Gedankenfutter

Donnerstag, 26. Oktober 2006

Imperien

Eine stehendes kulturelles Klischee ist das des "bösen Imperiums".
Ein beinahe durchgehender Mythos, gerade in der Populärkultur von "Asterix" bis "Star Wars" (ich bin erklärter Fan von beidem)."Imperialismus" ist eines der schlimmsten Schimpfworte des politischen Sprachgebrauchs, und im Gegensatz zu "Faschistisch" auch von der politischen Extremrechten verwendbar, die es tatsächlich gerne und oft verwendet.
Ohne jeden Zweifel ist die Geschichte expansiver Vielvölkerstaaten blutig, grausam und unterdrückerisch. Kein Imperium hat eine moralisch saubere Weste.
Gaius Julius Ceasar Octavianus, genannte Augustus
Gaius Julius Ceasar Octavianus, genannte Augustus - ein ambivalenter Herrscher. (Foto: Pixelquelle)

Dennoch: Imperien haben eine weitaus bessere zivilisatorische Bilanz als Nationalstaaten. Es mag aus Position eines "Germanen", dessen Sympathien ganz klar bei Arminius, nicht bei Varus liegt (und noch klarer bei Widukind gegenüber Karl, dem "Großen" - siehe: Die Sachsenkriege ), seltsam klingen, aber ich halte in mancher Hinsicht das römische Reich für eines der seltenen Beispiele einer im positiven Sinne gelungenen Kolonisierung.

Zur Einläuterung eine Szene aus "Das Leben des Brian" -
die Volksfront von Judäa (V V J, nicht zu verwechseln mit der Judäaischen Volksfront) plant einen Anschlag auf die Besatzer:
Reg: Was haben sie (die Römer) je als Gegenleistung erbracht, frage ich.
Rebell 2: Das Aquädukt.
Reg: Was?
Rebell 2: Das Aquädukt.
Reg: Oh. Jajaja. Das haben sie uns gegeben, das ist wahr.
Rebell 3: Und die sanitären Einrichtungen.
Loretta: Oh ja. Die sanitären Einrichtungen. Weißt Du noch, wie es früher in der Stadt stank?
Reg: Also gut ja, ich gebe zu, das Aquädukt und die sanitären Einrichtungen, das haben die Römer für uns getan.
Matthias: Und die schönen Straßen.
Reg: Ach ja, selbstverständlich die Straßen. Das mit den Straßen versteht sich ja von selbst, oder? Abgesehen von den sanitären Einrichtungen, dem Aquädukt und den Straßen...
Rebell 2: Medizinische Versorgung...
Rebell 5: Schulwesen...
Rebell 6: Die öffentlichen Bäder...
Loretta: Und jede Frau kann es wagen, nachts die Straße zu überqueren, Reg.
Francis: Jaha. Die können Ordnung schaffen, denn wie es hier vorher ausgesehen hat, davon wollen wir ja gar nicht reden.
VVJ: (zustimmendes Gemurmel)
Reg: Also gut. Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und den allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?
Rebell 2: Den Frieden gebracht...
Reg: Aach! Frieden! Halt die Klappe.
Eine treffende Karrikatur des "Befreiungsnationalismus".
Nein, ich rede nicht dem anderen alten Klischee, dem des "Zivilisationsbringers römisches Reich", das Wort. Den alten Hebräern mußten die Römer bestimmt keine zivilisatorische Errungenschaften bringen. Auch das, was Wilhelm Tacke neulich in der taz schrieb, ist schwerlich historisch haltbar:
Bonifatius - ein Europäer wo es unter anderem hießt:
Die ollen Germanen hatten sich mit jener berühmten Schlacht 9 nach Christus von Fortschritt und Zivilisation abgekapselt - für rund 500 Jahre.
Die Griechen und Römer sahen sich in der antiken Welt als dieZivilisation, das ist wahr. Und sie hatten den Germanen (weniger den Kelten) einiges voraus. Allerdings zeigt gerade das Beispiel der Kelten, wie sich "zivilisatorisches Know How" auch ohne Eroberung oder Missionierung verbreiten konnte - übrigens ein Prozess, der in beiden Richtungen ablief. Die Germanen konnte da nicht mithalten, nicht weil sie tumbe Barbaren gewesen wären, sondern weil sie schlicht und einfach arm waren. Es fehlten ihnen einfach die Ressourcen, der Nachwelt prächtige Tempel und gute Straßen zu hinterlassen. Sie waren froh, wenn sie nicht verhungerten. Zivilisationsunfähig, wie es noch vor gar nicht so langer Zeit im "Spiegel" stand, waren sie nicht (siehe: Das Runen-Parodox).

Die Römer ware sicher nicht "besser" als die Barbarenvölker. Aber sie waren besser organisiert. Und sie waren erstaunlich tolerant und integrationsfähig. Als Rom 1000-jähriges Jubiliäum feierte, da saß der Sohn eines syrischen Scheichs auf dem Thron Philippus Arabs. Auch Arminus war römischer Offizier und römischer Bürger. In der "Varusschlacht" besiegte strenggenommen eine "römische" Armee eine andere römische Armee.
Und diese Integrationsfähigkeit, die Chance für jeden, römischer Bürger zu werden, die Fähigkeit, eine "multikulturelle", relativ offene, Gesellschaft zu bilden, machte die eigentliche Stärke des Imperiums aus. Als es unter Diocletian und Constantin (sehr zu unrecht "der Große" genannt) zu einem totalitären Obrigkeitsstaat umgemodelt wurde, wurde es scheinbar militärisch gestärkt, in Wirklichkeit aber seiner Stärken beraubt.
Die zivilisatorische Bilanz der meisten Imperien ist weniger gut als die des römischen Reiches, aber einige schneiden und schnitten auch wenn man Raubkriege und Ausbeutung berücksichtigt, erstaunlich gut ab, z. B. das "British Empire". Trotz Opiumkrieg und einiger Völkermorde.

Imperien gibt es in die Gegenwart: Russland hat eindeutig den Chrakter eines Imperiums, China mehr oder weniger auch, die USA eigentlich nicht - sie sind etwas weltgeschichtlich Neues. In mancher Hinsicht ist auch die EU ein "Imperium" - in anderer nicht, denn die Europäische Union ist polyzentrisch, sie hat im Unterschied zum klassischen Imperium mehrere "Führungsmächte".

Warum aber haben Imperien so einen schlechten Ruf, verglichen mit Nationalstaaten?

Wir haben uns daran gewöhnt, die Geschichte als evolutionären Prozeß vorzustellen, in dessen Verlauf der Nationalstaat das Imperium ablöst. Genau so, wie die Auflösung der großen Kolonialreiche in zahlreiche, willkürlich konstruierten "Nationalstaaten" mit höchst willkürlichen Grenzen als Fortschritt gesehen wurde.

Der Nationalstaat ist historisch recht jung, erste Nationalstaaten entwickelten sich im spätmittelalterlichen Europa, und zwar nicht "naturwüchsig", sondern indem sich ein Fürst und seine Gefolgschaft sich kraft seiner Hausmacht zunächst politisch und später kulturell gegen die Konkurrenz durchsetzte. Im "Heilligen Römischen Reich deutscher Nation" fehlte dieser Prozess fast völlig, es blieb ein locker zusammenhängernden Flickenteppich, weshalb der "verspäteten Nation" Deutschland stärker als anderen Nationen der "Konstruktcharakter" anzumerken ist: eine Nation, die buchstäblich gewaltsam zusammengeschmiedet wurde, und zu deren wichtigsten Klammer von Anfang an die Angst vor der (fast immer nur eingebildeten) äußeren Bedrohung gehörte.

