Geschichte

Montag, 22. Oktober 2007

Griechische Gedanken

Der Geburtstag einer guten Freundin brachte mich auf einen Gedanken, der mich nicht mehr los ließ: Wie wurde eigentlich Altgriechisch von den alten Griechen gesprochen?
Genauer gesagt, war es ein Lied Karans, eine Vertonung der Hymne an Aphrodite der Dichterin Sappho, das mich auf diesen Gedanken brachte.
Als ich Aphrodita zum ersten Mal hörte, war ich überrascht, wie sie das Altgriechische aussprach: nämlich neugriechisch.
Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, und spielte das Lied einem Griechen vor. Er meinte, die Sprache sei wohl Katharevousa, aber er hätte nie richtig diese "Bildungssprache" gelernt, die höchstens noch in der Kirche wichtig wäre.
Im Grunde beginnt das Problem schon bei der Aussprache des Namens der Dichterin: Σαπφώ oder in ihrer Sprache, dem aiolischen Griechisch Ψάπφα. Ich spreche ihren Namen rein vom Gefühl her in etwa [sapˈfɔː] aus, glaubt man "Wikipedia", dann ist die deutsche Aussprache: [ˈza(p)foː], also mit stimmhaftem "S". Die Aussprache von Σαπφώ (attisches Griechisch) wäre (klassisch) [sapˈpʰɔː], von Ψάπφα - aiolisches Griechisch, Aussprache (klassisch) [ˈpsappʰaː].

Und ich fragte mich, woher man wissen will, wie die alten Griechen gesprochen haben, schließlich gab es damals noch nicht einmal Schallplatten. (Ich habe neulich mit einem Zehnjährigen gesprochen, der meinte, die Schallplatte sei etwas, was die Leute "ganz, ganz früher" gehört hätten, also ein quasi antikes Medium. Was bestätigt, was mein Geschichtslehrer einst meinte: "Für die meisten Menschen ist alles "klassisch", was vor ihrer Geburt war".)

Der Wikipedia-Artikel über Altgriechische Sprache beantwortete diese Frage auch nicht, aber immerhin:
Hinweis: Die Schulaussprache des Altgriechischen der verschiedenen Lehrtraditionen weicht in allen Fällen von der mittlerweile erforschten Phonologie der Sprache erheblich ab.
Im heutigen Griechenland ist es üblich, Altgriechisch einfach wie modernes Griechisch auszusprechen - also hat Karan recht. Mehr jedenfalls, als wenn sie das Gedicht "Schulgriechisch" ausgesprochen hätte. Zumal es seit dem 2. Jahrhundert kaum mehr relevante Lautverschiebungen im Griechischen gegeben haben soll. "Biblisches" oder anderes post-klassisches Koiné-Griechisch wurde also schon in einer Weise ausgesprochen, die dem Neugriechischen schon in wesentlichen Punkten entsprach. (Koine - κοινή - war altgriechische Allgemeinsprache vom Hellenismus bis in die römische Kaiserzeit (etwa 300 v. u. Z. bis 600 u. Z. . Sie bildete sich dadurch, dass sich die unterschiedlichen Dialekte des Altgriechischen annäherten. Was wir "klassisches" Altgriechisch nennen, ist der ionische Dialekt, wie er im Athen um 400 v. u. Z. gesprochen wurde.)

Egal, wie es nun genau klang, als Sappho ihre Gedichte vortrug - dieser kleine Ausflug in die Sprachgeschichte erinnerte mich wieder daran, dass das, was wir über "alte Zeiten" zu wissen glauben, sich sehr von dem unterscheiden kann, wie es wirklich wahr. Wenn wir einen Bewohner Athens um 400 vor unserer Zeitrechung nach "Sokrates" gefragt hatten, hätte der nur verwundert die Augenbrauen gehoben (nicht etwa den Kopf geschüttelt und wahrscheinlich auch nicht den Kopf kurz in den Nacken gelegt und mit der Zunge geschnalzt, wie es moderne Griechen bei deutlicher Verneinung zur Verwirrung ahnungsloser deutscher Touristen machen).

Dienstag, 18. September 2007

Summer of Love IX - Das Endes der Hippiebewegung

HIermit endet die lockere Folge der Artikel über den "Sommer of Love" 1967, der in Wirklichkeit ein politisch, gesellschaftlich und kulturell "heißer" Sommer war. Sie begann mit einem kleinen ironischen Text zum "Sommer of Love", es folgten ein Artikel zum "heißen Frühsommer" im West-Berlin des Jahres 1967 und eine kleiner Aufsatz, in dem ich zu zeigen versuchte, dass die Hippies mehr als nur "Blumenkinder" waren. Das Ende des chemischen Pfingstens schließt sich inhaltlich an die Beitrag LSD - die "Wunderdroge" und den nicht zur "Serie" gehörenden Text 70 Jahre Marihuana-Verbot an. Der sechste Teil der Serie widmet sich der Unvollständigen Sexuellen Revolution, der siebte dem Hippie-Pop und Hippie-Kommerz. Und in der vorletzte Folge beschäftigte ich mich mit der Pschedelic Music.

Die Hippiebewegung begann mit großen Idealen. Sie stand in der Tradition des "linken" Flügels der Lebensreform und führte die lebensreformerischen Ansätze der "Beat Generation" weiter. Wie ihre Vorläufer stellte sie sinnentleerte Wohlstandsideale in Frage und propagierte eine von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung.
Sie überschnitt sich nicht nur zeitlich mit der "68er-Bewegung" (die, wie aufmerksame Leser dieser kleinen Reihe wissen, eigentlich "67er"-Bewegung heißen müsste). Allerdings waren die wenigsten "68er" Hippies - es gab, aus Richtung der Maoisten sogar eine ausgesprochen herbe Kritik am "weltflüchtigen Hedonismus" der Hippies, abgesehen davon, dass die wenigsten "68er" "bürgerlichen" Lebensentwürfen wirklich entsagten. Die Hippies setzten eher auf Selbstverwirklichung und Lebensformen, die man einige Jahre später "alternativ" nannte, als auf gesellschaftspolitische Konzepte, von politischer Revolution gar nicht zu reden.
Aber, wie ich schon früher schrieb, war die Hippiebewegung nicht "unpolitisch", sie war wichtiger Teil der Friedensbewegung gegen den Vietnamkrieg.

Es gibt nach wie vor Hippies - sowohl "Althippies" wie "Neo-Hippies". Es gibt auch eine im Kern auf die Hippies zurückgehende Gegenkultur. Es gibt zahlreiche kulturelle Einflüsse der Hippie-Kultur auf die Kultur der Gegenwart. Ohne die Hippies gäbe es weder die "Alternativ"-Bewegung der 70er und 80er Jahre noch die "New Age"-Esoterik.
Was es aber nicht mehr gibt, ist die Hippiebewegung. Der Niedergang der Hippies begann in dem Moment, in dem die breite Öffentlichkeit auf sie aufmerksam wurde - also im "Sommer of Love" 1967.

Das Anfang vom Ende am Höhepunkt
Mit dem "massenhaften" Auftreten der Hippies in Kalifornien wurde dieser Lebensstil populär - es entstanden Hippie-Pop und Hippie-Kommerz. Der Hippie-Lebensstil zog nun auch junge Menschen an, die von sich aus nicht zum Nonkonformismus oder auch nur zum ausgeprägten Individualismus geneigt hätten. Infolge dessen gab es ab dem Sommer 1967 zahlreiche "Modehippies" oder besser "Mitläuferhippies". Der Kern der Hippiephilosophie lässt sich als radikaler, toleranter, friedliebender Individualismus beschreiben, der nicht in eine egoistische und egozentrische "Einzelkämpfermentalität" mündetet, sondern im Gegenteil, zu ausgeprägt solidarischem Verhalten führte. Eine recht anspruchsvolle Haltung, die einiges an Reflexion und eine gewisse geistige Reife erfordert - Hippiesein setzte das "Aufräumen im Kopf" voraus. Ob das für die Mehrzahl der Zehntausende, die sich im Haight-Ashbury District San Franciscos ballten, galt, darf bezweifelt werden.
Der "Summer of Love" zog auch zahlreiche Neugierige und allein am amüsanten Spektakel interessierte "Partygänger" an. Die Menschenmassen überforderten die auf "gegenseitiger Selbsthilfe" aufbauenden Strukturen der Hippie-Szene. Überfüllung, Obdachlosigkeit, Hunger, Drogenprobleme und Kleinkriminalität machten der "Neighborhood" zu schaffen. Erstaunlich bleibt, dass die Solidarität nicht völlig kollabierte. Die Situation besserte sich, als im Herbst viele "Saisonhippies" an ihre Unis bzw. in ihre Heimat zurückkehrten.
Am 7 Oktober 1967 veranstalteten die in Haight-Ashbury gebliebenen Hippies eine symbolische Beerdigung: "The Death of the Hippie" - sie erkannten, dass der "Summer of Love" nicht nur von der Jahreszeit her vorbei war.
Ein bleibendes Vermächtnis der Welle der Solidarität im "Summer of Love" ist die "Free Clinic", die bis heute kostenlose medizinische Hilfe anbietet und zum Vorbild zahlreicher unabhängiger Obdachlosenambulanzen in vielen Städten der Welt wurde. Auch der Stammbaum der "Volxküche" weist eher in Richtung Haight-Ashbury-District als zu den Suppenküche wohltätiger Organisationen.

