Von besseren Zeiten

Manche Bücher kaufe ich nur im Antiquariat oder leihe sie mir aus. Weil sie einerseits lesenswert sind, andererseits in Verlagen erscheinen, die ich durch meinen Buchkauf keineswegs unterstützen möchte - mein ganz besonderer "Problemfall" sind Bücher aus dem Arun-Verlag.

Erst recht gilt das für Bücher aus neonazi-nahen Verlagen wie "Grabert" - oder auch solche aus dem "Ahriman-Verlag". Letzterer gehört zum "Bund gegen Anpassung" (ehemals Marxistisch-Reichistische Initiative (MRI), später
Bunte Liste Freiburg), einer mit Fug und Recht als "Polit-Sekte" bezeichneten Gruppe, dem Anspruch und den Vorbildern nach links und demokratisch, den von ihnen befürworteten "Problemlösungen"nach zu schließen, totalitär und knallhart faschistoid und deshalb vom VVN dem "rechten Rand" zugeordnet. heise telepolis:Ahrimans Erben.

Im besagten Ariman-Verlag erschien ein Buch, das mir sehr zu denken gab:

Kerstin Steinbach Es gab einmal eine bessere Zeit ...
(1965-1975)

Untertitel: Die Botschaft der verhassten Bilder

"Die bessere Zeit" war nach Ansicht der Medizinerin und Biologin die Zeit dessen, was manche die "Sexwelle" nannten, andere wieder stark übertrieben "sexuelle Revolution" - die Zeit, in der in der die BRD die prüde Adenauer-Ära hinter sich ließ. Sie konzentriert sich dabei auf den Aspekt "Nacktheit" in Bild und Tat, die anknüpfend an die besten Traditionen der Weimarer Republik damals ihre Schmuddelecke verlassen hätte.
Sie schildert die Widersprüche dieser Zeit: einerseits war der Aufklärungsunterricht in der Schule verklemmt, andererseits namen sich Illustrierte und Jugendzeitschriften dankbar des Themas an ("BRAVO" war im Vergleich verhältnismäßig brav). An den Baggerseen wurde eifrig nackt gebadet, wobei die "Hippies", Vorreiter des "wilden" Nacktseins, auch in Sachen sexuelle Offenheit Avangarde waren - sehr im Gegensatz zu den "offiziellen" FKK-Vereinen, die noch einer Ideologie der "entsexualisierten Nacktheit" anhingen. Den Wandel im Lebensgefühl führt sie auf eine massive gesellschaftliche Kraft von freiheitsliebenden Bürgern zurück - und dieser Wandel schlug sich in "Nackedeibilder" von schönen, jungen nackten Menschen nieder. Sie wertet das als Zeichen der gesellschaftlichen Emanzipation. Als Beleg des damaligen Lebensgefühls zieht sie folgerichtig außer Illustriertenfotos und Titelbildern vor allem Werbeanzeige heran.
Steinbach stellt aus ihrem Fachbereich (Medizin und Biologie) einige ergänzende Fakten zusammen und bindet sie in vergangene und gegenwärtige Geschichte ein - wobei sie für meinen Geschmack arg biologistisch wird. Immerhin: der klare Zusammenhang von Sexualität und Nacktsein, den sie beschriebt, ist kaum zu leugnen. (Leider sind die Abbildungen in ihrem Buch meist kleinformatig und oft nur in schwarz-weiß. Was ihren damals - und heute wieder? - provokativen Gehalt schmälert.)
Steinbach nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die aktuelle politische Situation geht. Sie führt den "Backlash" in Richtung "neue Prüderie" einerseits auf den Einfluß der (katholischen) Kirche und ihr weltanschaulich verbundene Politiker und Massenmedien, andererseit auf die Feministinnen zurück. Stellenweise geht ihre Polemik ins Verschwörungstheoretische über - da ist der "Ahriman"-Einfluß deutlich spürbar.