Aber auch die Geschichte "besser konstruierter" Nationalstaaten ist mit wenigen Ausnahmen blutiger, brutaler, unterdrückerischer als die der großen Imperien. Intoleranz im Inneren und Aggression nach Außen sind die Hauptkennzeichen politischer Gebilde, die sich auf ethnischer "Homogenität" - gleiches "Blut", gleiche Kultur und vor allem gleiche Religion - gründen.

Wobei die "Homogenität" der Nationalstaaten stets Augenwischerei ist: kein Nationalstaat (wirklich keiner!) ohne "nationale Minderheiten". Weil sich fast alle Nationen auf eine Ideologie der "einheitlichen" oder zumindest "gemeinsamen" Sprache, Kultur, Religion und Geschichte, in besonders dummen Fälle auch auf "gemeinsames Blut" gründen, ist ein Nationalstaat tendenziell intolerant. Bis zum Völkermord. Das vielgepriesene "Selbstbestimmungsrecht der Völker" erwies sich oft, sehr oft, als Quelle von Unterdrückung, Vertreibungen, Grenzstreitigkeiten. Wobei das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" ohnehin eine Fiktion ist - ein Volk ist ja kein Kollektivorganismus mit gemeinsamem Willen. Bestenfalls gibt es Mehrheitsentscheidungen innerhalb einer Bevölkerung.

Imperien haben eine bessere zivilisatorische Bilanz als Nationalstaaten. Die ideale Staatsform sind sie deshalb noch lange nicht. "Imperialismus" hat nicht zufällig einen schlechten Ruf. Neben den oben skizzierten "nationalistischen" Genoziden gibt es auch "imperialistische" Genozide. Und zwar immer dann, wenn die Einwohner eines zu erobernden Landes gleichgültig oder lästig waren.
Die Europäer brachten z. B. den Ureinwohnern Amerikas nicht "die Zivilisation" und waren auch nicht daran interessiert, sie als Bürger in ihre Kolonialimperien einzugliedern. Es ging schlicht um Land und Bodenschätze. Die Ureinwohner wurden in aller Regel nur als lästiger Störfaktor oder bestenfalls als Arbeitskräfte gesehen. Ähnlich lief die Kolonisation in den meisten Teilen Afrikas ab. (Ich vernachlässige hier absichtlich, dass die Kolonialimperien im Kern Nationalstaaten waren.)

Was ist also die zeitgemäße Staatform, in der sich Demokratie und pluralistische, offene Gesellschaft am besten entfalten können?
Es ist meiner Ansicht nach der postnationale Vielvölkerstaat. Ansatzweise sind die USA solch ein Staat, auch Indien könnte sich in diese Richtung entwickeln. Ich hoffe, dass die EU sich zu solch einem Staat weiterentwickelt. Aber am nähesten kommt diesem Ideal die Schweiz.

Diese Staatsform hat den Vorzug, dass kleine Volksgruppen in ihm keine geduldeten oder unterdrückten "nationalen Minderheiten" sind, sondern eben nur "kleine Volksgruppen".
Ein Spruch aus bioregionalistischen Kreisen ist: "Nur die Stämme werden überleben".
Ich setze dem entgegen: Stämme werden nur in postnationalen Vielvölkerstaaten überleben.

Sonntag, 15. Oktober 2006

Urlaubs-... Bräune

coppertone-damals
Das "Coppertone Girl", Symbol der Sonnenkosmetik-Marke Coppertone, war eine amerikanische Werbe-Ikone der 1960er Jahre, als sich noch kein Mensch Gedanken über Ozonloch, Hautkrebs oder Sonnenschutzfaktor machte. Braun war gesund und schön. Sehr braun ein Indiz für Wohlstand. In den sechziger Jahren galt viel Sonne auch für Kinder als gesund. Ersatzweise die Heimsonne: Höhensonnen-Werbung aus dem Jahr 1966

Um 1980 hatte sich daran noch wenig geändert, als Ludwig Harig im ZEITmagazin seine Satiren über "Heilige Kühe der Deutschen" schrieb. Eine dieser heiligen Kühe war die Urlaubsbräune. "Heilig ist dem Deutschen seine jährliche Urlaubsbräune, sie zu erlangen, sucht er nach den Sonnenstränden, giert er nach den den ultravioletten Stahlen". Gar nicht untypisch war die Frage, die sein Tankwart ihm nach einer Ägypten-Reise (nicht an die Badestrände des Roten Meeres, sondern zu den Altertümern des Nil-Tals)stellte: "Ägypten? Man sieht aber nix mehr."

Dass das Ansehen der tiefen Urlaubsbräune in den folgenden Jahren schwand, hat - vermute ich - erst in zweiter Linie mit Angst vor Hautkrebs und Hautalterung zu tun. Eher wird das Aufkommen der Sonnenstudios, bezeichnenderweise nicht nur "Münz-Mallorca" sondern auch "Tussitoaster" oder ganz böse "Asitoaster" oder "Nuttengrill" genannt, den zuvor beachtlichen Prestigewert der Urlaubsbräune reduziert haben. Dennoch - und trotz der vor Sonne warnenden HorrorAufklärungs-Kampagnen z. B. der "Deutschen Krebshilfe" - konnte sich das Schönheitsideal "vornehme Blässe" bisher nicht flächendeckend durchsetzen. (Ich habe einige Vermutungen darüber, wieso das so ist, die ich später vielleicht einmal kundtun werde.) Und wenn man heute weniger Kinder in der Sonne spielen sieht als vor 30 Jahren, dann ist das wohl nicht Ergebnis der Kampagne "Holt die Kinder aus der Sonne", sondern ist vermutlich eher Gameboy & Co. geschuldet. Immerhin, kein Solarien-Hersteller käme heute noch auf die Idee, seine Geräte als Gesundheitsvorsorge für kleine Kinder zu empfehlen.

Wie dem auch sei, in der Pillen-Postille Apotheken Rundschau meinte ein Hautarzt: "Ich bin froh, dass ich nur wenige braungebrannte Kinder in meiner Praxis sehe". Ich weiß nicht, wo er seine Praxis hat und ob sich diese Aussage auf das ganze Jahr bezieht, so ganz stimmt sie nicht mit meinen Beobachtungen im Sommer dieses Jahres überein.

Selbst das tief gebräunte "Coppertone Girl" hat heute noch lebende Nachfolger. Zum Beispiel die fünfjährige Tochter einer Freundin, die mit ihren Großeltern nach Mallorca fliegen durfte. Meine Freundin erzählte mir, ihre Tochter sei als Schokoladen-Kind zurückgekommen.

