Persönliches

Montag, 12. Juni 2006

Vor vielen Sommern - 1974

1974 war meine erste Fußball-Weltmeisterschaft. Zumindest die Erste, die ich bewußt mitverfolgte.
Immerhin schon 32 Jahre her. Ich komme mir verdammt alt vor Opa.

Die Unterschiede zu heute sind bemerkenswert. Zum Beispiel war das heute übliche Maß an Kommerzialisierung vermutlich unverstellbar. Aber auch den Aufwand an Sicherheit hätte man sich damals schwer vorstellen können.

Ein Schlaglicht: Ende Mai 1974 war ich auf Klassenreise, in Eutin. Im Nachbarort Malente-Gremsmühlen bezog die bundesdeutsche Nationalmannschaft ihr Trainingslager. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, mal bei der abgeschirmten Sportschule Malente-Gremsmühlen Zaungast zu sein. Im Rückblick erschrecke ich beinahe darüber, wie groß der Unterschied zwischen "abgeschirmt" 1974 und abgeschirmt 2006 ist. Auch wenn ein paar Schulkinder sicherlich nachsichtiger behandelt wurden als "erwachsene" Fußball-Verrückte.
Auch 1974 gab es schon Sicherheitsbedenken. Immerhin war die RAF aktiv, und kurz vor der Eröffnungsfeier wurde der Rasen von unbekannten Tätern mir Parolen verunziert. Heute wären sie wohl nicht einmal in die Nähe des Stadions gekommen - und wenn doch, wäre die Feier wohl aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. :-(
Dafür war der Sport, soweit ich es mitbekommen habe, im Zuge des trotz der Entspannungspolitik immer noch frostigen Ost-West-Verhältnisses sehr politisiert. Legendär, zumindest für überzeugte Ex-DDRler, war das "deutsch-deutsche Duell" zwischen der DDR und den "Klassenfeinden" BRD im Hamburger Volksparkstadion am 22. Juni. Denn die DDR-Mannschaft gewann 1:0 und wurde Gruppensieger, das Tor schoß Jürgen Sparwasser.

Daran, dass es damals einen ähnlichen schwarz-rot-goldenen Flaggenrausch wie heute gegeben hätte, kann ich mich nicht erinnern. Wahrscheinlich erzwang schon die "besondere politische Situation Deutschlands" ein wenig Zurückrückhaltung in Sachen Hurra-Patriotismus. Ich kann mich nur daran erinnern, dass der Frühsommer 1974 extrem verregnet war. Die "Wasserschlacht" BR Deutschland gegen Polen im Frankfurter Waldstadion am 3. Juli ist legendär (die BRD gewann 1:0) , und auch vor dem Endspiel am 7. Juli, Niederlande gegen Deutschland, mußte der Rasen des Münchner Olympiastadions erst einmal "ausgewrungen" werden.Regenschirm

Diese "heiße Phase" der nassen WM bekam ich nur an einem winzigen schwarz-weiß-Fernseher mit, auf dänisch, mit deutschen Kommentar über Mittelwellen-Radio. Denn ab der letzten Juni-Woche war ich mit meiner Mutter und meinem Bruder zum Wohnwagenurlaub im kleinen Nordseeküstenort Svinkløv in Nordjütland. (Vater hatte noch zu Arbeiten.) Der nationale Überschwang der deutschen Campinggäste ob der gewonnen Weltmeisterschaft hielt sich in Grenzen - aus gutem Grund. Bei aller dänischen Toleranz und Gastfreundschaft - damals konnten sich noch verdammt viele Dänen verdammt gut an die deutsche Besatzungszeit erinnern, schließlich lag das Ende des 2. Weltkriegs erst 29 Jahre zurück. Gerade um Svinkløv herum gab es jede Menge perfekt erhaltenen deutscher "Atlantikwall"-Bunker und das letzte Minenfeld war erst drei Jahre zuvor zuende geräumt worden.

Als Junge war Camping-Urlaub in Dänemark gleichbedeutend mit "Freiheit" (wir waren mehrmals dort). Aus heutige Sicht würde ich sagen, dass dort ein tolerantes, heiteres und kinderfreundliches Sozialklima herrschte, das sich angehm vom "engen" und verbiesterten deutschen Sozialklima immerhin sechs Jahre nach "´68" abhob und auch auf deutsche Urlauber abfärbte. Damals fand ich es einfach nur toll.
Ein Beispiel: an (west-) deutschen Stränden herrschte damals ein streng reglementierter Geist, noch reglementierter als heute. In Dänemark und speziell an den weiten und breiten Stränden der nordjütischen Nordseeküste herrschte dagegen das Prinzip "tu was du willst solange du niemanden störst". Mit dem Auto bis an den Strand fahren? Kein Problem! (War es auch nicht, es gab noch kaum Geländewagen, mit denen man, wie einige Jahre später, die Strände zu "Autostränden" mißbrauchen konnte.) Feiern und Grillen am Strand - kein Problem, solange man niemanden störte. Einfach nackt baden? Kein Problem (auch nicht für Erwachsene), solange man es nicht gerade am ziemlich vollen Strand vor dem Badehotel machte. Sandburgen bauen? (Ich meine diese Ein-Familien-Ringwallanlagen, die damals an deutschen Stränden üblich waren.) Ging absolut nicht, weil sich recht viele mit Recht an dieser deutschen Unsitte störten! Grins