Im Mainstream angekommen
Der Hippie-Stil wurde nach 1967 bei Künstlern, Kreativen und solchen, die sich dafür hielten, sehr beliebt. An einige Orten, z. B. im Greewich Village in New York, bildete sich eine regelrechte Hippie-Bohème aus. Künstler wie Robert Crumb, Musiker wie die Beatles, Janis Joplin, Jim Morrison oder die Grateful Dead pflegten öffentlichkeitswirksam einen "hippiesken" Lebensstil. Die Grenzen zur "Maistream"-Kultur verwischten sich.
Ein musikalischer Höhepunkt, aber auch Anfang von Ende der Hippiebewegung als "Underground" war das Woodstock-Festival. Eine klare Grenze zwischen "authentischer Hippie-Kultur" und "Hippie-Pop" ließ sich nicht mehr ziehen. Und in der Mode war der "Hippie-Stil" längst kein Bekenntnis zum Nonkonformismus mehr.

Die ersten Skinheads
Es war auch 1969, als sich die erste Jugendkultur herausbildete, die sich ausdrücklich als Gegenbewegung zu den Hippies verstand: die Skinheads. Die Skinhead-Kultur wurde durch weiße junge Arbeiter in London begründet. Während die Hippies langhaarig waren, waren die Haare der Skins so kurz geschnitten ("Crop"), dass man die Kopfhaut erkennen konnte. (Die rasierte "Glatze" war aber verpönt - und ist es bei "traditionellen" Skins heute noch!) Wie die Mods, aus denen sie hervorgingen, legten sie Wert auf ein gepflegtes Äußeres - aber anders als die gerne teure Anzüge tragenden Mods bevorzugten sie einen "Arbeiterstil": Hemden von Fred Perry, der Marke des ersten aus der Arbeiterklasse stammenden Wimbledon-Gewinners, "edle" Arbeitsschuhe von Dr Martens und Harrington Jackets. Nach ihrem Selbstverständnis waren die Skinhead stolze Kinder der Arbeiterklasse, die mit ehrlicher Arbeit ihr Geld selbst verdienten, während sie Hippies als faule Söhne und Töchter aus "gutbürgerlichen" Verhältnissen ansahen, die dank des finanziellen Rückhalts ihrer "Alten" mal ein paar Jahre "Aussteiger" spielten. So sehr sich die Skinheads sich von ihren "verspießerten", d. h. "bürgerlicher" Mode und Lebenstil nacheifernden Eltern abgrenzten, so sehr teilten sie konservative Klischeevorstellungen über Hippies. Im noch stärkeren Maße als die Rocker und sehr im Gegensatz zu den "feigen" Hippies waren schon die "originalen" Skins Gewalt nicht abgeneigt.

Das Ende der Hippies als Gegenkultur
Das Ende der Hippies als erkennbare Gegen- bzw. Protestkultur lässt sich schon deshalb nicht festlegen, weil ein "harter Kern" den Hippie-Überzeugungen und dem Hippie-Livestyle über alle Wandel des Zeitgeistes hinweg treu blieb, und weil der Niedergang der Hippiekultur sich über mehr als ein Jahrzehnt hinzog. Wie der amerikanische Journalist Peter Tate 1974 schrieb, verblassten die Hippies so allmählich, wie ihre farbenfrohen Batik-T-Shirts im Laufe der Zeit ausblichen. Lange Haare und bunte Klamotten taugten schon zur Zeit von "Woodstock" nicht mehr als Protestsymbol. Schon die "Berverly-Hills"-Morde des "hippiesk" auftretenden Charles Manson und seiner "Family" trübten das friedliche Image der Hippies; die vier Toten beim Rockfestival in Altamont, Kalifornien im Dezember 1969 schockierten sogar Anhänger des "Hippie-Lifestyles". Der forcierte "War on Drugs" in den USA ab 1971 (andere Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland zogen mit repressiver Drogenpolitik wenig später nach) führte dazu, dass der als "drogenfreudig" geltende Lebensstil der Hippies kriminalisiert wurde.
Es blieb, von den oben erwähnten Hardcore-Hippies abgesehen, eine wage von Hippie-Idealen, Hippie-Mode und "New Age"-Esoterik beeinflusste Szene von "Freizeit-Hippies", die vielleicht für einige Wochen auf dem "Hippie-Trail" auf Abenteuerurlaub gingen, ansonsten aber "bürgerlich" lebten. Ziemlich genau 1974 verschwand der Hippie-Stil aus der Mode.
Das "Erbe der Hippies" (wie auch das der "68er") ging in die sich zu dieser Zeit bildenden "neuen sozialen Bewegungen" ein. Bei sozial und politisch von Anfang an sehr durchmischten Ökologie-, Anti-Atomkraft- und "neuen" Friedensbewegung war das weniger zu spüren, bei den "Dritte Welt"-/ "Eine Welt"-Initiativen und -Solidaritätsgruppen und der antiimperialistischen Bewegung wirkte die "68er"-Tradition sichtbar nach (aber auch unmittelbare "3.Welt-Erfahrungen", oft auf dem "Hippie-Trail" gemacht), während bei den Anhängern eines "alternativen Lebensstils" die Herkunft von den Hippies am Deutlichsten war. Ein entscheidender Unterschied im Lebensgefühl war die Absage an den fröhlichen Hedonismus der Hippies - von nur an wurde hart für eine bessere Welt (oder oft auch fürs bloße Überleben) gearbeitet.

Der "Hippiehass" der Punks
Angeblich war Punk, ähnlich den Skinheads, eine Reaktion auf die Hippie-Bewegung. Das ist meiner Ansicht nach nicht ganz richtig. Wenn die Punks der 70er-Jahre gegen "Hippies" wetterten, dann richtete sich ihr Protest gegen die Mischung aus oberflächlichem Idealismus und Optimismus, die "repressive Toleranz" und die autoritäre Bevormundung durch vorgeblich anti-autoritäre Menschen, die in Folge der Hippies und der "68er" in die politische Kultur eingezogen waren. "Echte" Hippies gab es zu dieser Zeit kaum noch, mit "Hippies" waren eher die betont lockeren, politisch betont korrekten, für alles und jedes Interesse und Verständnis äussernden Jung-Lehrer, -Politiker, -Manager mit der gepflegten Langhaar-Frisur gemeint. Demgegenüber gab sich der Punk illusionslos und setzte auf offene Ablehnung und Brüskierung der Gesellschaft. In mancher Hinsicht waren die Punks sogar die "Nachfolger" der Hippies (auch wenn Ex- und Alt-Punks das gar nicht gerne hören) - den Hang zu anarchistischen Lebensentwürfen und die Ablehnung des angepassten "bürgerlichen" Lebensstil haben beide Gruppen gemeinsam, genau so wie die Vorliebe für Eigenproduktion. Auf alle Fälle stammten die ausgefeilten Kompositionen des Psychedelic Rock (und in der Folge des Art-Rock, des Progressive Rock, des Glam-Rock) und ihr Gegenentwurf, der auf der "Kraft der 2-Akkorde" beruhende Punk-Rock aus einer gemeinsamen Wurzel, nämlich dem "Garage"-Rock der 60er Jahre.
Als die Punks sich um 1980 politisierten, da wurden sie nicht selten in genau jenen ""neuen sozialen Bewegungen" aktiv, wo auch schon zahlreiche mehr oder weniger ehemaliger Hippies zuhause waren.

Dienstag, 24. Juli 2007

Summer of Love IV - LSD - die "Wunderdroge"

In lockerer Folge schreibe ich im Laufe der Sommermonate über den "Sommer of Love" 1967, der in Wirklichkeit ein politisch, gesellschaftlich und kulturell "heißer" Sommer war, schreiben. Bisher gab es schon einen kleinen ironischen Text zum "Sommer of Love", einen Artikel zum "heißen Frühsommer" im West-Berlin des Jahres 1967 und einen kleinen Aufsatz, in dem ich zu zeigen versuchte, dass die Hippies mehr als nur "Blumenkinder" waren.

Vorweg ein Fernseh-Tipp, auf ARTE (einem der wenigen Gründe, weshalb ich noch zögere, mich bei der GEZ abzumelden), am 7. August 2007 ab 22.15 Uhr: Summer of Love.
Die Doku-Reihe beleuchtet anhand der Musik, die das Lebensgefühl einer ganzen Generation ausdrückte, das pophistorische Phänomen “Summer of Love”. Erstmals experimentiert eine Generation mit neuen Lebensformen, freier Liebe und bewusstseinserweiternden Rauschmitteln. Aus diesen Elementen ergeben sich die vier Folgen: Freie Liebe, Communities, Party und Spiritualität.
Nur meine stets und konsequent antiautoritäre Gesinnung hindert mich daran, nun zu schreiben: Ansehbefehl!

