Persönliches

Donnerstag, 1. Dezember 2011

NaNoWriMo - eine Nachlese

Zum (vorerst) letzten Mal über den November-Wahn.

NaNoWriMo-Winner

Anders als bei meinem ersten NaNoWriMo vor zwei Jahren ist der
Roman mit dem Arbeitstitel "Herr der Meer - Geheimauftrag MARIA STUART" vom geplanten Umfang und der Handlung her, fertig geworden. Umschreiben werde ich ihn nicht müssen, aber natürlich überarbeiten.
Wie beim ersten Mal ist es ein "marinehistorischer Roman". Zumindest im Großen und Ganzen. Nicht in jeder Hinsicht realistisch, aber plausibel, und vor historisch stimmigen Hintergrund.

Auch anders als bei meinem ersten NaNoWriMo-Romanversuch habe ich eine realistische Perspektive, dass der Roman auch veröffentlicht wird. Zwar wohl nicht im kommerziellen Rahmen, aber auch nicht im Selbstverlag (geschweige denn "Vanity-Press" / "Zuschussverlag"). Etwas, was die Art und Weise, wie ich schrieb, deutlich beeinflusste.
Aus Erfahrung mit dem "versandeten" NaNoWriMo-Manuskript vor zwei Jahren hatte ich dieses Mal ein ausgearbeitetes Konzept, mit Exposé, Datenblättern, Kapitelgliederung usw.. und vor allem: einen Schluss, auf den das ganze zusteuert. Mein Problem bei "Brüder der Küste" damals war ja, dass ich mich völlig verzettelt hatte.

Was konnte ich von meinem ersten Versuch verwenden? Im wesentlichen die Recherchen. Immerhin ist es ein historischer Roman, da sollten auch Details stimmen oder wenigstens historisch plausibel sein - was übrigens auch für die Aspekte der "Science Fiction in der Vergangenheit", dem "Quasi-Steampunk", "Clockworkpunk", "Sailpunk" oder wie auch immer, gilt. Es macht mir einfach Spaß, mir auszumalen, was es damals gegeben haben könnte, was machbar gewesen wäre. Einfach, wie im jüngsten "Die Drei Musketiere"-Film, irgendwelche Luftschiffe in die Handlung einzubauen, wäre mir zu wenig gewesen. "Piraten-Fantasy" á la "Fluch der Karibik" ist amüsant, aber nicht das, was ich beabsichtige.
Trotzdem hat Andreas Eschbah natürlich recht, wenn er meint:
Gute Recherche ist ein Qualitätskriterium für einen Journalisten, aber nicht für einen Schriftsteller. Bei einem Roman die Recherche zu loben ist ungefähr so, als lobe man die Rechtschreibung. Beim Schreiben eines Romans ist Recherche einfach eine mehr oder weniger lästige Notwendigkeit
Eschbach hat auch damit recht, dass es wichtiger ist, die Details am RANDE zu recherchieren, als dass das zentrale Thema Realitätsbezug hätte. Das zentrale Thema bei mir ist die Suche nach einem verschollenen "Superpiraten" samt "Superschiff" - das ist sozusagen Vorgabe. Hätte es diesen "Herrn der Meere" wirklich gegeben, wäre die Geschichte des späten 17. Jahrhunderts wohl völlig anders verlaufen. Auch bei der Suche selbst ließe ich meine Phantasie wild vor sich hin toben - es ist kein Sachbuch, und auch keine "kontrafaktische Geschichtsschreibung", es ist ein Abenteuerschmöker vor historischem Hintergrund. Eschbachs Beispiel: wenn in Irland ein Mord passiert, wie heißt die Polizeieinheit, die sich damit befasst? Welche Dienstgrade gibt es da? In meinem Fall: wenn ein Segelschiff in einen Hurrikan gerät, was wird die Besatzung tun? Da sollten auch die Fachbegriffe stimmen.

Wie Eschbach bringt mir die Recherche wirklich Spaß - von "lästiger Notwendigkeit" kann keine Rede sein. Es gibt noch eine Gemeinsamkeit. Er antwortete auf die Frage, woher er all die Informationen in seinem mit Wissen gespickten Roman "Das Jesus-Video" her hätte:
Württembergische Landesbibliothek. Stadtbibliothek Stuttgart. Internet. Punkt. 

Außer, dass ich natürlich die entsprechenden Hamburger Bibliotheken aufsuchte, ist es bei mir genau so.

Montag, 28. November 2011

NaNoWri - ich höre auf!

Ich habe nämlich etwas geschafft, was ich bei meiner letzten NaNo-Teilnahme nicht schaffte:
Die magischen vier Buchstaben E,N,D und E getippt!
Ja, eine erste rohe, aber vollständige Fassung meines Romans "Geheimauftrag MARIA STUART" ist fertig!

Geplanter Umfang: 60000 Wörter, 250 Manuskript-Normseiten
Realisierter Umfang: 63430 Wörter, 266 Manuskript-Normseiten
(Umgerechnet auf ein gängiges Taschenbuchformat wären das
etwa 180 Seiten.)