Obwohl das Wetter etwas "durchwachsen" war, erinnere ich mich an herrliche und scheinbar endlosen Sommerferien (wir waren die ganzen sechs Wochen dort). Auch wenn kein "Strandwetter" war, gab viel im Freien zu erleben. Und "Strandwetter" definiert ein Schuljunge sehr viel großzügiger als ein Erwachsener (jedenfalls war das damals so).
Nach den Sommerferien war ich im Ergebnis offensichtlich auffällig braun. Das war nicht ganz unwichtig, denn damals, als sich noch kaum jemand groß Gedanken um Hautkrebs-Risiko und das "Ozonloch" machte, war "braun" noch "gesund und schön". Da es noch praktisch keine Sonnenstudios gab und Selbstbräuner einen an schwere Hepatitis erinnernden Hautton hervorriefen, galt sehr braun zu sein sogar als glaubwürdiges Indiz für einen gewissen Wohlstand - es ließ, zumal in mäßigen Sommern wie 1974, darauf schließen, dass man sich eine längere Reise in den fernen Süden leisten konnte. Kein Wunder auch, dass Armvergleiche nach dem Urlaub auch unter Schülern üblich waren. Ich stach sogar einige Italien- und Spanienurlauber locker aus. Selbst die Schulsekretärin sprach mich darauf an, mit den Worten: "Bei uns oben hat es dauernd geregnet". Ich konnte die gute Frau kaum davon überzeugen, dass ich noch "weiter oben" Urlaub gemacht hatte, und das Wettter keineswegs durchweg sonnig gewesen war.
Das Klischee war stärker als die Realität.Sonne

Alles in allem kommt mir die Welt der 70er in der Erinnerung sehr bizarr vor. Und keineswegs so "golden", wie es manche Nostalgiker (die in der Regel noch eine ganze Generation älter sind als ich) weiß machen wollen. Eine - immer noch! - spießige, enge, erst in Teilbereichen langsam tolerant und "westlich" werdende (west-)deutsche Gesellschaft. Dass es damals langsam anders wurde, verdanken wir wohl vor allem den heute viel geschmähten "´68ern", der damals umstrittenen Regierung Brandt ("mehr Demokratie wagen", Entspannungspolitik), der von bestimmten Kreisen immer noch geschmähten "Verwestlichung", einschließlich amerikanischer Filme, dem ebenfalls gern kritisierten "Massentourismus", der noch mehr kritisierten Einwanderung (von "Gastarbeitern"). Ich habe sogar den Verdacht, wir "im Westen" verdankten manche demokratische Errungenschaft der deutschen Teilung, der Konkurrenz zur "realsozialistischen" DDR, und dem abschreckenden Beispiel eines autoritären "Gegenmodells" vor der Haustür.

Merkwürdig, wie weit ich von Thema "Fußball WM" ich abgekommen bin, und wie weit ins Private ich beim vor mich hinschreiben abgelitt. Ich lasse es aber so stehen, als persönliches Zeitbild des Sommers ´74.

Dienstag, 6. Juni 2006

Eigentlich sehe ich ganz gerne Fußball ...

... aber es ist so weit, dass ich nur um den Preis der Selbstachtung dieses menschenverachtende Spektakel namens Fifa Fußball WM 2006 auch nur am heimischen Fernseher ertragen könnte.

Nur eine kleine Auswahl:

Der Wahnsinn hat begonnen (Hamburg wg. US-Fußballmannschaft im Alarmzustand).bash

Die Welt nackt zu Gast bei Freunden (Weibliche Besucher von Fußballspielen müssen damit rechnen, sich vor den Augen der Polizei nackt ausziehen und einer umfassenden Kontrolle unterziehen zu müssen. Das gilt auch, wenn sie selbst unverdächtig sind.) explode

Briefschreibewut bei Baker & McKenzie
(Günstlingswirtschaft, Filz und Korruption bei der FIFA)Kotz

Früher war es Fußball (Nochmal die FIFA, wie sie klüngelt, einschüchtert und intrigiert.) Kotz

Schwabenpfeile (Holocaust-Leugner Achmannhabichdensatt will zur WM - und die Bundesregierung sieht "keinen Handlungbedarf".)
Feuer frei
(Hierzu auch, in der "Jungle World": Mahmoud und die Fifa via Planet hop)

Na, wenigstens stimmen mich Tipps der Titanic für WM-Touristen besser. Auch wenn mir manchmal das Lachen im Halse steckenbleibt. Bloß nicht!
Als WM-Tourist aus irgendeiner unterentwickelten Region dieser Erde sollten Sie wissen: Nicht alle Deutschen sind Nazis, manche wollen mit Ihnen einfach nur gute Geschäfte machen. Trotzdem: Auch in Deutschland gibt es Touristenfallen und jede Menge Verhaltensweisen, die Sie besser meiden.
(Bei dieser allzu zutreffenden Regel blieb mir das Lachen im Halse stecken ...
Unpassendes Äußeres
Mit einem unpassenden Äußeren können Sie in Deutschland religiöse Gefühle verletzen. Zwar wird niemand etwas dagegen haben, wenn katholisch erzogene Brasilianerinnen in ihrer Nationaltracht, dem knappen Pailletten-Bikini, Kirchen besichtigen. Doch sollten Sie gerade im Osten Deutschlands darauf achten, die Einheimischen nicht mit einer ungewöhnlichen Hautfarbe zu provozieren. Die alten germanischen Gottheiten, die man dort anbetet, verbieten dies schlicht.
.... weil es leider stimmt, dass sich inwändig braune Schläger,die Braunhäutige hassen, gern auf "germanische Götter", von denen sie im Grunde nichts wissen, vor allen nicht das Wichtigste, berufen - ich wünsche ihnen, dass sie es mal wirklich mit diesen Göttern zu tun bekommen. Berserker)

