Gedankenfutter

Samstag, 3. Juni 2006

Alle reden vom Wetter ...

... ich auch. Wobei ich das derzeit herschende Wetter gar nicht so schrecklich finde. Und selbst wenn ich es schrecklich finden würde, hat regnerisches Wetter den Vorteil, dass es keinen Medien-Hype jener Sorte hervorruft, die einem partout den Spaß am Wetter verderben will.
Siehe hier, kurz vor Silvester geschrieben:
Von der Abschaffung des schönen Wetters Darin zitierte ich den Scheibenwischer Spruch: "Früher hieß das Winter oder weiße Weihnacht, heute spricht man von Schneekatastrophe." Und weiter schrieb ich: "Ja, füher gab es auch richtig schöne Sommer, heute gibt's überhöhte Ozonwerte, drohende Dürre, bedrohlich steigende Hautkrebsraten!".

Wetten dass, wäre es jetzt knallig warm, die Nachrichtensendungen sich weitgehend auf die Stichworte: "Treibhauseffekt" und "Fußball-WM" reduzieren ließen? Sehr zum Vergnügen unserer Volkvertretern, dann dann wäre diese lästige Harz IV-Verschärfungs-Sache glücklich ohne Aufmerksamkeit über die Bühne gegangen. bäh

Außerdem ist noch nicht aller Tage Abend. Der extrem heiße und trockene Sommer des Jahres 1994 wurde von einen außergewöhnlich kühlem Juni eingeleitet.

Rückblickend wird das Wetter vergangener Zeiten gern verklärt.
Z. B. sind die 1970er im medial wirksamen Teil des kollektiven Gedächtnisses von schrill-bunten Klamotten, Disco-Musik und sentimentalen Schlagern, langen Haaren und Strandparties geprägt. Und wenn man bestimmten Sendungen im Seicht-Fernsehen glaubt, dann war das Wichtigste, was zwischen 1971 und 1980 in der DDR geschah, der allgemeine Sieg der FKK an Ostseestränden. Neulich bekam ich im Radio zu hören: "In den 70er Jahren, da hatten wir wenigstens noch Sommer." Fragt sich nur, welche. Nicht von ungefähr sang Rudi Carell anno 1975: "Wann wird es endlich wieder Sommer?" Drei der kühlsten und verregnetesten Sommer des 20. Jahrhunders fielen in die sonnigen 70er: 1971, 1974 und 1978
Bei der Fußball-WM 1974 waren regelmaßig Spiele wegen Nichtbespielbarkeit der Plätze gefährdet - vor dem Endspiel mußte z. B. der Rasen des Olympia-Stadions mühsam "entwässert" werden. Klar, Leute, wenn das Wetter in den nächsten Wochen so bleibt wie jetzt, dann wißt Ihr wenigtens, woran es liegt!
Gewitter

Warum andererseits jeder Sommer, der etwas wärmer und trockener als der vorangangene, zum "Jahrhundertsommer" mutiert, wird mir genau so ein Rätsel bleiben, wie auch wie es der Klimaforscher Mojib Latif immer wieder schafft, jede aktuelle Wetterlage als Anzeichen der Klimakatastrophe darzustellen. (Egal, ob zu heiß, zu kalt, zu trocken, zu naß oder zu normal - es sind immer die Treibhausgase. Nein, ich ziehe weder die globale Erwärmung in Zweifel, noch bin ich für ungehemmten CO2-Ausstoß, noch von Exxon oder der Kohlelobby geschmiert.)
Sonne

Donnerstag, 25. Mai 2006

Libertäres - zum Vergleichen

Dr. Dean hat einige der typischen Dogmen der ach so undogmatischen Wirtschaftslibertäre und marktradikaler Libertaristen und Liberaler herausgearbeitet: Libertäre Dogmen

Wobei die tatsächliche ideologische Ausrichtung vieler (deutscher) "Libertäre" keineswegs libertär, sprich: anarchistisch sind, auch nicht in der auch bei US-libertarians nicht seltenen seltsamen Sondervariante "anarchokapitalistisch". Eher ist es ein naiver Glauben an den Mark und ein ebenso naiver Sozialdarwinismus - einschließlich eines gespannten Verhältnisses zu Bürger- und Menschenrechten.