Da Kürzen erfahrungsgemäß leichter ist als Verlängern, ist es nicht weiter tragisch, dass es ein paar Seiten mehr als geplant wurden.
Winner 2011
Was nun? Erst mal etwas liegen lassen. Dann überarbeiten. Denn: "Die erste Fassung ist immer Scheiße" (Ernest Hemingway).

Dienstag, 15. November 2011

NoWriMo-Halbzeit (ohne Halbzeitpause)

Nun ist der November halb vorbei. Und damit ist auch die Hälfte der
Schreibzeit für den NaNoWriMo verstrichen.
Ich kann behaupten, dass ich gut in der Zeit liege. 39501 Wörter von 50000 (NaNo-Ziel) oder 60000 (die geplante Länge meines Romanes) sind fertig - ohne Mogeln, pfuschen oder "Schreibdurchfall". Ich schreibe zwar immer noch flott, aber sorgfältiger und produziere (hoffentlich) weniger Textmüll. Was gut ist, denn zu viel unstrukturierter Text, dass habe ich vor zwei Jahren gemerkt, erschwert die Bearbeitung.

Vieles ist so wie beim letzten Mal, vor zwei Jahren - und einiges doch ganz anders.

Etwas, was so ist wie letzten Mal - mein Alltag leidet erstaunlich wenig darunter. Tatsächlich gibt das Schreibpensum, oder genauer, die Zeit, die ich fürs Schreiben reserviere, dem Tag zusätzlich Struktur.
Die "Chandler-Methode", nicht nach Tagespensum zu schreiben, sondern einfach ein paar Stunden zu reservieren, hat sich für auch dieses Mal bisher bewährt. Würde ich mir ein Pensum vornehmen, bestünde die Gefahr, dass ich an Tagen, an denen es nur langsam vorangeht, nichts anderes tue, als auf den Bildschirm starren und nach Worten zu ringen.
Da denke ich an Hans Gerhard Franciskowsky, der übrigens letzten Donnerstag beerdigt wurde. Er war ja, das darf man sicher sagen, ein extremer Vielschreiber. Er hat mit Einiges über die Arbeitstechnik eines professionellen Schriftstellers verraten, und ich habe hoffentlich davon gelernt. (Sicher mehr als z. B. auf einem Workshop für "kreatives Schreiben", von dem ich schwer enttäuscht war. Wobei es ja auch gute Workshops dieser Art gibt, ich denke da z. B. an einen in Wolfenbüttel.)
Er fing morgens früh um Sieben mit dem Schreiben an, nicht weil er so ein Morgenmensch gewesen wäre, sondern weil es sich konsequent die Vormittage für das ungestörte Schreiben frei hielt. Eine gewisse Disziplin und vor allem Struktur sind wichtig, auch für den Hobbyschreiberling.

Der neue Roman spielt im gleichen Zeitalter, im gleichen Genre und zum Teil sogar an den gleichen Schauplätzen wie mein alter NaNo-Romanversuch "Brüder der Küste".
Aber das ausgearbeitete Exposé, die genaue Planung der Kapitel, die genau ausgearbeiteten Hauptpersonen usw. erweisen sich dieses Mal als sehr hilfreich.

Letztes Mal machte mich der Roman "Pirate Latitudes" (unkreativer deutscher Titel: "Gold") von Michael Crichton, der gerade, als ich an "Brüder der Küste" schrieb, erschien, schier verrückt. Der Roman spielt im gleichen Zeitalter, im gleichen Genre und zum Teil sogar an den gleichen Schauplätzen wie "Brüder der Küste" - und hat zu allem Überfluss auch noch die gleiche Grundhandlung.

Inzwischen habe ich "Pirate Latitudes" gelesen. Große Überraschung: obwohl Crichton einen rasant geschriebenen Piraten-Thriller hingelegt hatte, bin ich von Crichtons Recherchen enttäuscht. Obwohl er auf diesem Gebiet ein Perfektionist war, gibt es in seinem nachgelassenen Roman zahlreiche Fehler und Anachronismen. Es ist zwar auch in diesem Buch erstaunlich, was Crichton so alles wusste oder herausgefunden hatte, aber bemerkenswerter ist auch, was er offenbar nicht wusste. Von Segelschiffen und historischer Seekriegstaktik hatte er offensichtlich recht wenig Ahnung - was bei einem Piratenroman nicht so ganz unwichtig sein dürfte.
Sein letzter Roman ist offensichtlich noch eine Rohfassung, denn die Schlusskapitel wirken ziemlich skizzenhaft, und es gibt auch nicht bereinigte Widersprüche. So wie er veröffentlicht wurde, ist er meiner Ansicht nach sein schwächster. Ich bin mir ziemlich sicher: in dieser ziemlich rohen Fassung hätte Crichton selbst den posthum auf seiner Festplatte gefundenen Roman für nicht veröffentlichungsreif gehalten.

