Dienstag, 26. Dezember 2006

Gammeljournalismus zur Weihnachtszeit

Eigentlich hatte ich vor, in den Raunächten keine neuen Themen mehr anzufangen.
Ein paar Tage habe ich auf den Nägeln gekaut, aber dann musste er raus, mein Ärger über zwei besondere Glanzleistungen des deutschen Gammeljournalismus.

Auf das erste "Glanzstück" bin ich über einen Blogbeitrag gestoßen Grausige Riten im dunklen Tempel, denn seit seinem rapiden Qualitätsverlust lese ich den "Spiegel" nicht mehr regelmäßig.
Es ist ein langer Artikel von Matthias Schulz "Gott kam aus Ägypten". Dieser Artikel leidet an den typischen Schulzen Schwächen: vergangene Kulturen werden mit modernen Maßstäben gemessen, Fachleuten wird gern mal das Wort im Munde herumgedreht und populäre Klischees und Vorurteile werden, vor allem, wenn sie schön blutig sind, unabhängig vom Wahrheitsgehalt bedient. Besonders problematisch: dieses Mal sind es die Juden bzw. das alte Israel, das in die historische Gruselkammer gestellt wird. (Was leider ins Bild passt, da das moderne Israel ja im “Spiegel” auch immer schlechter wegkommt.)
Ich erinnere mich mit Grausen an seine polemischen Spiegel-Schwerpunktartikel über Kelten, Germanen, Wikinger oder das europäische Mittelalter. (Siehe hierzu mein Altartikel: Das Runen-Paradox.)
Was seinen "Ruf" in Fachkreisen angeht, rate ich zu einer kleinen Internet-Recherche. Es gibt sogar Wissenschaftler gleichen Namens, die sich von ihm in Rundmails distanzieren.

Das Hauptproblem bei Schulz ist jedoch, dass er ein klassischer Gesinnungsjournalist mit volkserzieherischem “Anliegen” ist.
Konkret nachwiesen läßt sich das bei seinem “legendären” Artikel “Die Germanen - Störenfriede im Nebelland”, mit der vor gut zehn Jahren Schulz zum ersten Mal von sich reden machte. Der damalige Spiegel-Resortschefs Jürgen Peterman, der Schulz´ Germanen-Artikel anregte und redigierte, sagte gegenüber Ulrich Wickert (Laut dessem Buch “Deutschland auf Bewährung”):
“Ich wollte die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gebrauchen, um den Mythos um Hermann zu zerstören. Aus Angst vor einem neuen Nationalismus hat der Spiegel bei dieser Gelegenheit bewußt das Negative herausgehoben.”
Übrigens mit dem Ergebnis, dass sich nationalistische Germanenschwärmer erst recht bestätigt fühlten - nach dem Motto: “Der Spiegel lügt, um die Germanen in Misskredit zu bringen."
Wobei zu fragen wäre, welche Bedeutung der Mythos um “Hermann den Cherusker" für heutige Rechtsextremisten noch hat. Da hat der “Spiegel” wohl mit einen “Pappdrachen” gekämpft.

Wenn die Agenda dieses Artikels immerhin “gut gemeint” war, kann davon bei späteren Artikeln keine Rede mehr sein. Meines Erachtens ist sein neuestes Machwerk als “Zerstörung des (angeblichen) Gründungsmythos Israels", nebst seinem Lieblingthema, der Demontage der Bibel gedacht. Dass sämtliche Antisemiten ihm dafür Beifall klatschen, ist ihm offensichtlich egal.

Hinzu kommt seine Neigung, sich an populäre “spießbürgerliche” Klischees anzubiedern. Wenn er Akteuren auf Mittelaltermärkten eine Nähe zur Sado-Maso-Szene andichtet, und Wikinger-Fans eine zur Neonazis, dann ist das vielleicht nur ärgerlich. Wenn er aber aus dem jüdischen Beschneidungsritual ein grausames Gemetzel macht (und dabei unterschlägt, dass es schon im Altertum scharfe Skalpelle gab, und sogar detailierte medizinische Beschreibungen, wie Beschneidungen damals wirklich vorgenommen wurden), dann ist das einfach nur widerlich. (Nein, ich bin kein Befürworter der routinemäßigen Beschneidung. Ich habe aber etwas gegen Grusel-Legenden, vor allem gegen solche mit antisemitischem Aroma.)
Besonders "toll" finde ich seine Darstellung der Entstehung der Thora (bzw. der 5. Bücher Mose). Da hat wohl jemand noch nie etwas von "mythologischen Texten" gehört, bzw. dass religiöse Schriften anders gelesen sei wollen, als Geschichtsbücher:
Dabei entstand eine Camouflage, eine Art Märchenbuch, das wie eine Zwiebel aus Hunderten von alten, immer wieder umformulierten Schriften und Überlieferungssträngen besteht. Die Bibel - ein Labyrinth. (…)
Ein Klima der Unterwürfigkeit, ja der Furcht geht von diesem Überwesen des Alten Testaments aus. „Emunah” („Treue”) heißt das hebräische Wort für Glauben. Gott gebärdet sich wie ein eifernder Liebhaber. Er schließt eine „Ehe” mit dem auserwählten Volk und fordert absoluten Verlass. Der semitische Gott, so sah es der Psychologe Bruno Bettelheim, war „schlimmer als selbst die schrecklichsten Gottheiten der Naturvölker”.
Irgendwie hatte ich den Bettelheim da immer anders verstanden ...
Und "Glaube" kann auch im Deutschen "Treue" bedeuten - oder "Vertrauen".

