Donnerstag, 10. Mai 2007

Bandlöcher - Persönliche Nachträge zum Thema Bücherverbrennung

Zum 10 Mai machte ich mir ein paar Gedanken zum traurigen Thema Bücherverbrennung. Offensichtlich gehört es zu den Themen, die mir nicht aus dem Kopf gehen wollen. Denn die Meinungsfreiheit ist (wieder mal) gefährdet - durch massive Einschüchterungs-Aktionen - anders kann ich die "Sicherheitsoffensive" im Vorfeld des G8-Gipfel nicht bezeichen. "Null Toleranz gegen Chaoten und Gewalttäter" nennt das der Hamburger Innensenator Udo Nagel. Was nachvollziehbar wäre. Wenn nicht die Großrazzien gegen Einrichtungen (nicht nur) der linksautonome Szene unübersehbar den Charakter eines hysterischen Rundumschlags hätte. Da sind ängstliche Angstmacher am Werk. Es geht nicht um das Risiko terroristischer Anschläge und es geht nur ganz am Rande darum, dass die geplanten Proteste sich gegen den G8-Gipfel richten. Es geht um den Protest an sich.

"Meinungsfreiheit" - wie wenig es die in der "freien Presse" gibt, beleuchtete schrill die Affäre um "Welt am Sonntag" Chefkommentator Alan Posener und seine Kritik an "Bild"-Chefredakteur Diekmann. Posener hatte mehr Mut als die meisten Berufskollegen, deshalb wurde sein Blogbeitrag gelöscht, und damit die internen Grenzen der Meinungsfreiheit offensichtlich. Sonst läuft das unsichtbar im "redaktionelle Vorfeld" oder gleich im Kopf ab.
Die Hierarchien und Interessen im realen Wirtschaftsleben hebeln die Meinungsfreiheit aus. Die Angst des Journalisten vor "beruflichen Konsequenzen" zieht Linientreue nach sich. Bücher, die nie geschrieben werden, brauchen nicht spektakalär verbrannt werden. So funktioniert "gelenkte Demokratie", und weißtyr nicht nur in Russland. (Mehr dazu bei MomoRules.)

2003, zum 70. Jahrestag der Bücherverbrennung, machte ich ein kleines Experiment: Ich nahm mir eine Liste der in der Nazizeit verbotenen Bücher zur Hand und entfernte alle Bücher aus meinen Bücherregalen, die auf dieser Liste standen.
Obwohl bei weitem die meisten der mir gehörenden Bücher erst nach 1945 erschienen ist, riss diese Aktion sichtbare Lücken in meinen Buchbestand.
Fast habe ich den Eindruck, die Nazis seien gegen Qualität allergisch gewesen, denn auffallend viele der von ihnen verbotenen Bücher sind literarisch herrausragend oder inhaltlich originell.
Womit sich der Kreis zu den Angstbeißern von heute schließt: Mittelmäßiges läßt sich einschätzen, literarisch Schlechtes als ohnehin irrelevant vom Tisch wischen - aber was über den persönlichen Horizont hinaus geht, das macht Angst, das wirkt sogar dann gefährlich, wenn es gar nicht gefährlich ist.
Es kommt noch etwas hinzu: die meisten Tyrannen sind und waren Populisten. Ihre Macht ziehen sie auf der Unterstützung durch die "breite Masse", die man sich im Extremfall von 1933 als "breite braune Masse" vorstellen muß. Konformismus, auch und gerade kultureller Art, ist der klebrige Schleim, der solche breiten Massen zusammenhält. Nannte man damals "gesundes Volksempfinden".

Ein weiteres Merkmal der Bücherverbrenner: es ist immer ein höchst symbolisch aufgeladener, "religiöser" Akt. Weshalb in sekulären Systemen lieber unauffällig eingestampft als öffentlich verbrannt wird.
Weshalb dann auch die erste Bücherverbrennung des 21. Jahrhunderts, nein, nicht von religiösen Fanatikern, sondern von in festen kulturellen Bahnen denkenden und von aus der Religion abgeleiteten Angstphantasien gequälte Menschen verübt.
Die wahrscheinlich erste Bücherverbrennung im 21. Jahrhundert betraf J. K. Rowlings „Harry Potter“. Pastor George Bender und Mitglieder der amerikanischen christlichen „Harvest Assembly of God“-Kirche in Pittsburgh verbrannten während eines „book burning“-Gottesdienstes im März 2001 Harry Potter-Bücher mit der Begründung, der neue Held unzähliger Leser verherrliche Zauberei und Hexentum.
Wikipedia.

Wie groß muß die Angst vor dem göttlichen Strafgericht und der Helfern des Teufels sein, wenn sogar Kinderbücher verbrannt werden? Wobei das Fatale ja ist, dass diese Menschen wirklich Angst um die Seelen ihrer Kinder haben.
Alte Ängste. Und ein altes Rezept der Angstbewältigung.

Wer Bücher verbrennt, verbrennt innerlich vor Angst.

"Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen"

Heute, am 10. Mai, ist der "Tag des Buches". Anlaß dieser Tages waren die öffentlichen Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933: Wikipedia:Bücherverbrennung 1933 - Shoa.de:Bücherverbrennung 1933.