Zurück zu meinem diesjährigen NaNo-Roman: ich bin mir sicher, dass ich ihn, größere Zwischenfälle nicht eingerechnet, fertig bekommen werde. Ich hoffe, dass ich einen zwar sicher nicht literarisch hochklassigen, aber unterhaltsamen, historischen Abenteuerschmöker mit leicht "phantastischen" Elementen hinbekommen werde.
Und es wird ihn sehr wahrscheinlich in nicht zu ferner Zukunft in gedruckter Form zu kaufen geben.

Samstag, 5. November 2011

H. G. Francis (1936 - 2011) - der "Schriftsteller von nebenan" ist tot

Als ich gestern Abend erfuhr, dass am 3. November der Schriftsteller Hans Gerhard Franciskowsky, besser bekannt als H.G. Francis, gestorben ist, da konnte ich es kaum fassen, obwohl ich wusste, dass er seit Jahren an einer schweren Krankheit litt. Hans Gerhard Franciskowsky war einer der produktivsten deutschen Autoren, nicht nur in der phantastischen Genreliteratur (Science Fiction, Horror, Fantasy), sondern als als Jugend- und Sachbuchautor. Er gehörte u.a. von 1971-2004 zum Autorenstamm der Perry Rhodan Reihe. Sein bekanntestes Sachbuch ist wahrscheinlich ein legendäres "Do-it-yourself"-Buch über Wartung und Reparatur von Mofas. Aber auch Bücher über China, Afrika oder Pandabären stehen auf seiner Literaturliste.

Wer Hans war und was er gemacht hatte?
In dürren Worte erfährt man das in der "Wikipedia": H. G. Francis
Wie umfangreich und vielseitig sein Werk war, zeigt die die Bibliographie in der "Perrypedia": H. G. Francis"

Unerwartet fair und informativ - der Nachruf bei "Spiegel online:"
Autor H.G. Francis gestorben - Perry Rhodans Master of the Universe

Persönliches von Klaus. N. Frick, Perry-Rhodan-Chefredakteur: Ich fand ihn klasse

Ich hatte das Glück, Hans persönlich kenne zu dürfen. Man kann nicht sagen, dass wir enge Freunde gewesen wären, aber er war auch keiner jener Schriftsteller, mit denen ich mich zwar irgendwann mal unterhalten hätte, mit denen mich aber privat nichts verbindet. Er wohnte quasi in meiner Nachbarschaft, nicht direkt nebenan, aber sein Haus - besonderes Merkmal: eine Windfahne, die einen über eine Schreibmaschine gebeugten Mann zeigt - war bequem mit dem Fahrrad oder notfalls auch zu Fuß zu erreichen.

Bis Mitte der 1980er-Jahre war er für mich einer von vielen SF-Autoren. Allerdings ein für mich wichtiger: ich kannte H. G. Francis dem Namen nach von unzähligen Hörspielkassetten (vor allem "Commander Perkins", eine Eigenschöpfung Francis', und "Die drei ???" und "TKKG", deren Hörspielfassungen er schrieb) und natürlich von Perry Rhodan.

Etwas näher kam ich ihm, als ich durch den "Perry Rhodan Werkstattband" erfuhr, wo er wohnte. Unbekannterweise schrieb ich ihm eine Geburtstagskarte. Unerwarteterweise lautete die Antwort sinngemäß: "Wenn du so nahe bei wohnst: komm doch einfach mal auf einen Kaffee vorbei."
Zwischen dem Hamburger Perry-Rhodan-Stammtisch, an dem ich bis ca. 2003 regelmäßig teilnahm, und dem "Lokalmatadoren" Francis bestand ein ziemlich enger Kontakt.
Besonders gern erinnere ich mir an ein Spanferkelessen in seinem Partykeller (faszinierende Dekoration: unzählige goldene und einige platine Schallplatten), ursprünglich als Grillparty geplant, die dann wegen Dauerregens tiefer gelegt wurde.
Seitdem glaube ich nicht mehr so richtig, dass Klaus N. Frick wirklich, wie er immer behauptet, Vegetarier ist. Dazu hat er beim Spanferkel doch zu herzhaft zugelangt ...

Auch in lebhafter Erinnerung ist ein Live-Hörspiel, das Roland Triankoski und Torben Knesch für den 4. Zellaktivator-Con schrieben. H. G. Francis sollte, als ausgewiesener Experte, die Regie übernehmen. Er war mehr als skeptisch, denn ihm zufolge hätte ein Laien-Live-Hörspiel mit Publikumsbeteiligung noch niemals richtig funktioniert. Mein Beitrag war, dass ich über meinen Bruder zwei wirklich gute Sound-Designer (und deren Equipment) für das Projekt gewinnen konnte.
Und der, dass ich mit Francis den Kontakt hielt. Über unser Drehbuch war er einigermaßen entgeistert - und er brachte mir im Schnellverfahren bei, wie man ein Hörspiel-Drehbuch verfasst, was da hinein gehört, wie man es aufbaut usw. . Das frisch Gelernte gab ich dann bei einem Vorbereitungstreffen an Torben und Roland weiter (ich hatte außerdem schon eigenmächtig nach H. G. Francis Expertenrat das Drehbuch abgeändert).
Kurz und gut: das Life-Hörspiel klappte, und es klappte gut!
(Leider schlief Loki nicht, und das Gerät, mit dem das Hörspiel mitgeschnitten werden sollte, schnitt nichts mit ... )

