Eine Vermutung über die Lektüre Adolf H.s bestätigt
Schon lange ist bekannt, dass Hitler eine besessenen "Leseratte" war, dass der Völkermörder die Abenteuerschmöcker des Antirassisten Karl May verschlang und Shakespeare schätzte, die Schriften des Antisemiten Paul de Lagarde gewissenhaft durcharbeitete und von Lexikonwissen fasziniert war. Bekannt ist auch, dass er sehr selektiv las - genauer gesagt, las er das aus den Texten heraus, was seiner ziemlich vernagelten Weltanschauung entsprach, was sich sogar auf seine Karl-May-Lektüre erstreckte - und dass er seine Umgebung mit frisch angelesenen "Erkenntnissen" nervte.
Jetzt hat der Historiker Timothy W. Ryback die Bücher des Diktators untersucht - Artikel von Hannes Stein auf "Welt online": Die Bücher, in denen Adolf Hitler gerne schmökerte.
Eine Vermutung, die ich schon lange hegte, wurde durch Rybacks Untersuchung bestätigt: Dass Adolf H. nicht nur als junger Mann okkulte bzw. esoterische Schriften, vor allem ariosophischer Richtung, regelrecht verschlang, sondern dass Hitlers Lektüre auch in seiner Zeit als Diktator zum großen Teil aus okkulten Schmöckern bestand.
Hitler ist jedenfalls ein Musterbeispiel dafür, dass zur Belesenheit auch die Fähigkeit zur Reflexion und zur Selbstkritik hinzukommen muss, damit aus der Anhäufung von Bücherwissen so etwas wie Bildung wird.
Nachtrag: Rezension und Auszug aus Hitlers private library (Timothy Ryback) auf der Website der New York Times.
Jetzt hat der Historiker Timothy W. Ryback die Bücher des Diktators untersucht - Artikel von Hannes Stein auf "Welt online": Die Bücher, in denen Adolf Hitler gerne schmökerte.
Eine Vermutung, die ich schon lange hegte, wurde durch Rybacks Untersuchung bestätigt: Dass Adolf H. nicht nur als junger Mann okkulte bzw. esoterische Schriften, vor allem ariosophischer Richtung, regelrecht verschlang, sondern dass Hitlers Lektüre auch in seiner Zeit als Diktator zum großen Teil aus okkulten Schmöckern bestand.
(...) Nicht Nietzsche, nicht Schopenhauer, nicht Fichte – letztlich ist es für Timothy Ryback ein esoterischer Schriftsteller namens Max Schertel, der Hitler erklärt. In einem Buch über das "Gesetz der Welt" beklagt jener Schertel, die meisten Europäer seien so materialistisch und zweckrational, dass sie sich an etwas so Äußerlichem wie Fakten orientierten. Das wahre Genie sei dagegen "ektropisch" – es könne sich eine Welt vorstellen und durch bloße dämonische Willenskraft wirklich werden lassen.Das bestätigt auch meinen Eindruck, dass Hitler, der sich im vertrautem Kreise gern spöttisch über völkische Esoteriker äußerte und als "Mann der Wissenschaft" stilisierte, in der Tat "esoterisch" dachte. Als junger Mann geprägt durch die gläubige Lektüre von rassistischen Esoterikern wie Adolf Lanz "von Liebenfels", später berauscht an Schertels Machtphantasien. Dass aber ausgerechnet ein drittrangiger esobärmlicher Schreiber Hitlers Leib- und Magenweltdeuter war, überraschte mich doch - etwas mehr Niveau hätte ich dem Völkermörder schon zugetraut. Aleister Crowley etwa. Oder wenigstens Helena Blavatsky (wobei ich annehme, dass deren Werke auch in Adolf H.s Bibliothek zu finden waren).
Hitler kritzelte begeistert dicke zustimmende Bleistiftstriche an den Rand. Ektropisch! Ganz klar, damit war pfeilgerade er gemeint, der "Führer" höchstselbst!
Hitler ist jedenfalls ein Musterbeispiel dafür, dass zur Belesenheit auch die Fähigkeit zur Reflexion und zur Selbstkritik hinzukommen muss, damit aus der Anhäufung von Bücherwissen so etwas wie Bildung wird.
Er war eine Null, die gern las.Da hat Hannes Stein recht.
Nachtrag: Rezension und Auszug aus Hitlers private library (Timothy Ryback) auf der Website der New York Times.
MMarheinecke - Mittwoch, 14. Januar 2009
Die "Null"
Hitler war nicht in dem Sinne eine "Null", dass er nichts wusste oder konnte oder etwa dumm gewesen wäre. Er hatte Redetalent, (manchmal) eine schnelle Auffassungsgabe, konnte, wenn er wollte, sogar charmant sein - aber er war unglaublich engstirnig.
Wie er selbst in "Mein Kampf" schrieb, wollte er nur das lesen, was er seinem "Gedankensystem" grob einverleiben konnte. Er war, wohlgemerkt nach eigenen Angaben, neuen Gesichtspunkten unzugänglich. Man kann auch sagen: bis auf eine handvoll nützlicher Tricks und reinem Faktenwissen war er bildungsunwillig. Mit Sachargumenten kam man gegen Hitler nicht an - das beobachteten sowohl seine Gegner wie seine Paladine.
Egal, ob Karl May oder Friedrich Nietzsche: er schätzte an diesen Schriftstellern alle Stellen, in denen er sich wiederfand, den "Rest" überlas er. Adolf Nazi war der Prototyp der "Nazidumpfbacke", nur dass er sich besser ausdrücken konnte, als die meisten seiner alten und neuen Anhänger.