Sie waren ein Höhepunkt der organisierten und systematisch vorbereiteten Verfolgung "unbequemer" Schriftsteller. In erster Linie marxististische, pazifististische und jüdischer Schriftsteller, aber nicht nur. Es konnte jeden Schriftsteller treffen, der Rückgrad zeigte, der darauf beharrte, selber zu denken, der seine Gedanken nicht vorzensierte. Jeden "Nicht-Opportunisten".

Und es war keine Kampagne des Propagandaministeriums, keine Inszenierung des diabolischen Dr. Goebbels, auch wenn er begeistert mitmachte. Die Aktion wurde von der Deutschen Studentenschaft geplant und durchgeführt. Und sie war kein historischer Einzelfall. Bei Weitem nicht! Ich empfehle den sehr ausführlichen Artikel Bücherverbrennung in der Wikipedia. Auch heute werden Bücher verbrannt. In den letzten Jahren mit steigender Tendenz. Und es bewahrheitet sich immer wieder auf's Neue, was Heinrich Heine schrieb:
"Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen."
(Almansor. Eine Tragödie, 1821) Seine Worte beziehen sich auf eine Verbrennung des Koran während der Eroberung des spanischen Granada durch christliche Ritter. Sie werden aber auch im Zusammenhang mit der Bücherverbrennung auf dem Wartburgfest 1817 gesehen, zu dem Heine schrieb:
Auf der Wartburg krächzte die Vergangenheit ihren obskuren Rabengesang, und bei Fackellicht wurden Dummheiten gesagt und getan, die des blödsinnigsten Mittelalters würdig waren! (…) Auf der Wartburg herrschte jener beschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Haß des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte als Bücher zu verbrennen! Ich sage Unwissenheit, denn in dieser Beziehung war jene frühere Opposition, die wir unter dem Namen "die Altdeutschen" kennen, noch großartiger als die neuere Opposition, obgleich diese nicht gar besonders durch Gelehrsamkeit glänzt. Eben derjenige, welcher das Bücherverbrennen auf der Wartburg in Vorschlag brachte, war auch zugleich das unwissendste Geschöpf, das je auf Erden turnte und altdeutsche Lesarten herausgab: wahrhaftig, dieses Subjekt hätte auch Bröders lateinische Grammatik ins Feuer werfen sollen!
(Heinrich Heine: Ludwig Börne. Eine Denkschrift. Viertes Buch, 1840)
Heine erkannte richtig: die Konsequenz aus dem Versuche, "unerwünschtes" und "unbequemes" Denken durch Vernichtung der Schriften der "unerwünschten" und "unbequemen" Denker zu eliminieren, führt zum Wunsch, auch die Denker selbst zu vernichten - und mit ihnen all jene, denen man auch nur "unbequemes" und "unerwünschtes" Denken zutraut. Eliminatorisches Denken ist in der Konsequenz immer möderisch.
Sein zweites Zitat deckt auf, in welcher Tradition die bücherverbrennenden Studenten des Jahres 1933 standen. Es zeigt deutlich: der Nationalsozialismus war kein historischer Betriebsunfall, und es war kein Zufall, dass der systematische, millionenfache Mord an "unerwünschten" Menschen, genannt "Holocaust" oder "Shoa" - wobei es wirklich kein Zufall war, dass Juden den Nazis-Mördern und ihren vielen willigen Helfern als besonders unerwünscht galten - von Deutschen verübt wurde.
Auf der Wartburg wurde gewissermaßen die Krematorien von Auschwitz angeheizt.
Damit man mich nicht falsch versteht: es gibt keine geschlosse Kausalkette, keine "historische Zwangsläufigkeit", keine "historische Schuld" (und schon gar keine "karmische Bestimmung") zwischen den Nationalromantikern des 19. und den Völkermördern des 20. Jahrhunderts. Aber damals wurden die geistigen Strukturen geschaffen, die "Denke" geprägt, die "Auschwitz" möglich machte.

Mit dieser Struktur meine ich die "Nationalromantik", die Idee vom "organisch gewachsenen Staat", die vom "deutsche Blut" und vor allem auch die Idee der "Kulturnation". Die Bücherverbrennungen auf der Wartburg ensprangen nicht zuletzt der Idee des einigende Bandes deutscher Kultur - und wer nicht dazugehören will, dessen Bücher werden verbrannt.

Typisch für die deutsche Nationalromantik ist, wie schon Heine wußte, ihr Hang, nationale Utopien in die ferne Vergangenheit zu projezieren. Zum Beispiel die "Varusschlacht" - im Jahre 9, als die Cherusker unter Arminius gegen drei römische Legionen siegten.
Für patriotische Deutsche war völlig klar, dass die “alten Germanen” durch die Bank “Deutsche” (und zwar national gesinnte Deutsche) waren. Und dass die bösen "Franzmänner" unter Napeoleon usw. zumindest die "Nachkommen" der "alten Römer" sind. Die Schlacht geriet geradezu zum Gründungsmythos Deutschlands - immerhin fast 900 Jahre, bevor zumindest einen Vorgängerstaat dessen, was man später "Deutschland" nennen sollte, gab.
Der Sieg war deshalb so “herrlich”, weil er ein Vernichtungssieg war. Generationen von Schulkindern wuchsen mit der Vorstellung auf, sie seine ein seit der grauen Vorzeit einheitliches Volk, in das “Uneinigkeit” nur durch äußere Einflüsse getragen wurde - ein “Fremder” ein “Einwanderer”, der nicht “vom richtigen Blute” ist, kann kein “wahrer Deutscher” sein.
Die "deutsche Indentität" wurde - und wird! - fast ausschließlich durch Abgrenzung gegenüber "den anderen" und durch "äußere Bedrohungen" hergestellt.