Der "Schriftsteller von nebenan" bezieht sich nicht nur auf die räumliche Nähe. Hans Gerhard Franciskowski war ein im guten Sinne Konservativer (das heißt: neophob war er nicht, und auch nicht politisch rechts), einer, der an bewährten Werten und Tugenden festhielt. Ein sehr bodenständiger und freundlicher Mensch, der sich z. B. sehr für Natur- und Umweltschutz engagierte. Regelmäßig nahm er an Lesungen und Diskussionen in Schulen teil. Er schrieb auch Kinder- und Jugendbücher, darunter die bei Mädchen so beliebten Pferdebücher. Aber in diesen Büchern war bei Francis das Leben kein Ponyhof. Genial finde ich immer noch, wie er die Mädels so eines Pferdehofes gegen eine geplante Straße, die mitten durch das Gelände führen sollte, protestieren ließ. Dabei schilderte Francis, wie man eine Bürgerinitative organisiert, eine Demonstration anmeldet, Pressearbeit macht, Flugblätter gestaltet und manches staatsbürgerlich Wertvolles mehr.

Hans, wo du auch immer bist: Ich vergesse dich nicht!

Samstag, 22. Oktober 2011

Novemberschreibwahnsinn - ich bin dabei

Vor zwei Jahren schrieb ich im Rahmen des NaNoWriMo einen "Piratenroman": Mut zum Klischee. Mit Erfolg, denn ich hatte es geschafft. Ohne Erfolg, denn ich brachte es nicht fertig, meinen Roman in eine veröffentlichungsreife Form zu bringen - geschweige denn, zu veröffentlichen.

Dieses Mal ist es fast genau so: ich schreibe einen "marinehistorischer Roman" (die Suche nach einem Pi... pardon, Korsaren des Königs - steht zwar im Mittelpunkt, aber die Protagonisten sind nicht auf Kaperfahrt). Er spielt sogar in der gleichen Epoche. Marinehistorischer Roman? Ja, denn ich beachte gewissenhaft den historischen Hintergrund. Nein, denn ich setzte mich, mit Gründen, über einiges, was damals wirklich geschah, hinweg. Ich schreibe über Dinge, die es damals hätte geben können. Zum Beispiel Erfindungen, die schon damals, 1676, erdacht waren - die aber erst Jahrzehnte oder Jahrhunderte später realisiert wurden. Oder niemals. Vieles ist "Science Fiction in der Vergangenheit", ein Zeitalter des "Sonnenkönigs" Louis XIV., das an einigen Stellen anders ist, als es tatsächlich war - aber nichts kommt vor, was es nicht hätte geben können.
Analog zum "Steampunk" könnte man vielleicht von "Sailpunk" reden ...

Mal sehen, ob ich den Kahn flott kriege. Mal sehen, ob ich ihn, durch alle Stürme und an allen Klippen vorbei in den sicheren Hafen bringe. Denn noch etwas ist anders: ich habe - mit etwas Glück - eine realistische Möglichkeit, den fertigen Roman auch zu veröffentlichen. Das wird auch der Grund sein, weshalb ich viel weniger über den neuen Text aus dem Nähkästchen plaudern werde.

Freitag, 21. Oktober 2011

Zu den Sternen?

Technisch ist der Start der ersten beiden Satelliten des "Gallieo"-Navigationssystems ein voller Erfolg. Respekt vor den Techniker, dem Herstellern, den Entwicklern, den Organisatoren!

Weniger Respekt jedoch vor den europäischen Raumfahrt- und Industriepolitikern. Warum "Gallieo" alles andere als ein Ruhmesblatt ist, legt Eugen Reichl im Astra's Spacelog dar:
Galileo: Und es bewegt sich doch….

Wie kommt es zu solchen Blamagen? Nicht aus technischen Gründen hat sich "Gallieo" so verzögert. Wahrscheinlich, weil "Raumfahrt" in Europa unter "Industrieförderung" läuft und es daher kein Wunder ist, dass eben diese Industrie solche Projekte als Selbstbedienungsladen benutzt. Und dass es zu jahrelangen Streitereien um die nationalen Anteile am "Kuchen" kam.
Bei vernünftigen politischen Vorgaben und ohne das meiner Ansicht nach ideologisch motivierte Experiment, ein Raumfahrtprojekt in "Public Privacy Partnership" stemmen zu wollen, wäre das sicher nicht passiert.

Die tiefere Ursache für das "Trauerspiel Gallieo" dürfte aber tief in der Mentalität der politischen Entscheider, gerade in Deutschland, liegen: Politsprech im Orbit - die "Raumfahrtstrategie" der deutschen Bundesregierung. Kurz zusammengefasst: Raumfahrtpolitik - oder allgemeiner gesprochen: Forschungspolitik und Innovationsförderung - wird von betriebswirtschaftlich denkenden Kämerseelen und deutlich neophoben Bürokraten bestimmt.