Ach, und diesen Tipp bitte unbedingt beherzigen: Weltmeisterschafts-Ware grins

Sonntag, 21. Mai 2006

Auch mal Bestseller-Autor sein?

Nette Fundsache für Möchtegern-Schriftsteller (gefunden bei Antibürokratieteam).
Einfach klicken - und schon gibt es einen neuen Dan Brown-Thriller (oder wenigstens den Rückseitentext):
Create your own Dan Brown-Novel
Beim sehr schematischen Schreibstil Browns dürfte auch die Software zur Erstellung kompletter Dan-Brown Romane keine wirklichen Programmier-Probleme aufwerfen. computer

Na, ja, ganz soooo schlimm ist Brown auch wieder nicht. Ein "Butter and Bread"-Autor eben. Ich kann aber gut verstehen, warum Umberto Eco Brown nicht ausstehen kann, denn Brown hat nicht nur kräftig bei Ecos "Das Foucaultsche Pendel" Ideen geplündert, sondern mit seinem Robert Langdon eine ziemlich alberne Karrikatur eines Semiotikers abgeliefert.
Umberto Eco kritisiert Dan Brown

Und noch eine Nachricht, die nicht wirklich wichtig, aber irgendwie Klasse ist: Dalai Lama ehrt Tim und Struppi sowie Erzbischof Tutu (Tatsächlich gilt die Ehrung der Hergé-Stiftung.)

Samstag, 20. Mai 2006

Bitterkeit

Ich möchte es vermeiden, zu viele zu private Details in dieses Blog zu stellen, deshalb schildere ich die Lage, in der ich mich befinde, nicht. Ich verrate aber sicher nicht zuviel, wenn ich sie als "präkär" bzw. ungesichert beschreibe.
Ich verrate auch nicht zuviel, wenn ich durchblicken lasse, dass ich mich in dieser präkären Lage nicht wohl fühle und dass ich durch Faktoren, die ich kurzfristig nicht ändern kann, nicht in der Lage bin, einfach die "Ärmel aufzukrempeln und loszulegen", um mich aus dieser unangehmen Lage herauszuarbeiten. Ich verrate auch nicht zuviel, wenn ich bei allen Versuchen, meine Situation zu verbessern, in erste Linie auf meine eigenen Initiative setze. Und auf die Hilfe von Freunden und Bekannten. Mein Vertrauen in staatliche Institutionen in leider schwer erschüttert.

Hermann Ritter hat eine Situation, bei der Bundesagentur für Arbeit, erlebt und beschrieben, die viele sicher in ähnlicher Form auch erlebt haben: Irrsinn hat Methode. Wobei: den einzelnen Mitarbeiter bei der BA oder bei den ARGEs mache ich für diesen Irrsinn nicht verantwortlich. Der ist oft genug selbst ein armes, überfordertes Schwein. Der Irrsinn steckt tief in der Struktur.

Ja, und dann gibt es dann Zeitungskommentare, die sich aufällig mit der von der derzeitigen Bundesregierung bevorzugten Linie ("Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" Münte) gegenüber Sozialsschmarotzer Arbeitslosen, Rentnern und Studenten decken, aber dankenswerterweise Klartext schreibt.
Die mir unmißverständlich klar machen, was ich bin und wie ich mich gefälligst zu verhalten habe: “Warum soll ich für Sie zahlen?”
Bitte lesen - und als Betroffener die Kotztüte nicht vergessen! Kotz!
(via: Lawblog:Merkeln Sie Nix?)
Im besagten Kommentar steht:
Wie immer sind die Finanziers des Ganzen - gewöhnliche, rechts- und gesetzestreue Steuer- und Beitragszahler - die Dummen. Damit sie das nicht ewig bleiben, sollten sie sich ein Herz fassen und es genauso machen wie die Gegenseite, die Anonymität also durchbrechen und ihre Klagen nicht länger ans System richten, sondern an Personen. Jeder von ihnen könnte und sollte jeden Arbeitslosen, jeden Rentner und jeden Studenten danach fragen, mit welchem Recht er davon ausgeht, daß er ihm den Lebensunterhalt, die Rente oder das Studium bezahlt. Das könnte etwas Licht ins Dunkel bringen.
Mit welchen Recht bezahlt "der Steuerzahler" meinen Lebensunterhalt? Ich könnte natürlich darauf antworten: Weil ich in der Zeit, in der ich noch Arbeit hatte, mittels meiner Steuern und Beiträge auch - und übrigens gerne - den Lebensunterhalt anderer mitbezahlt habe, die nicht arbeiten konnten. Nur wenn man derIllusionen anhängt, dass a) eigentlich genügend bezahlte Arbeit da ist, dass jeder, der ernsthaft Arbeit sucht, auch welche findet und b) das eigentlich jeder jeden Job erledigen kann (von hochspezialisierten Tätigkeiten auf der einen Seite und Schwerbehinderten auf der anderen Seite mal abgesehen), macht die vorwurfsvolle Frage Sinn. An Rentner gestellt, macht sie übrigens sowieso nicht viel Sinn, denn die haben ja mal gearbeitet, und Steuern und Beiträge gezahlt, und an Studenten erst recht nicht, denn die werden, wen sie (hoffentlich) Arbeit finden, einmal Steuern und Beiträge zahlen.

