Dienstag, 25. September 2007

Neueste Verschwörungs-Theorie: Schäubles unheimliche "Experten"!

Bundesminister Schäuble hat auch nach seinen Gesprächen in den USA keine konkrete Hinweise darauf, dass sich nukleares Material in Terroristenhand befinden könnte. (Was nicht viel besagen muss, schließlich gibt er noch nicht einmal konkrete Hinweise auf die Identität der zahlreichen Experten, die seinen Angaben nach weltweit vor Anschlägen mit "schmutzigen Bomben" warnen.
(Schmutzige Bombe lässt Schäuble nicht los.)

Wie wirkt eine "schmutzige Bomben", was macht sie gefährlich?

Eine "schmutzige Bombe" hat mit einer Atombombe nichts gemeinsam. Sie ist ein ganz normaler Sprengkörper aus ganz normalem Sprengstoff, dem radioaktive Substanzen beigemischt wurden. Zweck des Ganzen ist es, die radioaktiven Isotope über ein größeres Areal zu verteilen. Als radioaktive Substanzen kommen z. B. Cäsium 137, wie es in der Medizin und in der Industrie verwendet wird, oder Plutonium 239, aus wiederaufbereiteten gebrauchten Brennstäben von Kernreaktoren in Frage. Cäsium 137 ist relativ einfach zu beschaffen ist, während die Beschaffung von Plutonium 239 schon schwieriger sein dürfte - allen Gerüchten um "Atomschmuggel" zum Trotz. Von daher ist anzunehmen, dass Terroristen sich an das relativ einfach und relativ unauffällig zu beschaffende Cäsium 137 halten.
Bis hierhin hat Schäuble bzw. haben seine anonymen Experten, recht: so eine schmutzige Bombe ist zwar nichts für Fritzens Freizeit-Terroristen, aber eine z. B. auf dem Niveau der alten RAF (1 oder 2. Generation) arbeitende Gruppe müsste das hinkriegen. Die "Hamburger Zelle" der Al Qaida hätte es wohl auch geschafft.

Bevor sich jetzt alle, die das lesen, möglichst schnell in möglichst einsame Gegenden fliehen: Zur Gefährlichkeit von schmutzigen Bomben sind sich die Experten einig - sie verhält sich zu der durch eine Atombombe etwa so, wie eine Kleinkaliberpistole zur 150 mm Panzerhaubize. Wenn man nahe genug dran ist und viel Pech hat, kann auch die KK tödlich sein. (Ich habe im Internet recherchiert und könnte auch die Namen der Experten und die Institutionen, für die sie arbeiten, nennen. Aber wenn Schäuble sich auf anonyme Experten beruft ... )
Also: bei einer schmutzigen Bombe mit Cäsium 137-Füllung müsste sich ein Mensch ca. 100 Stunden im Kernbereich der Explosion aufhalten, um mit 5% Wahrscheinlichkeit Symptome einer akuten Strahlenerkrankung zu entwickeln. Es ist also nahezu ausgeschlossen, dass die betroffenen Anwohner, Rettungskräfte oder Passanten eine Strahlendosis ausgesetzt wären, die zu akuter Strahlenerkrankung oder gar zum Tode führen könnte.
Szenarien, die zum Ergebnis kommen, dass im dem am meisten kontaminierten Gebiet jeder zehnte Betroffene an Krebs sterben würde, beruhen auf der Annahme, dass die Bevölkerung seelenruhig ohne Schutzmaßnahmen und ohne Dekontaminierung jahrelang in der "heißen" Zone leben bleibt. Realistisch wäre das vielleicht bei einem unentdeckt gebliebenen / vertuschten Unfall mit Atommüll, bei einer "schmutzigen Bombe" würde sofort evakuiert werden.

Die gefürchtete "schmutzige Bombe" entspricht, selbst bei einer großen Ausführung, abgesehen von der Explosionswirkung einem mittlerem Unfall beim Transport von radioaktivem Material oder einem Brand in einem radiologischen Labor. Keine Bagatelle, aber nichts, womit der Katastrophenschutz überfordert wäre. Wenn es Tote gäbe, dann direkt durch die Explosionswirkung.

Weshalb ist die "schmutzige Bombe" trotzdem so gefürchtet? Wegen ihrer psychologischen Wirkung!

"Schmutzige Bomben” würden zwar selbst in unmittelbarer Nähe zum Explosionsort aus radiologischer Sicht keine Gesundheitsgefährdung für große Teile der Bevölkerung darstellen. Aber sie würden - aus Unkenntnis über die tatsächlichen Gefahren - zu Überreaktionen, bis hin zur Massenpanik, führen. Würde eine "schmutzige Bombe" mitten in einer Großstadt explodieren, gäbe es hunderte Tote, unzählige Verletzte - wegen der vielen Verkehrsunfälle auf den Ausfallstraßen.
Halten wir also fest: Je größer die Panik, desto wirksamer die "schmutzige Bombe".

Und jetzt haltet Euch fest: Wer sorgt dafür, dass wir so richtig panische Angst vor Terroristen mit "Nuklearem Material" haben? Richtig, Bundesinnenminister Schäuble!
Da "schmutzige Bomben" reine Psychowaffen sind, deren Wirkung sich aus der Angst, Uninformiertheit und Panik der Massen herleitet, ist die Panikmache von Schäuble Beihilfe zum Terror.

