Macht's gut - und Danke für den Fisch!

Ich mache endlich Nägel mit Köpfen und mache nicht länger beim "B.L.O.G." mit. Nachdem in schon seit Dezember keinen Beitrag mehr dort veröffentlicht habe, war dieser Schritt, denke ich, überfällig.

Einer der Gründe dafür, dass ich dort auch vorher nur selten schrieb, ist der, dass mir, unter den Beiträgen, die mir “bloggenswert” erscheinen, ziemlich wenige sind, die auch für B.L.O.G. und - vielleicht noch wichtiger - zum B.L.O.G. passen. Das B.L.O.G. hat zwar keine "Parteilinie", aber sehr wohl ein Profil und wird auf eine bestimmte Art und Weise von außen wahrgenommen. Es ist diese "Außensicht", die mir das Gefühl gibt, beim B.L.O.G. fehl am Platze zu sein.

Das B.L.O.G. besteht ja nicht nur aus den Autoren, die mir persönlich nach wie vor sympathisch sind, sondern auch aus dem dort mitlesenden Publikum. Einer der Gründe, weshalb ich mich seinerzeit entschied, bei den B.L.O.G. mitzumachen, war die geringe Resonanz , die ich auf meine Beiträge hier auf meinem kleine Senfblog bekommen. Nun ja - es gibt Formen der Resonanz, die mir den Kaffee hochkommen lassen.
Ich wähle mal ein Beispiel, dass nicht das B.L.O.G. direkt, aber sehr wohl die Mechanismen in der "liberalen Bloggosphäre" betrifft:
Statler schrieb beim "Antibürokratieteam" einen sehr lesenswerten Beitrag über rechtsextreme Gewalt in Deutschland: Die Befindlichkeit des Landes. Statler diskutiert die 136 von gewaltätigen Rechtsextremisten getöteten Menschen - und in den Kommentaren wurde mal wieder eine eine Diskussion über "Migranten-Gewalt" und die Gewalt "von Links" daraus. Und das ist leider kein Einzelfall; ich habe ähnliches auch schon bei Beiträgen auf dem "B.L.O.G", auch bei meinen Beiträgen, erlebt.

Es ist offensichtlich gar nicht mehr möglich, in “liberalen” Blogs den politischen Dumpfbacken zu entgehen und den Blick dahin zu lenken, wo die wirklichen Probleme, aus der Sicht eines "Bürgerrechts"-orientierten Menschen, sind. Egal, wie differenziert man in so einem Blog schreibt - angesichts der Kommentare wird einem klar, dass die “Leserschaft” offensichtlich ihre liebgewonnenen Klischees bedient haben will: Kapitalismus wird - zu Unrecht! - mit Marktwirtschaft gleichgesetzt, und Marktwirtschaft - in verkürzter Weise - mit Demokratie und persönlicher Freiheit. Was bleibt, ist ein dumpfer "Pro-Kapitalismus", der mich beinahe so annervt, wie der dumpfe Antikapitalismus von "linker" wie von "völkischer" Seite.
Der Impuls, keine Perlen vor die Säue zu werfen, mag arrogant sein; aber die Säue mit ihren immer gleichen Klischees können einem schon den Spaß am Bloggen nehmen.

Das ist zwar nicht der einzige Grund, aber einer der Gründe, weshalb ich nicht mehr beim B.L.O.G. schreibe. Ein anderer Grund ist der, dass ich nicht wüsste, wie ich mich im B.L.O.G. von Beiträgen wie dem zu den “bulgarischen Arbeitern” distanzieren könnte, auch wenn boche, wie ich ihn einschätze, da absichtlich dick aufgetragen hatte - und ich, weil ich mich nicht wirksam distanzieren kann, von der werten Leserschaft in eine Schublade gepresst werde, in die ich beim besten Willen nicht passe.

Es gibt noch einige weitere Gründe, die vermutlich niemanden interessieren. Und ein paar, die sicherlich den einen oder anderen interessieren würden, über die ich es aber vorziehe, zu schweigen.