Im deutsche Nationalismus gilt nur die Vernichtung des Feindes wirklich als “Sieg” - “Hermann” (nicht zu verwechseln mit dem historischen Cheruskerfürsten Arminus) “lehrt uns, dass Kompromiss, Verständigung und sogar Gnade nichts als gefährliche Schwäche sind” und dass “wir Deutsche nur unsere Uneinigkeit fürchten müßen”.
Es gibt eine Tradition des “eliminatorischen Denkens”, gegenüber allen, die als “Volksfeinde”, als “außerhalb der Volksgemeinschaft” wahrgenommen werden. Die leider noch nicht gebrochen oder durch etwas Besseres ersetzt worden ist.

Auch nach dem Ende des Hitlerfaschismus bleib dieses Denken virulent. Sowohl die DDR wie die BRD funktionierten nur mittels Feindbilder, angsteinflößender äußerer Gegner, gegen die “wir” zusammenhalten müssen.
Seit 1989 sind die Feindbilder aus dem "Kalten Krieg" weg - und ich habe den Eindruck, dass sie vielen Deutschen fehlen.
Feindbildsuche gibt es auch in anderen Ländern, auch in solchen, die sich auf ihre liberale Tradition zurecht viel zugute halten. Aber ich habe den Eindruck, dass sie hierzulande besonders neurotische Züge annimmt. Am Auffälligsten ist das auf dem Feld der “Sicherheitspolitik” - ja, auch in anderen Ländern wird der “Krieg gegen den Terror” zum Vorwand genommen, Bürgerrechte ab- und einen Überwachungsstaat aufzubauen. Der Unterschied: in Deutschland ist das offensichtlich konsensstiftend.

Anläßlich der Bücherverbrennung vor 74 Jahren weise ich auf eine Veranstaltung in München hin: Brandfleck auf dem Königsplatz - MÜNCHEN liest - aus verbrannten Büchern. - München hat (im Gegensatz zu einigen anderen "Brandstädten") bis heute kein dauerhaftes Zeichen der Erinnerung an die in der ehemaligen "Hauptstadt der Bewegung" groß inszenierte Bücherverbrennung.

Leider gehört auch das zum Umfeld des "Tages des Buches": Ziel der Großrazzien gegen Gegner des G8-Gipfels waren unter anderem auch drei autonome Kulturzentren, die Rote Flora in Hamburg, das Künstlerhaus Bethanien und das Kulturzentrum Mehringhof in Berlin.
Ich bin kein Gegner des G8-Gipfels an sich, allerdings ein entschiedener Gegner des bizarren Angst-Abwehr-Apparates, genannt "Sicherheitsmaßnahmen".

Im Falle der "Roten Flora" kann ich sagen: Randale an der Roten Flora - das war mal. Und wer heute behauptet, die "alternativen Kulturzentren" seien Zentren der "gewaltbereiten Linken", der lebt geistig in den 80er Jahren, als die Hafenstraßenhäuser noch keine alternative Wohngenossenschaft waren. Da werden überholte Feindbilder reaktiviert. Weil "man" sich offenbar braucht - siehe oben!
Es ist auch kein Zufall, dass es gerade Kulturzentren trifft, denn
Kultur ist subversiv. Kultur ist gefährlich. Vor allem "alternative", "autonome", nicht staatlichen oder kommerziellen Vorgaben gehorchende Kultur. Wenn ein Staat das nicht mehr aushällt, dann werden nicht unbedingt Bücher verbrannt. Aber möglicherweise bald im Interesse der Sicherheit verboten.
Die Aktionen dienen, vemute ich, nicht in erster Linie der "Sicherheit des G8-Gipfels". Sie sind vor allem Machtdemonstrationen. Einschüchtern, damit "Ruhe im Land" herrscht. Teil der Erziehung zum Duckmäusertum.

Montag, 7. Mai 2007

Rankings: Wie bastel ich mir eine Spitzenposition?

DonAlphonso hat durchaus recht, wenn er erkennt: Rankings sind schei...lecht.

Rankings sind ein beliebtes Mittel der manipulativen Propaganda und nicht von ungefähr bei der bei Journalisten, die diese Berufsbezeichnung zurecht tragen, verrufenen INSM sehr beliebt. (Nebenbei: ich habe nicht den Eindruck, dass die INSM bei "den Liberalen" sehr beliebt ist. Und obwohl ich von dieser Lobby- und Manipulationsbude nichts halte, gebe ich Statler recht: für Verschwörungstheorien taugt sie auch nicht.) Bei den "Bissigen Liberalen" schrieb ich mal über ein besonders dreistes INSM-Ranking: INSM vergleicht Äpfel mit Birnen.