Was in mir Bitterkeit hervorruft, ist der immer mitschwingende Vorwurf, der Sozialstaat ginge finanziell kaputt, weil es den "Unpoduktiven" (die, von wenigen Ausnahmen mal abgesehen, gerne produktiv wären) es sich auf Kosten der Allgemeinheit gut gehen ließen. Dankenswerterweise schreibt Konrad Adam Klartext bzw. er holt die ganz große Keule raus.
Die Nebenfolgen dieses sozialen Klimawandels zeigen sich auf der Empfängerseite in einer zunehmenden Neigung zu Tätlichkeiten. Nach der alten Sponti-Parole, die dazu einlädt, kaputtzumachen, was einen kaputtmacht, gehen Leute, die Hartz IV für eine normale Einkommensquelle halten, auf jene los, die Ernst machen mit dem Versuch, Förderung mit Forderungen zu verbinden. Ihr Unmut richtet sich gegen Beamte, die nicht länger auf fremde Kosten großzügig sein dürfen, gegen Umzugsbeauftragte, die Hartz-IV-Empfängern zu angemessenem Wohnraum verhelfen, und gegen Unternehmer, die ihre Geschäfte mit den Reichen machen.
Ich kann dem nur persönlich antworten: Ich halte "Hartz IV" (richtig wäre "Arbeitslosengeld 2") nicht für eine normale Einkommensquelle. Zumal es ja so knapp bemessen ist, dass ich selbst in einem schlecht bezahlten Job locker mehr verdienen würde. Um "Förderung" muß ich mich, nach meinen bisherigen Erfahrungen, selbst bemühen, es sein denn, es geht um irgendwelche merkwürdigen, nicht immer sinnvolle Kurse (wie Bewerbe ich mich nach der neuesten Mode usw). Gegen Beamte hege ich keinen persönlichen Groll - siehe oben, auch oft arme Schweine. Was das "Fordern" bzw. den Druck auf Arbeitslose angeht: Nichts dagegen. Unter der Vorrausetzung allerdings, dass das Umfeld so gut ist, dass dieser Druck zu mehr führt, als zu Frust bei Leuten, die mangels Angebot dennoch keine Arbeit finden können. du, du, du
Für Gewalt gegen Umzugsunternehmer (es gibt sogar Brandanschläge und ähnliches) habe ich nur eine Bezeichnng: blinde, aktionistische Gewaltakte, für die ich kein Mikrogramm Verständnis aufbringe.

In einem hat Konrad Adam, so wenig Realitätssinn er sonst zu haben scheint, vollkommen recht: So, wie er ist, kann der "Sozialstaat" nicht länger funktionieren.

Es kann aber nicht darum gehen, den Sozialstaat abzuschaffen. (Was Konrad Adam offensichtlich will - wahrscheinlich ist er privat gut abgesichert, sonst würde er nicht so schreiben.)
Es geht darum, ihn anders zu organisieren. Aber dass scheint irgendwie nicht mit deutschen Tradionen (die Idee von "wohltätigen Vater Staat" hüben, das "Modell Ausgrenzung" - "Schmarotzer raus" drüben) nicht zusammenzugehen. Und weil Spindocktoren, Lobbyisten und die famosen Experten (auch die vom Schlage eines Peter Hartz) viel zu viel geglaubt wird. Deshalb gibt es so viele "Verschlimmbesserungen" im Sozialbereich.
Typisches Beispiel: Hartz IV. Die Langzeitarbeitslosen haben eigentlich zu wenig Geld. (Gut, manche Politiker sind der Ansicht, dass er noch zu hoch ist, weil es ja Jobs gibt, in denen man auch nicht mehr verdient als ein Alg. 2-Empfänger. Übrigens halte ich das "ergänzende Alg. 2" für Geringverdiener für eine Fehlkonstruktion - oder eine Subventionierung von Teilzeitjobs zu lasten der Vollzeitstellen.)
Das Tolle ist aber: Nach der Hartz IV Reform ist das System teurer als vorher - bei schlechteren Leistungen.

Ich hoffe sehr, dass Konrad Adams Zynismus nur ein Stilmittel ist. Ansonsten kann ich meine Gefühle ihm gegenüber nicht mehr unter Kontrolle halten Barbar

Nachtrag: Unbedingt die hochinteressante Diskussion auf dem lawblog lesen! Ich empfehle auch die themenbezogenen Blogbeiträge von Distel und momo.