Warum macht er das? Die Möglichkeit, dass Schäuble selbst ein Al Qaida-Agent ist, kann man schon mal ausschließen. Agenten müssen mental topfit sein, sie dürfen sich vor allem niemals in Widersprüche verwickeln lassen. Da Schäuble sich nicht agententypisch verhält, können wir diese Hypothese getrost vernachlässigen.

Also handelt er wider besseren Wissens? Wird er erpresst? Oder manipuliert? Steht er unter Einfluss von Dr. Mabuses Gedankenstrahler? Oder unter Drogen? Fast hat es den Anschein.

Die naheliegenste Erklärung ist: sein geheimnisvoller anonymer Expertenstab, dem Schäuble bedingungslos vertraut und ohne den er offensichtlich nicht einmal vor die Tür rollt, wurde unterwandert!

SIE flüstern ihm ein, Angst vor Terroristen hinter jedem Busch zu haben und Angst vor Terroristen hinter jedem Busch zu verbreiten! SIE täuschen ihm vor, wir würden längst in einem gnadenlosen Weltbürgerkrieg stehen, einem Existenzkampf der kläglichen Überreste des einst stolzen christlichen Abendlandes gegen die Flut irgendwelcher fremdländischer Fanatiker. Und jeden Moment droht der Atomangriff. SIE reden ihm ein, eine "schmutzige Bombe" sei das selbe wie eine Atombombe - und das Internet eine Fernuniversität des Terrors.

Manchmal schafft es Wolfgang Schäuble unter höchster Willensanstrengung für einige Minuten den Bann IHRER Suggestionen zu durchbrechen. Das sind dann die Momente, in denen er zur Besonnenheit mahnt, uns sagt, dass wir in Wirklichkeit keinen Grund zur Panik haben, in denen er darauf hinweist, dass Deutschland einer der sichersten Staaten der Welt ist.

Aber dieser lichten Momente sind kurz. SIE sind leider stärker!

Damit macht auch alles andere plötzlich Sinn! SIE reden ihm sinnlosen, aber teure und personalintensive Gesetzvorlagen ein, die außerdem noch die Verfassung unterminieren. SIE richten seine Aufmerksamkeit auf die Festplatten privater PCs. Onlinedurchsuchung? Alles Ablenkung! IHRE Ziele sehen anders aus!

Die ZIELE der EXPERTEN der ANGST! *schauder*

Montag, 24. September 2007

Die verschwiegene Demo ...

An und für sich werde ich die Großdemonstration "Freiheit statt Angst" in angenehmer Erinnerung behalten, und nicht nur wegen des schönen Spätsommerwetters: zahlreiche Teilnehmer (über 8000 nach Polizeiangaben, 15000 nach Angeben der Organisatoren), gute Organisation und - trotz eines meines Erachtens unnötigen Zugriffs der Polizei auf den geschlossen marschierenden "linksradikalen Block". Denn dieser Block war allenfalls mit dem Mundwerk aggressiv, ein gewaltbereiter "schwarzer Block" sieht anders aus (ich spreche da durchaus aus Erfahrung). Von anderen Demo-Teilnehmern erfuhr ich, dass das "Spielchen" zwischen den Schwarzvermummten und den Weissbehelmten beinahe bei jeder größeren Demo ähnlich abläuft, und dieses Mal vergleichsweise glimpflich abging. (Ähnliche Gewalt-"Spielchen" kenne ich auch aus Hamburg, z. B. war es nach dem "Schanzenfest" wieder mal soweit - 15 Verletzte.)
Erfreulich an dieser Demomonstration war auf jeden Fall, dass sich ein über viele ideologische Grenzen hinweg reichendens Protestpotential gebildet hat, und dass es möglich ist, auch für ein vergleichsweise "abstraktes" Problem tausende Demonstranten auf die Straße zu bringen.

Unerfreulich: die Demonstration ging in der Massenmedien beinahe unter. Das wäre fast "das Übliche" - nämlich, dass über Demos ohne "Sensationswert" (sprich "Krawall"), zumal wenn sie "unbequeme Fragen" aufwerfen (sprich: wenn mal tatsächlich recherchiert und nachgehakt werden muss) eher wenig berichtet wird. Dafür, dass die Journalisten stark selbst betroffen sind - es geht ja auch um den Informantenschutz bei Recherchen - und das z. B. Journalistenverbände mitdemonstrierten - erstaunt das spärliche Echo dann aber doch.