"Es gab einmal eine bessere Zeit" ist kein wirklich gutes Buch. Aber eines das nachdenklich macht, die bekannten Dinge in einem anderen Licht zeigt.

Dass es gegenüber den "Swinging Seventies" einen Rückschlag in Richtung weniger sexueller Toleranz gibt, ist unstrittig. Gern wird zur Erklärung der "AIDS-Schock" der 1980er Jahre angeführt. Ebenso beliebt ist die "Rebellionsthese": In den 60ern und 70ern setzten sich die jungen Menschen durch sexuelle Offenheit von ihren verklemmten Eltern ab, heute würden junge Leute eben gegen eine übermäßige Sexualisierung rebellieren. Dann gibt es noch, von konservativer Seite, das Argument, die "Blumenkinder"-Generation hätte es übertrieben, mit ihrer Sexbessenheit ungewollt Pornographie, sexueller Ausbeutung, der Zerstörung traditioneller familiärer Werte und dem Abbau der für ein erfülltes Liebesleben, für Intimität, notwendigen Exklusivität und Treue, vorschub geleistet. Der Backlash sei also nur die Rückkehr zur Normalität.

Kritisch könnte man Anmerken, dass die Darstellungen nackter Körper seit den 1970er Jahren sogar noch zugenommen hätte - trotz der "neuen Prüderie". Tatsächlich wird heute z. B. auch mit männlicher Nacktheit geworben - was vor 30 Jahren noch eine Ausnahme war und die Empörung vieler Feministinnen über die "Darstellung der Frauen als Lustobjekt" verständlich erscheinen läßt. Allerdings ist die - weitgehende - Akzeptanz von Nacktheit in den Medien eine kulturelle Spezialität einiger europäischer Länder, man muß nur einen Blick in die USA werfen. Vergleicht man jedoch die Art und Weise, wie und welche nackten Körper heute und im Jahrzehnt 1965-1975 in Werbung und in Zeitschriften dargestellt wurden, erkennt man zwei deutliche Unterschiede. Einmal eine generelle Tendenz weg von der Natürlichkeit und Alltäglichkeit - hin zu über-idealisierten, perfekten Körpern. Überspitzt gesagt: Playboy-Playmate (oft chirurgisch nachgebessert, immer retouschiert) statt hübsche junge Frau von nebenan, Body-gebuildeter Beau mit Waschbrettbauch und ohne Körperhaare und Körperfett statt sportlicher junger Mann aus dem Schwimmbad um die Ecke. Hier setzt sich eine Tendenz in der Körper-Darstellung fort, die auch bei bekleideten Fotomodellen unübersehbar ist. Auch eine Form der Entfremdung vom Körperlichen. (Und eine wichtige Ursache für Magersucht (Anorexie) und andere körperdysmorphe Störungen, wie "Muskelsucht", "Kosmetik-Tick", "Fitness-Wahn" oder - besonders bedrückend - "Schönheitsoperationssucht".)
Der andere Trend ist der zur "Entsinnlichung". Fotograf Werner Bockelberg im "Stern" über ein Fotoshoting mit Uschi Obermeier 1970:
"Sie war einmalig hübsch, sie hatte ein animalisches Gefühl für die Kamera und bewegte sich völlig natürlich." Anders als bei den Models später, "als es nur um Geld ging und man mit einem Rechtsanwalt darüber verhandeln musste, wie weit offen die Bluse von Claudia Schiffer sein durfte", war es mit der Obermaier "ganz einfach, der ging es nicht um Geld. Sie hatte Spaß an sich selbst".
Auch wenn das Geld für das damals bestbezahlte deutsche Fotomodel nicht egal gewesen sein dürfte: Uschi Obermaier und andere "Nackedeis" der frühen 70er wirkten sehr sinnlich und sexy, die Topmodells ab den 1980er Jahre hingegen meist wie unnahbare "rühr mich nicht an"-Schönheiten. No sex please! Spaß an sich selbst? Unfug - der Körper des Model ist eine Ware, sonst nichts Und ein sauberes Image ohne Sex & Drugs & Rock 'n' Roll ist ein "Must" für die Karriere. Auch eine Form der "Neo-Prüderie".