Samstag, 29. April 2006

Layoutanpassung

"Stammleser" werden bemerkt haben, dass ich mein Senfblog optisch seinem Namen anpaßte und mich am Layout zuschaffen gemacht habe. Bei der Gelegenheit habe ich auch ein wenig bei den Themen aufgeräumt.

Sonntag, 16. April 2006

Ostermarsch '06 - ohne mich!

Es waren zwar schon mal mehr, aber immer noch nehmen nicht wenige sich für Frieden und Abrüstung engagierende Deutsche an den alljährlichen Ostermärschen teil. Z. B. hier: Über 500 Teilnehmer bei Ostermarsch in Ulm

Ich nicht. Früher schon. Es gibt auch einen verdammt guten Grund, weshalb ich absolut keinen Bock habe, da mitzufriedensmarschieren. Der steht auch im oben genannten Bericht, wenn man etwas weiter runter scrollt und auch mal einen Blick in die Kommentare wirft. Und ganz deutlich steht er z. B. hier.

Dienstag, 28. März 2006

Eigentlich müßte ich Folgendes Bloggen ...

... aber ich fühle mich gerade müde & erschöpft. (Weshalb ist Privatsache!)

- Einen Nachruf auf einen Science Fiction Autor, dessen Werke ich sehr schätze - deshalb einen Link zu cynx: Stanislaw Lem verstorben

- Einen Bericht über ein Asatru-Treffen, bei dem ich einen Heidenspaß hatte - deshalb einen Link zu Homomagi: Ostara

- Eine Meldung über staatliche Willkür und alltäglichen Rassismus - deshalb einen Link zu che:
Unser alltäglicher Rassismus, heute: Szenen aus Oberfranken


Wenn ich wieder "fit" bin, schreibe ich auch wieder eigene Beiträge zu Dingen, die mir wirklich wichtig sind, versprochen!
schnarch

Donnerstag, 23. März 2006

Gedanken anläßlich eines bevorstehenden "Wikingerüberfalls", Teil 2: Bullerbü ist überall!

Bekanntlich steht mir demnächst der Besuch dreier "Jungwikinger" und ihrer stolzen Mutter ins Haus. Gedanken anläßlich eines bevorstehenden "Wikingerüberfalls", Teil 1: Gedanken zur Kinderfreundlichkeit. Diese zeigt, für stolze Mütter nicht untypisch, gerne bei jeder sich anbietenden Gelegenheit Fotos ihrer prächtvollen Sprößlinge in allen möglichen Situationen vor.
Bei einer dieser Gelegenheit - einem Grillfest, wenn ich mich richtig erinnere, bei denen besagte Jungwikinger auch "life" zu bewundern waren - fiel das entscheidende Stichtwort: "Bullerbü". Geäußert von einer großmütterlich anmutenden Frau, die wahrscheinlich tatsächlich Großmutter ist, und als Bestandteil eines schier endlosen Redeschwalls, in dessen Verlauf sie immer wieder erwähnte, wie glücklich die Kinder sich schätzen dürften, so aufwachsen zu können.
Sicher sind die Kinder gut dran, vergleicht man ihre Lebensumstände mit den Verhältnissen, in denen die meisten Kinder aufwachsen müssen, aber besagte großmütterliche Frau sah das, wie sie zu betonen nicht müde wurde, nicht relativ, sondern absolut: Aufwachsen im Kinderparadies. Und dieses Paradies hat einen Namen: "Bullerbü"! (Eigentlich: "Bullerby", die Schreibweise mit "ü" stammt aus der deutschen Übersetzung der Bullerby-Geschichten Astrid Lindgrens. Für Besserwisser: "Bullerbyn", mit dem angehängten Artikel.)
Nun schätze ich Astrid Lindgren schon seit allerfrühster Kindheit sehr; ich habe mit ihren Werken praktisch lesen gelernt. Auch im Erwachsenenalter behielten diese Bücher - anders als fast alle anderen Kinderbücher - ihren Reiz. Bullerby (bleiben wir mal bei der schwedischen Schreibweise) ist ein wunderschönes, idyllisches Dörfchen, eine heile Welt. Allerdings: Bullerby ist mehr als die idealisierte Kindheit Astrid Lindgrens; es weckt Sehnsucht nach einem Frieden, den die Menschen vielleicht noch nie hatten, aber den es sich zu erträumen lohnt. Man merkt immer wieder, dass der winzige südschwedische Ort nur eine Oase in einer Welt ist, die alles andere als heil ist. Bullerby ist außerdem auf subtile Weise realistisch, ohne den Zeigefinger zu heben: Es klingt vielleicht seltsam, aber die den Verhältnissen in den 1920ern nachgezeichneten Rollenverteilungen zwischen den Geschlechtern waren mein erster "Denkanstoß", mal über die Rollenklischees nachzudenken. (Und nicht etwa die mit dem Zaunpfahl winkenden "pädagogisch wertvollen" Kinderbücher, die meine "progressive" Tante immer anschleppte.)
Zurück zum Grillfest. Die großmütterliche Frau hob, soweit ich mich erinnere, nicht etwa auf die Inhalte ab, die Astrid Lindgrens Bücher über gefälligen Kitsch hervorheben, sondern fuhr völlig auf - nun ja - Schwedenkitsch jeder Preislage ab. Die simple Tatsache, dass die prächtigen Jungen echte Schwedenkinder sind, und ein paar Fotos von schönen südschwedischen Sommerlandschaften mit blonden barfüßigen braungebrannten Kindern reichten als Trigger aus, um eine endlose Schleife aus Klischee-Vorstellungen eines nordischen Kinderparadieses ablaufen zu lassen, das altmodische ländliche Idylle mit hypermodernem Schul- und Kindertagesstättensystem verbindet.
Vorsichtige Hinweise, von der "Jungwikinger"-Mutter, mir und anderen, dass auch in Schweden nicht alles ideal ist, prallten an einem dicken Panzer aus Klischees ab.

