Mittwoch, 15. August 2007

Nach Grönland - den Gletschern beim Tauen zusehen?

Professor Lembke, vom Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, bewertet die Reise von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesumweltminister Gabriel nach Grönland positiv. Und nicht etwa, weil er heimlich hofft, dass die Merkel in eine Gletscherspalte fallen oder "Siggy Pop" es mit einen freilebenden Artgenossen seines PR-Terminopfers Knut zu tun bekommen könnte. Nein, er findet, es sei lehrreich für die Politiker. Jedenfalls behauptet er das im Interview mit der dpa Forscher: Klimawandel wird auf Grönland besonders sichtbar - allerdings sagt er auch, dass der Rückgang der Gletscher in den Alpen mindestens genau so gut zu sehen ist.
Meiner Ansicht sogar noch besser: denn der Sermeq Kujalleq bei Ilulissat, einer der aktivsten Gletscher der Erde, Besuchsziel unserer coolen Politiker, hat sich, anders als die Alpengletscher, nicht zurückgezogen!
Aber die landschaftliche Kulisse ist atemberaubend schön - gibt einfach mehr her als so ein olles Eisbärgehege in Berlin. Oder so ein popeliger Alpengletscher, wo auch Hans und Franz hinfährt. Wenn man richtig polemisch ist, kann man mal nachrechnen, wie groß der CO2 Ausstoß für diesen PR-Flug ist, an einen Ort, an dem vom Klimawandel rein optisch und ohne dramatischen Kommentar aus dem Off nichts zu erkennen ist. Tatsächlich unterscheidet sich das Programm der Kanzlerin und des U-Ministers, bis auf ein paar Höflichkeitstermine bei grönländischen Politikern, nicht sonderlich von dem einer entsprechenden Pauschalreise an den "Eisfjord bei Ilulissat an der Disko-Bucht".

Dass auch Deutschland sich am "Run auf die Rohstoffe der Arktis", zu dem Russland ein schönes Fernsehspektakel am arktischen Meeresboden lieferte (das augenscheinlich mit ein paar eingeschnittenen Tauchboot-Szenen aus "Titanic" aufgesext wurde) ist eher unwahrscheinlich.
Apropos "Titanic" - der berühmteste Eisberg der Seefahrts- und Film-Geschichte kalbe wahrscheinlich am Sermeq Kujalleq bei Ilulissat (das damals noch Jakobshavn hieß).

Auch die Parole "besuchen Sie Grönlands Gletscher, solange es sie noch gibt" überzeugt irgendwie nicht. Heinz Miller, ebenfalls vom Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, meint jedenfalls: "Bis das Grönlandeis schmilzt, vergehen mehr als tausend Jahre". Was kein Grund zur Entwarnung ist, aber sehr wohl ein Grund, nicht gerade nach Grönland zu fliegen, wenn man auf den Klimawandel aufmerksam machen will. Aber es macht sich halt gut, wenn man das Sommerloch mit ein paar schönen Bildern aus der Arktis füllen kann. Und keine Demonstranten weit und breit. Und mit positivem Medienecho ist auch noch zu rechnen.

Was dieses als Staatsbesuch getarnte touristische Event zu einem geradezu klassischen Beispiel für "Unpolitik" macht.

Nachtrag:
Offensichtlich bin ich nicht der Einzige, der den 2-Tage-Grönland-Trip von Merkel und Gabriel kritisiert:
Unmittelbar vor Beginn der Grönland-Reise von Kanzlerin Angela Merkel hat die Opposition davor gewarnt, in der Umweltpolitik allein auf symbolisches Handeln zu setzen. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte der dpa: «Die Reise ist eine Flucht in die Inszenierung.»
Stimmt auffällig!
FDP-Chef Guido Westerwelle sagte: «Das ist Symbolik, gut für die Fotografen.»
Guido W. ist nicht unbedingt ein Politiker, den ich wählen würde, aber wo er recht hat, hat er recht!

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