Sonntag, 18. Februar 2007

Kein Schnee mehr auf dem Kilimandscharo

Es gibt einige Sachverhalte, die es nicht vertragen, wenn man sie zu sehr vereinfacht. Zum Beispiel der Klimawandel: Keine einfachen Wahrheiten.

Ein eingängiges Symbol der Erderwärmungs ist der schwindende Gletscher des Klimandscharo. Zwischen 1912 und 1989 verlor die Eiskappe des Haupgipfels Kibo etwa 75 % ihrer ursprünglichen Fläche und bis 2000 schrumpfte sie nochmals um fast 25%. Der "Schnee auf dem Kilimandscharo" ist also bald "Schnee von gestern". Dennoch ist die oft zu hörende Behauptung, aufgrund der gestiegenen Temperaturen würde der Gletscher abschmelzen, falsch. Was widerum nicht bedeutet, dass die schwindende Eiskappe des Kibo nichts mit gewandelten klimatischen Bedingungen zu tun hätte.

Einfach, aber hoffentlich nicht zu einfach ausgedrückt:
Es wird am Klimandscharo nicht wärmer. Die Messungen der Temperatur im ostafrikanischen Hochland zeigt im 20. Jahrhundert keinen Trend - es gab also weder eine Erwärmung noch eine Abkühlung. Auch die Satellitenmessungen zeigen seit ihrem Beginn 1979 keinen Erwärmungstrend der Region. Eine kontinuierliche Messung am Gletscher selbst gibt es erst seit relativ kurzer Zeit, die monatliche Durchschnittstemperatur beträgt -7,1 °C, mit nur geringfügigen Schwankungen. Nie wurde der Wert von -1,6° C überschritten. Das heißt: theoretisch dürfte es dort gar nicht tauen.
Der Gletscher geht aber zurück. Der entscheidende Faktor dabei ist die zunehmende Trockenheit.
Schon seit ca.1850 verändert sich das Klima in Ostafrika. Der Rückzug des Gletschers begann um 1880 als Folge eines abrupten Wechsels zu deutlich trockeneren Bedingungen. Es gibt weniger Niederschläge - also auch weniger Schnee, damit weniger "Nachschub" für den Gletscher. Es gibt außerdem weniger Wolken und dadurch mehr Sonneneinstrahlung. Durch die intensive Sonneneinstrahlung sublimiert das Eis, d. h. es geht direkt von festen Zustand in den gasförmigen Zustand über, ohne zu tauen - deshalb strömt auch nur wenig Gletscherwasser ins Tal. (Ein weiterer Faktor beim Gletscherrückgang könnte vulkanische Asche auf dem Gletschereis sein, dass die Rückstrahlung der Sonneneinstrahlung mindert. Auch vulkanische Aktivitäten - schließlich ist der Kilimandscharo einer der größten aktiven Vulkane der Erde - könnten ihren Teil zur Schmelze beitragen. Aber das sind eher Randfaktoren.)

Es hängt also durchaus am gewandelten Klima - nur, dass es nicht wärmer, sondern trockener wurde.
Möglicherweise haben auch lokale Veränderungen die Luftströmungen am Kilimandscharo beeinflusst, so dass weniger Feuchtigkeit von unten nach oben transportiert wird. Eine eventuell wichtige lokale Veränderung ist leider allzu gut aus vielen Teilen der Erde bekannt: Das Abholzen der Bäume am Berg.
Deshalb wird seit einiger Zeit am Kilimandscharo der noch vorhandene Höhen-Regenwald geschützt und in tiefer gelegenen, bereits gerodeten, Regionen aufgeforstet. In anderen von Trockenheit bedrohten Regionen Afrikas, z. B. in der Sahel-Zone hat man mit Aufforstung vielversprechende Ergebnisse im Kampf gegen die Versteppung erzielt - Bäume sind zwar keine "Regenmacher", sie haben aber guten Einfluß auf das örtliche Klima, vor allem die Leuffeuchtigkeit, und bieten Schutz vor Bodenerosion.
Aber für den Schnee auf dem Klimandscharo ist es wohl zu spät.

Berichte aus der Kilimandscharo-Region vom Verein "Bürgerpartnerschaft Dritte Welt Idstein e.V.".

Samstag, 17. Februar 2007

"No future!" oder ... Geschichte wird gemacht!

Einige Gedankensplitter - angeregt durch einen Artikel, den Volkmar vor einiger Zeit schrieb 1982 - 2007 - Veränderungen.

Das Erste, was mir zur "Zukunftsvisionen 1982" einfällt, ist paradoxerweise der alte Punk-Slogan "No Future!" - Auf der ersten Blick überraschend: nach meinen höchst subjektiven Erinnerungen an "80er" gab es eine auffällig große Schnittmenge zwischen der Punkern und Science-Fiction-Fans. Das läßt nicht unbedingt auf ein Desinteresse an der Zukunft oder an Glaube die (damals in der Tat besonders weit verbreiteten) Weltuntergangsängste schließen. (Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, dass eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Punk-Szene Chefredakteur der auflagenstärksten Science-Fiction-Romanserie des uns bekannten Universums ist.)
Was könnte "No Future" für die Punks der frühen '80er bedeutet haben? Angesichts des ausgeprägten Nonkonformismus und des krassen Individualismus dieser bunten Szene gibt es dafür vermutlich mehr Antworten als es jemals Punks gegeben hat.