Zum Beleg ein Vergleich zwischen Konservativen (im amerikanischen Sinne, in diesem Fall wohl die Bush-treuen Republikaner, tendenziell also "Neocons") und Libertären.
The Difference Between Conservatism and Libertarianism

What's the difference between conservatism and libertarianism? Jacob Hornberger, president of the libertarian Future of Freedom Foundation, recently gave his own take on that question in this provocative and controversial piece, entitled "Conservatism vs. Libertarianism":

The Conservative:
I'm a conservative. I believe in individual liberty, free markets, private property, and limited government, except for:

1. Social Security;
2. Medicare;
3. Medicaid;
4. Welfare;
5. Drug laws;
6. Public schooling;
7. Federal grants;
8. Economic regulations;
9. Minimum-wage laws and price controls;
10. Federal Reserve System;
11. Paper money;
12. Income taxation and the IRS;
13. Trade restrictions;
14. Immigration controls;
15. Foreign aid;
16. Foreign wars of aggression;
17. Foreign occupations;
18. An overseas military empire;
19. A standing army and a military industrial complex;
20. Infringements on civil liberties;
21. Military detentions and denial of due process and jury trials for citizens and non-citizens accused of crimes;
22. Torture and sex abuse of prisoners;
23. Secret kidnappings and "renditions" to brutal foreign regimes for purposes of torture;
24. Secret torture centers around the world;
25. Secret courts and secret judicial proceedings;
26. Warrantless wiretapping of citizens and non-citizens;
27. Violations of the Constitution and Bill of Rights for purposes of "national security";
28. Out-of-control federal spending to pay for all this.

The Libertarian:
I'm a libertarian. I believe in individual liberty, free markets, private property, and limited government. Period. No exceptions.

(Source: "Conservatism vs. Libertarianism" by Jacob G. Hornberger
http://www.fff.org/comment/com0604c.asp )
(Jacob G. Hornberg ist ein radikal anarchokapitalistischer Libertarian, der aber auch radikaler Bürgerrechtler ist.)

Montag, 22. Mai 2006

"beautopia"

Eine interessante Entdeckung: Die Seite mit dem alten Cher- Song "Half Blood", die ich "zufällig" per Google im Internet fand, ist, wie ich erst heute bemerkt habe, Teil des sehr ansehens- und lesenwerten Internet-Projekts "beautopia" der amerikanischen Soziologin Laura L. Sulivan.

Eine spannende Präsentation zwischen Kapitalismuskritik, Marxismus, Esoterik, Feminismus, Werbeklischees und der ewigen Suche nach Schönheit. Man sollte sich viel Zeit nehmen. Es lohnt sich!
Abstract - Beautopia: Making Over Method

Beautopia hypertext links

Donnerstag, 18. Mai 2006

Auf Klärung aus: 2. Was ist "Poltical Correctness"?

Angeregt durch Che (Das "Scheitern der Multikultur"), Karan (Ausmisten) und Externspeicher (Klarstellung zum Fall Hirsi Ali) - eine Überlegung zum übel vernutzten "Kampfbegriff" Political Correctness (nicht zu trennen von der Idee des "Multikulturalismus").

Wie schon beim Antisemitismus kommt man mit Lexikondefinitionen nicht so recht weiter.
Political Correctness, kurz PC, kann mitlerweile so ziemlich alles zwischen "Widerstand gegen Diskriminierung" und "euphemistische Sprachregelung" ("Personen mit Migrationshintergrund", "vertically challenged" usw.) bedeuten.
Das trifft den Kern der Sache jedoch nicht, z. B. steckt hinter der mitunter grostesken Sprachkosmetik längst nicht immer Rücksicht oder vermeindliche Rücksicht auf diskriminierte oder sich diskriminiert fühlende Gruppen, also PC. Und oft ist das, was als PC bezeichnet wird, in Wirklichkeit Feigheit (vor "einflußreichen" oder "gewalttätigen" Gruppen), Scheu vor politischen Auseinandersetzungen, Opportunismus, Schmeichelei, Imagekosmetik, "falsche Toleranz" oder schlicht übersteigertes Harmoniebedürfnis.

