Nu(h)r ein Lied über Zensur
MMarheinecke - Donnerstag, 18. Juni 2009
Es ist eine eigentümliche Schar, die sich unter dem Banner der Netzfreiheit versammelt hat. Einerseits kriminelle Geschäftemacher, die das Internet benutzen, um verbotene Produkte an den Mann zu bringen, und andererseits ein Ensemble von Freiheitskämpfern, die ihre anarchistischen (kein Staat!) oder kommunistischen Ideen (kein Eigentum) in der virtuellen Welt des Internets realisieren wollen.Netz-Anarchos und trojanische Pferde gefunden über netzpolitik.org.
Ideologen verschließen sich dem unaufhebbarem Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit, indem sie einen Teilaspekt totalisieren. Wir haben es also mit zwei innerlich zusammengehörenden Momenten zu tun: dem der Ausklammerung und dem der Totalisierung. Aus der Verschränkung dieser beiden Momente ergibt sich für den Außenstehenden der Eindruck eines fehlenden Gefühls für Proportionen und Konsequenzen beim Ideologen. Der Betreffende selber hingegen ist von der Gewissheit erfüllt, eine Wahrheit von universeller Gültigkeit zu besitzen, alle Phänomene erklären zu können und ein Heilmittel für alle Leiden der Menschen zu besitzen, und zwar aus einem System, das sich durch Tatsachen nicht mehr widerlegen läßt und auch keines Beweises mehr bedarf, weil es aus sich selbst heraus für sich spricht.(aus: Werner Huth, Glaube, Ideologie und Wahn, Frankfurt/M: Ullstein, 1988, S. 233 u. bis S. 234 o. - Hervorhebungen im Original.)
Der Anspruch des Ideologen an sein System ist genau so maßlos wie an seine Umgebung. Dabei ist er persönlich aber weder zu wechselseitiger Anerkennung noch zu wechselseitiger Kritik willens oder fähig. Beides würde den Anspruch des Ideologen, daß die ganze Wirklichkeit in seinem Kalkül aufgehen müsse, gefährden.
Seinen Egoismus kann er jedoch bei sich selber nicht erleben, sondern muß ihn auf die Außenwelt projizieren. So kommt es, daß er jede Kritik an seinem System dadurch entkräftet, daß er sie auf die subjektive Motivation des Kritikers verlagert, dem er seinerseits Egoismus und Böswilligkeit unterstellt.
Die SPD wäre dadurch Gefahr gelaufen, Straftaten im Internet Vorschub zu leisten, von der Vergewaltigung und Erniedrigung kleiner Kinder bis hin zu Urheberrechtsverletzungen in breitestem Ausmaß gegenüber Künstlern und Kreativen.Nimmt man das beim Wort, sind Raubkopierer viel schlimmer als Kinderschänder. Zwar gibt es am Ende der Mitteilung die Ankündigung
Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt. Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die “Sperrlisten” weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden. Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit.Mehr Hintergrundinfos:
Begründung
Das vornehmliche Ziel – Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornografie, zu verhindern stellen wir dabei absolut nicht in Frage – im Gegenteil, es ist in unser aller Interesse. Dass die im Vorhaben vorgesehenen Maßnahmen dafür denkbar ungeeignet sind, wurde an vielen Stellen offengelegt und von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen mehrfach bestätigt. Eine Sperrung von Internetseiten hat so gut wie keinen nachweisbaren Einfluß auf die körperliche und seelische Unversehrtheit mißbrauchter Kinder.
The Germans are most curious. They love things just because they have a sentimental reason for loving them - Das Heimatland, der Tannenbaum, das Brünnele, das Bächlein - the very words send a German into a swoon of love, which is as often as not entirely false. They make up their feelings in their heads while their real feelings go all wrong. That's why Germans come out with such startling and really silly burst of hatred.(Aus einem Brief an G. Orioli, Juli 1929, Baden-Baden)
It's the result of never living from their feelings, allways from the feelings they invented in their heads.
And that's why, as a bourgeois crowd they are so monstrously ugly. My God, how ugly they can be! ... And it's because they never live direct from their spontanious feelings; except in the matter of drinking and eating. God help us!
(...) die Bundesregierung und die CDU/CSU-Fraktion bemühen sich derzeit, ein aktives ´access-blocking´ gegen kinderpornographische Inhalte auf den Weg zu bringen. Es handelt sich bei diesen Inhalten um ein so schweres Verbrechen, dass gegenüber den aktuell diskutierten staatlichen Gegenmaßnahmen jede Rede von ´Zensur´ oder ´Freiheitsbeschränkung´ pervers ist.Man kann es auch so zusammenfassen: wer nicht für uns ist, ist gegen uns, wer nicht für Zensur ist, ist für Kinderpornos!
Über ein vergleichbares Vorgehen gegenüber anderen verbrecherischen Inhalten - die von Ihnen genannten Probleme sind dem Unrechtsgehalt von Kinderpornographie nicht vergleichbar - möchte ich nicht spekulieren. Klar ist, dass das access-blocking ein schwerer staatlicher Eingriff wäre, dem rechtlich enge Grenzen gesetzt sein müssten und daher keineswegs beliebig ausgeweitet werden dürfte.
Klar ist jedoch auch, dass das Internet zwar ein schrankenloses Medium ist, aber deshalb natürlich keine schrankenlose Freiheit beanspruchen kann. Jede Freiheit findet ihre Grenze in den zu schützenden Rechtsgütern anderer. Die schwierige juristische Frage ist nur, welches Gewicht die unterschiedlichen Rechtsgüter jeweils zueinander erlangen sollen.
Für mich steht jedoch fest, dass z.B. das Freiheitsrecht eines Kindes, nicht sexuell missbraucht und Pädophilen zur Schau gestellt zu werden, um einiges höher zu bewerten ist als eine verabsolutierte "Freiheit des Internets" oder anderes dummes Geschwätz. Die ganze pseudo-bürgerrechtsengagierte Hysterie von Pseudo-Computerexperten, man müsse um jeden Preis ein "unzensiertes Internet" verteidigen etc. - vgl. www.ccc.de -, fällt für mich in die Kategorie: juristisch ohne Sinn und Verstand und moralisch verkommen.
In Deutschland scheint es dabei noch friedlich zuzugehen. Doch für Experten ist es nur eine Frage der Zeit - Angst, Unzufriedenheit und Empörung nehmen mit jeder Schreckensmeldung zu. "Solche Proteste sind ein internationales Phänomen: Die sozialen Verwerfungen nehmen in allen Ländern erheblich zu", sagt Martin Diewald, Lehrstuhlinhaber für Soziologie an der Universität Bielefeld. "Auch in Deutschland wird es zu größeren Ausbrüchen kommen."FTD.de - Agenda: Die Wut erreicht die Straßen.
Vor "sozialen Konflikten in diesem Land, dass es knallt", warnt auch Michael Sommer, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Selbst Bundespräsident Horst Köhler mahnt: "Wir werden Ohnmacht empfinden und Hilflosigkeit und Zorn."