Eine mögliche Bedeutung von "No Future!" ist die Absage an das übliche lineare Modell der Zeit - die Zukunft gibt es gar nicht. Hierzu mehr hier Orakelzeit, hier No Future - Warum das Germanische keine Zukunft hat und hier: Im Zeitstrom des Lebens. Eine andere, vielleicht Naheliegendere: "Die Sorte "Zukunft" die "Ihr" uns zugedacht habt, die woll'n wir nicht!" - Etwas großkotzig formuliert: Utopiekritik. Was nebenbei auch die punkige Vorliebe für Science Fiction erklären könnte - denn SF ist nicht zuletzt utopiekritische Literatur. Es ist bestimmt kein Zufall, dass die wichtigste neue Richtung der SF der '80er (und seither) Cyberpunk genannt wurde (ungeachtet der vielfältigen Bedeutungen und Nebenbedeutungen, die "punk" im Englischen hat). Die "Cyberpunk"-SF schilderte jedenfalls eine Zukunft, die den den Erwartungen und Ängsten zumindest einer großen Minderheit in den damaligen "linksalternativen", autonomen, non-konformistischen "Szenen" entsprach.
Es war aber auch die Zeit der (unabsichtlich einen bedeutenden Denker beleidigenden) "Popper", die sich bestenfalls Gedanken über die eigene Zukunft machten - und auch die Zeit einer dumpf-technikfeindlichen Gesinnung auf dem "rechten", "Blut und Chlorophyll"-Flügel der damaligen Umwelt- & Alternativ-Bewegung, die die "Zukunft" eher in der vorindustriellen und voraufgeklärten Vergangenheit sahen. (In den Medien ob seiner gewissen optischen Originalität damals präsentester Vertreter der "Braun-Grünen": Öko-Bauer Baldur Springmann, heute bei den "Grünen" zurecht verdrängt und eher ein Idol der inwändig Tiefbraunen:
Springmanns Todesanzeige in der
Todesanzeige in der "Nordischen Zeitung", Organ der vom Neo-Nazi-Multifunktionär Jürgen Rieger geführten "Artgemeinschaft" - man beachte das originelle Datum "nach Stonehenge!"


In der DDR dürfte "No Future!" eine besonders brisante Bedeutung gehabt haben, denn dort herrschte staatlich verordneter Optimismus und hochgradiger Verplanung des Lebens des Einzelnen (von Ostalgikern gern als "Sicherheit und Geborgenheit" ver-rosabrillt) und ein politisches und ökonomisches System, das seinen eigenen Ansprüchen immer weniger gerecht wurde. Es erforderte viel Mut, in der DDR "Punker" zu sein.

Zum Lebensgefühl 1982 fällt mir persönlich ein Song ein, der damals in den Charts war, obwohl er schon 1980 erschienen war und der der größte Erfolg der Band "Fehlfarben" war, obwohl (oder weil?) er für diese Band einigermaßen untypisch ist. Besonders beliebt war der Song bei "irgendwie" links-autonom oder anarchistisch Politisierten und An-Politisierten, vor allem in der Hausbesetzerszene und bei ihren Sympathisanten. In der Presse wurde das Stück sogar als Hausbesetzerhymne bezeichnet Aus den Text spricht eine Weltsicht, die sich - wie die des Cyberpunks - als erstaunlich realistisch erwiesen hat: Ein Jahr besser bekannt als: Es geht voran.

Keine Atempause - Geschichte wird gemacht!
Es geht voran!
Spacelabs fall'n auf Inseln. Vergessen macht Frei!
Es geht voran!
Berge explodieren. Schuld hat der Präsident!
Es geht voran!
Graue Helden regieren - regieren bald die Welt!
Es geht voran!

Natürlich ist der Text vieldeutig. Und er ist zeitbezogen - "Spacelabs fall´n auf Inseln" bezieht sich wahrscheinlich auf den Absturz der US-Raumstation Skylab im Pazifik 1979, und "Berge explodieren" auf den Ausbruch des Vulkans Mont Sanct Helen. Man kann aber ohne Weiteres andere schlagzeilenträchtige Katastrophen einsetzen.

Ich interpretierte den Text damals als Persiflage auf das "Politikersprech", das "Sachfragen-Handlungsbedarf"-Geschnurre vor Fernsehkameras und die markigen Sprüche, die geistige Windstille kaschierten. Heute bin ich mir dessen nicht mehr sicher. "Vergessen macht frei" könnte z. B. das heimliche Motto der deutschen Gesellschaft sein - gezieltes "Vergessen" und Vergessen machen, wohlgemerkt - was sich weistyr nicht nur auf die Nazizeit beschränkt. Ein hochselektives Gedächtnis ist unverzichtbares Zubehör der deutschen "Eliten" und jener, die es gerne wären. Bei "Schuld hat der Präsident" denke ich heute an pauschale Schuldzuweisungen an (unbeliebte) Politiker. (Bezogen auf heute: nicht hinter allem, was in dieser Welt schief geht, steht George Walker Bush jr. . Entgegen anti-amerikanischer Gerüchte ist der Mann nicht allmächtig. Er benimmt sich nur manchmal so, als ob er es wäre.)

Und was war 1982 noch?

1982 war "Internationales Jahr der Mobilisierung von Sanktionen gegen Südafrika" - Boykott-Kampagne "kauft keine Früchte der Apartheit!".
Es war das Jahr eines der absurdesten Kriege der jüngeren Geschichte, des Falklandkrieges zwischen Argentinien und Großbritannien.
Einen anderen und leider wohl unvermeindlichen Krieg führte Israel: den ersten Libanonkrieg.
Helmut Kohl (CDU) wurde nach einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) zum neuen Regierungschef gewählt - und blieb es, blieb es, blieb es ... - für 16 lange Jahre.
In Polen wurde die freie Gewerkschaft Solidarność verboten.

In der BRD tobt ein Heimcomputerboom. Commodore bringt den C64 auf den Markt, IBMs erster PC unter PC-DOS (wie das bei einem Fremdanbieter, einer kleinen Softwareklitsche namen Microsoft, eingekaufte Betriebssystem MS-DOS bei IBM verschämt genannt wurde) setzt sich überraschend schnell in den Büros durch und verhilft Microsoft zum kommerziellen Durchbruch.
Ja, und auch erste Computervirus verbreitete sich in diesem Jahr. Nein, ich meine nicht Microsoft DOS.
Die ersten CD-Player kommen auf den Markt.
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1982 in Spanien gewinnt im Finale Italien mit 3:1 gegen die BR Deutschland (die sich buchstäblich ins Finale gemogelt hatte - keine Sternstunde des deutschen Fußballs).

Das Erfolgsalbum "Thriller" von Michael Jackson, der damals noch in etwa menschenähnlich aussah, erschien. ABBA löste sich auf, dafür wurde die beste Band der Welt, "Die Ärzte", gegründet. Die "Neue Deutsche Welle" schwappte durch die deutschen Plattenläden. Und der Punk-Rock erreichte den Höhepunkt seiner Popularität.