Seit einige Jahren wird der Begriff überwiegend ablehnend verwendet, "politically incorrect" ist zumindest in den USA schon ein Synonym für "Klartext" und "schonungslose Ehrlichkeit" geworden. (Ob das auch auf das gleichnamige deutsche konservative Blog zutrifft, mag jeder selbst beurteilen: politically incorrect - immerhin: übertrieben rücksichtsvoll ist man dort mit Sicherheit nicht).
Es entbehrt nicht der Ironie, dass vor allem Rechtskonservative das Schlagwort von der political correctness gegen das "liberale Meinungskartell" (bzw. "linkes Meinungkartell" bzw. "68-er Meinungskartell") anbringen. Sie werfen ihren liberalen und linken Gegnern vor, sie wollten unliebsame Themen im Sinne der political correctness tabuisieren. Zumindest was die PC-Bewegung in den USA angeht, ist das widersinnig, und auch in Deutschland sind "typische" PC-Anhänger alles andere als liberal und höchsten verbal links.
Ich knüpfe inhaltlich an Ches Kritik des Multikulturalismus an. Es heißt nämlich oft, der Begriff der "political correctness" stamme aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Das ist nur bedingt richtig. Er wurde in der radikal multikulturalistischen Szene geprägt. Die - sich meistens "links" gebende - radikale Multikulturalisten behaupten von sich, sie stünden auf der Seite der Opfer von Imperialismus, Kapitalismus, Rassismus und männlicher Dominanz. Typisch ist eine "verkürzte Kolonialismus / Imperialismuskritik": wenn sich Angehörige der unterdrückten Kulturen gegen die eurozentrische bzw. "westliche" Dominanz zu behaupten versuchen, dann sind sie automatisch im Recht. Es gelte daher, alle nicht in den "Metropolen" (den wirtschaftlichen und kulturellen Zentren des "Westens" bzw. "Nordens") beheimateten ethnischen Gruppen und alle ethnischen und sonstigen Minderheiten in den "Metropolen" zu unterstützen, die sich vom schädlichen Einfluß der universalistischen Ideologie befreien und zu einer eigenen "kulturellen Identität" finden wollen. Die Ähnlichkeit des radikalen Multikulturalimus zum neurechten Konzept des "Ethnopluralismus" ist verblüffend, trotz des höchst unterschiedlichen politischen Stallgeruchs der Vertreter der jeweiligen Lehre. "Links" wie "Rechtsaußen" lehnt man Interkulturalität ab, voneinander Lernen, Austausch der Kulturen untereinander, wechselseitiges Wachstum usw. werden zugunsten der "authentischen" bzw. "reinen" kulturellen Identität beargwöhnt. Ein Unterschied besteht allerdings darin, dass der rechte "Ethnopularismus" außerdem noch die Komponente "Heimaterde" umfasst - Motto: "Deutschland den Deutschen, die Türkei den Türken und die USA teil man am Besten in ethnisch bestimmte Teilnationen auf". Multikulti-Fans sind mehr für das "Modell Flickenteppich" - unterschiedliche Kulturen leben nebeneinander her. Dennoch ist Che zuzustimmen, wenn er schon 1990 das grüne Konzept des Multikulturalismus als Multitrassismus kritisierte.

Die in den USA entstandene, von radikalen Multikulturalisten und Kulturrelativisten getragene PC-Bewegung vertritt den Vorrang von Partikularinteressen vor dem liberalen Gerechtigkeitsprinzip (und auch der traditionelle Universalismus der "Linken" steht ihnen fern). In einem Satz zusammengefaßt lautet der Standpunkt der political correctness:
Nur Angehörige einer bestimmten "Gemeinschaft" (Minderheit, Religion, Rasse usw.) können über ihre eigenen Angelegenheiten wahre Aussagen treffen.
Eine politische oder sogar eine wissenschaftliche Aussage ist nach den Maßstäben der PC nur dann statthaft, wenn sich die Mitglieder unterdrückter (und sich unterdückt fühlender) Gruppen nicht von ihr herabgesetzt fühlen. Unter dieser Maßgabe kann alles geistige Leben nach dem Belieben politischer oder intellektueller Wortführer manipuliert werden, wenn sie nur vorgeben, im Namen ihrer "Gemeinschaft" zu sprechen. Der besonders in Deutschland weit verbreitete Hang, gerne einen einheitlichen Ansprechpartner haben zu wollen, der alle Angehörigen "seiner" Gruppe vertritt, begünstigt diese fatale Tendenz zusätzlich: der "Moslemrat" sprich dann für "die" Muslime oder der Zentralrat der Sinti und Roma für die Zigeuner (ein Wort, dass der Zentralrat als diskriminierend ablehnt - im Gegensatz z. B. zur Sinti Allianz Deutschland oder diversen Roma-Gruppen).
Political correctness geht von einem ausdrücklich anti-liberalen Weltbild aus: Sie bestreitet, dass es universal gültige Kriterien für die Verständigung zwischen Individuen und gesellschaftlichen Gruppen gibt. Sie mißtraut der Redefreiheit, die sie durch sprachliche und soziale Verhaltensvorschriften regulieren will. Faktisch unterbinden die Vertreter der political correctness den offenen Meinungsstreit, indem sie bestimmte Ideen - sofern sie von "unterdrückten", besonders schutzwürdigen Gruppen bzw. ihren "Sprechern" geäußert werden - der Kritik entziehen.