Rein marketing-technisch gesehen sind Rankings einfach ideal, denn sie sind preiswert - man braucht weder Umfragen noch Untersuchungen, man wertet ganz einfach vorhandene Statistiken aus. Außerdem läßt sich, vor allen bei "weichen" Faktoren wie "Lebensqualität in einer Stadt" oder "Investitionsfreundlichkeit einer Region", nahezu jedes Ergebnis durch geschickte Kriterienwahl herbeimanipulieren. Wenn man dann noch eine knallige Schlagzeile hinzufügt und Auswerteverfahren so transparent wie Milchglas hält, sind sie überaus öffentlichkeitswirksam.

Ein ganz einfaches Beispiel: Mindestens 10 deutsche Städte werden in mindestens 20 Rankings als jeweils "die grünste Stadt Deutschlands" bezeichnet. Und alle haben recht. Irgendwie.

Eines dieser Rankings stammt von der Zeitschrift "MensHealth" und fand ein breites Medienecho. Sie verglich die Grünflächen der 50 größten deutschen Städt und kam zum Ergebnis: Hannover ist die grünste Stadt Deutschlands.
Laut der Wartezimmerzeitschrift für den Mann sind folgende 10 Städte besonders "grün" (nicht politisch zu verstehen):
Grünanlagen in deutschen Städten
(in Prozent an der Gesamtstadtfläche):
1. Hannover 11,36
2. Magdeburg 10,10
3. Essen 9,20
4. Kassel 9,00
5. Köln 8,50
6. Oberhausen 7,60
7. München 7,47
8. Gelsenkirchen 6,90
9. Bremen 6,77
10. Hamburg 6,75
Ein doch überraschendes Ergebnis. Berlin, kürzlich in der "BILD" als "grünste Stadt Deutschlands" bezeichnet, liegt erst an Platz 13. ( 6,19 % Grünanlagen.) Rein vom optischen und subjektiven Eindruck und im direkten Vergleich, überrascht es mich, dass Köln "grüner" sein soll als Hamburg. Gelsenkirchen ist längst keine "graue" Industriestadt mehr, aber - ebenfalls vom optischen und subjektiven Eindruck her - wie eine Stadt "im Grünen" wirkt sich trotz ihrer vielen Parks nicht. Hingegen liegt Dresden, eine vom Eindruck her doch durchaus "grüne" Stadt, völlig abgeschlagen auf Rang 45 - mit mageren 2,01 % Grünanlagen.

Sehen wir uns die Kriterien mal an, z. B. hier: PR inside.
Die Zeitschrift stützt sich in der Erhebung auf Angaben der statistischen Landesämter. Gewerbliche Grünflächen sowie Sportplätze oder Friedhöfe wurden nicht berücksichtigt.
Damit ist klar: Städte, die wie Essen viele Parks haben, sind gegenüber Städten mit relativ viel innerstädtischem Wald, wie Berlin, in diesem Ranking im Vorteil. Wenn man nach der Gesamtzahl der Bäume im Stadtgebiet geht, ist Berlin mit Sicherheit die "grünste" Stadt.
Hamburg ist eine Stadt mit überraschend hohem Anteil an landwirtschaftlich genutzter Fläche - 25,4 %. Addiert man einfach die Erholungsflächen (7,9 % ) und Wälder (5,8 %) hinzu, kommt Hamburg auf unschlagbare 39,1 % "Grünfläche".

Also: Hamburg, Berlin, Hannover können alle mit vollem Recht den Titel "grünste Stadt Deutschlands" beanspruchen. Je nachdem, wie man "grün" definiert. Das ist das Geheimnis des Rankings.

Übrigens: Die Autoren des gern zitierten, von der europäischen Kommision in Auftrag gegebenen, Rankings der Großstädte nach "Lebensqualität" haben Städte in skandinavischen Ländern herabgestuft, "weil nun bewiesen ist, dass die ‚Winterdepression’ durch die kürzere Tageslichtzeit verursacht wird".
Der Föhn in den durchweg Spitzenplätze belegenden Städten am nördlichen Alpenrand oder die brennende Sonne im gut bewerteten Malaga gehen inkonsequenterweise nicht in dieses Ranking ein ...

Samstag, 5. Mai 2007

Panikerreger

Regelmäßige Leser meines Senfs wissen, dass ich mich schon des öfteren mit "Informationskampagnen" zu Gesundheitsthemen beschäftige, bei denen gewisse Zweifel daran angebracht sind, dass es dabei wirklich um die Gesundheit geht.
Reißerische Pressemeldungen im Stile von "100.000 Tote durch Vogelgrippe" haben gute Chancen bei den Medien - und in der Politik. Doch hinter knalligen Schlagzeilen verbergen sich oft PR-Kampagnen, initiert von "interessierter Seite".