Die "Concorde" bekam, nachdem sie schon auf Routen nach Südamerika und Singapore eingesetzt worden war, nach zähen Verhandlungen Landeerlaubnis in New York.
Concorde
Die "Concorde" im Technikmuseum Sinsheim. Quelle: PixelQuelle

Filme aus 1982, die ich mag:
"Blade Runner" – Regie: Ridley Scott (mit Harrison Ford und Rutger Hauer, nach Philip K. Dick)
"Gandhi" – Regie: Richard Attenborough (mit Ben Kingsley)
"Mephisto" - Regie: István Szabó nach dem Roman von Klaus Mann
"Fitzcarraldo" - Regie: Werner Herzog (mit herrlich fiesem Klaus Kinsky)
"Die Götter müssen verrückt sein" – Regie: Jamie Uys
"Der Kontrakt des Zeichners" – Regie: Peter Greenaway (mit Anthony Higgins)
"Die Sehnsucht der Veronika Voss" – Regie: Rainer Werner Fassbinder
"Tote tragen keine Karos" – Regie: Carl Reiner (mit Steve Martin - "Cleaning woman! Grrrch - cleaaaniiing wooomaan!" - und Rachel Ward ))

Hits von damals, die mir noch (angenehm) im Ohr sind (Nicole war eher unangenehm, trotz Eurovisions-Preis):
Orchestral Manoeuvres in the Dark: Maid Of Orleans
Falco: Der Kommissar
Kraftwerk: Das Model
The Jam: The Beat Surrender
Vangelis: Chariots Of Fire
The Police: Don't Stand So Close To Me
(Ja, alles Mainstream - aber wie gesagt: Hits!)

Es starben (unverschämt subjektiv ausgewählt):
Philip K. Dick, US-amerikanischer SF-Schriftsteller (2. März)
Ayn Rand, US-amerikanische SF-Schriftstellerin, oft fälschlicherweise für eine politische Philosophin gehalten (6. März)
Carl Orff, deutscher Komponist und Musik-Pädagoge (29. März)
Helene Deutsch, österreichisch-polnische-amerikanische Psychoanalytikerin (29. März)
Robert Havemann, deutscher Chemiker, Kommunist und Regimekritiker in der DDR (9. April)
Rainer Werner Fassbinder, deutscher Regisseur (10. Juni)
Karl von Frisch, östereichischer Biologe, Zoologe, Nobelpreisträger (12. Juni)
Curd Jürgens, deutscher Bühnen- und Filmschauspieler (18. Juni)
Alexander Mitscherlich, deutscher Arzt, Psychoanalytiker und Schriftsteller (26. Juni)
Adolf Portmann, schweizer Zoologe und Naturphilosoph (28. Juni)
Hal Foster, amerikanischer Pionier der "Graphic Novell" ("Prince Vaillant" "Prinz Eisenherz") (25. Juli)
Otto Bayer, deutscher Chemiker (1. August)
Henry Fonda, US-amerikanischer Filmschauspieler (12. August)
Stanford Moore, US-amerikanischer Biochemiker und Nobelpreisträger (23. August)
Ingrid Bergman, schwedische Schauspielerin (29. August)
Nahum Goldmann, Gründer und Präsident des Jüdischen Weltkongresses (29. August)
Grace Kelly, US-amerikanische Schauspielerin, Fürstin von Monaco (14. September)
Glenn Gould, kanadischer Pianist, Komponist, Musikautor (4. Oktober)
Jacques Tati, französischer Komiker und Regisseur (4. November)
Leonid Iljitsch "Betonschädel" Breschnew, Parteichef der KPdSU der Sowjetunion (10. November)
Marty Feldman, britischer Komiker, Autor und Regisseur (4. Dezember)
John Leonard Swigert, amerikanischer Astronaut (Apollo 13) (27. Dezember)

Freitag, 16. Februar 2007

Anthroposophische Medizin - "Netzwerkarbeit" statt Wirksamkeitsnachweis

An und für sich bin ich ein Anhänger naturheilkundlicher Heilverfahren und komplementärer Medizin. Aber nicht selten empfielt es sich sehr, so scharfen Kritikern der Naturheilkunde wie der GWUP Aufmerksamkeit zu schenken: GWUP Aktuell: Medikamente ohne Wirksamkeitsnachweis nicht auf Kosten der Allgemeinheit.

Es sieht nämlich ganz so aus, als ob die wachsende Anerkennung der Naturheilkunde (und unter ihr ganz besonders der Anthroposophischen Medizin) weniger auf dem Nachweis der Wirksamkeit als auf geschickter Netzwerk- und Lobbyarbeit zurückzuführen ist. Medikamente ohne Wirksamkeitsnachweis.
Besonders hervorgetan hat sich in dem Bemühen der offiziellen Anerkennung dieser so genannten "Naturheilverfahren" ein Hamburger Versicherungskaufmann, Thomas Martens, der 1984 die „SecurVita - Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte mbH" gründete.
Die SecurVita ist extrem prozessfreudig - z. B. gegen die Zeitschrift "Öko-Test", die bemerkte, dass das alternativ-ökologischen Image nicht so ganz den Tatsachen entsprach. SecurVita betreibt u. A. eine eigene Krankenkasse, eine Investmentgesellschaft und ein Reiseunternehmen. Sie ist auch bestens "vernetzt", z. B. mit Greenpeace und dem BUND.

Mittlerweile tritt die SecurVita in einem Verbund mit Organisationen an, die zusammen rund 2,6 Millionen Mitglieder vertreten: B.A.U.M., Bioland, BUND, Demeter, Deutscher Hausfrauen-Bund, Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, Deutscher Tierschutzbund, Deutsche Umwelthilfe, foodwatch, GLS-Gemeinschaftsbank, Germanwatch, Greenpeace Deutschland, Mehr Demokratie, NABU, Netzwerk Recherche, Transparency International Deutschland, WWF Deutschland und Zukunftsstiftung Landwirtschaft in der GLS Treuhand. Diese Organisationen genießen - meistens wohl zurecht - einen guten Ruf, von dem Securvita profitiert. (Ich sehe die SecurVita in der Position eines klassischen "Image-Abstaubers".)
Kritik an der SecurVita und dem deutlich Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit der "alternativen Versicherung" ist selten, z. B. beim Infomarkt des SWR: Krankenkasse verzögert Behandlungszusage.