(Ich beziehe mich hier, der Deutlichkeits halber sei es ausdrücklich vermerkt, auf die ideologische political correctness. Nicht alles, was gemeinhin politisch korrekt gennant wird, fällt darunter.

Auf den Ausgangspunkt der "politisch korrekten" Sprachregelungen, nämlich die Annahme, dass das Bewußtsein ziemlich direkt durch den Sprachgebrauch bestimmt wird, gehe ich nicht näher ein - weil diese Sprachregelungen im Zusammenhang mit der PC/Multikulti-Ideologie nur ein Aspekt unter vielen sind.)

Auf Klärung aus: 1. Woran erkennt man einen Antisemiten?

"Antisemit" ist ein politisch vernutzter Kampfbegriff. Antisemit ist immer nur "der Andere". Wer Antisemit ist, ist oft nur eine Frage der Definition. (Je nachdem, ob man unter "Antisemitismus" eine geschlossene Ideologie oder "nur" antijüdische Ressentiments versteht, kommt man auf 5% oder 30% Antisemiten in Deutschland. Wie auch immer, es sind jedenfalls zu viele.)
Irrig ist die verbreitete Aufassung, als "Linker", Liberaler und / oder als überzeugter Demokrat könne man kein Antisemit sein. Es gibt ja sogar antisemitische Juden.

Durchaus praxisnah erscheint mir diese Begriffsklärung von Henryk M. Broder (aus Woran man Antisemiten erkennt:
Woran erkennt man einen Antisemiten? Wie merkt man, daß man selbst ein Antisemit ist?
Die Sache ist recht einfach. Man ist nicht Antisemit, wenn man die israelische Politik kritisiert, gefillte Fish nicht mag oder Artur Brauner und Rolf "Shimon" Eden unsympathisch findet. Man ist auch kein Antisemit, wenn man Klezmer-Konzerte meidet, noch nie in Auschwitz war oder keinen Kurs für koscheres Kochen besucht hat. Man ist aber Antisemit, wenn man den Juden etwas übel nimmt, das man anderen nicht übel nimmt, wenn man sich über Juden aufregt und empört, während das gleiche Verhalten von Nichtjuden keine Aufregung und keine Empörung zur Folge hat. Das ist schon alles.
Das heißt auch, wenn ich den Gedanken weitführe, dass betontes Interesse an jüdischer Kultur kein sicheres Merkmal für fehlenden Antisemitismus ist. Oder auch, dass Antisemitismus nicht ganz dasselbe ist wie "Vorurteile gegen Juden haben". Oder das zum Antisemitismus immer Hass gehört.
Die idiotische Frage: "Wie können die Juden, die so gelitten haben, anderen das antun, was sie selbst erlebt haben?" ist ein Beweis für den Antisemitismus des Fragestellers, weil er von Juden moralische Leistungen einfordert, die er Nicht-Juden nicht abverlangt, schon gar nicht, wenn sie in ihrem früheren Leben Täter waren, die anderen Leiden zugefügt haben.
Hier sehe ich das Problem vieler Philosemiten, die "die Juden" ob ihrer Leiden verklären, in sie eine gradezu "übermenschliche" Moral hineinprojezieren. Halten real existierende Juden diesen übergroßen Ansprüchen nicht stand, kippt schwärmerischer Philosemitismus gern in Antisemitismus um.
Wer sich über die israelische Besatzung von Judäa und Samaria aufregt, aber keine Ahnung hat, wie lange die Chinesen schon Tibet besetzt halten, der ist ein Antisemit.
Wenn sich ein paar auf Juden fixierte Bruchpiloten zusammenrotten, um einander zu bestätigen, daß sie keine Antisemiten sind, obwohl sie auf Juden fixiert sind, dann liefern sie gleich den Beweis, daß sie nicht nur Antisemiten sind, sondern auch ahnen, daß sie es sind.
Und wer sich über den "Boykott" des palästinensischen Volkes, das im Ganzen und pro Kopf mehr Hilfe bekommen hat als die Deutschen durch den Marshall-Plan, echauffiert, aber noch nie ein Wort über die Aufrufe zum Boykott israelischer Produkte und israelischer Wissenschaftler verloren hat, der ist so antisemitisch wie die Hostie heilig ist. Amen
Im Rückblick auf: Antisemtismus auf Schwedisch - trifft Broders Defition die schwedische Haltung genau.