Apropos Schokoladen-Kind - als ich das hörte, mußte ich an ein anderes Mädchen denken, das mich vor einigen Sommern mit ihrer Urlaubsbräune überraschte. Tine (Name von mir geändert), damals 11, hatte fast die gesamten Sommerferien am Mittelmeer verbracht. Als ich ihre Eltern besuchte, immerhin fast einen Monat nach Ferienende, war sie immer noch auffällig gebräunt, während ihre Eltern vom Bräunungsgrad her nicht mehr auffielen. Tine sagte, sie wäre leider schon abgeblaßt, am Ende der Ferien wäre sie echt so braun wie Schokolade gewesen. Als mir ihre Mutter ein Foto präsentierte, das die heimgekehrte Tine neben ihrer daheimgebliebenen Cousine zeigt, gab ich ihr Recht:
vergleich

Auf dem gegen Ende des Urlaubs gemachten Strandfotos sieht sie übrigens noch "schokoladiger" aus, die möchte ich aber hier auch in z. B. durch Verpixelung anonymisierter Form nicht zeigen, zu privat.

Ja, ich mache mir Gedanken darüber, ob es zu verantworten sei, ein Kind derart braun werden zu lassen. Allerdings sind beide Mädchen vom Hauttyp her wenig sonnenempfindlich und bräunen schnell und tief. Zumindest von Tine weiß ich, dass sie niemals im Leben einen Sonnenbrand hatte, und ich bin mir sicher, dass die Eltern sie nicht ungeschützt in der prallen Sonne "braten" ließen. Aber das ist ein Thema, auf das ich hier nicht ausführlich eingehen möchte. Ich halte weder die Großeltern des ersten noch die Eltern des zweiten "Schoko-Mädchens" für verantwortungslos.

Und was ist mit mir? Ich bin als Kind und Jugendlicher einige Male ziemlich braun aus den Ferien zurückgekommen (siehe: Vor vielen Sommern ... ). Sonnenbrände hatte ich erst später, meistens auf den Armen und meistens beim Radfahren erlitten. Darauf, eine vorzeigbare Urlaubsbräune zu erlangen, legte ich als Erwachsener niemals Wert. Weder meine realen noch meine Traumurlaube finden hauptsächlich am Strand statt, obwohl ich gegen eine flotte Bademöglichkeit im Sommerurlaub nichts hätte.

Mehr zu Traumurlauben im letzten Teil dieser kleinen Reihe, Urlaubs-... Träume.

Urlaubs-... Bräune ist der 4. von 5 Beiträgen.
Es gingen voran:
Urlaubs-... Reife
Urlaubs-... Anspruch
Urlaubs-... Reise

Es folgt:
Urlaubs-... Träume

Fotos: Coppertone-Website, privat (mit freundlicher Erlaubnis von Tine und ihrer Mutter).

Samstag, 14. Oktober 2006

Urlaubs-... Reise

Seute Deern II
In der vorangegangene Folge erwähnte ich den Prestigewert des Urlaubs: Wer lange Urlaub machen kann, demonstriert damit ebenso seinen Status als "Erfolgsmensch", wie derjenige, der sich teure Reisen leisten kann.
Es gibt regelmäßig ein Dilemma, dass ich auch aus meinem Berufsleben kenne: verdient man das nötige Geld für weite Reisen, dann ist es in aller Regel schwierig, mehr als zwei, allerhöchstens drei Wochen "am Stück" Urlaub zu bekommen. Für einige Kollegen, die sich aufgrund ihre Fähigkeiten praktisch unentbehrlich gemacht hatten, und entsprechende Gehälter forderten (und bekamen), war es praktisch unmöglich, länger als eine Woche Urlaub am Stück zu bekommen. Und selbst dann klingelte nicht selten am Urlaubsort das Händy - was zumindest einer meiner Kollegen nicht weiter schlimm fand, das Bewußtsein der eigenen Wichtigkeit tröstete ihn über die entgangenen Urlaubsfreuden hinweg. "Die haben sogar ein Privatflugzeug gechartert, damit ich hier das Problem mit dem Server lösen kann". Na ja, zwei Jahre später hatte er seinen Schlaganfall, mit Mitte 40, und "die Firma" mußte wohl oder übel ohne ihren Super-Experten auskommen.
Für die einfachen, grauen Büromäuse waren vier Wochen Urlaub am Stück realistisch, sie waren eben "ersetzbar". Dafür hatten sie ständig Angst vor der Arbeitslosigkeit, weil sie "ersetzbar" waren. Außerdem waren bei ihrem Gehalt allenfalls Ostsee oder Bayrischer Wald drin - und beneideten ihre besser bezahlten Kollegen dafür, dass diese "mal eben" für eine Woche an den Indischen Ozean jetten konnten.

Meiner Ansicht nach haben die Zwänge unseres Berufslebens und das offensichtlich unvermeidliche Prestigestreben, zusammen mit dem menschlich verständlichen "Fernweh", eine im wahrsten Sinne des Wortes ungesunde Praxis des Urlaubsreisen geschaffen. Wenn ich heute in die Karibik fliegen würde, würde ich etwa drei Wochen brauchen, bis ich mich aklimatisiert hätte. Erst ab dann würde die Erhohlung beginnen! Nach meiner Rückkehr hätte ich zuhause den Stress der klimatischen Rückumstellung, auf keinen Fall bekäme es mir gut, einen Tag nach der Rückkehr gleich arbeiten zu gehen. Theoretisch müßte ein "erholsamer Karibikurlaub" im Herbst mindestens vier, besser fünf Wochen dauern, plus eine Woche Rück-Aklimatisierung nach der Heimkehr. Fünf- bis sechs Wochen Urlaub sind aber völlig unrealistisch!
Bei den beliebten Reisen ans Mittelmeer ist der Effekt natürlich weniger krass, vor allem, wenn man nicht im brüllend heißen Hochsommer fährt, beim Urlaub in Mittel- und Nordeuropa ist, von starken Reizklimaten (Hochgebirge) abgesehen, der Klimastress kein Problem. So gesehen leben die "grauen Büromäuse" mit vier Wochen Urlaub auf Rügen und dann noch mal eine Woche Harz gesünder als die leitenden Angestellten, die für eine Woche auf die Bahamas fliegen, später noch mal eine Woche nach New York, im Winter eine Woche St. Moritz, und im Frühling eine Woche nach Tailand usw..
Decksarbeiten auf der Seute Deern II
Wenn ich mich daran erinnere, welche Urlaubsreisen mir am besten gefallen haben, und bei denen ich mich besonders wohl gefühlt hatte, dann haben sie alle eine gewisse Geruhsamkeit bei gleichzeitiger Abwechslung, einem gewissen "Abenteuer". gemeinsam. Städtereisen usw. sind äußerst spannend, aber eben nicht erholsam. Hingegen sind ein paar Wochen am Schweriner See entspannend, aber eher langweilig. Camping- und Wanderurlaub in Nordeuropa ist also nicht von ungefähr meine bevorzugte Urlaubsreiseform.
Alles getoppt haben aus meiner Sicht aber Reisen auf Segelschiffen.
Die Fotos in diesem Beitrag stammen von solch einer Reise, einem Turn auf der "Seute Deern II", an dem ich vor mehr als 20 Jahren teilnahm. Der "Erholungswert" mag etwas zweifelhaft sein, denn ich war kein Passagier, sondern mußte mit anpacken. Allerdings empfand ich die körperliche Arbeit eher als angenehme Abwechslung.
Mit dem Erlebnis dieser Reise setzte bei mir so etwas wir ein Umdenken ein. Als Jugendlicher war für mich klar, Urlaub - das ist Sonne, Strand und Party, und wenn man ordentlich was erzählen (und sich beneiden lassen) will, muß man an möglichst exotische Orte fahren. Der Gelegenheit, mal auf einem Segler zu fahren, konnte ich aber nicht widerstehen. Was meinen Ego schmeichelte: wenn ich später von der "Seute Deern" erzählte und meine Fotos 'rauskramte, dann hörten meine Freunde, Bekannten, Verwandten nicht nur, wie üblich, höflich interessiert zu. Die gingen richtig mit, die stellten interessierte Fragen - was sonst nur Leuten passierte, die zu Fuß durch den afrikanischen Regenwald gelatscht waren.
Ankerlicht Seute Deern II
Der zweite Effekt: auf diesem Turn, der übrigens "nur" auf der Ostsee stattfand, entdeckte ich mich ein wenig selbst. Ein Effekt, den ich auf späteren Reisen ganz bewußt und erfolgreich suchte: die Reise "in die Welt" mit der "Reise ins Ich" zu verbinden.
Das erfordert Zeit, die man sich nimmt. "Die Entdeckung der Langsamkeit", um es mit dem Titel eines meiner Lieblingsbücher zu sagen, eines biographischen Romans über den Seeoffizier und Forscher Sir John Franklin. Reise zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Boot oder Segelschiff kommen dem sehr entgegen - im weitesten Sinne alle jene Reisen, bei denen das Ziel weniger wichtig ist als die Reise selbst. Mit einem etwas abgenutzten Spruch, "Dao light": Der Weg ist das Ziel.
Übrigens hatte ich nach der Fahrt auf der "Seute Deern", im noch recht kühlen Frühjahr, eine sogenannte Seglerbräune zwischen dem Rand des Rollkragens und dem der Wollmütze, nicht unähnlich der Skifahrerbräune.
Die Urlaubsbräune ist ein Thema für sich - davon das nächste Mal mehr: Urlaubs-... Bräune.