Da die Berichterstattung so spärlich war (die 20 Uhr "Tagesschau" berichtete z. B. gar nicht darüber), werden viele Menschen gar nicht mitbekommen haben, dass in Berlin mindestens 8000 Teilnehmern gegen den Abbau von Bürgerrechten demonstriert haben.
Da eine gewisse Absicht zu unterstellen, liegt ziemlich nahe, nicht im Sinne einer Verschwörungstheorie, sondern im Sinne einer sich freiwillig "regierungstreu" gleichschaltenden Presse, etwa in dem Sinne, dass Maßnahmen zur "Terrorabwehr" nicht kritisiert werden, da, wenn dann doch ein Anschlag vom Ausmaß der Londoner U-Bahn-Attentate stattfindet, jeder, der nicht uneingeschränkt "dafür" war, als Komplize oder Sympathisant dastehen könnte.
Sowohl seitens der Politik wie der meisten Medien wird nicht mit offenen Karten gespielt, sowohl der Hinweis auf die Gefahren (Schäuble beruft sich auf nie bei Namen genannte "Experten") wie die Begründung für die geplanten Abwehrmaßnahmen bleiben im Diffusen. Frau Bundeskanzlerin Merkel weiß z. B. genau, dass Online-Durchsuchungen bei darauf vorbereiteten Straftätern ins Leere laufen würden. (Woher ich das wissen will? Ganz einfach: Geheimsachen werden im Bundeskanzleramt grundsätzlich nur auf einem PC ohne Internetanschluss bearbeitet und verschlüsselt bzw. entschlüsselt. Die verschlüsselten Dateien werden dann "von Hand", per USB-Stick, vom abgeschotteten Rechner auf den vernetzten Rechner übertragen, so das niemals eine unverschlüsselte Datei mit brisanten Inhalten auf einem "online durchsuchbaren" Rechner liegen wird. Dieses Procedere wurde schon vor über 15 Jahren unter Kanzel Kohl eingeführt. Es gibt keine Grund, weshalb es ein "professioneller" Krimineller anders machen sollte.) Dennoch schließt sie sich öffentlich der Argumentation Innenminister Schäubles an:
"Es kann nicht sein, dass der Computer und die darin liegende Festplatte ein Raum sind, wo der deutsche Rechtsstaat sagt: Da greifen wir nicht zu", sagte Merkel beim Landesparteitag der niedersächsischen CDU am Sonnabend in Oldenburg.
Merkel für Online-Durchsuchungen.
Der deutsche Rechtsstaat darf schon längst zugreifen und z. B. Festplatten bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmen. Anders kann er auch nicht zugreifen, wenn es z. B. ein Terrorist genau so macht wie das Kanzleramt.

Jan Schejbat:
Freiheit-statt-Angst-Demo: Berichterstattung und Teilnehmerzahlen.
Jens Scholz: Demo gegen Überwachung in Berlin: Bloggerstimmen
Sven Scholz: Demo in Berlin

Dienstag, 18. September 2007

Summer of Love IX - Das Endes der Hippiebewegung

HIermit endet die lockere Folge der Artikel über den "Sommer of Love" 1967, der in Wirklichkeit ein politisch, gesellschaftlich und kulturell "heißer" Sommer war. Sie begann mit einem kleinen ironischen Text zum "Sommer of Love", es folgten ein Artikel zum "heißen Frühsommer" im West-Berlin des Jahres 1967 und eine kleiner Aufsatz, in dem ich zu zeigen versuchte, dass die Hippies mehr als nur "Blumenkinder" waren. Das Ende des chemischen Pfingstens schließt sich inhaltlich an die Beitrag LSD - die "Wunderdroge" und den nicht zur "Serie" gehörenden Text 70 Jahre Marihuana-Verbot an. Der sechste Teil der Serie widmet sich der Unvollständigen Sexuellen Revolution, der siebte dem Hippie-Pop und Hippie-Kommerz. Und in der vorletzte Folge beschäftigte ich mich mit der Pschedelic Music.

Die Hippiebewegung begann mit großen Idealen. Sie stand in der Tradition des "linken" Flügels der Lebensreform und führte die lebensreformerischen Ansätze der "Beat Generation" weiter. Wie ihre Vorläufer stellte sie sinnentleerte Wohlstandsideale in Frage und propagierte eine von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung.
Sie überschnitt sich nicht nur zeitlich mit der "68er-Bewegung" (die, wie aufmerksame Leser dieser kleinen Reihe wissen, eigentlich "67er"-Bewegung heißen müsste). Allerdings waren die wenigsten "68er" Hippies - es gab, aus Richtung der Maoisten sogar eine ausgesprochen herbe Kritik am "weltflüchtigen Hedonismus" der Hippies, abgesehen davon, dass die wenigsten "68er" "bürgerlichen" Lebensentwürfen wirklich entsagten. Die Hippies setzten eher auf Selbstverwirklichung und Lebensformen, die man einige Jahre später "alternativ" nannte, als auf gesellschaftspolitische Konzepte, von politischer Revolution gar nicht zu reden.
Aber, wie ich schon früher schrieb, war die Hippiebewegung nicht "unpolitisch", sie war wichtiger Teil der Friedensbewegung gegen den Vietnamkrieg.

Es gibt nach wie vor Hippies - sowohl "Althippies" wie "Neo-Hippies". Es gibt auch eine im Kern auf die Hippies zurückgehende Gegenkultur. Es gibt zahlreiche kulturelle Einflüsse der Hippie-Kultur auf die Kultur der Gegenwart. Ohne die Hippies gäbe es weder die "Alternativ"-Bewegung der 70er und 80er Jahre noch die "New Age"-Esoterik.
Was es aber nicht mehr gibt, ist die Hippiebewegung. Der Niedergang der Hippies begann in dem Moment, in dem die breite Öffentlichkeit auf sie aufmerksam wurde - also im "Sommer of Love" 1967.