Aus meiner Sicht besonders interessant ist, dass SecurVita, GLS, Weleda, foodwatch, etc. zum Weltverständnis der Anthroposophen gehören. Also eine eindeutig "esoterische" Grundlange haben, und zwar eine, die wegen rassistischer und stramm autoritärer Ideologiebestandteile zurecht umstritten ist. Hervorzuheben ist z. B. die Wurzelrassenlehre, die nach wie vor in der antrophosophischen Lehre eine entscheidende Rolle spielt, obwohl heute die gröbsten Rassismen aus der Öffentlichkeit verschwunden sind.

Über Nachrichten wie "Anthroposophische Medizin jetzt auf IKK-Card" sollte man sich auch Freund naturheilkundlicher Verfahren nicht uneingeschränkt freuen. Weil z. B. das Modellprojekt der IKK Hamburg, das anscheinend eine "lang anhaltende Besserung" des Gesundheitszustandes der Patienten durch anthroposophische Methoden nachweist, wissenschaftlich-kritischen Ansprüchen nicht genügt. Statt dessen gibt es einen Binnenkonsens, in dem nicht unabhängige Gutachter prüfen, sondern gleich gesinnte Kollegen.
Ob die untersuchten Methoden wirklich helfen oder nicht bleibt leider zweifelhaft.

Allerdings kann ich die "Fundamentalkritik" der GWUP an unorthodoxer Heilmethoden nicht teilen. Längst nicht alle Studien, die für die Wirksamkeit z. B. eines so "unwissenschaftlichen" Verfahrens wie der Akupunktur sprechen, beruhen auf Binnenkonsens und Gefälligkeitsgutachten.

Und außerdem sind Hersteller, die "alternative" Medikamente fragwürdiger Wirksamkeit anbieten, auf dem Feld der Bereicherung auf Kosten der Gesundheit der Patienten "kleine Fische". Die "dicken Fische" sind "nicht alternative" Pharmaunternehmen, die mitunter tödliche Risiken und Nebenwirkungen ihrer nachweislich hochwirksamen Medikamente zugunsten "gesunder Geschäft"e verheimlichen: BooCompany - Eli Lilly: Für ein paar Milliarden Dollar mehr.

Keine einfache Wahrheiten

Statler (der von S & W) entdeckte in der "Sunday Times" einen interessanten Artikel zum Klimawandel: Werft Eure Winterjacken noch nicht weg, denn ...
Im Kern geht es um die schon längst bekannte Tatsache, dass es in der östlichen Antarktis in den letzten Jahrzehnten zunehmend kälter geworden ist. Statler leitet daraus eine "klimaskeptische" Polemik in Richtung Al Gore ab.
Allerdings ist das Klimasystem der Erde kompliziert und chaotisch. Zu kompliziert und chaotisch für einfache Wahrheiten. Egal, ob sie, wie bei Al Gore einfach "unbequem" oder, wie bei vielen "Klimaskeptikern" allzu einfach bequem sind. (Den Sonderfall "einfach gekauft" - von ExxonMobile, der Braunkohle-Lobby oder sonstigen Fossilien - behandele ich ausdrücklich nicht.)

Sehen wir uns mal eine Karte der Temperaturentwicklung auf der Erdoberfläche 1978 - 2003 an. Sie stammt aus dem Jahr 2004, nur als kleiner Hinweis darauf, dass die Erkenntnis aus dem Sunday Times Artikel nicht ganz neu ist. Die in dieser Karte dargestellten Trends haben sich auch nach 2003 fortgesetzt, d. h. die Darstellung ist nach wie vor gültig. Die Karte wurde anhand von Satellitenmessungen gewonnen und stimmt nach Angaben der Autoren völlig mit Beobachtungen von Wetterballons und den umfangreichen Bodenstationen in Regionen wie Nordamerika, Russland, Europa, China und Australien überein.

Temperaturentwicklung 1978 - 2003
Quelle: Quelle: Global Temperature Report 1978 - 2003

Wie man mühelos erkennt: in der Ost-Antarktis sind die Temperaturen tatsächlich erheblich gefallen (blau gekennzeichnet). Was man aber auch erkennt: den höchsten Temperaturanstieg gab es auf der genau antipodal liegenden Region, nämlich in der zentralen kanadischen Arktis (rot gekennzeichnet) - genau jene Region, in der die Eisbären schmelzen die Eisdecke im Winter dramatisch zurückging.
Im Beobachtungszeitraum stieg gemäß dieser Auswertung die Durchschnittstemperatur auf der Erde um durchschnittlich ca. 0,2 Grad an. Es gibt auch Studien, die zu einem höheren Anstieg kommen - dazu weiter unten mehr.
Die regionalen Unterschiede der Erwärmung bzw. Abkühlung ist sehr unterschiedlich, die "globale Erwärmung" findet hauptsächlich im nördlichsten Drittel unseres Planeten statt. In den Tropen gab es kaum Temperaturänderungen. Interessant auch die Unterschiede in der Antarktis selbst: in nördlichen Teil der Westantarktis kam es zu einer leichten Erwärmung. Allerdings dürften die dort beobachteten dramatischen Eisabbrüche nicht allein auf höhere Temperaturen, sondern auch auf Änderungen der Niederschlagsmengen, der Bewölkung, der Meeresströmungen und weiterer Faktoren zurückzuführen sein. Es ist eben nicht ganz einfach.

Dr. John Christy und Dr. Roy Spencer, die Autoren der der Karte zugrunde liegenden Studie, verteidigen "ihren" in Vergleich zu anderen Studien geringeren Temperaturanstieg damit, dass die Bodenstationen, auf deren Beobachtungen sich fast alle Studien zur Temperaturentwicklung stützen, sehr dünn auf der Erde verteilt liegen. Tatsächlich wird, laut Internetseite des GISS der NASA, aus nur ca. 2000 Messstationen der Welttemperaturtrend ermittelt. Riesige Gebiete der Ozeane, Regenwälder, Wüsten und Eisgebiete sind ohne Messstationen. Ihre Temperaturtrends werden also in Wirklichkeit nur geschätzt. Fehler sind also unvermeidlich. Die Satellitenmessungen stellen also einen Fortschritt dar - obwohl es auch bei Satellitenmessungen zu Fehlern kommen kann.
Problematisch sind meines Erachtens die "klimaskeptischen" Schlußfolgerungen Christys und Spencers. Es mag sein, dass die Temperaturänderungen m Großen und Ganzen innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite lagen, aber 25 Jahre sind ein recht kurzer Zeitraum, wenn es um Klimaentwicklungen geht - und man kann ihre Daten auch anders interpretieren. Sie stimmen gut mit einigen Klimamodellen überein, die schon lange die deutlichste Erwärmung vor allem in den nördlichen Polargebieten voraussagen
Es stimmt wohl leider auch, dass die Auswirkungen des Kyoto-Protokolls auf das zukünftige Klima gleich Null wären - was allerdings nicht bedeutet, dass es nicht sinnvoll wäre, so wenig fossile Energieträger wie möglich zu verbrennen.