In den vergangenen Wochen wurde buchstäblich eine dicke Sau durchs deutsche mediale Dorf getrieben: Deutsche sind die dicksten Europäer. Diese - offensichtlich gern geglaubte - Alarmmeldung ging auf eine "International Association for the Study of Obesity (IASO)" zurück. Es gibt allerdings deutliche Hinweise darauf, dass die IASO keineswegs "unabhängig" ist. hockeystick wendete die Regel: "Ein Blick auf die Homepage eines Instituts oder eines Experten kann verraten, wer hinter einem Einflüsterer steht oder wer ihn bezahlt" an, mit interessantem Ergebnis:
IASO Obesity Expert Forum: Founding Members

Abbott Laboratories
F. Hoffman-La Roche Ltd
Merck & Co, Inc
Pfizer
sanofi-aventis
Hierzu:
Gesundheits.blogger

Vorsicht Falle: Deckmantel Wissenschaft

Baron der Woche: Werner Bartens

Übrigens ist die Datengrundlage, auf die sich die vollmundige Vollfett-Behauptung stüzt, äußerst windig. Dahinter steckt das übliche Verfahren, mit dem vom interessierter Seite auch Rankings der "attraktivsten Standorte", "effizientesten Unis" oder "wirtschaftsfeindlichsten Behörden" produziert werden: Man nehme einfach irgendwelche verfügbaren nationalen Daten und vergliche diese irgendwie miteinander, bis man das erwünschte Ergebnis hat. Es ist aber enorm schwierig, wirklich belastbare Aussagen über verschiedene Länder hinweg zu bekommen.

Anderes Thema und buchstäblich ein Dauerbrenner: die neue Sonnenschutz-Sommerkampagne der Deutscher Krebshilfe und ADP.
Brennst Du?.
Neue Verpackung, alter Inhalt: einige alarmierenden Statisken - die Hautkrebszahlen steigen. Dass die Steigerungsrate sinken, was auf erfolgreiche Prävention hinweisen könnte, wird interessanterweise nicht als Erfolg verbucht. Würde ja auch den Gruseleffekt trüben, genau wie die seit Jahren sinkenden Zahlen der Hautkrebs-Todesfälle. Dazu ein paar Horrorzahlen über die Solariennutzung jugendlicher Mädchen, die laut Auskunft des in dieser Hinsicht glaubwürdigen Solarienverbandes stark überhöht bis frei erfunden sind. (In Hinblick auf die auch so tollen positiven Wirkungen von UV-Bestrahlungen ist allerdings eine große Portion Skepsis gegenüber den Angaben der Sonnenstudio-Lobby angebracht).
Ich vermute allerdings, dass der alarmistische Stil der Sonnenschutz-Kampagnen nicht allein PR-technische Gründe hat, sondern auch eine Spätfolge des Ozonloch-Schocks vor gut 25 Jahren ist. Ein sehr aufschlussreicher Artikel dazu, aus der "Weltwoche": Aufstieg und Fall des Ozonlochs

Ja, und da wäre noch diese Pressemeldung über Blasenkrebs:
Alle 20 Minuten erkrankt jemand in Deutschland an Blasenkrebs / Patienten-Informations-Tag in Bonn am 9. Mai 2007

Das gleichzeitig diese Pressemedung erschien, ist natürlich reiner Zufall:
GE Healthcare mit Hexvix® auf dem Weg zum Standard der Blasenkrebsdiagnostik / Fluoreszenzzystoskopie mit Hexvix® als Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) anerkannt

Donnerstag, 3. Mai 2007

Das Durchschnittsniveau der Hamburger Tageszeitungen wird enorm steigen

So könnte ein Hamburger Regierungssprecher den Wegzug der "BILD"-Redaktion nach Berlin als Erfolg der Medienpolitik verkaufen.

Wobei ich selbstverständlich nichts gegen den Wegzug der BILD-Redax aus Hamburg habe, auch wenn mir die entlassenen werdenden Mitarbeiter (nach solchen Standortverlagerungen gibt es erfahrungsgemäß unterm Strich weniger Mitarbeiter als vorher) leid tuen. Und erst recht die armen Berliner. Wo es in Berlin doch schon so viel geistige Umweltverschmutzung gibt).

Das entspricht genau dem Mechanismus, mit dem sich "unsere" Politiker die gesunkenene Arbeitslosenzahlen als Erfolg "ihrer" Politik zuschreiben. Egal, ob der "Erfolg" der Regierung Merkel oder der Regierung Schröder zugeschrieben wird. Sogar die völlig verkorksten "Hartz-Reformen" werden von Teilen der Jubelpresse wieder als erfolgreich hochgejubelt.
Allerdings ist der "Erfolg" bei Licht besehen gar nicht so spektakulär.
Die Zahl derjenigen, die in der Statistik als arbeitslos geführt werden, ist gesunken. Wobei von den ca. 800.000 Menschen die nicht mehr in der Statistik geführt werden, nur rund 600.000 neue Arbeitsplätze gefunden haben. Äh, was ist bitteschön mit den fehlenden 200.000 passiert?
Mal davon abgesehen: die strukturelle Arbeitslosigkeit, also die Arbeitslosigkeit derjenigen, die systematisch aus der Erwerbsgesellschaft ausgeschlossen werden, steigt immer noch an. Nichts Neues, das ist schon seit 40 Jahren so.