Wie auch immer: Macht's gut - und Danke für den Fisch!
Hokey (Gast) - 12. Mai, 15:04

Gut nachvollziehbar

Das ist alles gut nachvollziehbar. Ich könnte es mir für mich nicht vorstellen, einem Gemeinschaftsblog anzugehören, eben weil mir auch bei politisch nahestehenden Mitbloggern doch oft auffällt, dass ich viele Ansichten nicht teilen mag. Gemeinsam mit denen könnte ich über die nackte Berichterstattung (sprich: das Nachkäuen von herkömmlichen Medieninhalten) hinaus nicht mehr Sinnvolles viel schreiben.

Mir ist das einmal bei einer Urlaubsvertretung in einem Fremdblog aufgefallen, dass das im Kopf zwar keine Schere, aber immer die latente Sorge war, was der Gastgeber dazu wohl sagen würde, wie er die Wortwahl einschätzen würde, usw. Wie muss das erst in einem Gemeinschaftsblog sein? Von persönlichen Eitelkeiten, die man ja schon zur Genüge aus Foren kennt, einmal abgesehen...

Da fuhrwerke ich lieber in meinem Blog herum, kann dort meine Kurzsichtigkeiten verbreiten (wer mag, weist mich dann drauf hin), kann dennoch andere Beiträge kommentieren und bewerten, und politisch festgelegt werde ich dort auch nicht. Das ist doch das Tolle an Blogs: Man kann Netzwerke knüpfen, aber man ist nicht darin gefesselt.

Augenzuppler - 12. Mai, 22:37

Befreiungsschläge

Lieber Martin,
ich war ja mit den Rampensäuen der BLOGIES ziemlich schnell fertig - die sog "Antifa-Debatte" hat mir schon gereicht und ich schaue sowieso lieber hier vorbei.Aber der Kampf um das Label "liberale Blogosphäre" resp. "Liberalismus" wird wohl so leicht nicht zu entscheiden sein,denn das politische Praxisfeld - und das ist nun ganz und gar nicht virtuell gemeint - hier in Deutschland ist einfach zu klein. Die praktisch-politischen Erscheinungen während der Kohl-Ära (Kinkel,Möllemann) waren jedenfalls kein Ruhmesblatt des dt. Liberalismus,ob das mit Angie und dem aktuellen Personal anders laufen wird?

Boche (Gast) - 14. Mai, 09:46

Kleine Korrektur

Auch hier noch einmal ein herzliches Tschüß!

Und eine kleine Korrektur: Die "bulgarischen Arbeiter" habe nicht ich aufgetragen. Aber das ist wohl eigentlich egal. Weil ich es durchaus hätte sein können.

Björn (Gast) - 14. Mai, 11:34

Du weißt ja dass ich das schade finde, auch wenn ich's verstehen kann. Aber solange du die Senftube hier nicht zumachst, bin ich ja beruhigt.

Dr. Dean (Gast) - 20. Mai, 15:49

Wenn es nach meinen Wünschen gegangen wäre, dann...

- würdest du bei B.L.O.G. weiter dabei bleiben und eben dort den Standpunkt vertreten, der dir nahe liegt und bei den B.L.O.G.-Bloggern unterrepräsentiert ist.

- würdest du bei Beiträgen wie dem berüchtigten Bulgarien-Beitrag schreiben, was du davon hältst - aber ohne, dass du dich deshalb mit diesen Sozialdarwinisten groß herumstreitest.

Andererseits willst du den dort gepflegten Ansatz vermutlich nicht noch weiter promoten, und ärgerst dich einfach über die dort regelmäßig zur Schau gestellte Haltung, sodass am Ende zuwenig Gemeinsamkeit übrig blieb. Was im Gegenzug auch umgekehrt gesehen wurde, jedenfalls, der (veröffentlichte) Kummer auf B.L.O.G.-Seite über deinen Abschied fiel m.E. eher etwas kurz und schmerzlos aus.

Was mich bei diesem Kollektivblog etwas wundert, ist ein - mir fällt kein besseres Wort ein - "Ideologisierungseffekt", den ich bei den dort mitschreibenden Autoren verfolgen konnte. Stefanolix und Karsten (dieser sogar besonders) hatten ursprünglich mal eine ganze Menge politischer Ideale, die nicht sonderlich gut in diese rechtslibertären Einheitsideologie reingepasst haben.

