Schöner Held ...

Während in Israel noch getrauert wird, übt sich die Gulf-News aus Dubai in "Heldenverehrung":
gulf news
Gefunden auf Chajms Sicht
Ein Mann, der eine Handvoll Zivilisten massakriert hat - darunter ein vier Jahre altes Kind, das er mit dem Gewehrkolben erschlagen hat - wird als Held bejubelt - und zwar nicht nur von den "üblichen Verdächtigen" (Hisbollah, Hamas usw.), sondern von weiten Teilen der arabischen Welt. Ich bin kein Soziologe, und mit den kulturellen Codes andere Kulturen bin ich nur unzureichend vertraut, deshalb kann ich nur ganz subjektiv sagen: eine Gesellschaft, in der so etwas möglich ist, in der man sich darüber freut, wenn Mütter ihre toten Söhne beweinen, ist moralisch bankrott. Der freigelassene Mörder Kuntar wird ausgiebig und begeistert gefeiert. Ich stimme Lila darin zu, dass das doch fatal an den Blut- und Opferrausch von Regimes, die man gemeinhin faschistisch nennt, erinnert: Assoziationen.

"Moralisch korrupt" nenne ich "Europa", da man z. B. mit der Regierung des Landes, in dem der Kindsmörder auch von Mitgliedern dieser Regierung bejubelt wird, ernsthaft Verhandlungen führt.
Chinaski - 19. Jul, 12:21

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Ja ich finde auch dass Europa moralisch Korrupt ist. Sie führen nämlich nicht nur Verhandlungen sodern sogar sehr freundschaftliche Beziehungen mit den Führern eines Landes dessen Kinder Raketen signieren die bald auf Palästinensische Kinder niederprasseln werden.

Wie sagst du das so schön? Mit geringfügigen Änderungen sähe das so aus: "Eine Gesellschaft, in der so etwas möglich ist, in der man Kindern heranzieht um Raketen zu signieren die Palästinensische Kinder töten soll, ist moralisch mehr als nur bankrott."

Für mich gibt es da keinen Unterschied. Ob es Israelies sind die diese schändlichen Taten vollbringen oder die religiös extremistischen Hamas oder Hizbollah. Alles unzivilisierte und korrupte Genossen.

MMarheinecke - 19. Jul, 14:04

Kaum ein Konflikt ist so vertrackt und so verfahren wie dieser

Trotzdem würde ich mich hüten, Geschmacklosigkeiten, wie Kinder, die Granaten signieren, auf eine Stufe mit einem Helden- und Märtyrerkult zu stellen - oder der (m. E. tatsächlich fragwürdigen israelischen Militärstrategie eine Vernichtungsabsicht gegenüber den Palästinensern zu unterstellen.
Ich stelle fest, dass die "offizielle" arabische Welt, nach Meldungen ihrer (staatlich kontrollierten) Presse und offiziellen Verlautbarungen zu schließen, geradezu trunken von Hass gegen Israel ist. Nichts, was Israel getan oder angeblich getan hat, rechtfertigt diese Hasspropaganda, die ich für antisemitisch halte - antisemitisch im europäischen Sinne und durchaus aus trüben europäischen Quellen schöpfend. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass aus Europa sehr viel mehr Unterstützungsleistungen in die Palästinensergebiete fließen, als aus der gesamten arabischen Welt - einschließlich der extrem reichen Ölstaaten am Golf.

So sehr man das politische Handeln der Israelischen Regierung oder die angewendeten Taktiken der israelischen Streitkräfte kritisieren mag, so wenig kann davon die Rede sein, dass Israel gegenüber den Palästinensern eine Ausrottungspolitik betreiben würde, oder - jetzt konkret - die gezeigten Granaten dazu bestimmt sind, palästinensische Kinder zu töten. Würde Israel tatsächlich eine Ausrottungspolitik betreiben, sähe das Resultat ganz anders aus. Aktuell gehen viele zivile Opfer der israelischen Granaten und Raketen im Gaza-Streifen auf das Konto der Taktik der Hamas, ihre Raketen (inzwischen leider nicht mehr "nur" primitive Kassams) von dicht besiedelten Wohngebieten aus auf israelische Städte und Dörfer abzufeuern (wo ihnen auch israelische Kinder zum Opfer fallen). Ein israelischer Kommandeur steht also vor Dilemma, entweder zuzulassen, dass israelische Zivilisten umkommen - oder palästinesische Zivilisten beim Angriff auf die Abschussstellungen umzubringen. Würde die israelische Strategie wirklich darauf abzielen, israelische Leben auf Kosten beliebig vieler palästinensischer Leben zu sichern, wäre der Gazastreifen längst völlig "plattgebomt". Es darf auch nicht übersehen werden, dass es seit Jahren einen schwelenden "innerpalästinensischen Bürgerkrieg", verharmlosend "Richtungskämpfe" genannt, gibt.

Dass Hamas oder Hizbollah keinen Frieden in Nahost wollen, liegt auf der Hand und braucht meines Erachtens nicht weiter diskutiert zu werden. Es gibt sicherlich auch zahlreiche Palästinenser, die an einem fairen Frieden mit Israel interessiert sind. Allerdings hört man von ihnen ziemlich wenig. (Es gibt sie, z. B. in der Friedensinitiative Ta Ayush, die übergreifend gewaltfreie Widerstandsaktionen von Palästinensern und Israelis gegen das Besatzungsregime in den Westbanks organisiert.)
Ich räume ein, dass Einiges darauf hindeutet, dass auch die israelische Regierung an einem fairen Frieden (d.h. einem Frieden mit einem wirtschaftlich lebensfähigen Palästinenser-Staat) zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Interesse hat.

Noch ein paar Worte zu meiner grundsätzlichen Haltung:
Der Staat Israel hat eine andere Existenzgrundlage als andere Staaten - nämlich allein die, sein (jüdisches) Staatsvolk vor der Vernichtung zu schützen. Deshalb hat die Existenz Israels einen zivilisatorischen Wert an sich (unabhängig übrigens von der "deutschen historischen Schuld", die ich persönlich nicht empfinde).
Es ist auch eine unbestreitbare Tatsache, dass Israel, Südcypern und die Türkei die einzige halbwegs funktionierenden Demokratien Westasiens sind, und dass der Stand bürgerlichen Freiheiten und die Rechtsstaatlichkeit Israels mühelos die EU-Kriterien erfüllen und sogar übertreffen würde.
Anderseits habe ich den Eindruck, dass dieser Staat sich für die Palästinenser, nicht nur in den besetzten Gebieten, sondern teilweise auch in Israel selber, sich als eine Art repressive Kolonialmacht darstellt.
Den Zionismus mag ich nicht, weil ich Nationalismus grundsätzlich nicht mag. Vor dem Hintergrund der Shoah und des tief sowohl in der "christliche abendländischen" wie mittlerweile auch der "islamischen" Kultur eingefressenen Antisemitismus gebe ich ihm aber einen ganz anderen Stellenwert und eine höhere historische Existenzberechtigung als anderen Nationalismen.
Wenn man sich aber darauf, wie ich, einlässt, dass ein "Befreiungsnationalismus" gegen einen Unterdrücker - auch einen, der eine liberalen Demokratie vertritt und die Menschenrechte hochhält - grundsätzlich, im Interesse der Rechte der Unterdrückten, legitim ist, muss ich auch den der Palästinenser anerkennen. Das Problem: Für den ist die Gründung Israels "Al Nakba", die Katastrophe, und damit die Ablehnung Israels konstituierend. Überspitzt gesagt: Ohne die Gründung Israels gäbe es kein "palästinensisches Volk"!

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