Urlaubs-... Reise ist der 3. von 5 Beiträgen:
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Urlaubs-... Bräune
Urlaubs-... Träume

Fotos: MMarheinecke

Donnerstag, 12. Oktober 2006

Urlaubs-... Reife

urlaubsreif Es mag ungewöhnlich sein, Mitte Oktober das Thema "Urlaub" aufzugreifen. Denn der Herbst ist nun mal keine klassische Ferienzeit. Selbst jene, die für ihren sommerliche Urlaubsreise die Nachsaison nutzen, sind inzwischen daheim. Für den Weihnachts- und Winterurlaub ist es hingegen noch zu früh.
Eigenartig ... dass ich beim Wort "Urlaub", wie wohl die Meisten hierzulande, gleich das Wort "Urlaubsreise" mitdenke. Ungeachtet der Tatsache, dass "Urlaub" eigentlich nur bezahlte arbeitsfreie Zeit ist und der, dass für viele Menschen selbst kurze Urlaubsreisen finanziell und zeitlich nicht "drin" sind - da macht man eben "Urlaub auf Balkonien". Eine der ältesten und am weitesten verbreitete Formen der virtuellen Reise.

Der Oktober - das ist die Zeit im Jahr, in der ich mich schon immer am "urlaubsreifsten" fühlte. Das hat wenig mit den gern und fälschlich so genannten "Herbstdepressionen" zu tun. (Wobei: jene leichten Verstimmungen, jenes niedergeschlagene Gefühl, nennt nur derjenige "Depression", der eine echte Depression, selbst in leichter Form, nicht kennt! Eine lähmende, quälende psychische Krankheit, die ich leider allzu gut kenne.)
Denn ich mag den Herbst!
Herbst
Vielleicht, weil ich unverbesserlicher Romantiker bin. Kaum ein Monat birgt so viele verschiedene Stimmungen wie der goldene Oktober.
Urlaubsreif fühlt man sich, wenn man sich ausgebrannt, erschöpft, fühlt, wenn die Arbeit nicht mehr von der Hand geht, und man morgens nur widerwillig das Bett verläßt. Aus irgend einem Grunde hatte ich schon in der Schule stets zwischen Herbstferien und Adventszeit eine rätselhafte "Arbeitsunlustphase". Das ist auch später so geblieben. Vielleicht, weil diese Zeit immer die Zeit der Reflexion, des "in Sich gehens", der langen Spaziergänge und der langen Abende ist. Die Zeit, in der die Uhren des Lebens - zumindest für mich - langsamer gehen.
Dann gibt es noch einen ganz profanen Grund: die Berichte der Urlaubsreisenden aus dem Freundes, Kollegen, Bekanntenkreis sind noch relativ frisch im Ohr. Das heizt mein Fernweh an, wobei "fern" nicht in jedem Fall wörtlich zu verstehen ist. Besonders dann, wenn ich - wieder mal - nicht "im Urlaub", gemeint ist: auf Urlaubsreise - war. Eine Mischung aus mildem Neid und heftiger Sehnsucht - und ein wenig Nolstalgie. Nach der Zeit, in Kindertagen, als jeder Reise noch ein Abenteuer war.
Vielleicht ist eine dieser Reisen aus Kindertagen eine Quelle meiner Liebe zum Herbst und der Grund, wieso ich bei "Oktober" an "Verreisen" denke. Ich war einmal mit meinen Großeltern im Herbst für 14 Tage im Harz, Wanderurlaub. Klingt vielleicht nicht sonderlich spannend, für einen Jungen im Vorschulalter ist es aber spannend. Röhrende Hirsche mit dem Fernglas beobachten, Holzfällern bei der Arbeit zusehen, auf Berge klettern, andere Kinder aus ganz anderen Gegenden Deutschlands kennenlernen - und für meine Ausdauer beim Wandern gelobt werden. (Wenn ich mir heute die Strecken ansehe, die ich als kleiner Junge auf noch kurzen Beinen bewältigt habe, dann kann es selbst kaum fassen.)

Sich reif für den Urlaub fühlen - das ist das Bedürfnis nach "Tapetenwechsel", nach einer kleinen Flucht. Unabhängig davon, ob man wirklich "erschöpft von der Arbeit" ist, ob man mit dem alten Werbespruch sagen kann: "Das hab ich mir verdient", ob man überhaupt Urlaub haben darf, ob man Anspruch auf Urlaub hat. Das wird das nächste Urlaubs... -Thema sein.