"Die Politik" hat mit den besseren Arbeitsmarktzahlen herzlich wenig zu tun, den Mitarbeiter einstellen können bekanntlich nur Unternehmen. Selbst auf die Rahmenbedingungen hat "die Poltik" nur recht beschränkten Einfluß.
Was passiert ist, ist nichts anderes, als dass Stellen, die in den vergangenen Jahren wegen niedriger Nachfrage abgebaut wurden, nun wegen stärkerer Nachfrage wieder aufgebaut werden. Das ist alles.

Mittwoch, 2. Mai 2007

SuperSize Me! - oder: die christliche Moral des Fressens

Dass es auf die Dauer nicht gesund ist, sich ausschließlich von Hamburgern & Fritten zu ernähren, ist eine Binsenwahrheit. Ebenso, dass Essen, bis der Magen sperrt und die Zunge hochkant steht, auf mittlere Sicht ein sicheres Rezept zum Aufbau erheblichen Übergewichtes ist.
Dass man sich aber als gesunder, schlanker junger Mensch innerhalb eines Monats mit den Produkten von "McDoof" nicht nur die Figur, sondern auch den Cholesterinspiegel, die Leber und die Potenz ruinieren könne, das war das Aufsehen erregende Ergebnis eines Selbstversuches Morgan Spurlock. Dokumentiert in Spurlocks erfolgreichem Film SuperSize Me, der z. Z. in einige 3. Fernsehprogramme zu sehen ist. (Z. B. heute Abend um 23.30 Uhr auf BR3 ).
Als der Film in die Kinos kam, kam auch Skepsis auf. Zum Beispiel bei meinem mich regelmäßig ob meines (unspektakulären) Übergewichts mahnenden Arzt, der zu SuperSize Me meinte: "In nur einem Monat geht das nicht! Allenfalls mit Anabolika." Ihm fiel auch auf, dass den genannte Anfangs-Cholesterinwert Spurlocks nicht "normal", sondern "sensationell niedrig" - und der nach dem Versuch "etwas erhöht, aber nicht auffällig" gewesen wäre.

Mit seiner Skepsis steht mein guter Doc nicht allein. Eine schwedische Studie, geleitet von Prof. Fredrik Nyströms, überprüfte die Folgen einer massiven Überernährung bei Bewegungsarmut unter Laborbedingungen. Dazu verdoppelten 18 Studenten ihre Kalorienzufuhr durch Fastfood und vermieden dabei sich zu bewegen. Die schwedischen Studie kam zu völlig anderen Ergebnissen als Super Size Me. Als größtes Problem bezeichneten die Versuchspersonen, die geforderten Kalorien zu verzehren. Zum Teil wurde Speiseöl getrunken (!), um auf die geforderte Kalorienzahl zu kommen. Die Gewichtszunahme war längst nicht so drastisch wie bei Spurlock - und vor allem: Nach Ende des Versuchs verloren alle Teilnehmer das Gewicht wieder "von selbst", d. h. ohne drastische Diäten, einfach durch normale Ernährung und Bewegung.
Nyströms Experiment an der Uni Nyköping, auf SZ-online: Fressen für die Forschung.
Zum selben Thema, auf der Website von D-Radio-Kultur: Supersize me revisited.
Interview auf D-Radio-Kultur mit dem Ernahrungswissenschaftler Dr. Pollmer über das schwedische Experiment (mp3): Mahlzeit!.
Pollmer auf "EU.L.E.n-Spiegel": Dickes Ende: Super Size Me.
Pollmer hat, wie mein Arzt, den Verdacht, dass Spurlook mit Anabolika "nachgeholfen" hätte. Leberfunktionsstörungen und Impotenz sind bekannte Nebenwirkungen massiven Anabolikamissbrauchs.

Pollmer kommt in seinem Artikel zu einem vernichtenden Fazit:
Nehmen wir einmal an, es wäre alles mit rechten Dingen zugegangen und Spurlock wäre „nur“ vier oder fünf Kilo schwerer geworden, ganz ohne Impotenz und Cholesterin: Dann hätte kein Hahn nach ihm gekräht und sein Film wäre allenfalls als das Werk eines Verrückten in die Filmgeschichte eingegangen. Das Publikum hat für jemanden, der sich mutwillig überfrisst – egal ob mit Fritten, Bratwürsten oder Schokoriegeln – nur stille Verachtung übrig. Wer auf die Medien spekuliert, braucht dramatische Befunde. Und was Studien nicht leisten, gelingt mit Kamera und Filmschnitt scheinbar mühelos.
Es ist tatsächlich möglich, sich mit "falscher Ernährung" auf lange Sicht die Gesundheit zu ruinieren. Soweit, so unstrittig. Was meiner Ansicht nach gern übersehen wird, ist, dass es meistens tieferliegende Ursachen hat, wenn sich jemand falsch ernährt: psychische Ursachen wie Depressionen oder chronischer Stress, körperliche Ursachen, z. B. im hormonellen Bereich, oder vielleicht auch frühkindliche Einflüsse, wie eine drastische Erziehung, ja bloß den Teller leer zu essen. Also Störungen der körperlichen Selbstwahrnehmung, wie beim genauen Gegenteil, der Magersucht. Und keine "Ernahrungssünden" (!) aus (moralischer?) "Schwäche" gegenüber der "Lust".
Woher diese Besessenheit, hinter jeder Krankheit erst mal den Faktor "falsche Ernährung" zu vermuten? Wenn man einschlägigen "Ratgebern" glaubt, gibt es angeblich keine Krankheit mehr, die nicht mit "gesunder Ernährung" vermeidbar wäre.