Genug darüber geärgert, denn in der "Welt am Sonntag" stieß ich auf einen Kommentar von Allan Posener zur Weihnachtszeit, den ich für "Gammeljournalismus" ganz anderer Art halte. Was Weihnachten bedeuten kann.
Was aber Weihnachten von seinen heidnischen Vorläufern abhebt, ist die Vermenschlichung und Personalisierung der Geschichte. Für Christen handelt es sich darum, dass Gott selbst von einer Frau als Mensch geboren wurde.
Nun, dass eine sterbliche Frau von einem Gott schwanger wird, findet sich in allen mir bekannten heidnischen Religionen. Joshua ben Josef hebt sich da nicht ab von Heracles, Sigbert oder Gilgamesh. Die Vorstellung, dass sich ein Gott in einem Menschen inkarniert, ist auch weit verbreitet, man denke an die indischen Avataras. Die Idee, dass Jesus mit Gott identisch ist, kam im Christentum erst relativ spät auf (Konzil von Nicea, 325), und wird bis heute nicht von allen Christen geglaubt.

Bei folgendem Satz kam mir das Frühstück wieder hoch:
Man muss nur die bluttriefenden Sagen der Germanen kennen, die Killerspiele unserer Vorfahren, um die ungeheure zivilisatorische Wirkung der Weihnachtsgeschichte zu begreifen.
Geschichtklittierend ist auch diese Behauptung:
Schließlich bindet Weihnachten Europa fest an sein jüdisches Erbe. Nazareth und Bethlehem sind ja keine Städte im mythischen Nirgendwo. Die Heilige Familie ist eine jüdische Familie, die Apostel und Evangelisten sind Juden. Mit der Weihnachtsgeschichte beginnt eine europäisch-jüdische Symbiose, die nur um den Preis der jeweiligen kulturellen Identität aufzulösen wäre.
Freundlich gesagt ist das eine "fromme Lüge" bzw. historisches Wunschdenken. Man könnte ebensogut schreiben: "Mit der Weihnachtgeschichte beginnt die christliche Judenfeindschaft" - was historisch auch nicht ganz stimmt.

"Alteisen Schlachtschiff" - oder: ein nur scheinbar unwichtiges Detail in einer beliebten Verschwörungstheorie

In den Raunächten, zwischen dem 22. Dezember und dem 2. Januar blogge ich Texte, die ich irgendwann einmal angefangen habe und die lange als halbfertige Entwürfe oder als Notiz herumlagen, aber auch Ergänzungen älterer Artikel. Das hier ist eine ausstehende Anwort auf einen kenntnissreichen kritischen Kommentar.

Das hier ist ein ergänzender Beitrag zu Die Legende vom Perlenhaufen in dem ich auf die Verschwörungstheorie um den japanischen Angriff auf Pearl Habor einging, und vor allem auf den Kommentar, den "Njörd" dazu gab: er ist der Ansicht, dass Schlachtschiffe 1941, von ganz konservativen Admiralen und einer "Schlachtsschifflobby" abgesehen, unter Experten allgemein als veraltet angesehen wurden. Kommentar von Njörd

Diese Frage sieht nach militärhistorischer Haarspalterei aus. Weil sich an ihr einige typische Eigenheiten militärischer Verschwörungstheorien zeigen lassen, und weil die "Pearl Habor-Verschwörungstheorien" die direkte Vorbild aktueller Verschwörungstheorien, vor allen der "11. September 2001 Verschwörungstheorien" ist, habe ich mich darauf eingelassen.
Dabei ist es von Vorteil, dass "Njörd" kein "echter" Verschwörungsfan ist.