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Fotos: MMarheinecke

Sonntag, 1. Oktober 2006

Begriffsklärung (zum "Kampf der Kulturen")

In der Debatte um Evolutionstherie und "Intelligent Design" geht gern unter, dass der, sich durch und durch wissenschaftlich gebende, "bescheidene" Kreationismus des "Intelligent Desing" eben keine naturwissenschaftliche Theorie ist. Sehr klar und in einfachen Worten hat das Volkmar hier dargestellt: Evolutionstheorie und Kreationismus.
Es geht dabei übrigens nicht darum, dass alle realen wissenschafliche Theorien mehr oder weniger durch metaphysische Annahmen "verunreinigt" sind - und man deshalb fairerweise dem immerhin die empirisch und experimentell ermittelten Fakten nicht ignorierenden "Intelligent Design" den Rang eine wissenschaftliche Theorie zugestehen müsse. Im "Intelligent Design" findet sich an zentraler Stelle eine nicht hinterfragbare religiöse Aussage - hinter allem steht ein Schöpfergott. Dabei ist es völlig unerheblich, ob es tatsächlich einen Schöpfergott gibt und ob er die Entwicklung des Lebens verantwortlich ist - es ist nur so, dass sich diese möglichen Tatsachen dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisapparat entziehen. Genau so, wie die - emminent wichtigen! - Fragen nach dem "freien Willen", dem Bewußtsein, der Existenz einer Seele, nach dem Wesen der Liebe, der Schönheit, nach Moral und Ethik - alle diese wichtigen metaphysischen Fragen - sich nicht (natur-) wissenschaftlich untersuchen lassen.
"Intelligent Design" gehört ebensowenig in ein Biologielehrbuch, wie künstlerische Reflexionen über die Schönheit eines Regenbogens in ein Lehrbuch der Optik.

Donnerstag, 28. September 2006

Krampf der Zivilisationen

"Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation."
Jean Paul

Ich setzte mich gern und leidenschaftlich mit dem - angeblichen - Kampf der Kulturen bzw. Zivilsationen auseinander. Ein Thema, das mich fasziniert - weil ich die dahinter stehende Ideologie für ebenso dumm wie gefährlich halte. Obwohl Samuel Huntington, Autor von "Clash of Civilizations" weder dumm noch als Person gefährlich ist.
Aber ich kann ich keinen heimliche Kulturkämpfer meine Sicht aufdrücken. Ich fordere lieber zum Selbstdenken auf. Ein bewährtes Mittel gegen Ideologien der dümmeren Art. (Einige Zitate zum "Kampf der Kulturen")

Dennoch, hier meine Ansichten & Einsichten:
Ich bin der Ansicht, dass die "Fronten" im mutwilligen herbeiinszenierten "Kampf der Kulturen" etwas anders verlaufen, als es uns manche "Hüter der Werte des Abendlandes" weismachen wollen. Sie verlaufen nämlich innerhalb der angeblichen "Blöcke" "Abendland" und "islamische Umma".

Im "Kulturkampf" unterscheide ich eine Richtung (zu der ich mich ohne Einschränkung zähle), die ich rational-humanistisch nennen, zu der ich übrigens (mit Einschränkungen) sogar Papst Benedikt zähle. Kennzeichnend für diese Richtung ist die Auffassung, dass "Vernunft" und "Glauben" kein Widerspruch sind, sondern zusammengehören und das Religion, Wissenschaft, Metaphysik, Politik usw. letzten Endes für den Menschen da sind, und nicht der Mensch für die Religion, Wissenschaft usw. usw..
Auf der anderen Seite, der des "Fundamentalismus" verorte ich Menschen, die genau der gegenteiligen Ansicht sind: "Göttliche Offenbarung" hat gegenüber menschlicher Vernunft stets den Vorrang, und der Mensch ist für die Religion da. Wobei es durchaus auch "weltliche" Fundamentalisten gibt, für die sekuläre Ideologien an Stelle der "göttlichen Offenbarung" treten - was einen ideologischen Materialismus oder eine ideologische "Wissenschaftsgläubigkeit" einschließt.

Und dazwischen gibt es, wie üblich, die breite Mehrheit all jener, die das alles nicht kümmert - womit sie in der Praxis den besonders eifrigen Ideologen Vorschub leistet.
Politisch sehe ich die "fundamentalistische" Richtung auch im "Westen" stärker werden, und zwar in dem Sinne, dass die humanistisch-rationalen Werte, die für den "Westen" zertral sind - Bürgerrechte, Menschenrechte, Individuelle Freiheit usw. - bereitwillig einem - kulturalistischen - "Abwehrkampf" gegen die äußeren Feinde - fundamentalistische Islamisten - geopfert werden.

Ernst Lohhoff sieht in der "Jungle World" Gott kriegt die Krise die "geistige Frontstellung" wie ich nicht in einen Konflikt "Orient gegen Okzident", sondern er macht sowohl im "Westen" wie in der "islamischen Welt" eine kulturalistische Identitätspolitik aus - es sei Aufgabe der Linken, diese auf beiden Seiten anzugreifen. Was seinen Essay trotz "tradionslinker" Positionen lesenswert macht, ist die Analyse des eher traurigen Ist-Zustandes der westlichen Zivilgesellschaft, besonders der realen Linken.

Nachtrag: Christliche Fanatiker auf dem Vormarsch auf TP.
In einer Szene erläutert Becky Fischer ihr Programm im Umgang mit der Jugend. Da der Feind (gemeint ist in diesem Fall der Islam) seine Kinder nicht nur mit ideologischem Rüstzeug ausstatte, sondern auch mit Handgranaten und Gewehren, sei es nur richtig, die eigene Jugend auf die Ernsthaftigkeit der kommenden Auseinandersetzung vorzubereiten. Die Faszination der Turbochristen für den islamischen Dschihad ist unverkennbar, sie scheinen es als Herausforderung zu begreifen, einen christlichen vorzubereiten.
Noch gibt es keine "christlichen" Selbstmordattentäter. Noch.

Noch ein Nachtrag, unbedingt lesen:
Vorläufige Diagnostik, noch etwas wirr MomoRules ist darin anderer Ansicht als ich, wobei ich seine Ansicht für durchdachter und philosophisch fundierter halte als meine. (Obwohl: überzeugt hat er mich noch nicht.)

Samstag, 16. September 2006

"Unwort des 21. Jahrhunderts"