Aber "Per aspera ad astra" ("auf rauen Wegen zu den Sternen") sei nun einmal schwierig zu vermitteln. Glauben zumindest unsere "Entscheider". Was ein europäisches Satellitennavigationssystem soll, erfordert ebenfalls zumindest eine Idee europäischer Interessen, die über reine Standortpolitik zugunsten der bestehenden Industrie hinaus geht. Denn "Gallieo" ist ein Infrastrukturprojekt, so, wie es ein europäisches "intelligentes" Höchstspannungsnetz ist, oder ein wirklich europäisches Netz für Hochgeschwindigkeitszüge.
Da ist es im Wahlkampf doch einfacher, auf sowieso viele (deutsche, französische, italienische ... - oder vielleicht auch bayrische, provencialische, lombardische ... ) Arbeitsplätze im Werk XY hinzuweisen. Und die alte, aber im Zeitalter der Globalisierung und der transnationalen Konzerne reichlich anachronistische Nummer von den "nationalen Interessen" abzunudeln.

Es gibt einen alten Witz, dass der Ausspruch "ad Astra" sich in Wirklichkeit auf eine Hamburger Biermarke und nicht auf die Sterne am Himmel beziehen würde.
Astra for Windows
(Der in der Werbung abgebildete Mensch ist übrigens in erster Linie Musiker. Und so prollig läuft er normalerweise auch nicht ´rum.) (Noch was: er ist Apple-User.)
Aber es macht nichts aus, wenn ein Bier "altmodisch" und analog bleibt. Hingegen macht es schon etwas aus, wenn Technologiepolitik tief im 20. Jahrhundert stecken bleibt.

Donnerstag, 15. September 2011

Perry Rhodan Neo - schon 1996!

Perry Rhodan Neo - das ist der in Fankreisen nicht unumstrittene Versuch, die Anfänge der unbestritten langlebigsten und umfangsreichsten Science-Fiction-Roman-Serie noch einmal neu zu erzählen. Also keine unveränderte oder überarbeitete Neuauflage der 50 Jahre alten Originale, sondern das, was man Neudeutsch einen "Reboot" nennt.
Einiges dazu verriet Klaus N. Frick im Interview mit Phantastik News: „Perry Rhodan Neo“: Ein Interview mit Klaus N. Frick.
Die Idee, Perry Rhodan einmal neu zu starten, ist selbst allerdings nicht ganz neu.
Es gab dieses Jahr z. B. eine Fanautoren-Wettbewerb, Perry Rhodan einmal ganz neu, in einem anderen SF-Universum, zu erzählen Perry Rhodan reloaded – Wir haben einen Sieger!. Der Sieger, Michael Tinnefeld, schrieb mit "Der Unsterbliche – Phase Download" einen heftigen Cyberpunk-Roman.

Aber die Idee ist natürlich viieeel älter. Ich ließ Perry schon anno 1996 noch mal ganz klein anfangen:
Perry-Kid

Donnerstag, 21. Juli 2011

Der Sarrazin und der Brotberuf

Rüdiger Suchsland ist mir als jener Filmkritiker bekannt ist, der nur selten Filme ähnlich beurteilt, wie ich sie beurteilen würde. Tatsächlich habe ich sehr oft, wenn Suchsland einen Film bespricht, den auch ich sah, den Eindruck, dass er einen ganz anderen Film mit dem zufällig dem selben Titel gesehen haben muss.

Auf "telepolis" bespricht er dieses Mal keinen Film, sondern ein ziemlich umstrittenes zivilisationskritisches Buch. Wobei ich mich nicht zu dem Buch "Echtleben" von Katja Kullmann äußern möchte, da ich es bisher nicht gelesen habe, und Suchsland-Kritiken grundsätzlich ein gewisses Misstrauen entgegenbringe.

Was mich zum in den letzten Wochen (für meine Verhältnisse) arg vernachlässigtem Bloggen brachte, war aber nicht "Echtleben" oder das, von dem Suchsland behauptet, dass es in diesem Buch stünde. Es war ein zitierter Kommentar zu diesem Buch von niemandem anders als Dr. Thilo Sarrazin, Berlin.
In diesem Weltbild wird unterstellt, das System enthalte den quasi willkürlich den gerechten Lohn für die Arbeit ihrer kreativen Köpfe vor, und es sei empörend, dass der Realschulabschluss eines Provinzlers sich mitunter besser auszahlt als das Studium eines Geisteswissenschaftlers. Rührend naiv mutet die Klage an ...