Das Anfang vom Ende am Höhepunkt
Mit dem "massenhaften" Auftreten der Hippies in Kalifornien wurde dieser Lebensstil populär - es entstanden Hippie-Pop und Hippie-Kommerz. Der Hippie-Lebensstil zog nun auch junge Menschen an, die von sich aus nicht zum Nonkonformismus oder auch nur zum ausgeprägten Individualismus geneigt hätten. Infolge dessen gab es ab dem Sommer 1967 zahlreiche "Modehippies" oder besser "Mitläuferhippies". Der Kern der Hippiephilosophie lässt sich als radikaler, toleranter, friedliebender Individualismus beschreiben, der nicht in eine egoistische und egozentrische "Einzelkämpfermentalität" mündetet, sondern im Gegenteil, zu ausgeprägt solidarischem Verhalten führte. Eine recht anspruchsvolle Haltung, die einiges an Reflexion und eine gewisse geistige Reife erfordert - Hippiesein setzte das "Aufräumen im Kopf" voraus. Ob das für die Mehrzahl der Zehntausende, die sich im Haight-Ashbury District San Franciscos ballten, galt, darf bezweifelt werden.
Der "Summer of Love" zog auch zahlreiche Neugierige und allein am amüsanten Spektakel interessierte "Partygänger" an. Die Menschenmassen überforderten die auf "gegenseitiger Selbsthilfe" aufbauenden Strukturen der Hippie-Szene. Überfüllung, Obdachlosigkeit, Hunger, Drogenprobleme und Kleinkriminalität machten der "Neighborhood" zu schaffen. Erstaunlich bleibt, dass die Solidarität nicht völlig kollabierte. Die Situation besserte sich, als im Herbst viele "Saisonhippies" an ihre Unis bzw. in ihre Heimat zurückkehrten.
Am 7 Oktober 1967 veranstalteten die in Haight-Ashbury gebliebenen Hippies eine symbolische Beerdigung: "The Death of the Hippie" - sie erkannten, dass der "Summer of Love" nicht nur von der Jahreszeit her vorbei war.
Ein bleibendes Vermächtnis der Welle der Solidarität im "Summer of Love" ist die "Free Clinic", die bis heute kostenlose medizinische Hilfe anbietet und zum Vorbild zahlreicher unabhängiger Obdachlosenambulanzen in vielen Städten der Welt wurde. Auch der Stammbaum der "Volxküche" weist eher in Richtung Haight-Ashbury-District als zu den Suppenküche wohltätiger Organisationen.

Im Mainstream angekommen
Der Hippie-Stil wurde nach 1967 bei Künstlern, Kreativen und solchen, die sich dafür hielten, sehr beliebt. An einige Orten, z. B. im Greewich Village in New York, bildete sich eine regelrechte Hippie-Bohème aus. Künstler wie Robert Crumb, Musiker wie die Beatles, Janis Joplin, Jim Morrison oder die Grateful Dead pflegten öffentlichkeitswirksam einen "hippiesken" Lebensstil. Die Grenzen zur "Maistream"-Kultur verwischten sich.
Ein musikalischer Höhepunkt, aber auch Anfang von Ende der Hippiebewegung als "Underground" war das Woodstock-Festival. Eine klare Grenze zwischen "authentischer Hippie-Kultur" und "Hippie-Pop" ließ sich nicht mehr ziehen. Und in der Mode war der "Hippie-Stil" längst kein Bekenntnis zum Nonkonformismus mehr.

Die ersten Skinheads
Es war auch 1969, als sich die erste Jugendkultur herausbildete, die sich ausdrücklich als Gegenbewegung zu den Hippies verstand: die Skinheads. Die Skinhead-Kultur wurde durch weiße junge Arbeiter in London begründet. Während die Hippies langhaarig waren, waren die Haare der Skins so kurz geschnitten ("Crop"), dass man die Kopfhaut erkennen konnte. (Die rasierte "Glatze" war aber verpönt - und ist es bei "traditionellen" Skins heute noch!) Wie die Mods, aus denen sie hervorgingen, legten sie Wert auf ein gepflegtes Äußeres - aber anders als die gerne teure Anzüge tragenden Mods bevorzugten sie einen "Arbeiterstil": Hemden von Fred Perry, der Marke des ersten aus der Arbeiterklasse stammenden Wimbledon-Gewinners, "edle" Arbeitsschuhe von Dr Martens und Harrington Jackets. Nach ihrem Selbstverständnis waren die Skinhead stolze Kinder der Arbeiterklasse, die mit ehrlicher Arbeit ihr Geld selbst verdienten, während sie Hippies als faule Söhne und Töchter aus "gutbürgerlichen" Verhältnissen ansahen, die dank des finanziellen Rückhalts ihrer "Alten" mal ein paar Jahre "Aussteiger" spielten. So sehr sich die Skinheads sich von ihren "verspießerten", d. h. "bürgerlicher" Mode und Lebenstil nacheifernden Eltern abgrenzten, so sehr teilten sie konservative Klischeevorstellungen über Hippies. Im noch stärkeren Maße als die Rocker und sehr im Gegensatz zu den "feigen" Hippies waren schon die "originalen" Skins Gewalt nicht abgeneigt.