Ich weiß nicht, ob ich ohne dieses Buch darauf gestoßen wäre, dass "sexuelle Selbstbestimmung" keineswegs immer bedeutet "einvernehmlicher Sex ist erlaubt" (mehr dazu schrieb ich bei den "bissigen": Vorrangiges Rechtsgut Sexualmoral).
Bisher war ich auch davon ausgegangen, es läge an der - im Grunde berechtigten, aber in hysterischer Weise weit übers Ziel hinnausschießende - Kinderporno Diskussion, dass das in den 70er preisgekrönte Aufklärungsbuch Zeig mal! und andere einst sogar im Schulunterricht verwendetet Bildbände in den90ern unter Kinderporno-Verdacht gerieten.

Oft habe ich den Eindruck, dass der eigentliche "Sinn" des hysterischen Kinderpornographie-Diskurses nicht im - völlig berechtigten! - Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und Mishandlung liegt, sondern in der Durchsetzung einerseits einer strengeren Sexualmoral, anderseits obrigkeitsstaatlicher Methoden. Siehe der Fall "Mikado".

Was die wirklichen Ursachen des "Backlash" sind, kann ich nur vermuten. Ich stimme mit Frau Steinbach überein, dass er kein Zufall ist und auch nicht "von selbst", aufgrund irgendwelcher neu entdeckten sozio(bio)logischer Naturgesetze, kam. (Wobei Steinbachs Argumentation deutlich soziobiologische Züge trägt.) Er ist gemacht. Hingegen bezweifle ich, dass es eine zentrale Planung gibt. Da sehe ich eher Inkompenz, Chaos und Opportunismus am Werk.
Ein Beispiel wäre das seltsame Bündnis zwischen "EMMA" und katholischer Kirche beim Kampf gegen die Pornographie. Die Motive könnten unterschiedlicher nicht sein, und sind im Falle der "EMMA" für mich nachvollziehbar - sexuelle Erniedrigung von Frauen geht gar nicht - andererseit hat EMMA mit der "Por-NO"-Kampagne der Emanzipation einen Bärendienst erwiesen und den Verfechtern einer repressive Sexualmoral ungewollt "argumentative Munition" geliefert.

Die Hypothese vom "gemachten" Backlash hin zur "Neo-Prüderie" könnte ein Phänomen erklären, dass Anfang der 90er als "der nackte Osten" durch die Medien ging.
Der Trend zum "wilden FKK" setzte in beiden Teilen Deutschland ungefähr zur gleichen Zeit ein. Bis Mitte der 70er scheint er weitgehend parallel verlaufen zu sein. Dann lief die Entwicklung auseinander: während im "Westen" das Interesse am FKK stagnierte, wurde das Nacktbaden in der DDR in der selben Zeit zum "Massensport". Da "Wessis" nicht von Natur aus prüder sind als "Ossis", und FKK in der DDR, anders lautenden Gerüchten zum Trotz, lange Zeit staatlicherseits eher widerwillig toleriert wurde (bis es zur Massenbewegung wurde), muß es gesellschaftliche Ursache geben. Die Naheliegendste: die Gegenkräfte, die in der BRD die "neue Prüderie" vorantrieben, waren in der DDR nicht wirksam. Ich könnte mich stundenlang darüber auslassen, welcher Kräfte das sind, jedenfalls spielen die Religiös-Konservativen dabei eine nicht unwichtige Rolle.
Andersseits war das Nacktbaden in der DDR keine absichtlich, als Ventil, gelassene "NIsche der Freiheit" und wohl auch kein "erkämpfter Freiraum" - es war für die DDR-Obrigkeit, die genügend Sorgen hinsichtlich ihres Machterhalts hatte, schlicht irrelevant. Freiheit und Textilfreiheit hängen weit weniger eng zusammen, als man es sich in der Jahren der Hippies und der APO vorgestellt hatte.