Montag, 8. Mai 2006

8. Mai ...

Am 8. Mai 1945 endete der bisher brutalste Vernichtungskrieg der Menschheitsgeschichte mit der völligen Niederlage des Agressors.
Die Kapitulation
Nicht endete der 2. Weltkrieg - aber das ist ein anderes Thema.

Ich weiß nicht, wie ich diesen Tag nennen soll -"Tag der Befreiung" ist politisch korrekt, hat aber aus deutschem Munde einen üblen, heuchlerischen Beigeschmack, denn um "befreit" zu werden, muß man gefangen sein - und mindestens vier Fünftel der Deutschen waren selbst 1945 eher "Täter", "Mittäter" und "Nutznießer" als "Opfer". Darunter auch alle meine damals erwachsenen Ahnen, und zwar auch jene, die von den Nazis überhaupt nichts hielten - aber bestrebt waren, den Kopf unten zu behalten, damit der Kopf daranblieb. Menschlich verständlich, manchmal ohne irgendeine "Schuld", aber in der Konsequenz un-menschlich. Und auf die Konsequenzen des Handelns kommt es an, die "Schuldfrage" ist allein eine juristische Qualität.
Auch ich wäre wohl "Mittäter" oder "Nutznießer" gewesen, und hätte es deshalb sehr wohl verdient, von einem Rotarmisten erschossen oder von den wirklich Befreiten kurzerhand an den nächsten Baum geknüpft zu werden. Auch ohne "persönliche Schuld", geschweige denn "Kollektivschuld".
Nein, ich bin nicht "antideutsch" - wir haben ja nicht mehr ´33 - ´45. Und daran, dass "wir Deutsche" etwas "Besonderes" sind, glaube ich einfach nicht. Auch eben nicht "besonders gewaltätig" oder "besonders herrschsüchtig" oder "besonders xenophob", oder auch nur "tradionell expansionistisch" oder "traditionell obrigkeitshörig" - selbst "traditionell autoritär" lehne ich ab, denn Traditionen kann man beenden.
"Tag der glückhaften totalen Niederlage" wäre vielleicht eine angemessene Bezeichnung.

Egal, wie auch immer, aus dem "8. Mai 1945" ergeben sich für mich einige ethische Konsequenzen.
Auf eine hat der gute che hingewiesen. Mit ist es mit meinen islamkritischen Anliegen ernst - womit ich nicht die Religion, sehr wohl aber die menschenrechtsfeindlichen Tradionen in islamischen Ländern und Subkulturen meine. (Auch hier gilt: Tradionen kann man beenden.) Deshalb setze ich mich dafür ein, dass im Asylverfahren sexistische Verfolgung als Anerkennungsgrund allgemein anerkannt wird:
pro asyl
Und darüber, dass die brutale deutsche Abschiebepraxis nicht zu den wohlfeilen Bekenntnissen zu Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit passen, brauche ich mich hoffentlich nicht lange auszulassen. Ein gesichtertes Aufendhaltsrecht für die (nicht allzuvielen) jahrelang hier lebenden Flüchtlingen würde Deutschland nicht belasten. Aber das (Tot-)Schlagwort "Asylantenflut" kommt bei bestimmten Kreisen gut an - genau so wie das von den notorisch "faulen Sozialsschmarotzern", alias Langzeitarbeitslosen. Aua!