Das Ende der Hippies als Gegenkultur
Das Ende der Hippies als erkennbare Gegen- bzw. Protestkultur lässt sich schon deshalb nicht festlegen, weil ein "harter Kern" den Hippie-Überzeugungen und dem Hippie-Livestyle über alle Wandel des Zeitgeistes hinweg treu blieb, und weil der Niedergang der Hippiekultur sich über mehr als ein Jahrzehnt hinzog. Wie der amerikanische Journalist Peter Tate 1974 schrieb, verblassten die Hippies so allmählich, wie ihre farbenfrohen Batik-T-Shirts im Laufe der Zeit ausblichen. Lange Haare und bunte Klamotten taugten schon zur Zeit von "Woodstock" nicht mehr als Protestsymbol. Schon die "Berverly-Hills"-Morde des "hippiesk" auftretenden Charles Manson und seiner "Family" trübten das friedliche Image der Hippies; die vier Toten beim Rockfestival in Altamont, Kalifornien im Dezember 1969 schockierten sogar Anhänger des "Hippie-Lifestyles". Der forcierte "War on Drugs" in den USA ab 1971 (andere Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland zogen mit repressiver Drogenpolitik wenig später nach) führte dazu, dass der als "drogenfreudig" geltende Lebensstil der Hippies kriminalisiert wurde.
Es blieb, von den oben erwähnten Hardcore-Hippies abgesehen, eine wage von Hippie-Idealen, Hippie-Mode und "New Age"-Esoterik beeinflusste Szene von "Freizeit-Hippies", die vielleicht für einige Wochen auf dem "Hippie-Trail" auf Abenteuerurlaub gingen, ansonsten aber "bürgerlich" lebten. Ziemlich genau 1974 verschwand der Hippie-Stil aus der Mode.
Das "Erbe der Hippies" (wie auch das der "68er") ging in die sich zu dieser Zeit bildenden "neuen sozialen Bewegungen" ein. Bei sozial und politisch von Anfang an sehr durchmischten Ökologie-, Anti-Atomkraft- und "neuen" Friedensbewegung war das weniger zu spüren, bei den "Dritte Welt"-/ "Eine Welt"-Initiativen und -Solidaritätsgruppen und der antiimperialistischen Bewegung wirkte die "68er"-Tradition sichtbar nach (aber auch unmittelbare "3.Welt-Erfahrungen", oft auf dem "Hippie-Trail" gemacht), während bei den Anhängern eines "alternativen Lebensstils" die Herkunft von den Hippies am Deutlichsten war. Ein entscheidender Unterschied im Lebensgefühl war die Absage an den fröhlichen Hedonismus der Hippies - von nur an wurde hart für eine bessere Welt (oder oft auch fürs bloße Überleben) gearbeitet.

Der "Hippiehass" der Punks
Angeblich war Punk, ähnlich den Skinheads, eine Reaktion auf die Hippie-Bewegung. Das ist meiner Ansicht nach nicht ganz richtig. Wenn die Punks der 70er-Jahre gegen "Hippies" wetterten, dann richtete sich ihr Protest gegen die Mischung aus oberflächlichem Idealismus und Optimismus, die "repressive Toleranz" und die autoritäre Bevormundung durch vorgeblich anti-autoritäre Menschen, die in Folge der Hippies und der "68er" in die politische Kultur eingezogen waren. "Echte" Hippies gab es zu dieser Zeit kaum noch, mit "Hippies" waren eher die betont lockeren, politisch betont korrekten, für alles und jedes Interesse und Verständnis äussernden Jung-Lehrer, -Politiker, -Manager mit der gepflegten Langhaar-Frisur gemeint. Demgegenüber gab sich der Punk illusionslos und setzte auf offene Ablehnung und Brüskierung der Gesellschaft. In mancher Hinsicht waren die Punks sogar die "Nachfolger" der Hippies (auch wenn Ex- und Alt-Punks das gar nicht gerne hören) - den Hang zu anarchistischen Lebensentwürfen und die Ablehnung des angepassten "bürgerlichen" Lebensstil haben beide Gruppen gemeinsam, genau so wie die Vorliebe für Eigenproduktion. Auf alle Fälle stammten die ausgefeilten Kompositionen des Psychedelic Rock (und in der Folge des Art-Rock, des Progressive Rock, des Glam-Rock) und ihr Gegenentwurf, der auf der "Kraft der 2-Akkorde" beruhende Punk-Rock aus einer gemeinsamen Wurzel, nämlich dem "Garage"-Rock der 60er Jahre.
Als die Punks sich um 1980 politisierten, da wurden sie nicht selten in genau jenen ""neuen sozialen Bewegungen" aktiv, wo auch schon zahlreiche mehr oder weniger ehemaliger Hippies zuhause waren.

Montag, 17. September 2007

"Planet unter Beobachtung"

"Was einst schlechte Science Fiction war ...

Link: sevenload.com
... wird morgen schon Wirklichkeit sein! (Wenn wir uns nicht wehren!)"

Z. B. auf der Demonstration gegen Vorratsdatenspeicherung nächsten Samstag in Berlin.
Weiter Infos: www.Vorratsdatenspeicherung.de

Video von Alexander Svensson
Via: Netzpolitik

Übrigens: Thomas Knüwer zeigt, woher Dr. Wolfgang "Seltsam" Schäuble seine apokalyptische Visionen bezieht.

Sonntag, 16. September 2007

Immer dieses lästige Grundgesetz!