Diesen Beitrag auf BooCompany: Ein-Euro-Jobs sind moderne Sklaverei
ist absichtlich provokativ. Eine Provokation, die ich für notwendig halte.
Ich halte Ein-Euro-Jobs nicht für moderne Sklaverei, aber: das Menschenbild, dass dahinter steht, gefällt mir gar nicht.
Der meiner Ansicht nach entscheidende Punkt, an dem klar wird, was an diesem Menschenbild faul ist, ist dass der Mensch
2.: als Sache behandelt wird
Diese im wahrsten Sinne des Wortes inhumane Einstellung drückt das Unwort des 20. Jahrhunderts knapp und treffend aus: Menschenmaterial
Neben dem »Unwort des Jahres 1999« wählte die Jury auf der Grundlage der mehrjährigen Sammlung von Unwort-Vorschlägen und wortgeschichtlicher Untersuchungen mit dem Begriff »Menschenmaterial« auch das »Unwort des 20.Jahrhunderts«. »Menschenmaterial« ist zwar bereits im 19. Jahrhundert aufgekommen und spielt u.a. schon bei Karl Marx (1867) eine Rolle, (Allerdings benutzte Marx diesen Begriff in kritischer Absicht! MM) hat aber im 20.Jahrhundert seine besonders zynische Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt als Umschreibung von Menschen, die als Soldaten im 1. und 2. Weltkrieg »verbraucht« wurden. Dieser zeiten- und ideologienübergreifende Begriff steht exemplarisch für die weitgediehene Tendenz, Menschen nur noch nach ihrem »Materialwert« einzuschätzen. Er ist gleichsam der Vater für ebenfalls zynische Begriffe wie »Schüler-, Lehrer- oder Spielermaterial«, aber auch für Unwörter wie »Patienten-, Geburten- oder Häftlingsgut«. Das Medizinern immer noch geläufige Wort vom »Patientengut« wurde 1999 durch einen süddeutschen Klinikchef noch unterboten, der Todkranke gar als »morbides Patientenmaterial« umschrieb. Dem Ungeist, der solchen Wortschöpfungen zugrunde liegt, entsprechen denn auch zahlreiche andere Materialisierungen des Menschen wie »Biorohstoffe«, »Organgewinnung«, »weiche Ziele« (im Artilleristenjargon), »Humankapital« und »Bodyleasing« sowie die Abfallmetaphern »Belegschaftsaltlasten«, »Personalentsorgung« und »Wohlstandsmüll«.
Der Trend dazu, Menschen zu "verdinglichen" setzt sich im beginnenden 21. Jahrhundert fort. Er ist der menschenverachtende gemeinsame Nenner zwischen den Ideologien der "Staatsgläubigkeit" und denen der "Marktgläubigkeit" - wobei es ja durchaus Ideologen gibt, die zugleich an den "starken Staat" und den "freien Markt" glauben - dazu muß man nicht mal nach China sehen.
Das Schlimmste dabei ist, dass sich mehr und mehr Menschen mehr und mehr selbst als "Material" wahrnehmen! - "freiwillig" - etwa der als Lebenssinn erlebten Karriere, aus Spießigkeit oder Sozialängsten heraus - "was sollen denn die Leute von mir denken?" - "die Leute" sind dabei nicht etwa konkrete Menschen, sondern die Personifizierung der Angst vor dem Prestigeverlust - oder unter massivem Druck - wie im Falle der Langszeitarbeitslosen, die sich wie abgeschriebene Maschinen auf ihre "Buchwert" (einen Euro) und ihren "Restnutzen" reduziert sehen (was zu der Bürokratien immanenten Neigung, Menschen auf ihre Akteneinträge zu reduzieren, noch hinzu kommt).

Donnerstag, 14. September 2006

"Nahtlos braun"

1. Ein leicht ironischer Ausdruck für "am ganzen Körper sonnengebräunt sein". Kam um 1960 auf, in Anspielung auf die wenige Jahre zuvor eingeführten nahtlosen bzw. nahtfreien Nylonstrümpfe. Strümpfe mit Naht kennt man heute kaum noch, aber der Ausdruck "nahtlos braun" hat sich, wohl wegen der Werbung für Solarien, für Selbstbräuner und für FKK-Urlaub, bis heute gehalten.
Nivea-Werbung, 1932
Das Schönheitsideal, das sich mit dem Begriff "nahtlos braun" verbindet - "knackig braun, nicht eine einzige blasse Stelle auf dem ganzen Körper" ist allerdings älter. Es ist ein eher harmloser Fall jener "perfektionistischen" Schönheitideale, denen es allein auf "Makellosigkeit" ankommt - kein Gramm Fett zuviel, ja keine Falten usw. Viele "lebensreformerische" FKKler blickten mit milder Verachtung auf jene nackten Sonnenanbeter, denen es dabei offensichtlich ausschließlich auf auf die Ganzkörperbräune ankam.
Das "perfektionistische" Schönheitsideal "hochgewachsen, schlank, muskulös-durchtrainierter Körper, Ganzkörperbräune" kam der Ästhetik der Nazi-Propaganda entgegen - während die FKK-Vereine verboten wurden. Das soll nun nicht heißen, dass Tussitoaster-Dauerkarteninhaber es mit den "politisch Braunen" hätten - und auch nicht, dass das "perfektionistische" Schönheitsideal an sich "faschistisch" sei. Real existierende Faschos werden ihm ohnehin so gut wie nie gerecht - in der Tradition von: "Blond wie Hitler, groß wie Goebbels, schlank wie Göring".

2. "Nahtlos braun" ist ein 1984 veröffentlichter Kriminalroman von Werner Schmitz, in dem es um die Nazi-Vergangenheit der Stadt Bochum und einiger ihrer Repräsentanten geht. Der Roman verwebt recherchierte Fakten mit einer Krimihandlung und sorgte seinerzeit für einige Aufregung. Der Titel spielt auf den "nahtlosen" Übergang alter Nazis in die Nachkriegsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland an.
Emil Strothkämper, Kommunist und Bergarbeiter im Ruhrgebiet, wird vorsätzlich von einem weißen Mercedes gerammt und dann im Krankenhaus von einem Unbekannten getötet. Seine Enkelin, ihr Freund sowie ein aus dem Exil zurückgekehrter Rechtsanwalt entlarven als Täter einen Sylter Gastronomen, der als SA-Mann nach der Machtübernahme in einem "wilden KZ" politische Gegner - unter ihnen Strothkämper - quälte und zu Tode prügelte. Bemerkenswert sind die Hilfsmittel und Hilfskräfte, die den Ermittlern zu Verfügung stehen. Es hilft ihnen nicht nur ein alter, nach dem Kriege von den britischen Besatzungsbehörden eingesetzter Kriminalpolizist, sie können auch auf eine neue Generation von Stadtarchivaren zurückgreifen, die bereitwillig ihr Wissen und ihre Akten zu Aufklärung zur Verfügung stellen und sogar begonnen haben, die alten Widerstandskämpfer zu interviewen und diese Gespräche auf Tonband aufzuzeichnen. Diese Dokumente der Oral History versetzen die Detektive in die Lage, den Täter, dem bereits der Großvater auf der Spur gewesen war, schließlich dingfest zu machen.
Aus literaturkritik.de

3. "Nahtlos braun" ist eine inoffizielle Parole diverser Nazi-Kameradschaften. Gemeint ist wohl, dass sich diese Kameradschafter als "echte" Nazis sehen, im Gegensatz zu Mitläufern und Opportunisten.

Anmerkung:
Der "Nivea"-Hersteller, die Beiersdorf AG gehörte nicht zu den Unternehmen, die mit den Nazis auf gutem Fuß standen - im Gegenteil - taz-archiv: Kampagne gegen "Juden-Creme". "Nivea" blieb in der Werbung nach 1933 komplett unpolitisch - im Gegensatz zu anderen Kosmetikherstellern: Reklame aus der NS-Zeit für Schampoo (pdf) - Reklame aus der NS-Zeit für Rasiercreme (pdf).
Die oben abgebildete Anzeige von 1932 soll den "Körperkult" der 20er und 30er Jahre illustrieren, sie hat keinerlei Bezug zur NS-Propaganda.

Montag, 11. September 2006

Das Symbol-Dilemma

Heute ist ein trauriger Jahrestag USA gedenken der Anschläge vom 11. September 2001. Anlaß für ein paar Gedankensplittern zum Thema "Symbole".

Der gängige Sprachgebrauch wie "nur symbolisch" oder "rein symbolische Handlung" - in dem Symbole allgemein etwa auf die Wirksamkeit von Erkennungsmarken, etwa Firmenlogos, reduziert werden, ist irreführend. Symbole "stehen für etwas" und zwar nicht als simples Unterscheidungsmerkmal. Sie sind deshalb wirksam. Symbole bestimmen unser Fühlen und Denken, und damit unser Handeln - und damit die Realität.

