2 Mal Selbstentlarvung

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, der seine Mitarbeiter bespitzeln ließ konsequent gegen Korruption vorgehen ließ, wehrt sich gegen diese lästigen Aufklärer, die dann, weil sie sowieso keine Ahnung haben, sich auch noch beschweren, weil er sie bei ihrer Aufklärungsarbeit behindert:
In dem achtseitigen Schreiben, das dem Handelsblatt vorliegt, beschwert sich Mehdorn nun, die ehemalige Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin und der ehemalige Bundesinnenminister Baum erweckten den „Eindruck der Befangenheit“ und ließen sich offenbar von „sachfremden Erwägungen“ leiten. Es stelle sich die Frage, „ob die Voraussetzung für eine unvoreingenommene und den Grundsätzen der Fairness und Objektivität entsprechende Untersuchung überhaupt erfüllt sind
Datenschutzaffäre - Mehdorn wirft Bahn-Aufklärern Befangenheit vor (handelsblatt.com)

Bundesinnenminister Schäuble erklärt, warum dieses lästige Bundesverfassungsgericht immer gerade jene Gesetze blockiert, die besonders wichtig zur Überwachung und Einschüchterung der Untertanen Abwehr abstrakter erhöhter Gefahren sind - die wollen alle bloß selbst Gesetze machen:
"Es ist doch Sache des Gesetzgebers, zu sagen: Für diese Straftat kann ich dieses Instrument einsetzen - für jene nicht", kritisierte Schäuble. "Wer Gesetze gestalten will, sollte sich bemühen, Mitglied des Deutschen Bundestages zu werden", (..)
Schäuble legt sich mit Karlsruher Richtern an (spon)

Die interessante Gemeinsamkeit der beiden höchst unterschiedlichen Führungspersönlichkeiten Mehdorn und Schäuble: sie verstehen nicht, wieso sich jemand für so etwas abstraktes wie Bürgerrechte und Privatsphäre einsetzt, und unterstellen ihren Gegnern, sie würden aus Eigeninteresse handeln (nichts anderes ist der Vorwurf der Befangenheit oder die Vorstellung, ein Verfassungsrichter wolle Gesetzgeber spielen).

Diese Mentalität - hinter allem, was man nicht mag und nicht versteht, stecken irgendwelchen Eigeninteressen - ist übrigens weit verbreitet. Ich habe es selbst erlebt, dass man mir meine Motive nicht glauben wollte, als ich mich als Software-Entwickler (Firma tut nichts zur Sache) ausgerechnet für die ungelernten Packer in der Warenannahme einsetzte - und das, obwohl ich nicht mal Betriebsrat oder so war. Darauf, dass ich es ehrlich meinte und keine versteckten eigennützigen Absichten (will mich bei den Arbeitern einschmeicheln, um Betriebsrat zu werden, strebe Gewerkschaftskarriere an, will die Geschäftsführung wg. Nichteinhaltung von Vorschriften erpressen, will was mit dem jungen, athletisch gebauten Packer anfangen usw.) hatte, kam oberhalb der Abteilungsleiter-Hierarchiestufe (der Laden war schwer durchbürokratisiert, mit unzähligen Titeln und Hierchieebenen) offensichtlich niemand.

Nachtrag: Hier das Schäuble-Interview der FAZ: Im Gespräch: Wolfgang Schäuble und Winfried Hassemer - Wie viele Sicherheitsgesetze überlebt der Rechtsstaat?
Rayson (Gast) - 11. Mär, 12:59

Den Schäuble hast du aber in einem sinnentstellenden Zusammenhang zitiert, was aber wohl zu einem guten Teil am ebenfalls verzerrten Bericht von SPON liegt. Das fällt mir auf, weil ich das Interview vor ein paar Stunden gerade erst gelesen hatte.

Der von dir zitierte Satz bezog sich ausschließlich darauf, dass in Urteilen z.T. haarklein zulässige Instrumente für bestimmte Probleme vorgeschrieben würden, was nun aber tatsächlich allein Sache des Gesetzgebers ist. Schäuble bekam hier indirekt auch Zustimmung von dem zusammen mit ihm interviewten Verfassungsrichter Hassemer.

Und im Zusammenhang gelesen kommt man auch überhaupt nicht auf die Idee, Schäuble unterstelle den Richtern, aus irgendwelchen Eigeninteressen heraus zu handeln.

Ich kann im übrigen nur empfehlen, das Interview/Streitgespräch im Ganzen zu lesen (heutige Ausgabe der FAZ). Auch, weil der Schäuble darin ein paar Sätze sagt, die von SPON bestimmt nie zitiert würden, z.B. zur Folter und dass der Staat nie versuchen solle, eine 100%ige Sicherheit anzustreben.

MMarheinecke - 11. Mär, 13:03

Danke für den Hinweis! Werde mir die FAZ holen.

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