Mit der IPPNW habe ich aber so meine Probleme. Wieso ausgerechnet "Ärzte gegen den Atomkrieg" jenen in den Rücken fallen, die eine nukleare Bewaffnung des Iran verhindern wollen (einschließlich der IAEA) ist für mich nicht verständlich.
Es sind, vermute ich, Ideologen, bei denen das Engagement für die (vermeindlich) “gute Sache” zum Realitätsverlust geführt hat. Selbst vor dem Verbreiten absurder Verschwörungstheorien schrecken die IPPNW nicht zurück. (Siehe meine "Serie" Leukämie und Mini-Atombomben.)

Freitag, 28. April 2006

Bloggen gegen AIDS

Normalerweise übernehme ich keine Beiträge, aber diese Aktion halte ich für so wichtig, dass ich den Text einfach von Sven kopiere.
Die UNICEF ruft Blogger zur Unterstützung einer Unterschriftenaktion im Rahmen der Kampagne "Du und ich gegen AIDS" auf, mit der von Regierung und Industrie stärkere Anstrengungen im Kampf gegen AIDS gefordert werden soll.
AIDS bedroht Kinder in ganz besonderem Maße. Die tödliche Immunschwäche macht nicht nur Millionen von Minderjährigen zu Waisen. Durch die Übertragung des HI-Virus im Mutterleib und bei der Geburt kommen zudem unzählige Neugeborene todkrank auf die Welt.
Unterschriftenaktion
Unterschreiben Sie die Forderungen von UNICEF and die Pharmaunternehmen und die deutsche Bundesregierung. Sie können auch einen Satz formulieren, warum Sie mit UNICEF gegen AIDS kämpfen.
Auf der Aktionsseite der UNICEF gibt es Infos und für den der's mag auch Material zum auf die eigenen Seiten friemeln, z.B. einen Counter, der den Stand der Unterschriftenaktion zeigt oder ein Kasten, der zufällig ausgewählte Statements von Unterzeichnern auf die eigene Seite schaufelt.

Die Kampagne fordert u.a., die Preise für Medikamente zu senken, Medikamente für Kinder entwickeln, Aufklärung und Schule für alle und eine Aufstockung der Entwicklungshilfe.

(Achso, nicht nur bloggen, auch Unterschreiben nicht vergessen? ;-) )
Kleiner Nachtrag, mit Dank für die Anregung an Pantoffelpunk: Auch wenn die katholische Kirche neuerdings bei AIDS-Kranken ein Kondom nicht mehr in jedem Fall für ein Ticket Richtung Hölle zu halten scheint:
Stop AIDS

(Die repressive und tabugeladene katholische Sexualmoral - wie auch die vergleichbare Sexualmoral anderer Religionsgemeinschaften - ist im Falle AIDS-Bekämpfung nämlich extrem kontraproduktiv! Trotz der bescheidenen Ansätze für eine etwas realistischere Haltung des Vatikans.)

Übrigens, liebe Trolle - ich bin ja kein atheistischer Popenfresser. Auch ich bin durchaus spirituell und sogar "religiös" - auf meineWeise:
Pagan

Donnerstag, 27. April 2006

"lechts" und "rinks"

(Angeregt durch die Diskussion: "Was ist linksliberal"?)
Wie che, mit dem ich nicht immer einer Meinung bin, würde ich gern das politische Koordinatensystem dreidimensional gestalten: Nicht nur "rechts-links", sondern auch "vorne-hinten" oder "oben-unten". So ähnlich, wie in der Französischen Revolution schon einmal üblich gewesen war.