Nichts zeigt das so drastisch, wie die terroristischen Anschläge des 11. September 2001. Denn es war ja nicht die "reale", materielle Bedeutung, die zwei Bürohochhäuser und ein militärisches Verwaltungsgebäude zum Ziel der Attentäter wurde. Es war ihre symbolische Bedeutung: das "World Trade Center" stand für den Finanzdistrikt in Manhattan, dieser wiederum für den angebliche allmächtigen amerikanischen Kapitalismus. Auch das Pentagon ist kein militärisches Befehlszentrum, kein moderner Feldherrenhügel - man könnte man allenfalls den atombombensicheren Tiefbunker unter dem Pentagon so bezeichnen, das Pentagon selbst beherbergt die Mitärbürokratie. Ungeachtet dessen steht "das Pentagon" mehr für die Militärmacht USA als sämtliche Flugzeugträger und strategische Bomber zusammen. Ein Attentat auf den Bunker des Strategic Air Command hätte - ungeachtet der realen militärischen Wichtigkeit des SAC - keine vergleichbare Symbolkraft gehabt. (Abgesehen davon, dass ein Attentat gegen das SAC erheblich schwerer zu bewerkstelligen wäre - Pentagon und WTC waren eben, militärisch gesprochen, "weiche" Ziele.)
Die real-materielle Wirkung der Anschläge war gering - allein die symbolische Aufladung der Gebäude erlaubt es den Islamisten, sich als "Sieger" über die gottvergessenen USA, die westlichen Dekadenz und die christlichen Krauzfahrer zu fühlen. Umgekehrt ist der von Präsident . W. Bush deklarierte "War on Terror" in erster Linie symbolisch - man sollte sich hüten zu sagen "nur symbolisch" - zu verstehen.

Eine "reale" Auswirkung dieses Kampfes der Symbole und der symbolischen Handlungen ist die schleichender Erosion rechtsstaatlicher Prinzipen im Westen. In gewisser Weise ist das der größte Sieg der totalitären Islamisten - sie schaffen durch ihre Taten eben jenen Westen, den sie als Feind brauchen. Auch bei Al-Qaida denkt man dialektisch im Sinne Lenins.

Als symbolische Handlung verstehe ich auch die Beschlagnahmeaktion gegen den Anonymisierungsdienst TOR - law blog: TOR Server beschlagnahmt. Dass den TOR-Betreibern nicht bekannt ist, welche Daten über die Server geleitet werden, war auch den Ermittlern bewusst gewesen. Also "nur" ein weiteres Fall von Aktionismus, im Sinne "wir tun was gegen die Weitergabe von Kinderpornographie" - was ja auch symbolisch zu verstehen wäre? Wohl nicht. Denn die Staatsanwaltschaft Konstanz "setzt Zeichen", wie es so schön heißt, auch wenn es ihr vielleicht nicht bewusst ist - im Sinne eines Generalverdachts gegen Anonymisierungsdienste.

Besonders wichtig sind Symbole und symbolische Handlungen beim Thema Rechtextremismus. Es ist nur eine Randnotiz, aber eine, die mir über die "realpolitisch" eher nebensächliche Bedeutung hinaus einen gruseligen Schauer über den Rücken jagte - Bremer Nachrichen: Blankes Entsetzen in Verden Die NPD zieht in den Stadtrat von Verden ein. Die Rechtsextremisten haben ausgerechnet dort Erfolg, wo es starken Widerstand gegen die Umtriebe der Neonazis um den Artgemeinschafts-Chef Jürgen Rieger gab. Verden - das ist ein Symbol des Kampfes gegen Rechts geworden, deshalb wiegt der NPD-Wahlerfolg dort weitaus schwerer, als entsprechende Ergebnisse in anderen niedersächsichen Kleinstädten.
Verden als Ort ist für Rechtsextremisten vom Schlage Riegers von enormer symbolischer Bedeutung: Anlaß ist das "Blutgericht von Verden", das wiederum Anlaß zum Bau des Sachsenhains gab. Auf der Website der Stadt Verden heißt es dazu:
Der Sachsenhain wird noch immer mit der Hinrichtung von 4.500 Sachsen durch Karl den Großen im Jahr 782 in Verbindung gebracht. Tatsächlich handelt es sich jedoch nicht um einen Ort sächsischer Geschichte. Vielmehr dokumentiert der Sachsenhain mit den im Jahre 1935 entlang des Rundweges aufgestellten 4.500 Findlingen den Versuch der Nationalsozialisten, die Geschichte propagandistisch umzudeuten.
Man könnte präzisieren: vom "germanen-esoterischen" Flügel der Nazis, denn Hitler selbst sah sich spätestens ab 1936 lieber in der Nachfolge Karls "des Großen" - was es heutigen "völkisch-esoterischen" Neonazis leichter macht, sich vom "Versager" Hitler und der "verbürokratisierten" NSDAP öffentlich zu distanzieren. (Ähnlichkeiten mit "kapitalismuskritischen" Nazis, die sich gern auf den "völkischen Sozialismus" z. B. der Gebrüder Strasser berufen, sind unzufällig.)
Hierzu auch ein älterer Thread im Nornirs Ætt-Forum: Das Blutgericht-Dilemma.

Als überzeugter Anhänger der liberalen Demokratie und entschiedener Gegner jeder Form des Rechtsextremimus kenne ich das Dilemma um von den Nazis mißbrauchte Symbole allzu gut - ich würde es sogar dann kennen, wenn ich nicht der Ansicht wäre, den alten und neuen Nazis dürfte kein Einziges von ihnen missbrauchtes spirituelles Symbol überlassen bleiben. Auch wenn dieser radikale Standpunkt sicher nicht mehrheitsfähig ist und viele aufrechte Antifaschisten eher befremden düfte: Sonnenrad-Song. (Selbstausgedachte Zeichen, Gauabzeichen, Armanen-"Runen" und so ein Zeugs können sie gern behalten!)
Mein Standpunkt ist allerdings stark von meiner spirituellen Orientierung her geprägt - als schlichter Agnostiker wäre es mir "nur" wichtig, den Rechten nicht die kulturelle Deutungshoheit über zahlreiche Symbole, Mythen, Bräuche usw. zu überlassen. Aber auch mit dieser, weniger radikalen, Haltung kann man unter Umständen ins Symbol-Dilemma geraten.