Von Verschworungstheoretikern wird allgemeinen vorausgesetzt, dass die Verschwörer nicht nur sehr viel besser informiert sind als der normale Bürger, sondern auch als "gewöhnliche" hohe Offiziere oder "gewöhnliche" Regierungsmitglieder und selbst "gewöhnliche" Geheimdienstler. Alle relevanten Fakten stünden den "grauen Emminenzen" zur Verfügung.
Reale Geheimprojekte, wie die "Operation Ultra" zur Entschlüsselung der mittels der Verschlüsselungsmaschine "Enigma" übermittelten Geheimbotschaften, nährten diese Gerüchte. Allerdings sind "Informationen" und "Wissen" nicht dasselbe. In der historischen Erfahrung hat sich oft gezeigt, dass, obwohl die "Entscheider" über alle wichtigen Informationen verfügten, es ihnen nicht gelang, die richtigen Entscheidungen zu fällen, weil ihr Weltbild in entscheidenden Punkten nicht stimmte. Die Bürgerrechtsbewegung in der DDR war flächendeckend mit Spitzeln durchsetzt, die Stasi kannte intimste Details aus dem Leben aller auch nur halbwegs wichtigen Oppositionellen - was der politische Führung der DDR allerdings nicht half, weil sie Gesamtsituation falsch einschätzte. Aus dem selben Grund bewahrte "Ultra" die alliierten Truppen nicht vor empfindlichen Rückschlägen infolge der Fehleinschätzung des Gegners.

Die "Pearl Habor Verschwörungen" setzen drei Dinge voraus: 1. die hochrangigen Verschwörer wußten bzw. nahmen an, dass Schlachtschiffe im kommenden Seekrieg gegen Japan entbehrlich sein würden, 2. sie waren über die japanischen Angriffspläne informiert und 3. sie schätzten die Japaner jederzeit richtig ein. Das setzt erheblich mehr voraus, als das eine Geheimdienststelle rechtzeitig in den japanischen Schlüssel eingebrochen wäre. Sie setzten ein zutreffendes Bild der Gesamtlage voraus. Im Nachhinein ist diese Bild relativ einfach zu gewinnen, zur Zeit der Geschehens war es reine Glückssache, ob die vorhandenen Puzzleteile rechtzeitig zusammengesetzt worden wären.

Bei einer Vorwarnzeit von weniger als einem Tag wäre es z. B. nicht mehr möglich gewesen, die Schlachtschiffe auslaufen zu lassen (sie hätten erst seeklar gemacht werden müssen, z. B. hätte die Kessel erst angeheizt werden müssen, Heizöl gebunkert und Munition übernommen und die im Landurlaub befindlichen Besatzungen zusammengetrommelt werden müssen - und die USS Pennsilvania lag sogar ohne Propeller zur Überholung im Dock).
Es wäre den Verschwörern aber auch bekannt gewesen, dass japanische U-Boote von der Hafenausfahrt postiert werden sollten, die die auslaufenden Schiffe torpedieren sollten. Wegen dieser Gefahr wäre die "dicken Pötte" vermutlich trotz Warnung "auf dem Präsentierteller" der Battleship-Row geblieben, weil nach allgemeiner Auffassung das Risikos eines Torpedoangriffs im Hafen relativ gering war (trotz des erfolgreichen Angriffs auf die italienische Flotte in Taranto) es aber nach den bitteren Erfahrungen der Briten ohne weiteres möglich war, Schlachtschiffe mit U-Boot-Torpedos zu versenken. (Die Briten hatten bis zum 7. Dezember 1941 zwei Schlachtschiffe und zwei Flugzeugträger durch deutsche U-Boote verloren.) Auch Admiral Yamamoto war sich bis zuletzt keineswegs sicher, dass sein Plan funktionieren würde.

Am Rande bemerkt: Ein weiterer Aspekt wird von den meisten Verschwörungstheoretikern gern falsch eingeschätzt: "Cover up", groß angelegte Vertuschung, setzt nicht zwangsläufig eine vorangegangene Geheimplanung voraus. Oft werden "nur" Inkompetenz und Chaos verschleiert. Inkompetenz und Chaos gab es im Umfeld von "Pearl Habor" allerdings in einem peinlichen Ausmaß. (So peinlich, dass es noch der Film "Pearl Habor" von 2001 kräftig schönfärbte und verschleierte. Im Gegensatz übrigens zum weitaus ehrlicheren Film "Tora, Tora, Tora!")