Einen ersten Schritt in diese Richtung unternimmt dieser politische Selbsttest, nicht aus dem Heimatland der Revolution, aber aus der (Wahl-)Heimat der (echten) Querdenker - Britannien.
Political Compass
Der Ansatz ist zweidimensional. In der "Horizontalen" gibt es eine ökonomische Skala - "rechts - links", wobei "rechts" für einen ungebremsten Kapitalismus steht, "links" für eine konsequente Kollektivwirtschaft. Die Extremwerte sind "Kommunismus" und "Neo-Liberalismus".
In der "Vertikalen" liegt die soziale Skala - "autoritär - libertär", grob gesagt ein Maßstab der Freiheit des Einzelnen gegeüber der Zentralgewalt. Die Extremwerte sind "Faschismus" und "Archarchismus". (Entgegen der üblichen politischen Einordnung, dass das Gegenteil von "Faschismus" "Kommunismus" sei.)
Sehr erhellend ist die Einordnung bekannter Personen auf dieser Skala: Hitler steht z. B. auf der sozialen Skala ganz "oben", da ultra-autoritär, aber ökonomisch relativ nahe bei der Mitte. Stalin liegt ganz "links oben". George W. Bush steht ökonomisch sehr weit "rechts" und sozial ziemlich weit "oben" (autoritär), was niemanden überraschen wird, aber auch Tony Blair (theoretisch Sozialdemokrat) steht mitten im rechten oberen Quadranten.

Ein Blick auf die deutsche Parteienlandschaft erklärt so Einiges. Der oberer linke Quadrant (autoritär, links) ist leer (hier würde ich die DDR-Nostalgiker innerhalb der PDS einordnen), im unteren linken Quadranten finden sich, die "Linken" (deutlich links, leicht libertär), rechts von ihnen (leicht links, leicht libertär) die "Grünen". Der untere rechte Quadrant ist wieder leer, was heißt, dass sich fast alle deutschen Parteien im rechten, oberen Quadranten ballen. Am autoritärsten natürlich die NPD, die ökonomisch allerdings in der Mitte steht. Die CDU ist deutlich autoritär und ökonomisch recht weit "rechts". Die SPD ist weniger autoritär, aber immer noch erkennbar über der Mitte, und liegt ökonomisch erkennbar rechts der Mitte. Die FDP schließlich ist nur leicht autoritär, dafür ökonomisch stramm "rechts", sprich kapitalistisch.

Sonderlich überrascht hat mich das Ergebnis nicht, aber die graphische Darstellung macht deutlich, wie leicht es z. B. ist, von eine vermeindlich "linken" Postion zu einer vermeindlich "rechten" Position zu kommen - und das "überraschende" Koalitionen und Zweckbündnisse im Lichte dieses zweidimensionalen Darstellung gar nicht so unplausibel sind, wie sie nach konventioneller "Gesäßgeographie" sind. (Und bezogen auf Dr. Dean "linksliberale" Blogroll: die gelisteten Blogger scheinen, vorsichtig formuliert, "links unten" zu stehen. Jedenfalls dem Augenschein nach.)

Völlig zufrieden bin ich mit dem 2-D-System noch nicht. Ich schlage statt dessen folgende Koordinaten vor:
x-Achse - "ökonomische Selbstbestimmung" - (Maximalwert: Anarchokapitalismus - Minimalwert: totale Planwirtschaft)
y-Achse - "persönliche Selbstbestimmung" - (Maximalwert: "alles geht", keine Verbote (auch nicht von harten Drogen), keine Tabus, Minimalwert: "Überwachungsstaat".)
z-Achse - "Gleichheit" - (Maximalwert - völlige Egalität - Minimalwert - "Maximierung der Ungleichheit" (Ständestaat mit starrer Hierarchie und "Führerprinzip".)
Das ist natürlich nur eine erste Skizze, daran ist noch viel Arbeit notwendig

(Auch übrigens: ich stehe laut Testergebnis ziemlich weit "links" und ganz weit "unten".)

Sonntag, 23. April 2006

Linksliberal?!?

Dr. Dean, Betreiber des linksliberalen Blogs Der Morgen, hat eine Blogroll aus seiner Ansicht nach ebenfalls linksliberalen Blogs zusammengestellt:
Update Blogroll: Linksliberale Blogs und Internationales

Ich akzeptiere dankbar, dass ich auf dieser Liste stehe, zumal ich mich selbst gern "linksliberal" nenne. Allerdings besagt dieses Etikett, wie ein Blick auf die Liste zeigt, herzlich wenig ...
Distelfliege eine Linksliberale? Pantoffelpunk hat sich ob dieser Bezeichnung sogar erschrocken.