Wie kommt so etwas bei einer ansonsten nicht naiven Frau zustande? Wobei sie ja kein Einzelfall ist; so wie es eine "Toskanafraktion" gibt, gibt es auch eine "Schärenfraktion" von unbeirrbaren Skandinavienfans. (Ein sehr interessanter und treffender Aufsatz über die deutsche Nordlandleidenschaft von Susanne Gaschke: Die Schären-Fraktion - Nokia, Volvo, Pippi Langstrumpf: Warum Millionen Deutsche alles Skandinavische lieben) Ein Faktor, den Frau Gaschke erwähnt, ist die Unzufriedenheit mit deutschen Verhältnissen. Der trifft auf die großmütterliche Frau voll zu, ohne jetzt auf persönliche Details einzugehen.
Sie gehörte zu jener Sorte Schwedenfans, die bei beiläufigen kritischen Bemerkungen z. B. über das kühle, kontaktarme schwedische Sozialklima oder über schwedischen Bürokratismus / Reglementierungswahn das Bild eines lichten, landschaftlich und menschlich bezaubernden Landes hervorholen. Schließlich war sie schon mal für 14 Tage in Småland gewesen, alles hätte so ausgesehen, wie sie es sich ausgemalt hätte (auch die in die Landschaft geklotzten Industrieparks?) und auch Schloß Gripsholm würde sie kennen, ja, an Tucholskys Grab sei sie gewesen. Nun ja, bekanntlich ist Tucholsky an zwei Ländern zugrunde gegangen: an Deutschland, aus dem er floh, um sein Leben zu retten, und an Schweden, in dem er sein Leben verlor (man lese außer "Schloß Gripsholm" auch seine "Briefe aus dem Schweigen").

Nein, ich will die gute Frau nicht verurteilen. Sie hat sich, vermute ich, nur in den Schlingen einer mediale Rückkopplung verfangen, die bestehende Klischees und Vorurteile immer weiter verstärken, bis alle nuancierten Töne in kreischendem Kitsch ungegangen sind. Das Publikum nimmt eine vermeidliche Idylle war, und verlangt Bildern diese Idylle, das Fernsehen (als Leitmedium der platten Klischees) liefert sie, in fernsehtypisch überzeichneter Form, diese Überzeichnung "kommt an", das Publikum verlangt nach dieser überzeichneten Idylle, das Fernsehen liefert sie usw. usw..

Am konkreten Beispiel "Schweden" läßt sich das an den klischeeüberfrachteten ländlichen Idyllen der im ZDF hohe Einschaltquoten erzielende Filmen nach Drehbüchern einer gewissen Inga Lindström zeigen. Nun: "Inga Lindström" heißt in Wirklichkeit Christiane Sadlo, kommt aus Ravensburg und hat niemals längere Zeit in Schweden gelebt: ZDF.de: Inga Lindström. Das sozusagen im Medienlabor designte Projekt "Lindström-Filme" ist auf den deutschen Publikumsgeschmack zugeschnitten, "schwedisch" sind nur die Drehorte. Auf den Spuren von Inga Lindström.
Unbedingt lesenswert ist ein Bericht von Sveriges Radio über die Dreharbeiten, der auch auf Deutsch vorliegt: Schweden weichgespült fürs deutsche Fernsehen. Ein wichtiger Aspekt der Filme ist Schleichwerbung für Schweden, bzw. schwedische Produkte, weshalb sie trotz ihrer völligen Realitätsferne von schwedischer Seite unterstützt werden.
Soviele Superlative auf einmal. Natürlich ist in solchen Romanzen nicht gefragt, das sich in Schweden viele Menschen die teure Zahnarztbehandlung nicht leisten können, viele monatelang auf eine Operation warten müssen und feste Arbeitsplätze Mangelware sind, weil viele Stellen immer nur befristet besetzt werden. Wer möchte das schon sehen, am Sonntagabend um 20.15 Uhr.
Für alle, die ein wenig Schwedisch lesen können, empfehle ich auch diesen schwedischen Blick auf die deutsche Schweden-Schmonzette:SvD: Tysk tv-romantik spirar i svensk skärgårdsmiljö Der Reiseunternehmer Andreas Bunkus ist jedenfallls begeistert:
Sverige skildras på ett positivt vis genom vackra sommarlandskap och vackra människor. Det är inte den negativa bild som till exempel Henning Mankell ger av ett novembergrått Ystad, säger Andreas Bunkus.
Schweden wird da positiv dargestellt, mit seinen hübschen Sommerlandschaften und hübschen Menschen. Das ist nicht das negative Bild, dass zum Beispiel Henning Mankell mit seinem novembergrauen Ystad gibt, sagte Andreas Bunkus.
Nichts gegen Nordland-Begeisterung (leide ja selber darunter). Aber ein kleiner Realitätsschock so ab und an wäre heilsam.