Doch nun zum eigentlichen Thema: Den halluzinogenen Drogen in der "Hippie-Ära". Und unter ihnen besonders Albert Hofmanns "Sorgenkind", das LSD.
In den 1950er Jahren wurde LSD unter dem Handelsnamen Delysid vom Pharmakonzern Sandoz zur psychiatrischen Behandlung und zu Forschungszwecken bereitgestellt. Die Erfahrungen, die Psychiater und Psychotherapeuten mit der hochpotenten psychoaktiven Substanz machten, waren sehr erfolgversprechend. Spektakuläre Behandlungserfolge bei extrem schwer traumatisierten KZ-Überlebenden, die nach eine LSD-unterstützten Psychotherapie wieder ins Leben zurückfanden, brachten LSD zum ersten Mal in die Schlagzeilen. Bevor LSD gesetzlich verboten wurde (in Deutschland war das 1967, internationale Ächtung durch UN-Konvention 1971), erschienen mehr als tausend medizinische Abhandlungen zu LSD, die über 40.000 Patientenberichte berücksichtigten. Ich greife nur einmal die Behandlungserfolge bei schwer Alkoholabhängigen heraus, Bill Wilson, der Gründer der Anonymen Alkoholiker, erkannte und propagierte das gewaltige Potenzial der Droge bei der Drogensucht-Therapie. LSD selbst erzeugt keine körperliche Abhängigkeit und das Risiko einer psychischen Abhängigkeit ist gering.
Selbstverständlich ist LSD als hochwirksames Psychopharmazeutikum nicht "harmlos" - es besteht z. B. das Risiko einer drogeninduzierten Psychose, im Jargon "auf dem Trip hängenbleiben" genannt. In der Therapie ist das Risiko bei sachgerechtem Setting, vorsichtiger Dosierung und ständiger ärztlichen Überwachung allerdings sehr gering.
Die "LSD-Euphorie" um 1960 reihte sich ein in ein auch anderen psychoaktiven Drogen gegenüber aufgeschlossenes kulturelles Klima - erinnert sei nur an Aldous Huxleys Bestseller "Pforten der Wahrnehmung" über Mescalin, das im Peyotl-Kaktus enthaltenen Halluzinogens. Ethnobotaniker entdeckten, entgegen der u. A. von Lévi-Strauss vertretenen herrschenden Lehrmeinung, dass der Gebrauch halluzinogener Drogen bei intakten schamanistischen Kulturen gängige Praxis und nicht etwa ein Zeichen der Degeneration ist.

Dann aber stießen zwei sehr verschiedene Gruppen auf LSD, die besser nie darauf hätten stoßen sollen: Zum Einen die Militärs und Geheimdienste, zum Anderen die selbsternannten "LSD-Gurus".

Das Militär hoffte, in LSD eine wirksame, nicht-tödliche Waffe gefunden zu haben. Obwohl Soldaten auf unfreiwilligem "Trip" tatsächlich nicht kampffähig sind, erwies sich LSD im Manöver-Test als für Kriegsführungszwecke ungeeignet. Ein halluzinierende Soldat, der aber immer noch seine Waffe bedienen kann, ist denkbar unangenehm (LSD beeinträchtigt im Gegensatz z. B. zu Alkolhol die motorischen Fähigkeiten und die Hand-Auge-Koordination nicht. Hofmanns Fahrradfahrt unter einer abenteuerlichen LSD-Dosis ist dafür ein berühmtes Beispiel. Ein Scharfschütze auf LSD würde treffen was er anvisiert. Was er aber anvisiert und ob er abdrückt, hängt von der Art seiner Halluzination ab.)
Geheimdienste waren eher an dem möglichen Potenzial als "Wahrheitsdroge" oder als Mittel zur Beeinflussung von "Zielpersonen" interessiert. Zum Beispiel untersuchte die CIA im Rahmen ihres erst 1974 offiziell bekanntgewordenen geheimen Forschungsprogramm zu Bewusstseinskontrolle MKULTRA auch die Anwendungsmöglichkeiten von LSD. Weil zahlreiche freiwillige und weniger freiwillige Versuchspersonen involviert waren, sickerte trotz Geheimhaltung einiges über die LSD-Versuche durch. Gezielte Indiskretionen taten ein Übriges. Gerade dieses Halbwissen erwies sich als günstiger Nährboden für Gerüchte über den "Hirnumkrempler" LSD. Übrigens kam es aufgrund von ungünstigen "Settings" - es wurden sogar Verhörsituationen simuliert - bei den Militär- und Geheimdienstversuchen zu erheblich mehr Horrortrips und zu mehr drogeninduzierten Psychosen als bei zivilen LSD-Experimenten. Auch der viel zitierte Fall des Mannes, der unter LSD "glaubte fliegen zu können" und aus dem Fenster sprang, geschah im Rahmen dieser Versuche: Ein CIA-Mitarbeiter verabreichte dabei einem Bekannten auf einer Party ohne dessen Wissen LSD. Dieser geriet dadurch in einen Angstzustand und stürzte sich aus dem Fenster.

Das andere Unglück für die vernünftige therapeutische Anwendung von LSD waren die "LSD-Gurus" - allen voran Timothy Leary. Leary war naiv, charismatisch, geltungssüchtig und hatte sich nicht in der Gewalt. Andere LSD-Forscher, wie Stanislaw Grof oder Oscar Janiger, hatten bewusst Zurückhaltung geübt, Leary zog es vor, die chemische Bewusstseinserweiterung wie ein Konsumgut für die Massen zu vermarkten. Noch weiter gingen Ken Kesey und seine "Merry Praksters", die versuchten, durch LSD-Gaben an möglichst viele Menschen diese zu "dekonditionieren" und so die "Diktatur der Angepassten" zu beenden. In mancher Hinsicht war das eine Reaktion auf das LSD-Programm der CIA; es gibt sogar Verschwörungstheorien, nach denen Kesey CIA-Agent gewesen sein soll. Wie auch immer: er brachte das LSD zu den Hippies.

So sehr die Hippies auch "Aussteiger" aus der Konsumgesellschaft waren, so waren sie doch Kinder dieser Konsumwelt. Deshalb neigten viele Hippies, weniger die "Hardcore"-Hippies als die zahlreichen "Auch-Hippies" und "Blumenkinder", dazu, psychedelische (bewußtseinserweiternde) Drogen (und Spritualität) als neuartige Waren zu betrachten. Die LSD-bedingten sofortigen psychischen Transformationen verleiteten sie, zu glauben, die "Erleuchtung" sei schnell und mühelos per Patentrezept und Drogenanwendung zu erreichen. Stärker politisierte Gruppen wollten die Welt augenblicklich verändern oder zumindest so schnell, wie LSD das Bewusstsein eines Menschen verändern konnte - vielleicht war LSD der Tropfen, der das Fass der unzufriedenen und kritischen Jugend ab Mitte der 60er Jahre zum rebellischen Überlaufen brachte.
Der Realitätsschock der "Acid-Heads" blieb nicht aus und war oft verheerend, manchmal erhellend. Manchmal führte er aber auch nur dazu, dass die Rebellen von gestern praktisch über Nacht zu den Spießern von heute wurden.
Noch fahrlässiger ist der bis heute anhaltende Missbrauch von LSD als Partydroge, denn das Setting einer Party mit unberechenbaren Menschenmassen und dem bei ausgelassenen Festen üblichen Konsum von Alkohol und nicht selten auch Aufputschmitteln macht den "Trip" völlig unberechenbar. Besonders wenn der "Trip" unfreiwillig erfolgt. (Ich erinnere mich mit Grausen an einen mittelschweren Horrortrip auf einer Party, auf der ein "Witzbold" winzige, aber wirksame LSD-Spritzer in abgestellte Getränke geträufelt hatte.) Unfälle sind dabei kaum zu vermeiden. (Siehe der Fall des "Fensterstürzers", der allerdings eine sehr große Dosis verabreicht bekommen hatte.)

Die Hippie-Kultur der 60er konnte mit "weichen" Drogen wie Haschisch gut umgehen, besser jedenfalls als die "Normalkultur" mit "ihrer" Alltagsdroge Alkohol. Vielleicht hätte sie, wie einige neo-schamanische "Späthippies" auch gute Gebrauchformen und Rituale für "traditionelle" Halluzinogene wie "Zauberpilze", Peyote oder Ayahuasca finden können. Mit dem "chemischen Treibstoff" LSD war sie überfordert.

Aber die realen Probleme der Hippies mit LSD waren wohl nicht der Hauptgrund dafür, dass dieses vergleichsweise unschädliche Halluzinogen verteufelt und schließlich stärker geächtet wurde als selbst Heroin. Die Mechanismen, die LSD von der "Wunderdroge" zur "Horrordroge" werden ließen, sind einen eigenen Artikel Wert.

Mittwoch, 11. Juli 2007

Summer of Love III - 1967 - Die Hippies waren mehr als nur "Blumenkinder"

In lockerer Folge schreibe ich im Laufe der Sommermonate über den "Sommer of Love" 1967, der in Wirklichkeit ein politisch, gesellschaftlich und kulturell "heißer" Sommer war, schreiben. Bisher gab es schon einen kleinen ironischen Text zum "Sommer of Love" und einen Artikel zum "heißen Frühsommer" im West-Berlin des Jahres 1967.

1967 - Das Jahr des originalen Summer of Love, des Sommers des Jahres 1967. In diesem Sommer wurde eine Gegen- bzw. Untergrundkultur zum Massenphänomen und zur Mode - die Hippies Als deren "heimliche Hauptstadt" galt der Haight-Ashbury district in San Francisco, wo tausende junger Menschen friedlich und fröhlich ein Leben nach ihren Vorstellungen ausprobierten.
Die "Hippies" waren Anfangs keineswegs die harmlosen, versponnenen und naiv pazifistischen "Blumenkinder", als die sie später gern karikiert wurden.