Hierzu verweise ich auf diesen hervorragenden Artikel von Toralf Staud in der "Zeit": Glatzenbrot und Lebensrunen

Staud arbeitet heraus, wie sehr es den Rechtsextremen in Mecklenburg-Vorpommern (aber sicher nicht nur dort) gelungen ist, "normal" zu erscheinen. Eine sehr wichtige Feststellung angesichts einer ungeheuerlichen Entwicklung machte er am Schluß des Artikels:
Kein Wunder, dass in Vorpommern wachsenden Teilen der Gesellschaft der Sinn abhanden kommt für das, was sich gehört und was nicht. Seit Jahren kann ein rechtsextremistischer Dachdecker mit der Lebensrune in einem Schaukasten direkt vor dem Anklamer Gymnasium werben, ohne dass es jemanden stört. Der örtliche Trabi-Club fand es witzig, bei seiner Disko einen »DJ Völkermord« an den Plattenteller zu lassen. Im Bäckerladen von Ducherow liegt im Regal neben dem »Hansebrot« ein Brot namens »Glatze« mit schöner brauner Kruste. Obwohl Neonazis seit Jahren die germanische Sagenwelt zur Popularisierung ihrer Ideologie nutzen, wurden im letzten Jahr zwei junge Wölfe im Tierpark Ueckermünde Wotan und Thor getauft. Tino Müller versichert, damit habe er nichts zu tun. Vermutlich stimmt das sogar. So weit ist es schon.
Ich stimme Staud völlig zu: bestimmte Dinge gehören sich einfach nicht. Fast alle von ihm beschriebenen Verhaltensweisen sind für einen auch nur halbwegs sensiblen und halbwegs demokratischen Menschen völlig indiskutabel.
Im Sinne einer eindeutigen, auch für den letzten Dummtroll nicht zu übersehenden, Distanzierung von rechtem Gedankengut ist es in der Tat unklug, zwei junge Wölfe "Wotan" und "Thor" zu taufen - auch wenn die Namensgeber mit den Nazis an sich so wenig zu schaffen haben wie die Wölfe selbst. (Beim rechten Dackdecker liegt der Fall anders, selbst wenn die Rune auch ein mißbrauchtes Symbol ist.) Es ist unklug - aber aus politisch-taktischen Erwägungen heraus.
Die Tatsache, dass Neonazis die germanische Sagenwelt zur Popularisierung ihrer Ideologie nutzen, sollte gerade nicht Anlaß sein, alles, was mit dieser Mythologie zu tun hat, sozusagen unter Generalverdacht zu stellen. Der manchmal aus politisch-moralischen Gründen unbedingt gegebene Verzicht auf bestimmte Symbole überläßt, wenn er allzu konsequent im Sinne einer "Nulltoreranz" gehandhabt wird, kampflos und auf Dauer eben diese Symbole den Nazis. Hierzu auch: Verbotene und Suspekte heidnische Symbole

Mittwoch, 30. August 2006

Zum Geyer!

Zum Thema: Bauernkriege - ein paar Gedanken über dieses schöne Lied:
Bauernaufstand

Wir sind des Geyers schwarze Haufen
Hei a ho ho!
Und wollen mit Tyrannen raufen,
Hei a ho ho!
Refrain:
|: Spieß voran,
Drauf und dran,
Setzt aufs Klosterdach den roten Hahn! :|

2. Als Adam grub und Eva spann,
Kyrieleis!
Wo war denn da der Edelmann?
Kyrieleis!
Refrain:

3. Uns führt der Florian Geyer an,
Heia hoho!
Den Bundschuh führt er in der Fahn',
Heia hoho!
Refrain:

4. Bei Weinsberg setzt' es Brand und Stank,
Heia hoho!
Gar mancher über die Klinge sprang,
Heia hoho!
Refrain:

5. Des Edelmannes Töchterlein,
Heia hoho!
Wir schicken es in die Höll' hinein,
Heia hoho!
Refrain:

6. Geschlagen ziehen wir nach Haus,
Heia hoho!
Unsre Enkel fechten's besser aus,
Heia hoho!
Refrain:
Ein altes Volkslied, ein Schlachtgesang aus der Zeit der Bauernkriege? Nein, dieses Lied ist unter Verwendung zweier Bauernaussprüche aus dem 15. Jahrhundert erst 1885 von Heinrich von Reder gedichtet worden. Der Ausspruch "Als Adam grub und Eva spann, wer war denn da der Edelmann?" ("When Adam delved and Eve span, pray, who was then the nobleman?") stammt aus der Zeit des großen englischen Bauernaufstandes von Wat Tyler 1381.
Die mitreißende Melodie wurde 1919 von Fritz Sotke geschrieben, einem "deutsch-nationalen" Komponisten und Literaten. Später war Sotke Hitler-Jugend-Führer. Sein Lied "Wilde Gesellen vom Sturmwind durchweht" lieh dem HJ-Liederbuch seinen Titel. Allerdings fehlte der "Bauernaufstand" in dieser Sammlung, weil nämlich die sozialistische Jugend sich dieses Liedes angenommen hatte. (Noch heute ist es eines der beliebtesten Fahrtenlieder der "Falken".) Rein textlich hätte das Lied auch schlecht zur HJ gepaßt - ungeachtet dessen, dass der Bauernkrieg und Florian Geyer stark von der NS-Propaganda instrumentalisiert wurden. Die 8. Kavallerie-Division der Waffen-SS trug den Namen Florian Geyer.

Auch dass Florian Geyer der Anführer des "Taubertaler Haufens", eines sich im Raum um Rothenburg ob der Tauber im Winter 1524-25 sammelnden Bauernheeres, gewesen wäre, stimmt nicht. Geyer war ein geschickter Diplomat und erfahrener Heerführer, war überzeugter Anhänger Luthers, strebte ein auf Bauern- und Bürgertum gegründetes "Neues Reich" ohne Privilegien an, verzichte freiwillig auf ein Leben im Luxus und stand selbstlos für seine Überzeugungen ein. Aber da er ein Adliger war, mißtrauten ihm viele Bauern. Die Taubertaler wählten ihn weder in ein militärisches Oberkommando noch in eine politische Führungsposition. Er war eher ein Art "Sonderbotschafter" und Berater. Mit dem im Lied erwähnte Weinberger Bluttag hatte er nichts zu tun, er lehnte, wie der "Bauernkanzler" Wendel Hipler politisch und strategisch unkluge Gewalt- und Racheakte ab.

Wie dem auch sei: Das Lied ist ein schönes Stück Rebellionsromantik, immer noch mehr als nur ein wenig provokativ, ein Gegengift zu all der weichgespülten und sacharinsüßen "Volksmusik" oder eigentlich "volkstümlichen Musik" oft genug "volkstümelden Musik" (nicht zu verwechseln mit "Volksliedern")!
Als einer der (zu wenigen!) wirklich "politischen Köpfe" der Bauernkriege verdient Florian Geyer seinen Platz im Geschichtsbuch. Auch wenn er kein "Bauerngeneral" war.

Nachtrag: Ich habe noch mal nachgeschlagen, was es mit dem von Geyer befehligten "schwarzen Haufen" auf sich hatte: Die Hauptleute des "Fränkischen Haufens" "engagierten" den Söldnerführer Götz von Berlichingen als fachkundigen Befehlshaber. Florian Geyer war nicht damit einverstanden und trennte sich mit einige Hundert auf seine Kosten ausgerüsteten Männern, der "Schwarzen Schar" vom Haufen, durchstreifte auf eigene Faust zuerst die Neckargegend, dann das Würzburgische. Später, bei der Belagerung Würzburgs, schloßen sich Geyers Männer wieder den anderen "Haufen" Frankens an.
Nach der Darstellung Friedrich Engels war es Geyer, der die Erstürmung Weinsbergs anführte, nach Leo Sievers war Jäcklein Rohrbach der Anführer des Bauernheeres, das Weinsheim einnahm. Beide stimmen darin überein, dass für die anschließende "terroristische Rache" (Engels) Rohrbach verantwortlich war.

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