Nachtrag: Amüsante Forums-Diskussion über "Inga Schwachström Lindström": da staunen die Schweden

Dienstag, 21. März 2006

Gedanken anläßlich eines bevorstehenden "Wikingerüberfalls", Teil 1: Gedanken zur Kinderfreundlichkeit

Gestern erhielt ich einen netten Brief: Eine alte Freundin und ihre drei wilden Jungwikinger (7, 5 1/2, im Mai 2) wollen so um Ostern ´rum Hamburg und bei der Gelegenheit auch mich besuchen. Wobei "wilde Jungwikinger" ihre Söhne an sich gut beschreibt, andererseits Assoziationen nahelegt, die auf die drei Jungen überhaupt nicht zutreffen. Barbar
Die drei sind lebhaft, aber nicht hyperaktiv, selbstbewußt, aber nicht agressiv. Sie gehören zu den (anscheinend selten gewordenen) Kindern, die spätestens nach einer halben Stunde den Gameboy gelangweilt in die Ecke pfeffern und lieber selber was machen: Toben, selbst erfundene Spiele spielen, basteln (überraschend geduldig) und Erwachsenen Löcher in den Bauch fragen. Sie sind intelligent, selbstbewußt, selbständig und strotzen geradezu vor Gesundheit.

Kinder, wie sie sich jeder eigentlich nur wünschen kann? Offensichtlich nicht! Zwar beklagen sich viele besorgte Erwachsene zurecht über die "Generation Gameboy", über mit Fast-Food fehlernährte Kinder, über Bewegungsmangel, aggressives Mobbing schon unter Grundschülern, Lernunwilligkeit, Respektlosigkeit.
Allerdings habe ich den Verdacht, dass "Jungwikinger" nicht sonderlich erwünscht sind, weil sie anstrengen. Am liebsten hätten wir wohl Kinder mit einer Pausentaste. Außerdem haben solche Kinder einen eigenen, ziemlich dicken, Kopf. Hochbegabt und sehr kreativ, sprachbegabt - aber "faul", d. h. nicht zu Leistungen bereit, deren Sinn ihnen nicht einleuchtet. Keine Musterschüler, mit denen sich angeben ließe, die sich schon im Grundschulalter in die Karrierepläne ihrer Eltern einfügen. Sportlich, kräftig, agil, aber anscheinend der Alptraum jedes "leistungsorientierten" Sportlehrers oder Trainers. Ohne Bock darauf stellvertretend für ihre Eltern sportliche Lorbeeren zu sammeln.

Kinderfeindlichkeit fängt sicherlich schon da an, wo man die Kinder nicht so nimmt, wie sie sind, sondern so, wie man sie sein sollen, wie "man" sie gerade braucht. Das gilt erst recht für behinderte Kinder (siehe noch mal: Die Spitze des Eisbergs. )
Wie verdreht, absurd und im Grunde menschenverachtend die derzeitige Demographie-Debatte ist, hat Barbara A. Lehner, österreichische Mutter und "Testsiegerin", sehr viel pointierter ausgedrückt, als ich es je könnte: Halbe Renten für ganze Menschen.

Die drei "Jungwikinger" haben Glück. Mit ihren Eltern, ihrem Wohnumfeld und ihrer Heimatland. Sie wachsen in Schweden auf. Nicht, das Schweden nun das Musterland der Kinderfreundlichkeit wäre. Der "schwedische Sozialsstaat" ist längst nicht das, für den ihn manche Kritiker der deutschen Verhältnisse ihn halten. Sagen wir mal so: das schwedische Erziehungswesen ist, soweit ich es beurteilen kann, nicht wirklich gut, sondern nur weniger schlecht als das deutsche. Immerhin: Erziehungsurlaub und Kindergartenplätze sind kein großes Problem und das Bildungssystem bietet zumindest Chancen für Arme und Wohlhabende gleichermaßen.
Auch hat das real existierende Schweden wenig Ähnlichkeit mit der kinderfreundlichen Bullerby-Idylle der Reiseprospekte. Und ideologisch verbiesterte Grundsatzdebatten über Erziehungsfragen, Schulsysteme und Kinderbetreuung gibt es auch mehr als genug.
Mir fällt aber der Pragmatismus angenehm auf, mit dem in Schweden auf Familien mit Kindern und deren Bedürfnisse reagiert wird. Z. B. gibt es in schwedischen Fernzügen Kinderspielabteile, weil sich dort herumgesprochen zu haben scheint, dass Kinder nicht gerne stundenlang still sitzen und das auch Familien mit Kindern Bahnkunden sind, die durchaus das Auto nehmen könnten. In Deutschland ist der Kinderhort von IKEA beispielhaft, in Schweden einfach nur das Übliche, das eben auch auf die ausländische Filialen übertragen wurde. IKEA ist entgegen seinem Image nämlich keineswegs sonderlich "sozial".