Das scheint inzwischen Konsens unter deutschen Politikern zu sein: das Grundgesetz vor allem als Hindernis bei der "Gefahrenabwehr" zu sehen.
Da wäre zum einen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), der würde ein für einen Terroranschlag entführtes Verkehrsflugzeug notfalls auch ohne Rechtsgrundlage abschießen lassen:
"Ich wünsche mir eine verfassungsrechtliche Klarstellung. Aber da gibt es noch keinen Konsens in der Koalition."
Jung in einem Interview mit dem Magazin "Focus": Jung würde Befehl zum Abschuss geben.

Doch, es gibt diese verfassungsrechtliche Klarstellung: Leben darf nicht gegen Leben aufgerechnet werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig festgestellt. Ein vollbesetztes Passierflugzeug abschießen zu lassen, ist Mord. Mord, der - vielleicht - durch extremen Notstand gerechtfertigt werden kann. Aber dennoch muss jeder Minister, jeder Lufwaffenkommandeur und jeder Pilot der Möglichkeit gegenwärtig sein, dass er mit einer Anklage wegen Mordes rechnen muss, wenn er einen Abschussbefehl gibt - oder aus freien Stücken den Feuerknopf drückt. Diese Damoklesschwert der Anklage ist der m. E. einzige Schutz gegen Missbrauch, dagegen, dass vielleicht mal ein entführter Jet "präventiv" abgeschossen wird: "Hätte ja sein können, dass ... "

Auch das berüchtigte "Weltuntergangs"-Interview, das Bundesinnenminister Schäuble der FAS gab, weist darauf hin, dass Schäuble zu mindestens, was seine "instrumentelle" Auffassung des Grundgesetzes angeht, nicht alleine steht:
Der SPD-Vorsitzende Beck hat mehrfach gesagt, wenn einige rechtliche Bedenken, die er offenbar noch hat, beseitigt seien, stehe einem Gesetz nichts mehr im Wege. Da muss ich doch nicht warten, ob ein Landesgesetz vom Verfassungsgericht gutgeheißen wird.
Schäuble im Interview: "Wir sind und bleiben bedroht"

Beck hat also noch "einige rechtliche Bedenken" - wo er eigentlich sagen müsste: "Der Entwurf für das BND-Gesetz ist verfassungswidrig - die SPD kann dem nicht zustimmen." (Denen, die immer noch glauben, dieses Gesetz ginge sie nichts an: Ausführlicher Bericht auf Zeit online, Gesetzentwurf zum herunterladen beim CCC.)

Das nordrhein-westfälisches Gesetz zur Online-Durchsuchung harrt noch eines Urteils durch das Verfassungsgericht - übrigens ein Gesetz, das die verfassungrechtlich gebotene Trennung von Geheimdiensten und Polizei im Gegensatz zum Gesetzentwurf für das BKA-Gesetz nicht infrage stellt.

Faktisch könnte sich ein Terrorist keinen besseren (unfreiwilligen) "Partner" als Schäuble wünschen. Weil der nach Kräften hilft, Angst und Schrecken (sprich: Terror) zu verbreiten. Und nach Kräften dass tut, was ein (dialektisch denkender) Terrorist anstrebt: den Aufbau eines Polizeistaates, das Ende der offenen Gesellschaft.

Schäuble betätigt sich als Angstmacher, obwohl er zur Gelassenheit mahnt:
Die größte Sorge aller Sicherheitskräfte ist, dass innerhalb des terroristischen Netzwerkes ein Anschlag mit nuklearem Material vorbereitet werden könnte. Viele Fachleute sind inzwischen überzeugt, dass es nur noch darum geht, wann solch ein Anschlag kommt, nicht mehr, ob. Wir sind bedroht und bleiben bedroht. Aber ich rufe dennoch zur Gelassenheit auf. Es hat keinen Zweck, dass wir uns die verbleibende Zeit auch noch verderben, weil wir uns vorher schon in eine Weltuntergangsstimmung versetzen.
(Hervorhebungen von mir.)

Ich verstehe Herrn Schäuble so: er rechnet fest mit einem atomaren Terroranschlag. Aber bis es so weit ist, genießen wir das Leben und versuchen, so viele Terroristen wie möglich hinter Gitter zu bringen.

Schäuble antworte auf die Frage: "Begreifen die Menschen die Gefahr auch deswegen nur schwer, weil die Bedrohung vielfältig ist?"
Der Mensch lebt ja auch von der Hoffnung: Mich wird es schon nicht treffen. Im Übrigen ist die Gefahr, Opfer eines Verkehrsunfalls zu werden, nach wie vor um ein Vielfaches höher als das Risiko, durch einen Terroranschlag getötet zu werden. Vielleicht lässt die Unübersichtlichkeit der Bedrohung auch Ängste entstehen.
Womit Schäuble meines Erachtens seinen eigenen Gemütszustand genau beschreibt: Er begreift die Welt nicht mehr und begreift sie deshalb als Bedrohung. Womit er unter politischen und militärischen Entscheidern leider keine Ausnahme ist.
Ich vermute aufgrund dieses Interviews, dass Schäuble sich darüber im Klaren ist, dass diffuse "Weltuntergangs-Ängste" genau das sind, was Terroristen erzeugen möchten. Aber sein Weltbild und seine Ängste lassen ihm nicht die Wahl, entsprechend dieser Einsicht zu handeln.
Hinzu kommt die ausgeprägte "Angst vor der Moderne", die mit (technischen) "Mitteln der Moderne" bekämpft werden soll. Damit ist Schäuble, vom Denkstil her, gar nicht so weit entfernt von religiös motivierten Apokalyptikern wie der "Religous Right" in den USA, aber auch einer bestimmten Gruppe islamischer Dschihadisten. Ich halte Schäuble "nur" für einen besonders ausgeprägten Vertreter dieses Denkens, es dürfte einer der häufigsten Persönlichkeitstypen der "politischen Klasse" sein.

