasy" ist der Übergang zur "Science Fiction" ausgesprochen fließend. Zwischen den Extremen "Harte Science Fiction" und "kunstmärchenhafte Fantasy" erstreckt sich ein Kontinuum, in dem jede Grenzziehung willkürlich ist. "Der Wüstenplanet" ist auch Fantasy - und "Darkover" ist auch Science Fiction.
Der Einwand ist sicher haarspalterisch, aber gerade beim eher "weichen" Thema "Über-Ich" bietet es sich geradezu an, die Geschichte mit phantastischen Elementen anzureichern - und das Stilmittel des Horrors einzusetzen. Mit "Problemfällen" ist also zu rechnen.

"Schriftsteller, die durch ihre Arbeit auf regelmäßiger Basis Geld verdienen, sind nicht zugelassen."

Also ein Wettbewerb für reine Amateure, verstehe ich. Allerdings: die Anzahl der Schriftsteller, die mit dem Schreiben von SF ein regelmäßiges Einkommen erzielen, ist im deutschen Sprachraum sehr überschaubar (wenn es hoch kommt 200) - und von ihnen käme wohl kaum einer auf die Idee, an so einem Wettbewerb teilzunehmen.
Somit könnte - theoretisch - jemand, der vor Jahren einen SF-Bestseller geschrieben hätte, seitdem aber nichts mehr bei einem kommerziellen Verlag veröffentlicht hat, als "Amateur" antreten.
Anderseits könnte die Bedingung auch so verstanden werden, dass jeder, der durch Schreiben regelmäßig Geld verdient, nicht teilnehmen dürfte. Das wären sehr viele - zum Beispiel hätte ich vor einigen Jahren strenggenommen nicht teilnehmen dürfen, da ich ab und an, aber ziemlich regelmäßig, gegen Bezahlung journalistische Texte veröffentlichte.
Das Problem ist, dass viele, die gut schreiben können, das auch beruflich tuen - als Journalisten, Drehbuchautoren, Übersetzer, Handbuchautoren, Werbetexter - oder auch als Krimiautoren.

Sonntag, 31. August 2008

Wutzrock 30

Ein geflügeltes Wort im Osten Hamburgs lautet: "Es ist Wutzrock, es regnet wie immer". Bekanntlich ziehen Open-Air-Festivals Wolkenbrüche magisch an, und im Besonderen gilt das für das Wutzrock. Dieses Jahr erlebte ich Wutzrock einmal ganz anders: bei strahlend schönem Sommerwetter. (Liegt bestimmt am Klimawandel ... )
wutzrock-30-012
Dubtari (Ska, Reggae)

Es gibt leider nicht allzu viele Festivals dieser Größe, die erfolgreich nach dem Prinzip "umsonst & draußen" funktionieren - und das 30 Jahre lang!
Hervorgegangen ist das Wutzrock aus dem Kampf um ein autonomes, selbstverwaltetes Jugendzentrum. Finanziert wird das Festival durch Spenden, Sponsoren und vor allem Getränkeverkauf. Wutzrock war und ist trotzt geringer Gagen für manche musikalische Überraschung gut.
Wutzrock war und ist aber auch ein "kultureller Leuchtturm" (um damit das Lieblingswort des Hamburger Ersten Bürgermeisters Ole von Beust zu zitieren) im Hamburger Osten. Wutzrock unterstützt die (von Ole nicht immer geschätzte) politische Gegenkultur. Antifa-Gruppen, Bürgerinitiativen, Amnesty International und vielen ähnlichen Organisationen bietet Wutzrock eine Plattform. Ein wichtiges Prinzip ist das Motto "keinen Fußbreit den Nazis" - als solche erkennbare Rechtsextremisten haben keinen Zutritt, was nach Versammlungsgesetz geht, und auch für die Ordner funktioniert, denn irgendwie verraten sich unsere "braunen Freundchen" immer. Damit ist Krawall von vorherein ein wirksamer Riegel vorgeschoben. Genauso wichtig ist das Prinzip: "Wutzrock ist politisch, aber nicht parteipolitisch" - Parteien sind weder mit Ständen vertreten, noch dürfen sie Infomaterial verteilen. Das erleichtert die "breite" Antifa-Ausrichtung und macht es Gegnern schwer, Wutzrock in die linksextreme Ecke zu stellen.
wutzrock-30-008
Cpt. Howdy (Rock, R & B)

Das Publikum ist gemischt, geht von "Generation 6 minus" bis "Generation 60 plus", wobei der geschätzte Altersdurchschnitt unter dem Alter des Festivals liegen dürfte. Vom Punk bis Späthippie, von "schwer alternativ" bis "gut bürgerlich" ist alles dabei - bis auf Rechtsextreme natürlich.
Auf die nächsten 30 Jahre!

Hier sind meine Bilder zu sehen: Wutzrock 30

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