Pollmer hat da eine Erklärung, die mir sehr plausibel erscheint:
(...) Unser Geschmack ist keine böse Laune der Natur, er hat einen evolutionären Sinn. Freude am Essen ist überlebensnotwendig. Wenn wir unserer Natur entsprechend handeln, empfinden wir Freude, wie bei der Sexualität. Aber wir wittern hinter jedem Genuß Fallstricke des Teufels.
DIE WELT: Steckt dahinter protestantische Verzichtsethik?
Pollmer: Das christliche Denken nahm uns die Freude am Körper. Das Christentum kämpfte lange gegen antike Religionen, die das Wirken des Schöpfers nicht nur im Geistigen, sondern auch im Körperlichen sahen. Es forderte zum Sieg des Geistes über das böse Fleisch auf, über den eigenen Körper, die Sexualität, den Appetit...
DIE WELT: ...etwa nach der Devise: Wir essen, um zu existieren, unsere Existenz ist von der Erbsünde belastet, also ist Essen Gottesfrevel.
Pollmer: Genau. Erst die Entsagung bringt den Menschen dem verlorenen Paradies näher. Wenn Medien oder Experten über das Essen berichten, fällt das Wort "Eßsünde". Man muß sich das mal auf der Zunge zergehen lassen! Sünden bewirken Schuld, Schuld fordert Buße - und natürlich Schuldige, die bestraft werden müssen.
(Das ganze Interview, auf WELT-online: Der Körper holt es sich.)

Montag, 30. April 2007

Was zusammengehört ... (historische Gedanken zum 1. Mai)

Heute ist die Ansicht weit verbreitet, die Lebensreform, die seit dem später 19. Jahrhundert vor allem in Mittel- und Nordeuropa viele Anhänger hatte, als "bürgerliche Fluchtbewegung" zu betrachten - und in großen geistigen Abstand zur sozialistischen Arbeiterbewegung und den liberalen Sozialreformern zu sehen.

Bekannt ist, dass viele "Lebensreformer" einen starken Hang zur Esoterik theosophischen Machtart hatten. Nicht wenige orientierten sich deutlich in die völkische Richtung. Und es war kein "historischer Betriebsunfall", dass einige prominente Lebensreformer sich später den Nazi anschlossen.

Da überrascht es, wenn ausgerechnet der Jugendstilkünstler und Lebensreformer Hugo Höppener, besser bekannt als "Fidus", bekannt als völkischer Esoteriker, Gründungsmitglied der Germanischen Glaubens Gemeinschaft (GGG) und ab 1932 NSDAP-Mitglied Jahre zuvor für das SPD-Organ "Vorwärts" Titelgraphiken schuf:
Maifeier

oder für die Gründung anarcho-sozialistischer Kommunen warb:
Kommune

Fidus war kein Einzelfall. Wie viele seiner Mit-Lebensreformer reagierte er auf und agitierte gegen eine selbstgefällige, ungerechte, soziale Misstände großzügig "übersehende" bürgerliche Gesellschaft. Tatsächlich gehörten, so schien es, die drei freidenkerischen Traditionslinien - der soziale Liberalismus, die sozialistisch-sozialdemokratische Arbeiterbewegung und die "grün-alternative" Lebensreform - damals eng zusammen.

Der "Spaltpilz", der Fidus und andere Lebensreformer etwa ab 1910 in schroffen Gegensatz zu den "linken" und "links-liberalen" Sozialreformern brachte, war meiner Ansicht nach ihr Verhältnis zur Moderne. Ihre Anfälligkeit für inhumane Ideologien, dass sie bestimmte Aspekte der "Moderne" nicht nur kritisierten, sondern hassten.("Hass führt auf die dunkle Seite der Macht.") Ihre Kritik an der modernen Industriegesellschaft kippte in eine Gegnerschaft zur Moderne an sich um. Wobei das anti-rationale Weltbild der Theosophie, ihr Antimaterialsmus (alzu leicht verwechselt mit Idealismus) und ihre esoterische Einweihungshierarchie ein wesendtlicher Faktor war. Hinzu kam, dass die Lebensreformer immer detailiertere Utopien schufen und immer utopisch dachten - im Sinne eines "Generalplans für eine perfekte Gesellschaft". Utopisches Denken ist in der Konsequenz immer totalitär.

Eines der wichtigsten Ziele der Nazis war der Kampf gegen "die Moderne" - gegen die politische Moderne: Internationalismus, Liberalismus, Demokratie, Sozialismus - und auch gegen die kulturelle Moderne, vor allem auch gegen moderne Kunst. Obwohl die Nazi-Ideologie gerade für nonkonformistische Künstler und Lebens-Künstler extrem gefährlich war, unterstützten viele Lebensreformer die Nazis und ihre Steigbügelhalter aktiv und begeistert. Dass Künstler wie Emil Nolde sogar jener Partei beitraten, deren Obere seine Bilder wenig später als "entartet" brandmarkten und ihm Malverbot auflegten, dass vormalige Lebensreformer willig in der SS mitmachten, war Spätfolge der esoterischen und antimodernen Ausrichtung der Lebensreform. Sie war innerlich vergiftet, von theosophischer Esoterik, von völkischem Denken, von Industriefeindlichkeit, von Elitedenken, auch von Abneigung gegen den materialistischen Sozialismus - bei gleichzeitigem Anti-Kapitalismus.
Aber der schlimmste Abweg der Lebensreformer war die Ästhetisierung der Politik. Ohne die Ästhetisierung der Politik ist der Faschismus in all seinen Abarten meiner Ansicht nach kaum Verständlich.