Leider gibt es sogar Politiker, die nicht einmal Angst vor Terroranschlägen haben müssen, um das Grundgesetz zu ignorieren: Manchmal reicht schon aus, die Bedeutung von makaberem religösen Wandschmuck zu überschätzen.

Samstag, 15. September 2007

Wieso Pofalla glaubt, nicht gegen das Grundgesetz zu verstoßen - er glaubt

Ronald Pofalla, Generalsekretär der CDU, fordert bekanntlich, dass Kruzifixe in Schulen und Gerichten aufgehängt werden sollen.

Auf Abgeordnetenwatch liefert Pofalla auf die Frage eines Bürger eine persönlichen Begründung für seinen Standpunkt, die sehr tief blicken lässt.
Sehr geehrter Herr Pofalla,

sind Sie sich dessen bewusst, dass Ihre Forderung nach Anbringung eines Kreuzes oder Kruzifixes in allen Schulen einen Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt?

Wie hat das Bundesverfassungsgericht doch schon 1995 festgestellt: “Die (staatlich verordnete) Anbringung eines Kreuzes oder Kruzifixes in den Unterrichtsräumen einer staatlichen Pflichtschule, die keine Bekenntnisschule ist, verstößt gegen Art. 4 Abs. 1 GG.”

Sie werden sich doch als gewählter Volksvertreter nicht gegen das Grundgesetz stellen, oder?

Mit freundlichen Grüßen

Horst Fischer
Die Antwort erlaubt unerwartet tiefe Einblicke in das Weltbild Ronald Pofallas. (Hervorhebung von mir, MartinM.)
Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Mail, die ich mit Interesse gelesen habe.

Ich möchte Ihrer Kritik an meinen Äußerungen widersprechen. Als Partei, die das Christliche im Namen trägt, wollen wir, dass das Bekenntnis zum Christentum im öffentlichen Raum erhalten bleibt.

Das Kruzifix ist mehr als nur ein religiöses Symbol. Hängt ein Kreuz im Klassenzimmer einer Schule, werden die durch den Unterricht zu vermittelnden überkonfessionellen christlich-abendländischen Werte und ethischen Normen den Lehrern und Schülern sinnbildlich vor Augen geführt.

Dabei bezieht sich die Bejahung des Christentums nicht auf Glaubensinhalte, sondern auf seinen Charakter als prägender Kultur- und Bildungsfaktor und ist damit auch gegenüber Nichtchristen durch die Geschichte des abendländlichen Kulturkreises gerechtfertigt.

Der Staat verletzt damit nicht das Gebot weltanschaulicher und religiöser Neutralität. Dieses beinhaltet nämlich nicht die Verpflichtung des Staates zur Indifferenz oder zum Laizismus.

Auch für einen nichtgläubigen Schüler versinnbildlicht es die Werte der christlich geprägten abendländlichen Kultur und daneben noch eine von ihm nicht geteilte, abgelehnte religiöse Überzeugung. Die Schüler sind nicht zu besonderen Verhaltensweisen oder religiösen Übungen vor dem Kreuz verpflichtet. Angesichts des Sinngehalts, den das Kreuz im Klassenzimmer für nichtchristliche Schüler hat, entstehen ihnen keine unzumutbaren psychischen Beeinträchtigungen oder mentale Belastungen. Auch sie sind zur Toleranz verpflichtet.

Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla, MdB
Nicht weiter überraschend ist, dass Pofalla nicht direkt auf den Vorwurf eingeht.
Nicht weiter überraschend ist auch, dass "Christentum" und "westliche Zivilisation'" ("Abendland") für Pofalla offensichtlich so eng zusammenhängen, dass für ihn sich auch die weltliche Kultur direkt aus dem Christentum ableiten lässt. Herr Pofalla erklärt das Kreuz rückwirkend auch zum Symbol der vorchristlichen griechisch-römischen Kultur, der jüdischen Kultur, der vorchristlichen Kultur der Germanen, Kelten, Slawen usw. - ja sogar zu Symbol der ohne Zweifel europäischen, aber ebenso ohne Zweifel islamisch dominierten maurischen Kultur im mittelalterlichen Spanien. Das "Abendland" lässt sich nicht allein auf die "christliche Traditionsline" zurückführen.
Damit ist er in der CDU / CSU nicht allein; auch Errungenschaften der Aufklärung und des Humanismus werden schon mal (historisch falsch) dem christlichen Menschenbild zugeschrieben:
Die aus dem christlichen Menschenbild entstandenen Menschenrechte sind universell gültig und dürfen nicht in Frage gestellt werden.
(Aus dem Strategiepapier "Moderner bürgerlicher Konservatismus" der CDU/CSU.)

