Samstag, 12. Mai 2007

Hafengeburtstag in Hamburg: "He lücht!"

Hafen Hamburg
Tiefstehende Sonne über dem Hamburger Hafen - nicht am Hafengeburtstag aufgenommen!

"He lücht" - Das ist die inoffizielle hamburgische Berufsbezeichnung für die Hafenerklärer auf Hafenrundfahrtsbarkassen. Aus dem Plattdeutschen übersetzt heißt "He lücht!" - "Er lügt!" und das beschreibt genau das, was diese Hafenerklärer gern tun: den arglosen Hafenbesuchern eine Mischung aus Seemanngarn (von der Stärke einer Stahltrosse und der Länge des Äquators) und Bildzeitungstitelstory aufzubinden. Oder anders ausgedrückt: sie sind die lebenden Vorbilder Käpt'n Blaubärs.

Das färbt offensichtlich auch auf die Website des NDR über den 818. Hafengeburtstag ab. Es könnnte durchaus sein, dass der Hafengeburtstag "das größte Hafenfest" der Welt ist". Auszuschließen ist es immerhin nicht. Aber was hier im ersten Absatz steht: Wie alles entstand würde, auf einer Hafenbarkassen erzählt, den Ruf "He lücht!" nach sich ziehen.

Da heißt es:
Der Termin des Hafengeburtstages geht zurück auf Kaiser Friedrich Barbarossa. Dieser stellte den Hamburgern am 7. Mai 1189 einen Freibrief aus, der Schiffen auf der Elbe von der Stadt bis an die Nordsee Zollfreiheit gewährte. Dieser Freibrief gilt gemeinhin als die Geburtsstunde des Hamburger Hafens.
Wird gern geglaubt, ist aber falsch! Der "Freibrief des Kaisers Barbarossa" ist nämlich eine typische mittelalterliche Urkundenfälschung, was der Historiker Heinrich Reinke 1956 herausfand. Abgesehen davon hatte Hamburg von Anfang an, also schon von der sächsischen Siedlung aus dem 8. Jahrhundert an (die nebenbei bemerkt, schon lange vor der kurzlebigen Hammaburg bestand) einen Hafen gehabt. Also ist der Hafen mindestens 400 Jahre älter als 818. Immerhin: die selbstgemachte Zollfreiheit war einer der Faktoren, die Hamburgs Aufstieg zur Seehandelsmetropole begünstigten.
1977 befand der damalige Wirtschaftssenator Wilhelm Nölling, dass es an der Zeit sei, den Geburtstag des Hafens gemeinsam mit der Bevölkerung zu begehen.
Das ist nur die halbe Wahrheit: schon einmal, nämlich 1939, wurde die "Tradition des Hafengeburtstags" begründet - als typischer NS-Festtag, mit Aufmärschen und allem, was dazugehört. Erst 1977 war genügend Gras über diese eher peinliche Veranstaltung gewachsen, dass Nölling mit deutlichen Seitenblick auf den Tourismus den "Hafengeburtstag" anregte.

Obwohl ich ein ausgesprochener Seefahrts-Fan bin und mich gerne am Wasser aufhalte, halte ich mich vom Hafengeburtstag eher fern. Im Wesendlichen ist es ein überfüllter Rummelplatz am Hafenrand, Schiffsbesichtungen sind Geduldsproben, und das Rahmenprogramm ist jedes Jahr dasselbe. Eben was für Touristen oder Leute, die sowieso keinen Rummel auslassen.

Auf den Hafengeburtstag trifft sinngemäß das zu, was Harald Schmidt zur hochgejubelten, im Bau befindlichen Hafencity meint: "Der Hafen läuft auch ohne City".

Verfassungsfeinde an der Macht!

Es sieht leider so aus, als ob schon seit Jahren aktive Verfassungsfeinde die Bundes- und Landesregierungen unterwandert hätten. Hierzu in Udos Lawblog:Organisierte Kriminaliltät gegen die Verfassung

Martin Dolzer vom "Republikanischen Anwalts- und Anwältinnenverein" ist in einem "telepolis"-Interview der gleichen Ansicht: "Nicht die Schutzrechte der Menschen, sondern die staatlichen Abwehrrechte gegen die Bürger stehen im Vordergrund".