In Einem hat Statler natürlich recht: der derzeitige warme Winter hat mit dem langfristigen Klimatrend so wenig zu tun, wie der letzte, kalte und schneereiche Winter. Von daher ist wenig sinnvoll, die Winterjacke im Vertrauen auf die Klimaerwärmung wegzuwerfen.

Mittwoch, 14. Februar 2007

Was wirklich wichtig ist - und in den Medien unterging

Wie jedes Jahr stellt die Initiative Nachrichtenaufklärung die Top 10 der in deutschen Medien vernachlässigten Themen des Jahres 2006 vor:

Platz 1: Fehlende Therapieplätze für Medikamentenabhängige
(Die Therapie von Drogen- und Alkoholabhängigen ist öffentliches Thema, während das Problem der Medikamentenabhängkeit weitgehend verdrängt wird - weshalb Mißstände in der Therapie auch nicht ans Licht der Öffentlichkeit dringen.)

Platz 2: Über eine Million politische Gefangene in China – unmenschliche Haftbedingungen und Organhandel?
(Dass es Menschenrechtsverletzungen in China gibt, ist in der Öffentlichkeit zwar bekannt, das ungeheure Ausmaß wird aber von Wirtschaftsmeldungen über den "China-Boom" oder der Vorfreude auf die olympischen Spiele 2008 in Peking verdrängt - sehr zur Freude der zensurfreudigen chinesischen Regierung.)

Platz 3: Stromfresser Internet
(Gemeint ist vor allem die schlechte Energieeffizienz der Rechenzentren / Serverfarmen. Bis 2010 wird der Betrieb des Internets in Deutschland, wenn sich an der mangelnden Effizienz der Rechner nichts ändert, die Leistung dreier großer Kraftwerke - z. B. Kernkraftwerke vom Typ Biblis - benötigen. Auf Verbraucherseite gibt es eine Energieeffizienz-Diskussion, auf Serverseite nicht.)

Platz 4: Biowaffen aus dem Internet
(Die Gensequenzen für gefährliche Krankheitserreger können frei über Versandhandel von GenTech-Unternehmen erworben werden - natürlich auch von den Biowaffen-Labors interessierter aufstrebender Regionalmächte.)

Platz 5: Wenn Insider Alarm schlagen - Whistleblower haben in Deutschland einen schweren Stand
(Missstände in Unternehmen werden oft erst dadurch bekannt, dass Mitarbeiter sich an die Öffentlichkeit wenden. Im internationalen Vergleich haben es so genannte Whistleblower in Deutschland jedoch schwer. Sie werden nicht nur als Denunzianten hingestellt, sondern haben auch – anders als etwa in den USA oder in Großbritannien - keinen besonderen Rechtsschutz.)

Platz 6: Keine Zukunft für die Sahrauis (Westsahara)
(Die Sahrauis leben seit mehr als dreißig Jahren in Flüchtlingslagern in der Westsahara. Marokko blockiert jede Bemühung, den Konflikt mit der Befreiungsbewegung Polisario öffentlich werden zu lassen - leider mit Erfolg. Die UNO versucht vergeblich die Konflikt-Parteien zu einer Lösung zu führen. Hilfsorganisationen wie Medico International ziehen sich zurück.)

Platz 7: MEADS: Auf welche Berater verließ sich die Bundesregierung?
(Laut einem WDR-Fernsehbeitrag hat die rot-grüne Regierung vor ihrer Entscheidung, das umstrittene Raketen-Abwehrsystem MEADS mitzufinanzieren, drei Politikberater konsultiert, die Verbindungen zum beteiligten EADS-Konzern hatten. Also ein klarer Fall von Böcken als Gärtner bzw. "Selbstbedienung". Eine weiter gehende Berichterstattung, eine Überprüfung der vorgelegten Analysen oder eine breite öffentliche Diskussion über die Notwendigkeit des Rüstungsprojekts stehen aus.)

Platz 8: Agrarsubventionen: EU verhindert rechtzeitige öffentliche Debatte
( Von den Medien weitgehend unbemerkt, hat die EU auf Druck einiger Mitgliedsstaaten mittlerweile die Pflicht zur Veröffentlichung der Agrarbeihilfen auf das Jahr 2009 verschoben, obwohl im Jahr 2008 eine Neuverhandlung des EU-Haushalts und der Agrarsubventionen geplant ist. Offenbar möchte man verhindern, dass Informationen bereits vor der Neuaushandlung des EU-Agrarhaushalts ans Licht kommen.)

Platz 9: Öl-Konzern hintertreibt Klimaschutzpolitik
(ExxonMobil betreibt intensive Lobbyarbeit in Brüssel und in Deutschland, um eine Lockerung der Klimaschutzprotokolle zu erreichen. Deutsche Medien haben darüber kaum berichtet. Nach der Verleihung des Worst EU Lobby Awards 2006 an Exxon Mobil Mitte Dezember hat sich das allerdings etwas verbessert.)

Platz 10: Pauschale Bonitätsprüfung bei Kreditinstituten
(Kreditinstitute bewerten Kunden zunehmend mit undurchsichtigen Scoring-Verfahren. Pauschale Kriterien wie die Wohngegend und das Alter bestimmen mit über die Kreditwürdigkeit eines Kunden. Dabei bleibt die tatsächliche Zahlungsfähigkeit des Kunden unberücksichtigt. Diese Praxis ist dem Publikum kaum bekannt, da Medien darüber wenig berichten.)