Ein wenig überrascht hat mich die im von mir gefetteten Absatz geäußerte Rechtsauffassung. Wenn das Aufhängen eines bestimmtes religiösen oder weltanschaulichen Symbol nicht gegen das Gebot weltanschaulicher und religiöser Neutralität verstößt, dann folgt daraus, dass auch die Symbole anderer Religionen und Weltanschuungen an Schule und Gerichten aufzuhängen seien - zumindest solche, die "die Werte der christlich geprägten abendländlichen (sic!) Kultur" repräsentieren. Der Wandplatz dürfte knapp werden.

Es sei denn, Pofalla denkt ähnlich wie der Kölner Kardinal Meisner:
"Dort, wo die Kultur von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur entartet. Sie verliert ihre Mitte."
Was ich so verstehe, dass für Meisner (und ähnlich denkende Christen) "Kultur" von "Kult" käme, und folglich jede Kultur, die nicht die Verehrung des christlichen Gottes in den Mittelpunkt stell, jemanden anders verehrt, folglich also Götzendienst ist.
(Interessanterweise denken "fundamentalistische" Moslems ähnlich. Man muss nur "christlicher Gott" durch "Allah" ersetzen.)

Via Das Kreuz mit Pofalla

Donnerstag, 13. September 2007

Die "Konvertitendatei" und das gezielte Missverständnis

Ich hatte mich schon gewundert, was den Bosbach geritten haben muss, als er eine (offen grundgesetzwidrige) "Konvertitendatei" forderte. Er ist zwar ein Politiker, dem ich durchaus eine Vorliebe für “hartes Durchgreifen” und auch einige Forderungen hart am Rande des Grundgesetzes zutraue, aber für einen Dummschwätzer, der sich frei nach dem "Eva-Prinzip" um Kopf und Kragen redet, halte ich ihn nicht. Nun sieht es so aus, als hätte ihn gar nichts geritten, sondern ihn jemand beim Bayrischen Rundfunk “gezielt missverstanden” - also nicht "nur" ein Zitat verfälscht wiedergegeben, sondern ihm das eigentliche Reizwort einfach in den Mund gelegt. Laut diesem Artikel der FTD war war Bosbach vom BR mit den Worten zitiert worden:
"Ein Konvertiten-Register ist sinnvoll, denn wir wissen, dass sich einige nach dem Übertritt radikalisieren lassen. Das ist kein Generalverdacht, sondern eine Gefahrenabwehr."
Laut Mitschrift sagte er in Wirklichkeit:
Es treten zum Beispiel viele über, weil sie einen Ehegatten muslimischen Glaubens geheiratet haben, und man will jetzt eine gemeinsame Konfession haben. Wir wissen von einigen, nicht einmal von allen, vielleicht nicht einmal von der Mehrzahl, dass sie danach bewusst Kontakt suchen zur radikalen, auch gewaltbereiten Islamisten-Szene und sich dort radikalisieren lassen. Dann würden wir gerne wissen, wer das ist. Das hat nichts mit einem Generalverdacht zu tun, sondern mit Gefahrenabwehr.
Was zwar immer noch einigen Zündstoff für die Überwachungs-Debatte enthält - aber woraus sich keine "Islamophobie" oder Kreuzzugs-Mentalität Bosbachs ableiten ließe.

Und wenn so etwas vorkommen kann, frage ich mich unwillkürlich, wer so alles noch “falsch zitiert” oder “missverstanden” wurde.

Wieso sich die "Ente" so lange halten konnte, ist leider klar: es gab seitens verschiedener Unionspolitiker in den letzten Wochen mehrere Zitate, die einem Bürgerrechtler die Socken ausziehen. Zwei Beispiele: CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla tritt wirklich dafür ein, dass Kruzifixe in allen Schulen und Gerichten angebracht werden können. (Was klar mit dem "Kruzifix-Urteil" der Bundesverfassungsgerichts kollidiert.) Das Interview mit der FAS ist authorisiert.
Es stimmt leider auch, dass im Strategiepapier "Moderner bürgerlicher Konservatismus" tatsächlich diese geschichtklitternde Formulierung steht:
Die aus dem christlichen Menschenbild entstandenen Menschenrechte sind universell gültig und dürfen nicht in Frage gestellt werden.
(Die universellen Menschenrechte gingen eben nicht aus dem christlichen Menschenbild hervor, sondern aus dem weltlich-humanistischen Menschenbild der Aufklärung. Sie mussten gegen eine sich auf das christliche Menschenbild berufende Obrigkeitherrschaft erst durchgesetzt werden. Das heißt nicht, dass dass christliche Menschenbild notwendigerweise "menschenrechtswidrig" sei. Aber ein christliches Menschenbild, dass ja immer auch z. B. die Erbsünde und die Verdammnis der Ungläubigen enthält, reicht zur Begründung der Menschenrechte nicht hin.)
Jedenfalls wirkt der bekannte, auch im Strategiepapier zitierte Satz:
Rechts von der Union darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.
wenn man ihm im Kontext dieses Papiers liest, so wie:
Rechts von der Union kann es keine demokratisch legitimierte Partei geben.
(Via: B.L.O.G. und Sven .)

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