Was Dr. Dean unter "linksliberal" versteht? Er geht von einigen ganz vernünftigen Minimalkriterien aus:
Nun, hmmja, Freiheitsliebe, Humanismus, Pazifismus, Anti-Rassismus, etwas Bildung und gelegentliche Intelligenzbeweise gehören schon mal dazu.
Allerdings reichen diese hinten und vorne nicht, eine politische Richtung zu definieren - und so finden sich finden sich z. B. AnarchistInnen neben demonstrativ bildungsbürgerlichen Intellektuellen jener Sorte, die auf Anarchos erfahrungsgemäß wie ein Brechmittel wirken. (Ich fürchte, auch ich wirke auf rebellische Anarchos manchmal wie ein klassischer "Scheißliberaler".) Auch meine eigene Einordnung ist so klar nicht, ich könnte mich ohne weiteres als "(liberaler) demokratischer Sozialist" bezeichnen, und habe das in der Vergangenheit auch getan. Inzwischen ist der Begriff "demokratischer Sozialismus" auch im "Westen" von den "Linken" (PDS & assimilierte WASG) vernutzt, im Sinne eines ganz strammen Etaismus ("Starker Staat") assimilated. Außerdem schätze ich Karli Marx sehr, aber Karli Poppers Kritik an Marx ebenfalls. "Sozialdemokrat", was unter Umständen auch passen würde, mag ich mich nicht nennen, da ich die "alte Tante" zwar respektiere, aber nicht so sehr, dass ich der SPD beitreten würde.

In einer Diskussion mit einem amerikanischen "Libertarian" (der, anders als es Ches polemischer, aber im Großen und Ganzen treffender Artikel nahelegt, kein Anarchokapitalist, sondern ein "typischer Späthippie" ist) kam ich auf die Formel "Neither Big Gouverment nor Big Buisiness should rule". Eine Definition, die mühelos Leute wie mich und die meisten AnarchistInnen unter einen Hut bekommt.

Momo präsizierte in einem Kommentar Dr. Deans Minimalkriterien in, wie ich finde, sinnvoller Weise:
Ich glaube, wenn man jene Positionen, die Du als "linksliberal" klassifizierst, näher kennzeichnen will, sind's solche, die

a.) Freiheitsrechte nicht in Opposition zu solidarischem Handeln begreifen, sondern einen unauflöslichen Zusammenhang, ein wechselseitiges Bedingungsverhältnis zwischen beidem nicht nur belegen können, sondern auch leben, und die

b.) Individualität wirklich ernst nehmen, also sich wenig um Gruppenzugehörigkeit, Fraktionszwang und Ideologiehaftigkeit kümmern, sondern lieber selbst denken und die deshalb

c.) Kollektividentitäten, die als a priori behauptet werden und mit WERTUNGEN versehen werden, zurückweisen - Klasse, "Rasse" (die's ja nicht gibt im Falle des Menschen), Nation im vorpolitischen Sinne etc. -, aber auf die Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse trotzdem nicht verzichten wollen (...) .

Insofern ist Selbstbestimmung auf allen Ebenen das Zentrum dieses Denkens - und allein sich selbst bestimmen geht nicht.

Die Möglichkeit zur Selbstbestimmung will man allen gleichermaßen zugestehen, nicht etwa, wie die Wirtschafts-Liberalen, nur den "Unternehmern". (...)
Allerdings müßten, nach meiner Formel und erst recht nach Momos Präzisierung, so einige Kandidaten hochkant von Dr. Deans Liste fliegen.

Samstag, 15. April 2006

Der Pate der Public Relations

Einen gelungenen literarischen Versuch, sich mit dem Thema "Gesetz, Moral und Public Relations" auseinanderzusetzen, findet sich auf dem linksliberalen Blog "Der Morgen":
Erzählung: Herr Johannser, Senior PR-Consultant

Dr. Dean spielt mit Klischees aus dem Kriminalroman. Im wirklichen Leben wird ein PR-Consultat nicht wie ein Mafia-Boss aus einem Roman von Puzo agieren - das heißt, den protzigen Lebensstil und die Arroganz halte ich unter Umständen schon für plausibel, die patenonkelhafte Art, die Ehrlichkeit gegenüber den Motiven des eigenen Handels und die gewisse "Ganovenehre" des "widerlichen Typs" hingegen nicht.

Satire ist vielleicht der einzige Weg, die Welt der professionellen Meinungsmache zutreffend zu beschreiben.

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