Die "klassischen" oder "echten" Hippies der 60er Jahre, waren überwiegend (aber nicht nur) junge, überwiegend (aber nicht ausschließlich) aus der "Mittelschicht" stammende Menschen, und Teil einer bereitere Prostestbewegung, die von der Bürgerrechtsbewegung in den USA bis zu den rebellischen Studenten in Westeuropa reichte. Ihre (oft unbewußten) Vorbilder lagen in der "Lebensreform" des frühen 20. Jahrhunderts, ihre direkten Nachfolger fanden sie in der "Alternativ-Szene" der späten 70er und 80er Jahre.
Hippies misstrauten den etablierten staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen und Institutionen. Sie lehnte die überkommenen Werte des Kleinbürgertums ebenso ab wie die Hohlheit und Verlogenheit der "besseren Leute" und den "Proletenkult" traditionsbewußter Arbeiter - aus Hippie-Perspektive waren das alles "Spießer". (Schon hieraus kann man erkennen, wieso die "harmlosen Blumenkinder" sich jede Menge Feinde machten.)
Sie waren für den Schutz von Natur und Umwelt (in den 60ern noch ein echtes Randthema), waren gegen Atomwaffen, gegen den Vietnam-Krieg, interessierten sich für "östliche" Spiritualität - Buddhismus, Hinduismus, Daoismus und für Esoterik, waren Vorkämpfer der Sexuellen Befreiung, experimentierten unbefangen zwecks Bewußtseinserweiterung mit psychedelischen Drogen, wobei das Spektrum von Marihuana über "Zauberpilze" bis zu synthetischen Halluzinogenen wie LSD reichte. Sie gründeten kleine, selbstorganisierte Gemeinschaften, ihr politisches Spektrum reicht von durchaus bürgerlichen "Graswurzeldemokratie" bis zum gewaltfreien Anarchismus. Orthodoxe Marxisten waren unter ihnen eher selten zu finden - weshalb schon die links politisierten "´68er" und unter ihnen besonders die Maoisten dazu neigten, die Hippies fälschlicherweise für "wenig politisch" zu halten. (Wobei diese Aussagen alle für "echte Hippies" gelten - angesichts der "Hippie-Mode" der späten 60er gingen die Begriffe munter durcheinander.)
Ob der "Sommer" schon im Januar mit dem Human Be-In Happening im Golden Gate Park begann, oder doch "erst" im Juni mit dem legendären Monterey Pop Festival begann, ist im Grund genommen egal - letztes Endes ging es dabei um ein nicht näher bestimmbares "Summer Feeling" zwischen barfuß im Gras Gras rauchen und Freiluft-Sex in lauer Luft.
Mit der Berichterstattung über den "Sommer of Love" wandelten sich das Image der Hippies weg von "Bürgerschreck" zum unter als modern gelten wollenden Menschen angesagten" Lebensstil und damit zur Massenbewegung. Damit einher ging eine Verflachung der ursprünglichen Ideale.
Zum Symbol dieses Zeitgefühls der Hoffnung auf "Love and Peace" wurde der Beatles-Song All You Need Is Love", der eigens für die erste per Satellit weltweit ausgestrahlten Live-Fernsehsendung Our World am 25. Juni 1967 geschrieben wurde.
Der "Psychedelic Rock" gilt als heute als charakteristische Musik dieser Zeit - auch wenn er tatsächlich in den Hitparaden eher spärlich vertreten war, bzw. nur dadurch "mainstream media"-fähig wurde, das etablierte Bands wie die Beatles Songs in diesem Stil produzierten. "Psychedelic music" stand - wohl zurecht - im Ruf, drogeninspiriert zu sein, weitere, im Nachhinein gern übersehene Einflüsse waren die "Entdeckung" der indischen Musik durch "westliche" Musiker und neue technische Entwicklungen: direkt durch die Einführung elektronischer Musikinstrumente, die "nie gehörte" Töne hervorbrachten, indirekt vor allem durch die Raumfahrt. Die nun möglich gewordenen weltweiten Satelliten-Übertragungen beflügelten Ideen eines "globalen Dorfes", in dem die Möglichkeiten der Telekommunikation politische Grenzen überwinden würden.
Titel wie "Interstellar Overdrive" von Pink Floyd oder ""2000 Light Years From Home" von den Stones zeigen, dass der "Trip" sowohl in den "Inner Space" wie den "Outer Space" führte. Pioniergeist: "To boldly go where no man has gone before!" Bis zum Absturz von diesen Höhenflügen mit Drogenantrieb dauerte es keine vier Jahre. Immerhin "schaffte" es "Psychedelic Music" bis etwa 1974 und bis zu einem kleinen Revival in den 90ern.

Zurück zu den Hippies: die Hippiebewegung war wie das wahre Leben: voller Widersprüche. Sie trug meines Erachtens mehr zum rapiden kulturellen Wandel in den 60er und frühen 70er Jahren bei, als die viel geschmähten Lieblingssündenböcke alter und neuer Konservativer, die "´68er". Weil sie das Lebensgefühl veränderten.
Um 1970 war vieles aus dem Lebensstil der Hippies endgültig "Mainstream" geworden, es regte sich kaum noch jemand über lange Haare oder kurze Röcke auf. In (West-)Deutschland war das gegenüber der "Nachkriegszeit" (bis ca. 1962), aber auch gegenüber den "wilden" 60ern tolerantere und entspanntere gesellschaftliche Klima der 70er und 80er Jahre besonders auffällig. Dieses gelassen-lässiger, aber auch autonomere und individualistischere Lebensgefühl wurde sicher mehr vom "Hippie-Lifestyles" und der "Hippie-Mode" angestoßen, als von der (relativ kleinen) Minderheit der "´68er". Ohne die Hippies hätte es weder die Öko- noch die Friedensbewegung der 80er Jahre gegeben; selbst in der Hausbesetzerszene ging es deutlich "hippiesk" zu, auch wenn man sich (rein verbal) gern über "Althippies" lustig machte. Tatsächlich waren die Hippies die Wegbereiter sogar jener, die sie verachteten und kritisierten: der Skinheads und der Punks.

Samstag, 30. Juni 2007

"What is in a name?" oder: das Unterbewußtsein bombt mit

Würzburg. Über diese Stadt gäbe es viel zu sagen und Einiges zu lästern: Wo fängt der Norden an?. Für einen der Faktoren, die mich in Würzburg (im Gegensatz zu anderen Orten Mainfrankens) so unbehaglich fühlen ließen, können die Würzburger nichts: Dafür, dass die Würzburger Altstadt unwirklich-unecht wirkt. Denn Würzburgs "malerische Altstadt" ist fast völlig Nachbau. Weil, im Unterschied zu vielen anderen deutsche Altstädten, nach Sprengbomben und Brandbomben, nachdem der Feuersturm aus Mangel an brennbarem Material endlich erlosch, von "Wiederaufbau" oder auch "Rekonstruktion" keine Rede mehr sein konnte: Den Angriff vom 16. März überstanden in der Altstadt nur sechs Häuser an der Juliuspromenade und ein Haus in der Büttnergasse, alle wiesen erhebliche Brandschäden auf. Darüber, wie viele Häuser noch "wiederaufbauwürdig" waren, habe ich nichts gefunden - nach den Fotos der Würzburger Innenstadt nach dem Angriff zu urteilen, können es nicht allzu viele gewesen sein. Nach Dresden und Pforzheim war Würzburg die meistzerstörte Stadt Deutschlands. Und anders als in Dresden konzentrieren sich die Zerstörungen auf ein vergleichsweise kleines Areal. Wie Hoimar von Ditfurth in seinen Erinnerungen schrieb, gruppierten sich in Würzburg Anfang der 1950er Jahre weitgehend intakte Stadtteile um einen ausgebrannten schwarzen Kern, in dem die Stadtverwaltung, weil dort sowieso niemand mehr wohnte, gar keine Straßenbeleuchtung aufgestellt hatte.
Und in allzu vielen Fällen sind die "wiederaufgebauten" Häuser leider eine schlechte Kopie. Zum Glück lies man sich beim de facto Neubau der zu 98 % zerstörten Würzburger Residenz mehr Zeit (der Aufbau dauerte bis 1987). Das berühmte Treppenhaus mit den Fresken Tiepolos überstand dank einige glücklicher Umstände die Bombennacht - und dank eines umsichtigen
amerikanischer Kunstschutzoffizier, David Skilton, der (noch vor der deutschen Kapitulation!) für eine sofortige provisorische Abdeckung mit Zeltplanen sorgte und darauf hin ein Notdach errichten lies, das bereits ein halbes Jahr nach der Zerstörung die erhaltenen Gewölbe wieder überdeckte. Wozu, wie Vergleiche zeigen, 1945 für einen dieser lästigen "Eggheads", der sich anmaßten, sich wertvolles militärisches Material für irgendwelche alten Schuppen unter den Nagel zu reißen, Einiges an Zivilcourage und Beharrlichkeit gehörte.

Vieles zur Bombardierung Würzburgs am 16. März 1945 steht in der Wikipedia:
Würzburgs Bombardierung. Was nicht darin steht ist, warum Würzburg zerstört wurde.