Sicher trugen auch die weltanschauliche Entwicklung der liberalen und der sozialistischen Sozialreformer zur Entfremdung und sogar Feindschaft zwischen den drei freidenkerischen Traditionslinien bei. Genannt sei nur der Atheismus und eine oft unkritische Fortschrittsideologie.

Der Weg, der zusammenbringt, was zusammengehört, führt nicht über unkritisches, Gegensätze großzügig unter den "wir wollen doch alle eine menschlichere Gesellschaft" Teppich schiebenden Verbrüderungsdenken. Tatsächlich ist so ein Denken und Handeln gefährlich, denn es schaft Scharniere zwischen autoritären bis diktatorischen, jedenfall anti-emanzipatorischen, Gesellschaftsmodellen. Konkret: der Einstiegsweg für Rechtextremisten.
Deshalb sehe ich den Weg zur Wiedervereinigung der drei freidenkerischen Traditionslinien zu einem neuen Anfang in einem neuen Humanismus. Ein schwieriger Weg, denn es ist nicht einfach, esoterische Heilslehren zu bekämpfen, ohne in einen Anti-Spiritualismus zu verfallen. Aber ich vermute, dass der soziale Liberalismus, die sozialistisch-sozialdemokratische Arbeiterbewegung und die alternative Lebensreform, genügend humanistische Traditionen gemeinsam haben, um zugleich sinnvoll zusammenarbeiten und in-humane Denkweisen ausschließen zu können.
Es verblüfft mich, wie wenig diese drei Strömungen und ihre jeweils handelnden Personen von ihren eigenen aktuellen wie historischen Verbindungslinien wissen.

Ergänzung, um Mißverständnisse zu vermeiden:
Mit "freidenkerisch" meine ich "im Gegensatz zum religiösen Dogmatismus und zur von Obrigkeiten / Autoritäten verordneten Glaubens- Moral- und Verhaltensregeln stehend". Im Duden ist "freidenkerisch" etwas mißverständlich als "nicht weltanschaulich gebunden" definiert. Ich beziehe sich ausdrücklich nicht auf den atheistischen "Freidenker"-Begriff, wie er z. B. in der DDR gebräuchlich war. Und Kommentare, in denen ich in unflätiger Weise als etwas beschimpft werde, was ich mit Sicherheit nicht bin, werde ich weiterhin sofort löschen.

Sonntag, 29. April 2007

Bohrmuscheln nagen am Danewerk

Bohrmuscheln, in der Seemannssprache "Schiffsbohrwürmer" genannt, nagen in der Schlei bei Schleswig am größten erhaltenen Bauwerk der Wikingerzeit, dem Danewerk. Zu der hauptsächlich aus holzverstärkten Wällen bestehenden Verteidungsanlage gehört auch eine in der Schlei errichtete künstliche Meerenge aus 5 mal 5 Meter größen Holzblöcken. Ein nicht unter Schlick verborgener Teil ist nun bedroht.

Man könne nichts dagegen tun, sagte der Ostsee-Archäologe Willi Kramer. Durch die Zunahme an Stürmen sei in den vergangenen Jahren mehr Salzwasser aus der Ostsee in die Schlei gedrungen. Damit seien die Lebensbedingungen für den Schiffsbohrwurm viel attraktiver geworden. Die Bohrmuscheln können in salzarmen Wasser nicht überleben, weshalb es im salzarmen östlichen Teil der Ostsee viele gut erhaltene hölzerne Schiffswracks gibt. Die Bohrmuscheln selbst wurden in den Ballastwassertanks moderner Schiffe in die Schlei eingeschleppt, weshalb Sturmperioden vor dem 20. Jahrhundert für das Danewerk folgenlos blieben.

Die in Südjütland siedelnden Dänen hatten ab dem im 8. Jahrhundert einen Verteidigungswall quer durch das heutige Schleswig-Holstein gebaut. Ursprünglich war es eine eher bescheidene Wallanlage zum Schutz der Handelsverbindung zwischen Nord- und Ostsee gegen die im heutigen Holstein lebenden Sachsen und Westslawen, ab ungefähr 800 wurde das Danewerk zur Hauptverteidigungslinie gegen das karolinische Frankenreich ausgebaut, das im Zuge der Sachsenkriege bis zur dänischen Südgrenze expandiert war.

(Quelle: dpa, ergänzt durch eigene Recherchen)
Eine Bemerkung am Rande: Auch für diese dpa-Meldung gilt das Prinzip: "Nicht ohne meinen Klimawandel!" - Sie macht mit "Auch eine Folge des Klimawandels" auf. Was, siehe oben, allenfalls zum Teil stimmt.

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