Montag, 12. Februar 2007

Happy Birthday, Charles Darwin!

Es gibt nur wenige Wissenschaftler, die die Welt grundlegend veränderten. Charles Darwin gehört dazu.
hpd-online: Charles Darwin

Obwohl das "runde" Jubiläum erst in zwei Jahren stattfinden wird - Charles Darwin wurde am 12. Februar 1809 in Shrewsbury, im westlichen Mittelengland, geboren - ist das Anlass zu einigen Gedanken.

Der "Darwin Day" ist in den USA ein beliebter Anlass, um mit Humor, Pop und guten Argumenten gegen Wissenschaftsfeindlichkeit zu streiten, die dort vor allem von einflußreichen christlichen Fundamentalisten verbreitet wird. Der Streit um den Kreationismus - das Wörtlichnehmen des biblischen Schöpfungsmythos - und um seinen pseudowissenschaftlichen Ableger "Intelligent Design" ist nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Wobei es ja kein Problem wäre, wenn die Kreationisten nur an die biblische Mythologie glauben würden - das Problem liegt darin, dass sie empirisch erhärtete Tatsachen, die im Widerspruch zu ihrer Interpretation des Mythos stehen (wohlgemerkt: nicht dem Mythos an sich) unterdrücken wollen.
In Deutschland ist das bisher zum Glück noch kein großes Problem. Obwohl Wissenschaftsfeindlichkeit des Typs "es kann nicht sein, weil es nicht sein darf, und wenn die bösen Wissenschaftler darauf hinweisen, dass es doch so ist, dann muß man ihnen den Mund verbieten" auch hierzulande sehr weit verbreitet ist.

Wenn sich der "Darwin Tag", so wichtig er auch bei uns wäre, in Deutschland bisher nicht durchgesetzt hat, so ist dies der deutschen Auffassung von Seriösität geschuldet. Im Gegensatz zur englischsprachigen Welt gilt, von zu wenigen Ausnahmen abgesehen: Wer ernsthaft Wissenschaft betreibt, der duldet keinen Spaß. Fröhliche Wissenschaft? Nein, bitte nicht - man könnte ja vielleicht nicht ernst genommen werden. (In Deutschland nimmt man bekanntlich sogar das Vergnügen ernst. Zur Zeit gerade wieder in den Karnevalshochburgen zu bestaunen.)

Prof. Ulrich Kutschera, Inhaber des Lehrstuhls für Pflanzenphysiologie und Evolutionsbiologie an der Universität Kassel, sieht zusätzlich tiefer liegende Gründe für die deutsche "Zurückhaltung":

In deutscher Sicht sei der "Darwinismus" zu sehr mit dem Nationalsozialismus verbunden - obwohl es keine einzige Erwähnung Darwins in den Schriften von Hitler und anderer NS-Größen gibt, da sie die Evolutionsbiologie einfach ignoriert hätten. Auch der Begriff des "Sozialdarwinismus" - als rassische "Auslese" - sei weder von Darwin geprägt, noch ließe er sich aus der Evolutionsbiologie ableiten. Gegen eine falsche Vereinahmung und Zitierung könne sich keine Wissenschaft schützen.

Zudem sei der Lehrinhalt der Evolutionsbiologie an den deutschen Universitäten immer noch unterrepräsentiert. Von den rund 50 Universitäten, an denen Biologielehrer und Biologen ausgebildet werden, hätten nur etwa fünf Universitäten explizit Evolutionsbiologie als Teilgebiet der Biologie und prüfungsrelevante Kenntnisse. So meint Prof. Kutschera: "Es ist manchmal haarsträubend, wie selbst gestandene ausgebildete Biologen falsche Vorstellungen von der Evolutionstheorie vertreten."

Darwins Lebenswerk wird oft auf seine revolutionäre Evolutionstheorie reduziert - womit man einem der vielseitigsten und produktivsten Naturforscher des 19. Jahrhunderts nicht gerecht wird. Der Universalgelehrte entdeckte z. B. auch die Umweltdynamik der Korallenriffe, die heute massiv gefährdet sind - Berliner Morgenpost: Klimawandel: Was wir von Darwin lernen können.

Auch in der "Berliner Morgenpost" gibt es seit einiger Zeit die erfreulich amüsante und leicht verständliche Kolumne Fragen an die Evolution.
Zwei Artikel möchte ich "wissenschaftlich" daherkommenden Rassenquasslern besonders ans Herz legen:
Was ist dran an dem Gerücht, dass die Blonden aussterben? und
Wie wir die Sonne mit unserer Hautfarbe austricksen.

Samstag, 10. Februar 2007

Anti-Nazi Demo in Hamburg-Bergedorf - brutaler und dilettantischer Polizeieinsatz

Da ja fast "vor meiner Haustür" demonstriert wurde, mal meine persönlichen, höchst subjektiven Eindrücke von den Gegendemos gegen den Nazi"-Aufmarsch" in Hamburg-Bergedorf.

"Aufmarsch" schreibe ich nicht von ungefähr in Gänsefüßchen. Denn es waren nur zwischen 40 bis (allerhöchstens) 50 rechte Gestalten, unter ihnen Christian Worch, die im historischen Ortskern Bergedorfs eine Kundgebung gegen den geplanten Bau einer Moschee abhielten - ein Protest, der auch innerhalb der NPD nicht unumstritten ist.

Ganz andere Zahlen bei den Gegendemonstranten: nach Angeben des NDR nahmen an der Anti-Demo mehr als 1.100 (!) meist linke Demonstranten teil.
Hinzu kommen noch mindestens die doppelte Anzahl Teilnehmer an den Gegenveranstaltungen des "Rathausbündnisses" - womit ich weniger die Reden der Parteipolitiker meine (die ich weiträumig umging), als die volksfestartigen Kulturveranstaltungen z. B. der Einwandererinitiativen.

Damit kamen auf einen einsamen "Faschos" rund 80 Gegendemostanten. Das wäre eine eindrucksvolle Demonstration wem den nun die Straße wirklich gehört - ja, wenn es da nicht einige leider nicht ungewöhliche unschöne Begleitumstände gegeben hätte.