Auch wenn einige "Antideutsche" das gerne anders sehen wollen: Der verheerende Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 war sinnlos und diente keinem strategischen Zweck. Dass den tapferen Männern der Royal Airforce Bomber Group No. 5 keine Verwürfe zu machen sind, gestehe ich ihnen aber ohne Zögern zu. Damals war, angesichts des ebenso offenkundig sinnlosen wie hartnäckigen deutschen Widerstand, unter alliierten Soldaten die Meinung weit verbreitet, der Krieg sei erst dann vorbei, wenn man auch den letzten Deutschen "unschädlich" gemacht hätte. Bei den ungefähr 5000 Menschen, die bei diesem Angriff umkamen, darf man nicht vergessen, dass es keine Luftschutzbunker gab (außer für den Gauleiter Otto Hellmuth ). Außerdem zeigt z. B. das Beispiel von Halle an der Saale, dass Städte, deren Stadtkommandanten gegenüber alliierten Truppen kapitulierten, vom Flächenbombardement verschont bleiben. Weil Würzburg auf der Liste der Ziele für Flächenbombardements eine geringe Priorität einnahm, hätte sich schon eine vorsichtige Kontaktaufnahme wahrscheinlich zugunsten der Stadt ausgewirkt.

Aber wieso um alles in der Welt wurde Würzburg am 8. Februar 1945 an 10. Stelle in die neu ergänzte Liste für "filler targets" aufgenommen und erhielt einen "fishcode" als für Flächenbombardements geeignete deutsche Stadt? Warum wurde, auch nachdem die strategisch bedeutsamen Ziele schon von den Amerikaner "erledigt" worden waren, ein volles Bombergeschwader, das auch noch als Elitegeschwader galt, gegen die Würzburger Innenstadt eingesetzt? Schließlich war Würzburg auch kein Ort mit hohem "Symbolwert", weder für Nazideutschland noch für die Alliierten.

Oder etwa doch?

Oft entschied reine Psychologie darüber, was "gebombt" wurde und was nicht. Rothenburg ob der Tauber geriet trotz seine als "kulturell unersetzlich" eingestuften Altstadt deshalb auf die "filler list" (Liste der Ersatzziele, die bombadiert wurden, wenn das eigentliche Ziel wegen Schlechtwetter oder massiver Gegenwehr nicht angegriffen werden konnte), weil bekannt war, dass die NSDAP dort vor 1933 besonders viele Wähler hatte und weil die Stadt in der Nazi-Propaganda ständig präsent war. Am 31. März 1945 wurden etwa 40 % der original erhaltenen Bausubstanz Rothenburgs durch den Angriff einer Staffel der 386. Bombardement Group der US-Luftwaffe beschädigt oder zerstört. Der Bombenangriff galt eigentlich einem Öllager im oberfränkischen Ebrach, dass wegen Vernebelung nicht angegriffen werden konnte.
Es ist der persönlichen Intervention des Leiter der Abteilung für Zivilangelegenheiten (engl. Civil Affairs Division) im Pentagon und späteren Hochkommisars der US-Besatzungszone, John Jay McCloy, beim zuständigen General Devers zu verdanken, dass das geplante Artilleriebombardement unterblieb. Andere "potenzielle Widerstandsnester" wurden in dieser Phase des Krieges ohne mit der Wimper zu zucken "plattgemacht". Das makaberste Beispiel: Am 10. April begann der amerikanische Artilleriebeschuss gegen das fränkische Dorf Ulsenheim. Normalerweise wurden spätestens in dieser Phase die weißen Flaggen gehisst - aber weil statt dessen deutsche Truppen als "Verstärkung" eintrafen, wurde das Dorf am 12. April durch ein amerikanisches Fliegergeschwader mit Phosphorbomben buchstäblich eingeäschert. Kein "Kriegsverbrechen", sondern eine psychologisch verständliche Reaktion. Die wirklichen "Mörder Ulsenheims" trugen deutsche Uniformen, und zwar nicht nur die der SS! (Ein SS-Mann, endlich auf dem Rückzug, hinterlies eine letzte Rechtfertigung: "Ich hab zu Hause auch nix mehr, da kommt es auf so ein lumpertes Frankendorf auch nicht mehr an". Quelle: Sonntagsblatt Bayern.) Auch auf Gollhofen und Herrnberchtheim kam es solchen "Helden" nicht mehr an, auf Hellmitzheim und Nenzenheim, Dornheim, Aub, Weigenheim: Ein Dorf nach dem anderen ging "dank" der "bis zum letzten Blutstropfen" sinnlos weiterkämpfen wollenden, immer noch "Führergläubigen" in Flammen auf.

Aber Würzburg hatte weder einen herausragenden Rang in der NS-Propaganda, noch war es ein potenzielles "Widerstandsnest", noch eine markante "Nazi-Hochburg". Aber es gab einen anderen, brutal zufälligen, aber zutiefst menschlichen, allzu-menschlichen, Grund für die alliierten Bomberpiloten, das Wort "Würzburg" nur mit hasserfülltem Unterton auszusprechen:
Der Physiker Freeman Dyson, im 2. Weltkrieg wissenschaftlicher Mitarbeiter beim britischen Bomberkommando, schrieb 1979 in seinen Erinnerungen "Disturbing the Universe" (dt. "Innenansichten"):
Ich verbrachte die letzten Monate, die der Krieg in Europa noch dauerte, weiter damit, mein Bestes zu tun, die Bomber sicher von ihren Einsätzen zurückzubringen. Doch im Verlauf der Wochen wurde es immer deutlicher, dass unsere Bombardierungen eine sinnlose Verschwendung menschlichen Lebens waren. Vier Wochen nach Dresden griffen wir die alte Bischofsstadt Würzburg an und zerstörten im bischöflichen Palais eine der schönsten Tiepolo-Decken Europas. Die Zerstörung von Würzburg erfüllte die Bomberbesatzungen mit besonderer Genugtuung, weil die tödlichen deutschen Zielsuch-Radars auch Würzburg-Radars genannt wurden. Niemand hatte sich die Mühe genommen, die Männer darüber aufzuklären, dass die Stadt ungefähr gleichviel mit diesen Radarsystemen zu tun hatte wie unsere Bisschofstadt Winchester mit der Winchesterbüchse.
(Hervorhebung von mir.)
Zum Glück irrte sich Dyson hinsichtlich der Tiepolo-Decken. Nachzutragen bleibt: Jeder Zweite der britischen Bomber kehrte nicht heim, insgesamt kamen 55.000 Flieger bei den Angriffen auf Deutschland um. Das Bomberkommando war der Truppenteil mit den prozentual meisten Gefallenen der britischen Streitkräfte. Aus diesem Grund gilt der Luftwaffen-Marschall Arthur "Bomber" Harris längst nicht bei allen Veteranen des "Strategic Bombing Command" der R.A.F. als Held.
Dyson gehörte zu einer Forschungsgruppe, die die Überlebenschancen der Besatzungen verbessern sollte - und deren Vorschläge frustrierend oft "von oben" abgelehnt wurden.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass schon die Auswahl der möglichen Ziele unbewusst vom Hass gegen das Würzburg-Radar beeinflusst wurde.

Mittwoch, 23. Mai 2007

Kulturgut Segelschiff

Sie trug 3047 Quadratmeter Segeltuch an ihren Rahen. Ironischerweise bedeutete ihr Name "Cutty Sark" im Schottland des 18. Jahrhunderts "kurzes Hemd". Doch der Name paßt. In Robert Burns 1791 geschriebenen Gedicht Tam o' Shanter gerät der Tam, als er betrunken nach hause reitet, in einen Ceilidh (keltisches Musik- und Tanzfest), auf dem Hexen tanzten. Unter ihnen war eine besonders schöne junge Hexe namens Nannie, bekleidet mit einem (zu) kurzem Hemd:
Her cutty sark, o' Paisley harn,
That while a lassie she had worn,
In longtitude tho' sorely scanty,
It was her best, and she was vauntie.
Ah! little kend thy reverend grannie
That sark she coft for her wee Nannie
Wi' twa pund Scots ('twas a' her riches)
Wad ever graced a dance of witches!
Cutty Sark
Clipper "Cuttty Sark" im Trockendock, Greenwich - Foto:pixelio.de

Bilder zum Brand der "Cutty Sark" vom "Guardian": Cutty Sark fire

Die nun bei Restaurierungsarbeiten ausgebrannte "Cutty Sark" ist ein britisches Nationaldenkmal, und zwar eines der sperrigen Sorte. Der 1869 in Dumbarton, Schottland, erbaute Teeclipper ist in mancher Hinsicht ein Art Gegendenkmal zur Victorianische Denkmalskultur, die sehr auf England fixiert, deutlich militärisch, unverfroren imperialistisch, sehr pompös und stets aus "Upper Class"-Perspektive angelegt war. In Großbritannien sind viele faszinierende Schiffe als Denkmäler konserviert worden - aber die berühmstesten dieser historischen Schiffe, von Nelsons Admiralsschiff "H.M.S. Victory", über die hölzernen Fregatten "H.M.S.Trincomalee" und "H.M.S. Unicorn" und die stählerne Fregatte "H.M.S. Warrior" bis zum Kreuzer "H.M.S. Belfast" aus den 2. Weltkrieg, sind Kriegsschiffe.
Der Ruhm der "Cutty Sark" lag darin, empfindlichen Tee in Rekordzeit von China nach Großbritannien gebracht zu haben - viel schneller und wirtschaftlicher, als es kohlenfressenden Dampfer ihrer Zeit geschaft hätten. Weil sie sowohl den amerikanischen wie den englischen Clippern davonsegelte, wurde sie zum Symbol schottischen Nationalstolzes. Nicht zufällig trug sie den Namen einer Gestalt aus einem Gedicht des "schottischen Nationaldichters" Burns, und in einer extrem "verklemmten" Zeit, in der es sogar verpönt war, in der Öffentlichkeit das Wort Hose auszusprechen, muß es ausgesprochen provokativ gewesen sein, ein Schiff nach einer erotischen Hexe zu benennen - das als Gallionsfigur auch noch eine hölzerne Plastik diese knapp bekleideten jungen Dame trägt!