Zu den Schlachtschiffen: wie ich schon in meinen vorangegangenen Artikel erwähnte, waren die in Pearl Habor liegenden Schlachtschiffe, gemessen an den Schlachtschiffen anderer Marinen, vor allem den japanischen, keinesweg veraltet oder auch nur sonderlich alt.

Drei Faktoren sind zu berücksichtigen: 1. Schlachtschiffe waren die teuersten Waffensysteme ihrer Zeit. Der Bau eines Schlachtschiffs der "North Carolina" Klasse kostete etwa so viel wie der zweier großer Flugzeugträger der "Essex"-Klasse, von zwölf großen Zerstörern, z. B. der "Fletcher"-Klasse oder von 40 U-Booten. Die Folgerung: der taktische und strategische Nutzen eines Schlachtschiffes (und sein Prestigewert) mußte schon sehr hoch eingeschätzt werden, um Neubauten zu rechtfertigen. Das schlechte "Kosten-Nutzen-Verhältnis" war der Hauptgrund, weshalb nach dem 2. Weltkrieg die Schlachtschiff-Ära endete.
2. Es dauerte rund fünf Jahre vom Baubeginn bis zur Einsatzreife eines Schlachtschiffes. Das heißt: das Flottenbauprogramm ist extrem träge. Die Japaner konnten sich also genau ausrechen, dass sie ab 1943 der US-Flotte bei Flugzeugträgern und Schlachtschiffen hoffnungslos unterlegen waren. Was auch zwanglos erklärt, weshalb Yamamoto seine Piloten anwies, nur Schlachtschiffe und Flugzeugträger zu versenken - weil ein eventueller Ersatzbau eines Dickschiffes erst 4 bis 5 Jahre später frontreif gewesen wäre, zu spät für den gerade begonnenen Krieg. Das erklärt auch die aufwendigen Bergungen, Reparaturen und Modernisierungn von sechs in Pearl Habor versenkten bzw. beschädigten Schlachtschiffe - es ging weitaus schneller als ein Neubau.
Übrigens belegt die Wiederindienststellung der Pear Habor-Schlachtschiffe wie die Tatsache, dass die USA 1939, beim Beginn des Krieges in Europa, zehn Schlachtschiffe, aber "nur" sechs Flugzeugträger im Bau hatten, dass Schlachtschiffe nach allgemeiner Ansicht noch nicht als veraltet gegolten haben können.

Selbst wenn die Marineleitung der USA 1941 der Meinung gewesen wäre, dass Schlachtschiffe veraltet seien - sie mußten das Material nehmen, das bereits vorhanden war, und nicht die theoretisch beste Marine für den Kampf gegen Japan und (nicht zu vergesessen) die im Atlantik aktiven deutschen U-Boote.

Waren Schlachtschiffe 1941 tatsächlich Alteisen?

1921 bewies US-Brigadegeneral Billy Mitchell zwar durch Versuche, dass Flugzeuge mit Bomben oder Torpedos jedes Schiff versenken konnten - sehr zum Mißvergnügen der Admiralität. Allerdings zeigte sich bald, dass der Deckspanzer moderner Schlachtschiffe, anders als der noch relativ schwache Deckspanzer der durch Mitchells Flieger versenkten "Ostfriesland", nicht nur Granaten, sondern auch Bomben gut standhalten konnte. Im 2. Weltkrieg zeigte sich, dass Schlachtschiffe nur durch Präzisionsbombardement mit aus großer Höhe abgeworfenen Panzersprengbomben versenkt werden konnten - was nur möglich war, wenn das Schiff sich nicht bewegte. Erstmals gelang das den Japanern bei der Versenkung der USS "Arizona" in Pearl Harbor.

Anders der Flugzeugtorpedo: damit war es tatsächlich möglich, ein Schlachtschiff auf See zu versenken. In der Praxis lief das darauf hinaus, dass das Schlachtschiff durch Torpedotreffer an der "Archillesferse" der gepanzerten Riesen, den Propellern und der Ruderanlage, "gelähmt" wurde, um dann durch weitere Torpedos, Bombentreffer oder auch Schiffsartellerie "erledigt" zu werden. Aber auch hier war ein Schlachtschiff aufgrund der enormen Feuerkraft seiner Flak kein angenehmer Gegner für angreifende Flieger.

Der zweite "Schlachtschiff-Killer" war das U-Boot. Allerdings waren solche Angriffe für die U-Boot-Besatzungen äußerst riskant, auch wegen der in der Regel die Schlachtschiffe begleitenden "Hauptfeinde" des U-Bootes, der Zerstörer.

