Montag, 22. Oktober 2007

Griechische Gedanken

Der Geburtstag einer guten Freundin brachte mich auf einen Gedanken, der mich nicht mehr los ließ: Wie wurde eigentlich Altgriechisch von den alten Griechen gesprochen?
Genauer gesagt, war es ein Lied Karans, eine Vertonung der Hymne an Aphrodite der Dichterin Sappho, das mich auf diesen Gedanken brachte.
Als ich Aphrodita zum ersten Mal hörte, war ich überrascht, wie sie das Altgriechische aussprach: nämlich neugriechisch.
Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, und spielte das Lied einem Griechen vor. Er meinte, die Sprache sei wohl Katharevousa, aber er hätte nie richtig diese "Bildungssprache" gelernt, die höchstens noch in der Kirche wichtig wäre.
Im Grunde beginnt das Problem schon bei der Aussprache des Namens der Dichterin: Σαπφώ oder in ihrer Sprache, dem aiolischen Griechisch Ψάπφα. Ich spreche ihren Namen rein vom Gefühl her in etwa [sapˈfɔː] aus, glaubt man "Wikipedia", dann ist die deutsche Aussprache: [ˈza(p)foː], also mit stimmhaftem "S". Die Aussprache von Σαπφώ (attisches Griechisch) wäre (klassisch) [sapˈpʰɔː], von Ψάπφα - aiolisches Griechisch, Aussprache (klassisch) [ˈpsappʰaː].

Und ich fragte mich, woher man wissen will, wie die alten Griechen gesprochen haben, schließlich gab es damals noch nicht einmal Schallplatten. (Ich habe neulich mit einem Zehnjährigen gesprochen, der meinte, die Schallplatte sei etwas, was die Leute "ganz, ganz früher" gehört hätten, also ein quasi antikes Medium. Was bestätigt, was mein Geschichtslehrer einst meinte: "Für die meisten Menschen ist alles "klassisch", was vor ihrer Geburt war".)

Der Wikipedia-Artikel über Altgriechische Sprache beantwortete diese Frage auch nicht, aber immerhin:
Hinweis: Die Schulaussprache des Altgriechischen der verschiedenen Lehrtraditionen weicht in allen Fällen von der mittlerweile erforschten Phonologie der Sprache erheblich ab.
Im heutigen Griechenland ist es üblich, Altgriechisch einfach wie modernes Griechisch auszusprechen - also hat Karan recht. Mehr jedenfalls, als wenn sie das Gedicht "Schulgriechisch" ausgesprochen hätte. Zumal es seit dem 2. Jahrhundert kaum mehr relevante Lautverschiebungen im Griechischen gegeben haben soll. "Biblisches" oder anderes post-klassisches Koiné-Griechisch wurde also schon in einer Weise ausgesprochen, die dem Neugriechischen schon in wesentlichen Punkten entsprach. (Koine - κοινή - war altgriechische Allgemeinsprache vom Hellenismus bis in die römische Kaiserzeit (etwa 300 v. u. Z. bis 600 u. Z. . Sie bildete sich dadurch, dass sich die unterschiedlichen Dialekte des Altgriechischen annäherten. Was wir "klassisches" Altgriechisch nennen, ist der ionische Dialekt, wie er im Athen um 400 v. u. Z. gesprochen wurde.)

Egal, wie es nun genau klang, als Sappho ihre Gedichte vortrug - dieser kleine Ausflug in die Sprachgeschichte erinnerte mich wieder daran, dass das, was wir über "alte Zeiten" zu wissen glauben, sich sehr von dem unterscheiden kann, wie es wirklich wahr. Wenn wir einen Bewohner Athens um 400 vor unserer Zeitrechung nach "Sokrates" gefragt hatten, hätte der nur verwundert die Augenbrauen gehoben (nicht etwa den Kopf geschüttelt und wahrscheinlich auch nicht den Kopf kurz in den Nacken gelegt und mit der Zunge geschnalzt, wie es moderne Griechen bei deutlicher Verneinung zur Verwirrung ahnungsloser deutscher Touristen machen).