Wäre ich als Abiturient 1965 meinen damaligen Neigungen gefolgt, wäre ich Fotograf geworden oder hätte Geschichte und Germanistik studiert. Ich wollte aber weder Lehrer werden noch als Hungerleider in einer Provinzredaktion enden, und darum wählte ich einen Brotberuf. Wer mit wachen Augen in die Welt schaut, weiß auch schon als Abiturient, dass das Geld dort verdient wird, wo kaufkräftige Nachfrage auf ein knappes Angebot stößt.
Wäre ich als Abiturient 1982 meinen damaligen Neigungen gefolgt, wäre ich Illustrationsgraphiker geworden oder hätte Meeresbiologie oder Geschichte studiert. Da ich aber schon als Abiturient mit wachen Augen in die Welt schaute, und wusste, dass dort das Geld verdient wird, wo kaufkräftige Nachfrage auf ein knappes Angebot stößt, entschied ich mich für einen Brotberuf und studierte Chemieingenieurwesen. Nach einen Studienabbruch wusste ich dann auch, wieso das Angebot an Chemieingenieuren so knapp war: es hatte mit der zumindest damals sagenhaft hohen Abbrecherquote in diesem Studiengang zu tun. Oder anders ausgedrückt: dieses Studium und verwandte Studiengänge waren eben mehr als ein Studium auf einen gut bezahlten Brotberuf, sondern solche, die tief gehendes Interesse, echte Begabung und sehr viel Fleiß erforderten - was dann auch das damals recht gute Gehalt eines Chemie- , Bio- oder Medizintechnik-Ingenieurs voll und ganz rechtfertigte. Kein Studium für Dünnbrettbohrer und Leute, denen es im Beruf in erster Linie auf die Bezahlung und dann erst mal lange nichts ankommt! (Die studierten damals BWL bzw. blockierten die BWL-Studienplätze, so dass viele, die sich wirklich für BWL interessierten und vielleicht tatsächlich gute Betriebswirte geworden wären, lieber etwas anderes machten.)
Also ergriff ich den Brotberuf eines IT-Kaufmanns. Aber das ist eine andere Geschichte.

Dass heißt, dass ich Thilo Sarrazin in dieser Hinsicht recht geben muss. In anderer Hinsicht nicht: auch aus Geschichte, Meeresbiologie oder Illustrationsgraphik, selbst aus Philosophie lässt sich eine gute Karriere machen - wenn man wirklich 100% hinter dieser Berufswahl steht, auch wenn die Ausbildung sehr viel abverlangt, wenn man in den gewählten Beruf gut ist, und vor allem: wenn der Blick auf das Einkommen zwar wichtig, aber nicht entscheidend ist.
Wenn tüchtige Germanisten und Historiker, Politologen und Soziologen, Schriftsteller und Journalisten im Vergleich zu anderen Berufen, die deutlich weniger anspruchsvoll sind, was Ausbildung, Arbeitseinsatz, Zeitaufwand und erforderliches Talent angeht, schlecht bezahlt werden, dann mag das zum Teil tatsächlich an einem "Überangebot" von, sagen wir mal, Journalisten, liegen. (Das ist übrigens der einzige der aufgezählten Berufe, in denen es meiner Ansicht nach tatsächlich so etwas wie ein "Überangebot" gibt.)
Es kann mir aber niemand erzählen, dass gut bezahlte Jobs tatsächlich immer Jobs sind, für die die Leute, die sie ausüben könnten, wirklich knapp sind. Es gibt sogar lausig bezahlte Mangelberufe, etwa in den Pflegeberufen.

Tatsächlich hat es nicht immer mit Qualifikation und Tüchtigkeit zu tun, mit wem ein gut dotierter Job besetzt wird oder, bei freien Berufen, welche Dienstleistung gut bezahlt wird. Dafür umso mehr mit etwas, was Marxisten "Klassengesellschaft" nennen: Herkunft ("Stallgeruch") und die "richtigen" Beziehungen sind in vielen Berufen leider entscheidend. Ein "Arbeiterkind", das Ingenieur wird, wird vielleicht noch mit einem guten Abschluss vergleichbare berufliche Chancen wie ein Akademikerkind mit vergleichbarem Abschluss haben - wenn auch nicht in allen Unternehmen. Bei anderen Ausbildungen und Studiengängen ist die Chancengleichheit illusionär.

Illusionär ist auch die Vorstellung, mit einem "guten Brotberuf" wäre es getan. Fast niemand, mit dem ich näher befreundet, arbeitet heute in genau jenem Beruf, für den er oder sie sich einst, als Schulabgänger oder Schulabgängerin, entschieden hatte. Wenn ein Berufswechseln im späteren Leben ohnehin wahrscheinlich ist - wieso dann nicht den einfach den Erstberuf ergreifen, der einem am meisten Spaß bringt?
Aber von "Spaß" und "innere Motivation" oder gar "Inspiration", "Berufung, "Talent" haben die Sarrazins dieser Welt, die arroganten selbsternannten Pflichtmenschen mit dem ökonomischen Tunnelblick auf die Welt, eben nicht viel Ahnung!

Dienstag, 28. Juni 2011

Musik, Kunst und Kunsthonig

Mit Musik ist es so wie mit jeder anderen Kunst:
Wer, wie es so schön heißt, sich nicht genauer auf Musik "einlässt", wie es auf Formatradioreichweitenroptimiererdeutsch heißt, "temporärer Nutzer" ist, Musik also "nur so im Hintergrund" hört, dem werden nur wenige Stücke spontan gefallen.