Ihre Dauerhöchstgeschwindigkeit war 15 Knoten (28 km/h), bei sehr gutem Wind 18 kn (33.3 km/h), die Strecke China-Großbritannien schaffte sie in durchschnittlich 110 Tagen.
Aber diese glorreiche Zeit war kurz - nach der Eröffnung des Suezkanals 1869 konnten Dampfschiffe auf der kürzeren Route über das Mittelmeer in den fernen Osten fahren, für Segler war diese Route wegen der widerigen Windverhältnisse ungünstig. Die Teefahrten mit Clippern wurde unwirtschaftlich, ihre letzte Teereise unternahm die "Cutty Sark" 1875-76.
Auf der Langstrecke von und nach Australien konnten die Segelschiffe den Vorteil ihrer nahezu unbegrenzten Reichweite beinahe ein letztes Mal ausspielen. Bis 1895 segelte die "Cutty Sark" im australischen Wollhandel, später führ sie, unter portugiesischer Flagge bis 1921 vor allem nach Südamerika. Seitdem war sie zunächst britisches Schulschiff, seit 1954 liegt sie als Museumsschiff in einem Spezialdock in Greenwich.

Kann ein altes Schiff, über seinen Wert als Denkmal einer bestimmten Phase der technischen Entwicklung hinaus einen eigenständigen kulturellen Wert haben?
Ich erinnere mich an entsprechende Diskussionen, als in Hamburg der Verein "Windjammer für Hamburg" gegründet wurde. Als der Verein schließlich die "Rickmer Rickmers" auftriebt und aufwendig restaurieren ließ, da gab es heftige Kritik, weil der "rostige alte Kahn" zuwenig historischen Bezug zu Hamburg und zuwenig Originalität als technisches Denkmal hätte. Auch heute werde ich den Verdacht nicht los, dass viele Hamburger Kommunalpolitiker die Bedeutung dieses Schiffes ausschließlich in seinem Wert als Touristenattraktion sehen.
Und was schon für Hamburg gilt, das gilt erst recht für die "meerfernen" Teile Deutschlands. Alte Schiffe - ganz hübsch, aber keinesfalls mit historischen Bürgerhäusern, Kirchen, Schlössern zu vergleichen. Allenfalls Zeitdokumente, wie alte Fabriken eben.

In der alten Seefahrtsnation Großbritannien sieht man das glücklicherweise anders.

Zum Brand des Schiffes: BBC NEWS
Cutty Sark fire remains a mystery
Ananova: Cutty Sark probe 'inconclusive'
The Guardian: Police declare burned Cutty Sark stern a crime scene.

Allerdings rückt durch den - hoffentlich reparablen - Brand der "Cutty Sark" die Rettung des einzigen anderen erhaltenen Composite-Clippers, der 1864 gebauten "City of Adelaide", stärker ins öffentliche Bewußtsein. Diesem historischen Großsegler droht nämlich die Abwrackwerft: "A campaign to raise funds for a full restoration has so far failed to gain much ground with a final decision on whether or not to demolish the vessel expected later this month." The Age: Campaign to save Cutty Sark sister ship.

Ich habe gezögert, dieses Thema hier zu bloggen. Weil ich Angst hatte. Angst vor dem aus humanistischer Sicht allzu berechtigten Vorwurf, es sei zynisch, angesichts der Brandes eines alten Schiffs sozusagen in Tränen auszubrechen, wenn anderswo Menschen getötet, gefoltert, verfolgt, um elementare Menschenrechte betrogen werden - letzteres auch in Deutschland.

Überzeugt, es doch zu bloggen, hat mich eine kurze Notiz bei Che2000: Flames over Greenwich.

Samstag, 19. Mai 2007

Ludwig Roselius und seine "nordisch-völkische" Ideologie

Auch ich möchte nach besten Kräften die Erkenntnis fördern, dass die germanische Kunst der der anderen Völker nicht nur nicht nachsteht, sondern dass sie selbst schöpferisch war und in fremden Ländern wiederum Kunsterzeugnisse angeregt hat, die die Nachwelt irrtümlicherweise als selbstständige Schöpfungen der betroffenen Länder wertete. "Ex oriente lux!" heißt es immer. "Ex occidente lux", muss es heißen."
Ludwig Roselius, in einem Rundfunkinterview, 1932

Nach längerer Pause: die angekündigte Ergänzung zu "Ariosophische Bauten" zwischen Schonkaffee und Atlantis.

Der Bremer "Kaffeebaron" Ludwig Roselius hing einer nordisch-völkischen Ideologie an, die einerseits viele Überschneidungen zur NS-Ideologie aufwies, aber auch einige markante Abweichungen. Chrakteristisch war seine Rückbesinnung auf die niederdeutsche Kultur, die Sprache ebenso wie Kunst und Kunsthandwerk - wobei er interessanterweise und für "Völkische" eher untypisch, Anhänger des Freihandels und Amerikafreund war. Dreh- und Angelpunkt seiner Aktivitäten als Bauherr der Bötcherstraße, als Kunstsammler und als Mäzen war die fixe Idee einer "Urkultur" im Norden und der "Germanen" als "Kulturschaffer" und "Kulturverbreiter" - und dass das legendäre Atlantis Zentrum und Urheimat dieser nordischen Super-Zivilisation war.

"Ur-Kulturheimat" Niedersachsen
Roselius stand, trotz seine politisch konservativen und ökonomisch liberalen Einstellung, der Lebensreform-Bewegung nahe. Sein entkoffeinierter "Kaffee Hag" wurde als Reformkaffee vermarktet, sein erster Fabrikbau, entworfen vom Reformarchitekten Hugo Wagner, funktional und "lichtdurchflutet", setzte Maßstäbe für die moderne Industriearchitektur. Daher verwundert es nicht, dass der schon früh an niederdeutscher Volkskultur und "germanischer" Frühgeschichte Interessierte mit völkisch-esoterischen, theosophisch beeinflußten Lebensreformern in Kontakt kam und deren Gedankenwelt übernahm. Roselius scheinbar in sich widersprüchliche Weltanschauung vereinigte Schonkaffee, Lebensreform, Heimatkunst, Werkbundgedanken und Internationalismus mit völkisch-rassistischem Überlegenheitswahn.
So sehr die völkisch-germanischen Kreise auch von der arischen Urkultur aus dem Norden überzeugt waren, sie hatten ein Problem: gegenüber den imponierenden Hinterlassenschaffen der "orientalischen" Hochkulturen wirkten Hünengräber und die spärlichen Überreste frühgeschichtlicher Bauern kärglich. Der Augenschein sprach für die von ihnen so verachtete "Barbarentheorie", nach der erst die Römer die Zivilisation nördlich der Alpen verbreitetet hätten. Deshalb stürzte sich Roselius mit Begeisterung auf die Hinterlassenschaften der Nordischen Bronzezeit. Die Hinterlassenschaften dieser Kultur standen den zeitgleich entstandenen Artefakten der Hochkulturen des östlichen Mittelmeers und des Nahen Ostens in keiner Weise nach. Zu Roselius großer Freude reichten Ausläufer dieser süd-skandinavischen Kultur bis in seine engere norddeutsche Heimat. Beinahe selbstverständlich hielt er wie andere völkische Germanenschwärmer die allenfalls protogermanische Nordische Bronzezeit für "germanisch", wie er auch nicht zögerte, auch die Megalithkultur zu "germanisieren". Das von ihm gegründete "Väterkundemuseum" verband eine wertvolle Sammlung früh- und vorgeschichtlicher Funde mit einer wissenschaftlich wertlosen Geschichtsideologie.
Auch wenn die "Barbarentheorie" faktisch widerlegt war, reichte es ihm wie anderen Germanenschwärmern nicht aus, dass es im Norden "Kulturträger" gab - es mußten schon "Kulturschöpfer" und "Kulturbringer" sein, es mußten die Hochkulturen des Mittelmeeraums, Mesopotamiens, Ägyptens, Persiens, Indiens "nordischen" Ursprungs sein. Deshalb reichten ihnen nordeuropäische Hochkulturen, die wunderschöne Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände schufen, aber weder riesige Städte noch mächtige Reiche ereichteten, ebensowenig wie ein in mystischer Urzeit liegendes hyperboreisches Traumreich aus. Was sie wollten, war eine nordisch-germanische Hochkultur, gegen die das pharaonische Ägypten wie ein blasser Abklatsch gewirkt hätte. Das versunkene Atlantis bot sich dafür an.