Kaum machen sie ein Jährchen mit, schon zeigen sie sich (jedenfalls: dort) als politisch komplett gewandelt, und auf mich, sorry, wirkt das sogar ein wenig sektenhaft.

Wie gesagt: Ich verstehe das nicht. Wenn dir etwas dazu einfällt, würde ich mich sehr freuen.

MMarheinecke - 20. Mai, 22:59

Was mir dazu einfällt

Ich fürchte, Du interpretierst da einige Sachen in meinen Abschied von B.L.O.G. hinein, die da einfach nicht "drin" sind - was ich Dir allerdings nicht übel nehme, da Du das "Hintergrundgeschehen" ja nicht kennen kannst.
Dass der veröffentlichte Kummer über mein Ausscheiden "kurz und schmerzlos" ausfiel, ist angesichts der Tatsache, dass meine Mit-B.L.O.G.er schon seit Januar wissen, dass ich ernsthafte Ausstiegs-Absichten hatte, nicht weiter erstaunlich. Damals ließ ich mich davon überzeugen noch eine Weile zu warten - übrigens durch ein Argument, das auch Du anführst: weil ich Standpunkte vertrete, die bei den B.L.O.G.-Bloggern unterrepräsentiert sind.
Allerdings ist mir seit Dezember kein Artikel mehr eingefallen, den ich lieber im B.L.O.G. als auf meinem Blog veröffentlicht hätte.

Zum "Ideologisierungseffekt": irgendeine "Redaktion" gibt es beim B.L.O.G. nicht. Ich habe auch niemals erlebt, dass ein B.L.O.G.er einen anderen B.L.O.G.er "intern" für gebloggten Ansichten kritisiert hätte - das B.L.O.G. ist in dieser Hinsicht sehr transparent, d. h. Kritik findet in der öffentlichen Kommentarfunktion statt. Wenn es diesen Effekt wirklich geben sollten, dann muss er psychologisch bedingt sein.
Dr. Dean (Gast) - 21. Mai, 11:38

Erst mal danke für deine Antwort!

Wenn ich mir über den Effekt so Gedanken mache, dann würde ich ihn vielleicht "Kohorteneffekt", "Sozialisierungseffekt" oder "soziales Streamlining" nennen. Man kann natürlich auch bestreiten, dass es diesen Effekt gibt, irgendwie scheint es so zu sein, dass sich diejenigen, die "nicht ganz so auf Linie" sind, entweder bewusst bzw. unbewusst anpassen (Beispiel: Karsten, Stefan), oder - weil sie sich gegen diesen Prozesse sträuben - absondern.

Wobei es natürlich ein Treppenwitz ist (bzw.: wäre), wenn sich dieser Effekt ausgerechnet auf einem libertären B.L.O.G. so stark zeigt.

(Wenn aber der Einfluss der akzeptierten sozialen Umgebung/Bezugsgruppe - bei einem Kollektivblogger ist das eben der kollektive Schwerpunktblog - auf die Meinungsbildung tatsächlich so groß ist, könnte man damit m.E. sogar einen guten Teil von Gruppendynamiken erklären oder, zum Beispiel, warum Obama in Caucus-Entscheidungen deutlich besser abschneidet. Soziale Anpassungsprozesse. Vielleicht liege ich mit dieser - vermeintlichen - Beobachtung komplett falsch. Für mich ist das aber trotzdem eine spannende, kleine Entdeckung. Ich habe mir vorher noch keine Gedanken darüber gemacht, ob es derartige Effekte gibt bzw., wie start sich diese auswirken.)

Ansonsten: Ja, klar - ich kann da als Außenstehender schnell was Falsches reininterpretieren. Sonderlich intensiv verfolge ich den B.L.O.G. nicht, außerdem zeigt sich meine (ideologische) Brille öfters als beschlagen. Mir fiel halt der Wandel einzelner Beteiligter besonders auf, wenn ich mal in einzelne B.L.O.G.-Diskussionen reingeguckt habe.

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