Man muss kein Musikpsychologe sein, um voraussagen zu können, welche Musikstücke Hörern, die Musik nur als angenehme Geräuschtapete einsetzen, gefallen wird: sie muss eingängig, "leicht verständlich" sein - und vor allem: sie darf nicht stören, nicht irritieren.
Die hahnebüchene und verlogene Kunstauffassung der Nazis, die - ziemlich willkürlich - Kunstwerke für "entartet" erklärten, fand nicht deshalb so breite Zustimmung, weil so wenige die moderne Kunst "verstanden", sondern weil viele der modernen Künstler irritierten. Die Gemälde von Otto Dix wurden sehr wohl verstanden, ebenso die Surrealisten, und um von Picassos "Guernica" irritiert zu sein, muss man nicht Kunst studiert haben. Aber es ist für viele Menschen beruhigend, wenn das, was sie verstört, zu den Produkten von Geisteskranken, Pfuschern, Scharlatanen oder "Undeutschen" erklärt werden. Das Weltbild stimmt wieder, und das, was "schön" ist, was, wie Erich Kästner in Bezug auf Literatur meinte, "taugt, den Feierabend zu tapezieren", ist wieder die einzig wahre Kunst.
Dass in Nazideutschland auch Künstler verfolgt und ausgegrenzt wurden, die sehr populär und keineswegs verstörend waren, muss nicht dagegen sprechen. Auch Jazz und Swingmusik, alias "entartete Negermusik", war populär und verstörte ihre Hörer nicht. Aber sie passte nicht ins ideologische Raster. Der Mechanismus "Kunst, die Dich irritiert, ist in Wirklichkeit gar keine Kunst" war allerdings, vermute ich, der "Aufhänger", der die propagandistischen Verleumdungen über modernen Kunst oder über Jazzmusik plausibel machte - "die haben ja recht, und wenn sie da recht haben, wird das andere wohl auch stimmen".
Der Kunstbetrieb im "real existierenden Sozialismus" lief völlig anders ab als bei den Nazis, es wurden auch andere Ideale gefördert und gefördert, aber die Aversion gegen Kunst, die irritiert, wurde auch hier, vor allem natürlich unter Stalin, bedient, um propagandistische Behauptungen über "degenerierte bürgerliche Künstler", über "Formalisten", plausibel erscheinen zu lassen.
Ende des Exkurses. Ich will das Formatradio nicht mit den Nazis, und diese wiederum nicht mit Stalin gleichsetzen. "Dudelfunk" will keine Propagandabotschaft verkaufen, sondern Werbeminuten, mit denen wiederum Waren und Dienstleistungen verkauft werden. Und die Musik in solchen Programmen ist auch selbst wieder eine "Ware", die verkauft werden soll. Was ja an und für sich nichts Schlimmes ist. Schlimm ist allerdings die künstlerische Mut- und Entscheidungslosigkeit, die aus dem Bestreben resultiert, ja keinen Hörer zu verstören. Musik wie Kunsthonig (das Zeugs, dass korrekterweise "Invertzucker" genannt wird und seit einiger Zeit auch nur so genannt werden darf) - süß, energieliefernd (sogar zu viel), aber ohne weiteren Nährwert und ohne Aroma.

Also: Je eingängiger und je weniger "störend", desto besser. Das ist dann das was wir gemeinhin als "Mainstream" bezeichnen. Nicht unbedingt schlecht, oft gut gemacht, aber - mit weniger Ausnahmen - eher belanglos.
Es gibt Ausnahmen, bei denen auch Menschen, die sich eher von Musik berieseln lassen, als Musik zu hören, ein nicht im Windkanal der Marktforschung stromlinienförmig gestyltes, nicht auf "Gefälligkeit" gebürstetes, Lied oder Instrumentalstück spontan richtig gut gefällt.
Das können gewisse Stücke und Stilrichtungen dar, die gerade in eine persoenliche Phase des Hörer passen. Mit Kummer und Schwermut im Bauch hat mancher nicht nur den Blues gehabt, sondern auch die Musikrichtung Blues für sich entdeckt.
Es kann auch etwas sein, was man in einem speziellen Zusammenhang das erste Mal gehört hat - zum Beispiel Latino-Pop im Urlaub, oder eine Oper bei einem "gesellschaftlichem Anlass". Die Musik weckt angenehme Erinnerungen, darum hört man sie gerne, auch wenn sie nicht ins "Stromlinien-Schema" passt.
Umgekehrt mögen viele keinen Easy-Listening-Jazz hören, obwohl es kaum eine "ohrenschmeichelndere Musikgattung gibt, weil sie damit "Fahrstuhlmusik" oder "Kaufhausgedudel" assoziieren. Wagner-Hasser hassen, jedenfalls habe ich den Eindruck, oft nicht Wagners Musik, sondern das, wofür Wagner steht oder stehen könnte. Und ich fand lange Zeit keine Zugang zur Volksmusik, weil sie mich zu sehr an das Volksmusik-Zerrbild des "Musikantenstadls" usw. erinnerte.
Musik, die "eigentlich" nicht eingängig ist, kann gefallen, wenn sie gerade zu irgendeiner "Szene" passt, der man angehört. Wer Punker ist, wird auch Punkrock mögen, auch wenn die sperrigen Texte und die ungeschliffene und kantige Musik die selben Menschen, als sie noch keine Punker waren, eher abschreckte.
Übliches Phänomen, gerade bei Jugendlichen: man findet das gut, was sonst gerade alle Freunde gut finden.