Das zeigt einige Dinge, die in der öffentlichen Debatte um den Abbau der Bürgerrechte gern übersehen werden:
  • Dr. Wolfgang "Seltsam" Schäuble ist nur ein besonders exponierter Vertreter einer paranoiden, die Bürger unter Generalverdacht stellenden, zutiefst autoritären "Sicherheitspolitik", aber solche Ansichten sind unter politischen Entscheidern und deren Beratern weit verbreitet - bis in die Oppostionsparteien hinein.
  • Ähnlich wie einst in der DDR haben die (vermeindlich) Mächtigen Angst vor dem eigenen Volk. Der politisch aktive Bürger wird zum Feindbild erklärt.
  • Die Angst vor Terroristen, Amokläufern, Randalierern usw. ist nur der "öffentlich vertretbare" Teil der Angst- und Schuldprojektionmechanismen - aber keineswegs "nur" Vorwand zum Türöffnen in Richtung Polizeistaat. Die Angst vor dem Wandel, die Angst vor dem Unverstandenen, die sich vor allem in der Angst vor "dem Internet" äußert, ist echt. Genau so echt wie die Angst vor "dem Fremden", die aus dem Konzept des "Kampf der Zivilisationen" spricht.
  • Die Entwicklung in Deutschland ist international gesehen kein Sonderfall. Interessanterweise scheinen sogar einst besonders liberale Demokratien wie Großbritannien, Dänemark, die Niederlande besonders anfällig für überwachungsstaatliche Tendenzen zu sein. Das zeigt sich auch in der Innenpolitik der USA.
  • Bisher gab es in Deutschland, bei allem Opportunismusund allen weit verbreiteten autoritären Einstellungen einen starken Abwehrreflex gegen diktatorische "Maßnahmen". Dieser Reflex ist erlahmt. Vermutlich ist Nazizeit zu lange her - und die DDR wird zu sehr verklärt und verniedlicht.
  • Hinzu kommt: die nackte Angst um die bürgerliche Existenz und die Angst vor scheinbar allgegenwärtigen Risiken, lähmt. Wer um das Existenzminimum kämpft oder auch "nur" in permanenter Sorge um den Arbeitsplatz lebt, dem fehlt die Energie zum Protest.
  • Viele, die an und für sich "Freunde der Freiheit" sein müßten, nämlich Liberale, neigen dazu, die "Marktwirtschaft" absolut zu setzen und über die individuellen Freiheitsrechte, die auf die Vertragsfreiheit reduziert wird.
  • Andere "Marktwirtschaftler" tuen nur so, als würden sie die Marktwirtschaft fördern. Faktisch streben sie eine oligopolistische Wirtschaftstruktur, abgesichtert durch autoritäre staatliche Strukturen, an.
  • Ebenso typisch wie für den Widerstand gegen den Polizeistaat verheerend sind die "Feindbildvereinheitlichungen": Auf der eher "sozialistischen" Seite werden in ihren politischen und ökonomischen Auffassungen sehr unterschiedliche Menschen und Interessengruppen pauschal in als "Neoliberale" (aus ihrem Mund ein Schimpfwort) eingeordent, für Anhänger des repressiven Staates sind alle Protestierer "Chaoten", "Radikalinskis", "Staatsfeinde" - wobei auch schon mal Nazis und autonome Linke in einen Sack geworfen werfen.
Trotz aller Panik vor der NPD: Schulterschlüsse und Übergänge zwischen "Linken" und "Nationalen" (deutschvölkischen) Positionen kommen vor; gemeinsame Feindbilder ("raffendes Kapitalital", US-Imperialismus) nebst (verdecktem) Antisemitismus und gemeinsame antiliberale Volksgemeinschafts-Ideen erweisen sich als tragfähige "Scharniere".
Auf der anderen Seite gibt es, in vermeindlich "demokratischen" konservativen Parteien, nicht wenig Politiker, die sich ohne Hemmungen Nazi-Gedankengut zueingen machen. Ein Beispiel vom NPD-Blog: Bayern: Rechts, Rechter - Regensburger CSU.

Angst macht Unfrei. Übrigens sind manche der geschürten Ängste beim näheren Hinsehen Resultat eines Bluffes. Der "Bundestrojaner" ist z. B. eine Mischung aus dem Wunschdenken ängstlich-überwachungsgeiler Politiker, Bluff- bzw. Panikmache und naiven Vorstellungen über die Fähigkeiten von Geheimdienstlern und Hackern. Die "Online-Durchsuchung" funktioniert nur, und zwar nur, als Einschüchterung. Es ist einfach zu einfach, geheime Daten vor noch so geschickten Hackern zu verbergen: Kryptographie, Steganographie oder ganz einfach nur externe Festplatten - was nicht "online" ist, kann auch nicht "online" durchsucht werden. Außerdem ist mehr als zweifelhaft, ob ein "Bundestrojaner" überhaupt funktionieren würde. Wenn eine Online-Überwachung überhaupt möglich ist, dann mittels individuellem Hackerangriff. (Wobei gerade der Chaos Computer Club nach meiner Ansicht dazu neigt, auf der "Gegenseite" jede Menge Elite-Hacker mit offensichtlich unendlich vielen Resourcen zu vermuten. Es gibt für meine Geschmack zu viele Verschwörungstheoretiker beim CCC.) Extremer Aufwand - z. B. Hackerangriff, technische Manipulation des heimischen PCs, Kryptanalyse mittels Supercomputern - kann, wie bei den "klassischen" Geheimdienstmethoden nur bei wenigen "Zielpersonen" getrieben werden. Deshalb auch die "Stasi"-ähnlichen Bemühungen, jeden auch nur potenziellen "abweichende" Verhalten zu kriminalisieren und zu unterbinden. Der breiten Masse wird suggeriert, sie habe A) wenn anstängig, nichts zu verbergen und B) alle Maßnahmen, doch etwas zu verbergen, seien sowieso vergeblich.)
Ich verweise der Einfachheit mal auf Burks.de: ONLINE-DURCHSUCHUNGEN, DIE 1001STE:
Der Koran, geile Titten und der Quelle-Katalog
.

Und auf den Deutschlandfunk, der der hat das getan, was deutsche Journalisten offensichtlich ungern machen: recherchiert. Brecheisen für den Bundestrojaner.

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