Übrigens schützt auch vorgelebte Gebärfreudigkeit Kinderfreundlichkeit nicht vor Schnappsideen. Ich hatte mich ein wenig gefreut, als eine Mutter von 7 Kinder, die es außerdem noch geschafft hat, die meiste Zeit anspruchsvoll beruftstätig zu sein, Familienministerin wurde. Endlich mal jemand, der wirklich das Leben kennt. Na, ja:
Ein Rat von der Leyen: "Eltern sollen mit Kindern beten"
Das christliche Grundvertrauen mache es leichter, ein Kind in die Welt zu setzen, sagte die Bundesfamilienministerin. Ganz große Klasse! Vielleicht sind andere Religionen noch geburtenfördernder? -> Jesus statt Odin. Das parallel dazu eine Allensbach-Umfage herausgefunden haben will, dass Höflichkeit, gutes Benehmen, Sparsamkeit und Gewissenhaftigkeit bei der Arbeit wieder Werte sind, die Kindern vermittelt werden sollten, paßt ins Bild. Nichts gegen die genannten Werte. Die "Jungwikinger" verkörpern sie, aus meiner Sicht, geradezu ideal. Ich habe aber so den Verdacht, dass zumindest einige politische Freunde von der Leyens darunter, ganz "deutsch-tradionell", etwas anderes verstehen als ich: Unterordnung, Konformität, bedingsloser Gehorsam. :(

Also genau das, was Ingers höfliche, sparsamen und beim Arbeiten (Basteln, Schule) gewissenhafte Jungwikinger echt doof finden.

Kleine Korrektur: Die Kinder wachsen zwar schneller, als man glaubt, aber ich hatte mich bei den Altersangaben um gut ein Jahr vertan: Der jüngste der Jungwikinger wird zu Beltaine erst 2! Habe das richtiggestellt.

Sonntag, 5. März 2006

Schade um den Verein!

Obwohl ich, aus Gründen, die ich hier nicht ausbreiten möchte, vor gut einem halben Jahr aus dem "Rabenclan - Arbeitskreis für Heiden in Deutschland e. V" ausgetreten bin, liegt mir der Verein nach wie vor sehr am Herzen. Immerhin war ich mehrere Jahre lang aktives Mitglied.

Insgeheim hatte ich gehofft, dass der Verein, nun in ruhigerem Fahrwasser und mit neuem Vorstand, sich wieder berappelt.

Offensichtlich trog diese Hoffnung. In seinem Weblog "Oileán na mBeo" zieht Mat Bilanz über die ersten 100 Tage des neuen Rabenclan-Vorstands.
Rabenclan e.V. - Vorstand 100 Tage im Amt

Bis vor etwa 2 Jahren war der "Rabenclan" ein in der Öffentlichkeit sehr präsenter und politisch gut profilierter Verein. Nach außen zeigte sich das in einer aktiven Internet-Präsenz, bestehend aus einem lebhaft frequentierten Forum, einer Website, auf der es mindestens monatlich neue Artikel gab, und - allerdings unabhängig von den offiziellen Vereinsseiten - einem interessanten Webblog.
Rabenclan-Mitglieder traten an die Öffentlichkeit, es gab Interviews in Presse, Rundfunk und Fernsehen. (Einige davon habe ich gegeben.) Das verlieh dem Rabenclan auch politisches Gewicht, wichtig in einer Zeit, in der "Neuheidentum" nach wie vor entweder mit "Rechtsextremimus" oder mit "weltfremder Spinnerei" gleichgesetzt wird.

Mats Darstellung paßt meines Erachtens zur "Außenwirkung" des Rabenclans, der für Nichtmitglieder eigentlich nur noch als Veranstalter von Festen wahrnehmbar ist. Die "Rabenfeste" waren übrigens schon immer wichtiger Bestandteil der Vereinskultur, insofern deutet es meines Erachtens eher auf eine Beschränkung der Rabenclan-Aktivitäten hin, wenn sie derart in den Vordergrund treten.
Eventuelle Aktivitäten "im Hintergrund" entziehen sich naturgemäß meiner Kenntnis. Wenn der Rabenclan allerdings verstärkt Kontakte z. B. zu wissenschaftlichen Einrichtungen oder gesellschaftlichen Institutionen geknüft haben sollte, ist es für mich nicht einsehbar, warum so etwas nicht mehr der Öffentlichkeit kommuniziert wird.

Die öffentliche Erscheinung des Rabenclan steht im auffälligen Kontrast zu den vollmundigen Ankündigungen, die z. B. im Festbericht über Samhain (November 2005) gemacht wurden: Bericht Galgensprung Außerdem fällt auf, wie sehr eher unspektakuläre Erfolge und Projekte sprachlich "hochgejubelt" werden.

Es kann durchaus sein, dass der Rabenclan als Anbieter / Vermittler von "Dienstleistungen" (Kursen, Theaterveranstaltungen, Vorträgen) an Gewicht gewonnen hat.
An "gesellschaftlichem Gewicht" hat er jedoch meines Erachtens verloren.
Mats Bericht bestärkt mich in meinem Verdacht, dass der "Rabenclan" nicht (mehr) der gesellschaftlich und politisch engagierte Verein ist, der er meiner Ansicht nach sein sollte.

(Überarbeitete Fassung meines Beitrages vom 1. März. Die z. T. arg polemischen Kommentare zur älteren Fassung habe ich gelöscht.
MM
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