Ein Demoaufruf, ein Tipp und ein Hinweis

Am 9. November (ausgerechnet dem "Schicksalstag der Deutschen" - Aufrufung der Republik 1918, Hitlerputsch 1923, Pogromnacht 1938, gescheitertes Attentat gegen Hitler 1940, Fall der Mauer 1989) wird der Bundestag über den "Gesetzesentwurf zur Neugestaltung der Telekommunikationsüberwachung" - und damit über die Vorratsdatenspeicherung - abstimmen.

Deshalb ruft der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft unter dem Motto: „Freiheit statt Angst - Für die Grundrechte!" zu bundesweiten Demonstrationen am 6. November 2007 auf: Pressemitteilung des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung vom 22.10.2007.
„Bundesweiter Demonstrationsaufruf zum Stopp der Vorratsdatenspeicherung"

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft unter dem Motto „Freiheit statt Angst - Für die Grundrechte!" zu bundesweiten Demonstrationen am 6. November 2007 auf, um die von der Koalition geplante Vorratsdatenspeicherung noch in letzter Minute zu stoppen.

Anlass für die Demonstrationen ist die Abstimmung des Deutschen Bundestags am 9. November über den Gesetzesentwurf zur Neugestaltung der Telekommunikationsüberwachung. Das Gesetz soll ab 2008 für Sicherheitsbehörden rückblickend über 6 Monate nachvollziehbar machen, wer wann mit welchen Adressen das Internet genutzt hat und wer mit wem per Telefon oder E-Mail Kontakt hatte, bei Handy-Nutzung einschließlich des Standorts. Diese Pläne der Regierungskoalition zur Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Beziehungen, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellen die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein furchtloses, selbstbestimmtes und privates Leben dar. Wir fordern die Abkehr von diesem verfassungswidrigen Generalangriff auf Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland.

Deshalb rufen wir alle Bürger auf, am 6. November von 17:00 bis 19:00 Uhr mit friedlichen Protesten vor Rathäusern und Regierungsgebäuden für unsere Grundrechte einzutreten. Die Kundgebungen knüpfen an die Berliner Großdemonstration vom 22. September an, welche mit 15.000 Teilnehmern die größte Bürgerrechtsdemonstration seit der deutschen Wiedervereinigung war. Wir wollen die Unverhältnismäßigkeit einer totalen Protokollierung jeglicher Telekommunikation nun in vielen deutschen Städten deutlich machen und appellieren an die Bevölkerung, mit ideenreichen Aktionen, Reden und schweigenden Mahnwachen die Einhaltung des Grundgesetzes von unserer Regierung einzufordern.

Demonstrationen sind bereits in Planung in Berlin, Bremen, Frankfurt am Main, Bonn, Köln, Leipzig, Karlsruhe, München und Münster. Weitere Städte sowie Einzelheiten werden auf der Internetplattform des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung abrufbar sein. Wir rufen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Kundgebungen auf, Grundgesetze, Kerzen, Fackeln oder Grablichter mitzubringen.
Dann einen Tipp: Internetzensur ist leider nicht nur in China ein Thema, sondern auch bei uns. Eine Möglichkeit, gängige Zensurversuche zu umgehen, ist die Verwendung von Open DNS. Eine Anleitung gibt es z. B. beim Chaos Computer Club.

Manchmal hilft es schon, anonym zu surfen, d. H. seine IP-Adresse zu verbergen. Einige Tipps für schnüffelsicheres Surfen und Mailen gibt im Privacy-Handbuch.

Allen, die immer noch glauben, sie hätten nichts zu verbergen und deshalb auch nichts zu befürchten, empfehle ich dringend, mal bei annalist vorbeizusehen. Sie beschreibt, wie der Alltag sieht, wenn man bei unseren Sicherheitsbehörden in den Verdacht gerät, doch mal "etwas" zu verbergen zu haben. (Via udos lawblog.)

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