Nicht zu vergessen: selbst im 2. Weltkrieg war der gefürchtetste Gegner eines Schlachtschiffes ein anderes, womöglich stärkeres Schlachtschiff. Es gab im Japanisch-Amerikanischen Seekrieg sogar noch einmal eine "klassische" Seeschlacht ohne Flugzeug- und U-Boot-Angriffe.
Allerdings war das Konzept der "Schlachtentscheidung" in 2. Weltkrieg völlig überholt und die Vorstellung von der praktisch unversenkbaren schwimmenden Festung, an der einige Admiräle noch bis 1939 festhielten, widerlegt. Es war eine makabere Kosten-Nutzenrechnung: die beiden Schlachtschiffe, deren Versenkung am teuersten war, waren die deutschen Schlachtschiffe "Bismark" und "Tirpitz". Aber selbst wenn man den Verlust des riesigen, aber gut 20 Jahre alten Schlachtkreuzers HMS "Hood" einrechnet, waren die britischen "Investitionen" zur Versenkung der "Bismark" geringer als die Baukosten des deutschen Schlachtschiffes.
(Solche makaberen Gewinn- und Verlustrechnungen sind ein entscheidender Faktor in der Kriegsführung. Sogar die Ausbildungskosten für die im Gefecht getöteten oder beim Sinken ertrunkenen Soldaten werden dabei eingerechnet.)

Selbst ein allwissender Verschwörer wäre 1941 zu dem Schluß gekommen: Neubau von Schlachtschiffen rechnet sich kriegsökonomisch nicht, aber aus den schon vorhandenen Schlachtschiffe muß maximaler "Nutzen" herausgeholt werden.
Schlachtschiffe waren nach wie vor "nützlich" zur Beschießung von Landzielen mit überschwerer Atellerie und als schwere Begleitschiffe für Flugzeugträger. Speziell für diese Zwecke waren die letzten Schlachtschiffe, die vier schnellen Schlachtschiffe der "Iowa"-Klasse konstruiert, die noch bis in die 1990 Jahre einsatzfähig gehalten wurden.
Nach dem Ende der 2. Weltkriegs fehlten den noch vorhandenen britischen und amerikanischen Schlachtschiffen buchstäblich die Feinde - die UdSSR, Gegner im Kalten Krieg, war erst ab den 1960er Jahren eine ernstzunehmende Seemacht. Die dicken Pötte waren schlicht überflüssig.
Übrigens galten auch die Flugzeugträger nach dem 2. Weltkrieg wegen ihrer erwiesenen relativ leichten Verwundbarkeit als veralteteter Schiffstyp. Generalsekretär Nikita Chrustschow nannte sie noch bei seinem USA-Besuch 1958 "schwimmende Särge". Es war schon der Koreakrieg, der zeigte, dass die Träger für amphibische Operationen unentbehrlich waren.

Zuletzt noch zwei hypothetische Szenarien: was wäre, wenn die Schlachtschiffe rechtzeitig ausgelaufen wären und die Flugzeuge auf den Rollfeldern nicht zerstört worden wären?
Trotzdem wäre der Angriff auf Pearl Harbor ein mobilisierender Schock für die US-Bevölkerung gewesen. Wenn es überhaupt eines solchen Schocks für einen Kriegseintritt noch bedurft hätte.
Was wäre, wenn aber die beiden Flugzeugträger versenkt worden wären? Ein Blick auf die Flottenbauprogramme und die vorhandenen Reserven zeigt: das wäre allenfalls eine vorübergehende Schwächung der US-Navy gewesen. Im Jahre 1942 verloren die USA immerhin vier große Flugzeugträger - und erst Anfang 1943 waren die ersten beiden neuen Träger der "Essex"-Klasse fertig. Die Zeit und die stärkere Rüstungindustrie arbeitete für die USA.
Ein weitaus schmerzlicher Verlust wären die Tanklager von Pearl Habor gewesen. Treibstoffmangel hätte die USA-Streitkräfte stark in die Defensive gedrängt. Allerdings hätte auch in dieser Konstallation Japan den Krieg gegen die USA nicht gewinnen können, da der deutsche Verbündete selbst in der Defensive war und längst nicht so viele allierte Kräfte binden konnte, wie es Japan erhofft hatte.
Wäre der 2. Weltkrieg ein Stategiespiel, wäre er Ende 1941, nachdem der deutsche Vormarsch vor Moskau gestoppt worden war, vorbei gewesen. Er war für die "Achsenmächte" nicht mehr zu gewinnen. Leider sind Kriege keine Strategiespiele.

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