Atlantis in der Nordsee
Die Idee von Atlantis als "Urheimat der Arier" und "Urheimat der Kultur" geht, wie so vieles andere in der "rechten" Esoterik, auf die Theosophie Helena Blavatskys zurück. Die Vorstellung, dieses Arier-Atlantis hätte im Norden Europas gelegen und wäre mit Thule oder dem aus der griechischen Mythologie bekannten Land der Hyperboreer identisch, stammte aus dem Umfeld der aus der Theosophie abgeleiteten Ariosophie. Ein fanatischer Anhänger dieser Idee war der zeitweilige "NS-Chefideologe" Alfred Rosenberg ("Der Mythus des 20. Jahrhunderts") - der in erbitterter Rivalität mit dem wichtigsten völkischen "Atlantis-Forscher" Herman Wirth stand. Wirths esoterische These einer matriarchalischen Ur-Kultur im Norden Europas fand bei den meisten Nazis wenig Anklang, mit der bezeichnenden Ausnahme des "Reichsführer SS" Heinrich Himmler. Wirth war es auch, der Atlantis mit Helgoland identifizierte. Er stand ab den 1920er Jahren in Kontakt zu Ludwig Roselius, den er für seine Thesen begeisterte. Wirth war Mitbegründer der Stiftung Ahnenerbe der SS. Die Helgoland-Atlantis-"Theorie" wurde seinerzeit in esoterischen Kreisen sehr populär, Norbert Willys Buch "Hilligenlei - Trümmer eines versunkenen Reiches" wurde viel gelesen, und Heinrich Pudor, Ariosoph und Menschenzuchtphantasien anhängender Lebensreformer, deklarierte 1931 in "Völker aus Gottes Athem" sein "Atlantis-Helgoland" zum "arisch-germanischen Rassenhochzucht- und Kolonisationsland". Heinrich Himmler ordnete ab 1936 mehrere Tauchexpeditionen des "Arnenerbes" an, die bei Helgoland nach Überresten des versunkenen Atlantis suchten. Jürgen Spanuth griff die Atlantis-Helgoland-Idee in der Nachkriegszeit wieder auf, allerdings in abgemilderter, "entschärfter" Form. Spanuth war der Ansicht, dass die Atlanter mit den Protogermanen der nordischen Bronzezeit gleichzusetzen seien. In rechtsextremen Kreisen und unter Neonazis ist das "nordische Atlantis" noch heute populär.
Roselius war ein eifriger und finanzkräftigsten Förderer der völkischen Atlantis-Schwärmer und setzte dieser fixen Idee mit dem "Haus Atlantis" ein beeindruckendes Bau-Denkmal.

Roselius - ein völkischer Transatlantiker
Im Unterschied zu anderen völkischen Germanenschwärmen und den meisten Vordenkern der Nazis war Roselius kein strammer Antiwestler.
Als Kaffeeimporteur hatte er andere Länder und Kulturen kennen und manchmal auch lieben gelernt. Sein besonderes Interesse galt Nordamerika. Er war genauso fasziniert wie abgestoßen von der unkomplizierten amerikanischen Mentalität. Er besuchte Henry Ford und Frederick W. Taylor, arbeitete eng mit dem damals noch lebensreformerisch orientierten Lebensmittelkonzern Kellogg's zusammen, der den US-Vertrieb von Kaffee Hag übernahm, und lernte von deren jeweiliger Unternehmensphilosophie. Schon bald errichtete er ein Kaffee-Hag-Zweigwerk in den Vereinigten Staaten.
Seine heute bizarr anmutende bremen-zentrische Weltanschung wurde durch die damaligen Verkehrsverhältnisse untermauert. Bremerhaven war in der damaligen Zeit, der großen Zeit der großen Transantlantikliner, die wichtigsten Umsteigestation zwischen den Weltstädten Berlin und New York. Einige der größten und schnellsten dieser Schiffe waren in Bremen beheimatet und auf bremischen Werften erbaut worden. Vor dem Aufstieg Rotterdams zum "Europort" lief der größte Teil des Überseehandels Kontinentaleuropas über Hamburg, Bremerhaven und Bremen. Ludwig Roselius sah sich in Bremen sozusagen im verkehrstechnischen Zentrum der Welt. Das verband sich nahtlos mit seiner festen Überzeugung, dass der Nordwesten Deutschlands ein uraltes kulturelles "Ausstrahlungszentrum" war, als Erbe des "germanischen Atlantis". Hier, in der Heimat der Angelsachsen, vermutete er die geistigen Wurzeln Englands und der USA.

Anders als die meisten Vordenker und Nachbeter der Nazi, anders auch als die meisten Vertreter der "Konservativen Revolution" und ihren "neurechten" Nachfolger träumte Roselius nicht von einem kontinentaleuropäischen, von Deutschland beherrschten Großraum oder gar von zu eroberndem Lebensraum im Osten. Sein Traum war ein "pangermanisches", von allen "germanischen Völkern" (zu denen er auch England und die "germanisch beherrschten" USA rechnete) gebildetes, weltumspannendes Reich. (Hitler bekam es dann fertig, sich beide eigentlich außschließende größenwahnsinnige Machtträume gleichzeitig zueigen zu machen und sie beide zu forcieren.)
Hitler lehte Roselius sicher nicht allein deswegen ab, da dieser sich lieber als Kunstmäzen und Bauherr betätigte, als, wie andere Industrielle, der NSDAP mit großzügigen Spenden unter die Arme zu greifen.(Hitler rechnete ihm einmal vor, dass er mit dem Geld, das Roselius in die Böttchergasse steckte, die Macht Jahre früher hätte erringen können.)

Trotzdem sollten man sich hüten, Roselius' Ideologie etwa als "bessere Alternative" oder auch nur als als "kleineres Übel" gegenüber dem Hitlerfaschismus zu sehen. Diese Weltanschauung war genau so totalitär, antisemitisch, rassistisch wie die der "typischen" Nazis. Ein "roselianisches" "Drittes Reich" wäre vielleicht weniger aggressiv gewesen, aber auch weniger realitätsfremd - und damit wahrscheinlich "erfolgreicher". Ein historischer Alptaum ganz eigener Art. Zum Glück hatte Roselius nicht den nötigen politischen Ehrgeiz, um seine Vorstellungen durchzusetzen.

Samstag, 12. Mai 2007

Hafengeburtstag in Hamburg: "He lücht!"

Hafen Hamburg
Tiefstehende Sonne über dem Hamburger Hafen - nicht am Hafengeburtstag aufgenommen!

"He lücht" - Das ist die inoffizielle hamburgische Berufsbezeichnung für die Hafenerklärer auf Hafenrundfahrtsbarkassen. Aus dem Plattdeutschen übersetzt heißt "He lücht!" - "Er lügt!" und das beschreibt genau das, was diese Hafenerklärer gern tun: den arglosen Hafenbesuchern eine Mischung aus Seemanngarn (von der Stärke einer Stahltrosse und der Länge des Äquators) und Bildzeitungstitelstory aufzubinden. Oder anders ausgedrückt: sie sind die lebenden Vorbilder Käpt'n Blaubärs.

Das färbt offensichtlich auch auf die Website des NDR über den 818. Hafengeburtstag ab. Es könnnte durchaus sein, dass der Hafengeburtstag "das größte Hafenfest" der Welt ist". Auszuschließen ist es immerhin nicht. Aber was hier im ersten Absatz steht: Wie alles entstand würde, auf einer Hafenbarkassen erzählt, den Ruf "He lücht!" nach sich ziehen.

Da heißt es:
Der Termin des Hafengeburtstages geht zurück auf Kaiser Friedrich Barbarossa. Dieser stellte den Hamburgern am 7. Mai 1189 einen Freibrief aus, der Schiffen auf der Elbe von der Stadt bis an die Nordsee Zollfreiheit gewährte. Dieser Freibrief gilt gemeinhin als die Geburtsstunde des Hamburger Hafens.
Wird gern geglaubt, ist aber falsch! Der "Freibrief des Kaisers Barbarossa" ist nämlich eine typische mittelalterliche Urkundenfälschung, was der Historiker Heinrich Reinke 1956 herausfand. Abgesehen davon hatte Hamburg von Anfang an, also schon von der sächsischen Siedlung aus dem 8. Jahrhundert an (die nebenbei bemerkt, schon lange vor der kurzlebigen Hammaburg bestand) einen Hafen gehabt. Also ist der Hafen mindestens 400 Jahre älter als 818. Immerhin: die selbstgemachte Zollfreiheit war einer der Faktoren, die Hamburgs Aufstieg zur Seehandelsmetropole begünstigten.
1977 befand der damalige Wirtschaftssenator Wilhelm Nölling, dass es an der Zeit sei, den Geburtstag des Hafens gemeinsam mit der Bevölkerung zu begehen.
Das ist nur die halbe Wahrheit: schon einmal, nämlich 1939, wurde die "Tradition des Hafengeburtstags" begründet - als typischer NS-Festtag, mit Aufmärschen und allem, was dazugehört. Erst 1977 war genügend Gras über diese eher peinliche Veranstaltung gewachsen, dass Nölling mit deutlichen Seitenblick auf den Tourismus den "Hafengeburtstag" anregte.