Was alle Musikrichtungen jenseits des "Mainstreams" gemeinsam haben, von Musik der Renaissance-Zeit bis Black Metal, ist, dass erst die gar nicht einmal intensive, aber anhaltende Beschäftigung damit dazu führt (oder führen kann, es ist kein Automatismus), diese Musik zu "verstehen". Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen, die sich in sehr viele Musikrichtungen aus unterschiedlichsten Kulturen "eingehört" haben, sich gar nicht mehr durch ungewohnte Klänge irritiert und zum "Abschalten" oder "Weghören" veranlasst sehen. Eine erworbene Vorurteilslosigkeit, die den Weg für echte Qualitätsurteile öffnet.

Das gilt natürlich auch für Literatur, bildende Kunst, Architektur, Mode usw. .

Montag, 11. April 2011

"Zusammenbruch"

Heute erfuhr ich, dass ein gute Freundin einen Nervenzusammenbruch - eine psychische Überlastungsreaktion erlitten hat. Das sagt sich leicht dahin, vielleicht, weil "Nervenzusammenbruch" und Burn-Out geradezu inflationär verwendet werden; so wie eine Depression etwas völlig anderes ist, als das Stimmungstief, das Menschen, die nicht wirklich wissen (oder nicht wissen wollen), als "Depris" bezeichnen.

Mir fällt auf, wie viele Menschen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis seit einiger Zeit psychische Schwierigkeiten haben. Es kann nicht daran liegen, dass sie alle "schlechte Nerven" hätten oder nicht wüssten, wie man Stress abbaut oder vermeidet. Wobei - der viel zitierte Stress ist, denke ich, eher Auslöser als Ursache.

Irgendwo las ich, dass Schüler, denen die zustehende Anerkennung für Geleistetes fehlt, Leistung verweigern und oft Autoaggressionen entwickeln. Typischerweise sind das Schüler mit über-ehrgeizigen Eltern, die alles außer absoluter Spitzenleistung nicht gelten lassen, aber auch Kinder mit, wie es so unschön heißt, bildungsfernem Hintergrund, deren Eltern viele schulische und außerschulische Leistungen nicht einschätzen können.
Das halte ich, anders als viele mehr oder weniger windige Studien über die Ursachen von schulischen Erfolg und Misserfolg, immerhin für plausibel.
Ich fürchte, wir leben in einer Gesellschaft, in der nicht nur im Beruf Zustände herrschen, wie sie ganz ähnlich an sich fleißige und aufmerksame Schüler, deren Leistungen nicht anerkannt werden, erleben. Nur die absolute Spitzenleistung zählt, schon der Zweite ist ein Verlierer.
Das wäre halb so schlimm, wenn es wirklich nach Leistung ginge. In der gesellschaftlichen Realität ist es aber so, dass viele Menschen aus den sogenannten Eliten eher Leistungsvortäuscher, Blender oder Hochstapler sind, und ihren gesellschaftlichen Status in Wirklichkeit ganz anderen Faktoren - etwa dem Umstand, in die "richtige" Familie geboren zu sein, oder dem, den "richtigen" Freundekreis zu haben - verdanken. Oder Fähigkeiten, die nichts mit beruflicher Leistung zu tun haben - etwa, der sich "gut zu verkaufen" oder auch einer ordentlichen Portion Rücksichtslosigkeit.
Schon in der Schule ist es so, dass diejenigen Kinder, die nicht zuhause oder spätestens in der Grundschule gelernt haben, sich auf Kosten Schwächerer zu profilieren und zu stabilisieren, es schwerer haben. Im Berufsleben ist das noch härter. Leistung alleine reicht nicht.
Dass es Arbeitslose besonders hart trifft, aber auch Menschen mit Krankheiten oder mit Behinderungen - das zu erwähnen, sollte eigentlich überflüssig sein. Aber oft bekommt, wer nicht zu den "Leistungsträgern" zählt, statt Anerkennung noch einen Tritt obendrein.

Die, die ich kenne und die "nervlich am Ende" sind, sind sowohl Menschen, die im Beruf viel leisten, wie solche, die keine Gelegenheit haben, anerkannte Leistung zu zeigen. Es sind Gesunde und gesundheitlich Angeschlagene darunter, gut und schlecht Bezahlte, Selbstständige und Lohnempfänger, akademische Gebildete und einfache Arbeiter. Aber alle haben zwei Dinge gemeinsam: sie sind nicht dumm, und sie sind nicht "etabliert", selbst wenn einige von ihnen überdurchschnittlich gut verdienen (die meisten sind aber eher arm als reich).

Es klingt abgedroschen, aber ich sehe in der "Krankheit" dieser Menschen ein Symptom für eine kranke Gesellschaft.

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