Der erste unschöne Begleitumstand war, dass einige (nicht alle!) Vertreter des "Rathausbündnisses" die linken Antifas pauschal in die Krawallmacherecke geschoben worden. Irgendso ein Wichtigtuer von der CDU laberte sogar etwas Unsägliches im Sinne von "Extremismus von Rechts und Links" ins Pressemikrofon.
Sicher, es gibt unter über tausend Leuten immer ein paar Randalekids und Krawallniks. Aber im Großen und Ganzen hatte ich nicht den Eindruck, dass die "Antifas" auf "Straßenschlacht" eingestellt gewesen wären. Was bei so wenigen Nazis als Gegner auch nicht wirklich überrascht.

Das andere, auch von anderen Demos bekannte Ärgernis: "Nach Angaben der Polizei kam es dabei nur vereinzelt zu kleineren
Auschreitungen, einige Randalierer seien vorübergehend festgenommen worden."
Ja - ähm - dass sehe ich aber etwas anders. Weil ich es anders gesehen habe.
Die Polizei war mit insgesamt 1.200 Mann (überwiegend nicht aus Hamburg), Wasserwerfern und Sperranlagen präsent.

Die "machtvolle Großkundgebung" der paar jämmerlichen NPDler wurde weiträumig von der Polizei abgeriegelt, mehrere wichtige Straßen stundenlang gesperrt (Verkehrchaos pur). Trotz massiven Polizeiaufgebots und Abriegelung vieler Straßenzüge soll es überraschend vielen AntifaschistInnen gelungen sein, in die Nähe des Kungebungsortes zu gelangen - ich war nicht darunter, deshalb kann ich nur vermuten, dass sie durch die winkelingen Seitengassen der Bergedorfer Innenstadt an den überwiegend nicht ortskundigen Polizisten vorbeischlichen.
Erst unmittelbar vor dem Kundgebungsort konnten die Polizisten die Antifas aufhalten - sie taten es maximal inversiv. Ab 13 Uhr setzen sie mehrmals die Wasserwerfer gegen Gegendemonstranten ein - bei den herschenden Minusgraden auch für die nicht direkt getroffenen kein Spaß. Bei den brutalen Festnahmen (massiver Schlagstockeinsatz) gab es nach Angaben der Antifa auch Verletzte.
Die Kundgebung der Möchtegern-Volksredner war nur kurz, unter massiver Polizeieskorte wurde sie zum nahen Bahnhof zurückgeleitet.

Auch nach meinem Eindruck trat die Polizei sehr agressiv auf, z .T. gab es recht brutale Festnahmen auch Abseits des Kundgebungsortes. An der "Basis" klappte die Zusammenarbeit zwischen den "etablierten" und den "radikalen" Gegendemonstranten gut, Mitglieder der Peter und Pauls-Kirchengemeinde ließen die "durchgebrochenen" Antifas auf Kirchengelände - und entzogen sie so dem unmittelbaren Zugriff der Bereitsschaftspolizei.
Auch "Normalbürger" unterstützten die Demonstanten, Mitglieder des türkischen Kulturvereins versorgte die frierenden Demonstranten mit heißem Tee. Mitarbeiter des Bille-Bades (Hallenbad) ließen vom WaWe durchnäßte Demonstranten im Bad warm duschen.

Die Antifas verhielten sich, soweit ich es mitbekam, sehr zurückhaltend und vorsichtig, und leisteten im Großen und Ganzen auch den Anweisungen der Polizei Folge.
Von gewaltbereiten Schlägern kann keine Rede sein, die paar Randalekids usw. waren völlig isoliert - durch die "eigenen" Leute, durch besonnenere Antifas!

Die Polizei ging sogar so weit gegangen, dass sie die Antifas mit Spezialkräften und Wasserwerfern auf die DGB-Kundgebung / das Volksfest an der Seranstraße zutreiben und dann gezielt zugriffen. Mehrere Infostände wurden bei diesem rabiaten Einsatz umgeworfen und beschädigt, es soll auch Verletzte unten den unbeteiligen Passanten gegeben haben.

Die Hamburger Polizei hatte vergeblich vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht versucht, den "Aufmarsch" der 40 "braunen Freund" zu verhindern. Ich vermute, dass einige der Polizisten ihren Frust über den unbeliebten Einsatz an den Gegendemonstranten abließen.
Hinzu kommt: die meisten Pozisten waren ortsfremd und waren offensichtlich überhaupt nicht im Bilde und glauben anscheinend, eine "Straßenschlacht" zwischen hunderten gewaltbereiter Neonazis und hunderten ebenso gewaltbereiter Antifas mit Gewalt auseinandertreiben zu müssen.

Mein Vorwurf richtet sich daher in erster Linie nicht gegen die Hamburger Polizei, bei aller Kritik am überharten Einsatz.
Aber ganz entschieden gegen die Hamburger Politik, vor allem Innensenator Nagel mit seiner extremen "Sicherheits"-Politik - und auch die Hamburger Justiz, die auf mögliche Auflagen an die paar NPD-Figuren z. B. nicht ausgerechnet auf einer zentralen Kreuzung zu demonstrieren, verzichteten.

Das Schöne war trotzdem die Blamage für die paar traurigen Nazi-Figuren.

Soweit mein Eindruck, aber ich stand ziemlich abseits. Nähere Infos bei AntifaInfo: Hamburg Bergedorf: Worch und Zysk präsentieren das letzte Aufgebot - Nazikundgebung gegen Moscheebau einfach nur lächerlich.

Und hier der Bericht vom NDR: Protest in Hamburg-Bergedorf gegen Neonazi-Aufmarsch.

Nachtrag:
Guter Bericht auf "Indimedia":HH-Bergedorf: Kein Platz den Nazis

Direkte Verbindung zwischen Gehirn und Immunsystem

Schon gab es Hinweise darauf, dass die Immunabwehr teilweise unter dem Einfluss des Nervensystems steht. Nicht nur bei den sog. psychosomatischen Erkränkungen wirkt die Psyche auf das Immunsystem ein, auch für viele Infektions- und Autoimmunkrankheiten ist im klinischen Alltag ein Zusammenhang zwischen der Psyche und der Schwere der Krankheit bekannt.