Obwohl ich ein ausgesprochener Seefahrts-Fan bin und mich gerne am Wasser aufhalte, halte ich mich vom Hafengeburtstag eher fern. Im Wesendlichen ist es ein überfüllter Rummelplatz am Hafenrand, Schiffsbesichtungen sind Geduldsproben, und das Rahmenprogramm ist jedes Jahr dasselbe. Eben was für Touristen oder Leute, die sowieso keinen Rummel auslassen.

Auf den Hafengeburtstag trifft sinngemäß das zu, was Harald Schmidt zur hochgejubelten, im Bau befindlichen Hafencity meint: "Der Hafen läuft auch ohne City".

Montag, 30. April 2007

Was zusammengehört ... (historische Gedanken zum 1. Mai)

Heute ist die Ansicht weit verbreitet, die Lebensreform, die seit dem später 19. Jahrhundert vor allem in Mittel- und Nordeuropa viele Anhänger hatte, als "bürgerliche Fluchtbewegung" zu betrachten - und in großen geistigen Abstand zur sozialistischen Arbeiterbewegung und den liberalen Sozialreformern zu sehen.

Bekannt ist, dass viele "Lebensreformer" einen starken Hang zur Esoterik theosophischen Machtart hatten. Nicht wenige orientierten sich deutlich in die völkische Richtung. Und es war kein "historischer Betriebsunfall", dass einige prominente Lebensreformer sich später den Nazi anschlossen.

Da überrascht es, wenn ausgerechnet der Jugendstilkünstler und Lebensreformer Hugo Höppener, besser bekannt als "Fidus", bekannt als völkischer Esoteriker, Gründungsmitglied der Germanischen Glaubens Gemeinschaft (GGG) und ab 1932 NSDAP-Mitglied Jahre zuvor für das SPD-Organ "Vorwärts" Titelgraphiken schuf:
Maifeier

oder für die Gründung anarcho-sozialistischer Kommunen warb:
Kommune

Fidus war kein Einzelfall. Wie viele seiner Mit-Lebensreformer reagierte er auf und agitierte gegen eine selbstgefällige, ungerechte, soziale Misstände großzügig "übersehende" bürgerliche Gesellschaft. Tatsächlich gehörten, so schien es, die drei freidenkerischen Traditionslinien - der soziale Liberalismus, die sozialistisch-sozialdemokratische Arbeiterbewegung und die "grün-alternative" Lebensreform - damals eng zusammen.

Der "Spaltpilz", der Fidus und andere Lebensreformer etwa ab 1910 in schroffen Gegensatz zu den "linken" und "links-liberalen" Sozialreformern brachte, war meiner Ansicht nach ihr Verhältnis zur Moderne. Ihre Anfälligkeit für inhumane Ideologien, dass sie bestimmte Aspekte der "Moderne" nicht nur kritisierten, sondern hassten.("Hass führt auf die dunkle Seite der Macht.") Ihre Kritik an der modernen Industriegesellschaft kippte in eine Gegnerschaft zur Moderne an sich um. Wobei das anti-rationale Weltbild der Theosophie, ihr Antimaterialsmus (alzu leicht verwechselt mit Idealismus) und ihre esoterische Einweihungshierarchie ein wesendtlicher Faktor war. Hinzu kam, dass die Lebensreformer immer detailiertere Utopien schufen und immer utopisch dachten - im Sinne eines "Generalplans für eine perfekte Gesellschaft". Utopisches Denken ist in der Konsequenz immer totalitär.

Eines der wichtigsten Ziele der Nazis war der Kampf gegen "die Moderne" - gegen die politische Moderne: Internationalismus, Liberalismus, Demokratie, Sozialismus - und auch gegen die kulturelle Moderne, vor allem auch gegen moderne Kunst. Obwohl die Nazi-Ideologie gerade für nonkonformistische Künstler und Lebens-Künstler extrem gefährlich war, unterstützten viele Lebensreformer die Nazis und ihre Steigbügelhalter aktiv und begeistert. Dass Künstler wie Emil Nolde sogar jener Partei beitraten, deren Obere seine Bilder wenig später als "entartet" brandmarkten und ihm Malverbot auflegten, dass vormalige Lebensreformer willig in der SS mitmachten, war Spätfolge der esoterischen und antimodernen Ausrichtung der Lebensreform. Sie war innerlich vergiftet, von theosophischer Esoterik, von völkischem Denken, von Industriefeindlichkeit, von Elitedenken, auch von Abneigung gegen den materialistischen Sozialismus - bei gleichzeitigem Anti-Kapitalismus.
Aber der schlimmste Abweg der Lebensreformer war die Ästhetisierung der Politik. Ohne die Ästhetisierung der Politik ist der Faschismus in all seinen Abarten meiner Ansicht nach kaum Verständlich.

Sicher trugen auch die weltanschauliche Entwicklung der liberalen und der sozialistischen Sozialreformer zur Entfremdung und sogar Feindschaft zwischen den drei freidenkerischen Traditionslinien bei. Genannt sei nur der Atheismus und eine oft unkritische Fortschrittsideologie.

Der Weg, der zusammenbringt, was zusammengehört, führt nicht über unkritisches, Gegensätze großzügig unter den "wir wollen doch alle eine menschlichere Gesellschaft" Teppich schiebenden Verbrüderungsdenken. Tatsächlich ist so ein Denken und Handeln gefährlich, denn es schaft Scharniere zwischen autoritären bis diktatorischen, jedenfall anti-emanzipatorischen, Gesellschaftsmodellen. Konkret: der Einstiegsweg für Rechtextremisten.
Deshalb sehe ich den Weg zur Wiedervereinigung der drei freidenkerischen Traditionslinien zu einem neuen Anfang in einem neuen Humanismus. Ein schwieriger Weg, denn es ist nicht einfach, esoterische Heilslehren zu bekämpfen, ohne in einen Anti-Spiritualismus zu verfallen. Aber ich vermute, dass der soziale Liberalismus, die sozialistisch-sozialdemokratische Arbeiterbewegung und die alternative Lebensreform, genügend humanistische Traditionen gemeinsam haben, um zugleich sinnvoll zusammenarbeiten und in-humane Denkweisen ausschließen zu können.
Es verblüfft mich, wie wenig diese drei Strömungen und ihre jeweils handelnden Personen von ihren eigenen aktuellen wie historischen Verbindungslinien wissen.

Ergänzung, um Mißverständnisse zu vermeiden:
Mit "freidenkerisch" meine ich "im Gegensatz zum religiösen Dogmatismus und zur von Obrigkeiten / Autoritäten verordneten Glaubens- Moral- und Verhaltensregeln stehend". Im Duden ist "freidenkerisch" etwas mißverständlich als "nicht weltanschaulich gebunden" definiert. Ich beziehe sich ausdrücklich nicht auf den atheistischen "Freidenker"-Begriff, wie er z. B. in der DDR gebräuchlich war. Und Kommentare, in denen ich in unflätiger Weise als etwas beschimpft werde, was ich mit Sicherheit nicht bin, werde ich weiterhin sofort löschen.

Sonntag, 29. April 2007

Bohrmuscheln nagen am Danewerk

Bohrmuscheln, in der Seemannssprache "Schiffsbohrwürmer" genannt, nagen in der Schlei bei Schleswig am größten erhaltenen Bauwerk der Wikingerzeit, dem Danewerk. Zu der hauptsächlich aus holzverstärkten Wällen bestehenden Verteidungsanlage gehört auch eine in der Schlei errichtete künstliche Meerenge aus 5 mal 5 Meter größen Holzblöcken. Ein nicht unter Schlick verborgener Teil ist nun bedroht.

Man könne nichts dagegen tun, sagte der Ostsee-Archäologe Willi Kramer. Durch die Zunahme an Stürmen sei in den vergangenen Jahren mehr Salzwasser aus der Ostsee in die Schlei gedrungen. Damit seien die Lebensbedingungen für den Schiffsbohrwurm viel attraktiver geworden. Die Bohrmuscheln können in salzarmen Wasser nicht überleben, weshalb es im salzarmen östlichen Teil der Ostsee viele gut erhaltene hölzerne Schiffswracks gibt. Die Bohrmuscheln selbst wurden in den Ballastwassertanks moderner Schiffe in die Schlei eingeschleppt, weshalb Sturmperioden vor dem 20. Jahrhundert für das Danewerk folgenlos blieben.

Die in Südjütland siedelnden Dänen hatten ab dem im 8. Jahrhundert einen Verteidigungswall quer durch das heutige Schleswig-Holstein gebaut. Ursprünglich war es eine eher bescheidene Wallanlage zum Schutz der Handelsverbindung zwischen Nord- und Ostsee gegen die im heutigen Holstein lebenden Sachsen und Westslawen, ab ungefähr 800 wurde das Danewerk zur Hauptverteidigungslinie gegen das karolinische Frankenreich ausgebaut, das im Zuge der Sachsenkriege bis zur dänischen Südgrenze expandiert war.

(Quelle: dpa, ergänzt durch eigene Recherchen)
Eine Bemerkung am Rande: Auch für diese dpa-Meldung gilt das Prinzip: "Nicht ohne meinen Klimawandel!" - Sie macht mit "Auch eine Folge des Klimawandels" auf. Was, siehe oben, allenfalls zum Teil stimmt.

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