Nun teilte der Helmholtz-Wissenschaftler Dr. Kurt Dittmar mit: "Wir haben diese Verbindung jetzt unter dem Mikroskop sehen können."
Jedenfalls bei Mäusen - allerdings gibt es keinen Grund, anzunehmen, dass der nun entdeckte "direkte Draht" zwischen Gehirn und Immunsystem nicht auch beim Menschen vorhanden ist.
Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig haben den Mäusedarm und die ihn umgebenden Blut- und Lymphgefäße mit ausgefeilten Mikroskopier- und Markierungstechniken gründlich untersucht. Ihr Ergebnis: Zahlreiche Immunzellen im Gewebe rund um den Darm sind unmittelbar mit Nervenfasern und Nervenzellen verknüpft

Website der Helmholtz-Gesellschaft: Direkter Draht zwischen Gehirn und Immunsystem

Leben mit Wölfen auch in Deutschland möglich

"Es gibt keine Wölfe mehr im Land
Sie wurden vernichtet und verbannt"

Bei kaum einer anderen Tierart klaffen Ruf und Wirklichkeit so weit auseinder wie beim Wolf. Der "böse Wolf" ist genau so ein - unzutreffendes - Klischee wie die manchmal bewunderte, manchmal gefürchtete "wölfische Natur". Jahrhunderte lang wurde er verfolgt und in weiten Teilen Nord- und Mitteleuropas ausgerottet - manchmal, weil er wirklich Schaden anrichtete, Nutzvieh riss, sehr viel häufiger aus völlig irrationalen Ängsten heraus.
Erst in den letzten Jahrzehnten begannen sich verschiedene Populationen durch Schutz und Schonzeiten zu erholen. In den letzten 20 Jahren kehrten Wölfe sogar wieder in Gegenden zurück, in denen sie vorher ausgerottet worden waren - auch Deutschland ist ein solches neues, altes Wolfsgebiet.
Und kaum gab es wieder Wölfe im Land, waren die alten Ängste wieder da.

Das Thema "Wölfe" ist emotional aufgeladen, so dass Diskussionen um Chancen und Risiken schnell zur Glaubensfrage werden und sachliche Aspekte kaum zu vermitteln sind.

Praktische Erfahrungen mit den schon vor Jahren nach Deutschland zurückgekehrten Wölfen in der Lausitz zeigen aber, dass Mensch und Wolf ohne größere Probleme miteinander auskommen können.

Die Staatlichen Museum für Naturkunde Görlitz und das Wildbiologischen Büro LUPUS haben nun einen Leitfaden ausgearbeitet, der als fachliche Grundlage für ein auf die verschiedenen Interessengruppen abgestimmten Managementplanes für Wölfe in Deutschland dienen soll.

Ilka Reinhardt & Gesa Kluth: Leben mit Wölfen. Leitfaden für den Umgang mit einer konfliktträchtigen Tierart in Deutschland. BfN-Skripten Band 201, 2007.

Download (PDF): http://www.bfn.de/0502_skripten.html

Website des Kontaktbüros Wolfsregion Lausitz

Bisher hatte ich mich nur für ein klein wenig exentrisch gehalten ...

... aber dann machte ich diesen Test.

Das erschütternde Ergebnis:

Your Quirk Factor: 83%

You're beyond quirky... You're downright bizarre.
You've lost touch with social norms and what's appropriate. And you're loving every minute of it!

Gefunden bei karan.

Freitag, 9. Februar 2007

"... und so was will ein Nazi sein?!?"

Frage: Darf man über Nazis lachen?
Anwort: Man muss!

Der "Rassen-Rieger" mal wieder ... Als ich das heute las: netzeitung: Zündel-Anwalt leugnet Holocaust, da konnte ich mir ein hämisches Grinsen nicht verkneifen - dumm gelaufen, Jürgi, ganz dumm:
Im Prozess um Ernst Zündel kam es zu einem neuen Eklat. Das Landgericht Mannheim bezichtigt nun auch Verteidiger Jürgen Rieger der «Auschwitz-Lüge». In seinem Plädoyer habe Rieger selbst den Massenmord an den Juden in der NS-Zeit ausdrücklich bestritten. Damit habe sich der rechtsextreme Anwalt «durch volksverhetzende Äußerungen in Form der Auschwitz-Lüge strafbar gemacht», sagte der Vorsitzende Richter.
Da böte es sich glatt an, einen zweiten Teil dieser Extra-3-Satire zu produzieren, die die peinliche Figur Rieger teffend karrikiert: Hitler unzufrieden mit Rieger.

Man kann lang und breit darüber spekulieren, wieso Rieger etwas macht, was jeder Nazi-Schläger tunlichst vermeidet. Er ist ja an sich ein gerissener Anwalt, der durchaus in der Lage ist, sich so auszudrücken, dass zwar jeder weiß, was er meint, die Äußerung aber strafrechtlich nicht zu fassen ist.

Ich vermute, Rieger, der ja einen "Artglauben" praktiziert, den er zu meinem Mißvergnügen für "germanischen Heidentum", bzw. "alte Sitte" bzw. "Asatru" hält, hat der "Fluch des Ober-Goden" erwischt. Oder des Sekten-Gurus oder Oberpopen oder was auch immer. Die oft zu beobachtende Erscheinung, dass Anführer einer totalitären Gemeinschaft früher oder später den Kontakt zu Wirklichkeit außerhalb ihres "Sektenumfeldes" verlieren.

Rieger ist ja gleich auf drei Feldern fanatischer "Sektierer": politisch als Neonazi sowieso, "wissenschaftlich" als Rassentheoretiker ebenfalls und sprituell - siehe oben! Irgendwann hält sich so ein Mensch für unfehlbar.

Das alles bedeutet natürlich nicht, dass Typen wie Rieger harmlos wären. Im Gegenteil. Mit ihrem Fanatismus und ihrer Realitätsblindheit können sie schrecklichen Schaden anrichten. Es wäre gefährlich, seine Gerissenheit und die Loyalität seiner Anhänger und Unterstützer, seine "Hausmacht", zu unterschätzen.

Aber in irgend einer Weise Respekt vor so einem kleinen Arschpiraten mit Sockenschuß zu haben ist genau so gefährlich. Den Mann womöglich noch als Politiker ernst zu nehmen. Oder gar zu dämonisieren.

Nachtrag:
... und das mit dem Rudolf-Heß-Zentrum wird er auch nicht hinkriegen!

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