Zuletzt noch ein Punkt: eine ziemlich bizarre Form der "neuen Verklemmtheit" entwickelte sich in der Esoterik-Szene. Ein Freund nannte das das Phänomen der "Traurigen Tantriker". Es ist die Trennung von Sexualität und Intimität (ähnlich wie in der Prostitution, aber ungewollt) - und eine Funktionalisierung der Sexualität, die sich schon bei den Lebensreformern vor über 100 Jahren abgezeichnet hatte. Extrem ausgeprägt ist das bei Gruppen wie dem ZEGG oder Tamera, abgeschwächt auch bei "Freizeitesos": Man demonstriert sich und anderen, wie unverklemmt man doch sei, hat Sex zu allen möglichen Zwecken, das Ganze aber unter weitgehender Umgehung von Sinnlichkeit und Intimität. Was in einem Swingerclub wenigsten offen zum Lustgewinn praktiziert wird, ist im Umfeld der "Traurigen Tantriker" mit einer "sprituellen" Fassade versehen.

Nachtrag: auch interessant in diesem Zusammenhang - diese schon etwas ältere Diskussion auf metalust & subdiskurse.
Chat Atkins (Gast) - 8. Mär, 09:11

In den Zusammenhang gehört auch diese Frau von Schirach, die mit ihrer These von der Pornografisierung des Alltags gerade durch alle Medien hoppelt: Statt miteinander Sex zu haben, säße das junge Mannsvolk nur noch vorm Monitor, lade sich einschlägige Filmchen hoch und "hole sich dabei einen Tennisarm". Diese ganze narzisstische Generation haben nur noch eine massive Angst vor Bindung, die bei echter und ausgelebter Sexualität unweigerlich eintreten würde ...

MomoRules (Gast) - 8. Mär, 11:59

Ich würde ja im konkreten Fall tatsächlich die alten Thesen der Kritischen Theorie wieder ausbuddeln: Verdinglichungskritik - der Körper wird nicht als gelebter Leib erlebt, sondern als "Objekt", das man dann ggf. wie ein Designer-Möbel an marktgängige Schönheitsideale assimiliert.

Damit korrespondierend ein völlig verdrehter Naturbegriff, der allen Genuß als naturverfallen betrachtet und stattdessen auf Leistung setzt (eben diesem "leistungsdruck" entziehen sich ja viele "Wixer" mit Tennis-Arm: An diese merkwürdigen, leistungsorientierten Vorstellungen des "guten Sexes" sind ja auch an Ansprüche gekoppelt, die gerade auch von den Sexualbefreiten der 60er Jahre auch noch befördert wurden, denen man sich auch gut und gerne entziehen können möchte. Sex als Glücks-Diskurs bleibt ja parallel wirkungsmächtig).

Dieses Motiv findet sich z.B. bei Kant extrem ausgeprägt, ist wohl ein genuin protestantisches, in der Hinsicht waren Protestanten traditionell auch eher drastischer als Katholiken.

Gebe Dich nicht der "Neigung" hin, sondern erfülle die Pflicht (Geld verdienen, Reproduktion etc.) - was immer auch auf das implizit oben mit-gedachte Motiv verweist, daß Sex sowas wie die "innere Natur" sei, was ich ja für falsch halte.

Deshalb dann auch die Gleichschaltung von Sex und Nacktheit - da ist die "Kultur" gewissermaßen abgeschält, wie bei einer Banane, dabei ist FKK ja sogar dem Namen gemäß auch eine Kulturform. Als hätten Latexfetischisten keinen Sex ...

Und, ergäzend zu Chat Atkins: Skurril ist ja eigentlich, daß Sex immer dann unter Verdacht gestellt wird, wenn er sich nicht in kleinfamilienartigen Konstrukten abspielt. Das ist ja das eigentlich rätselhafte. Homo-Ehen gibt's ja (zumindest in West- und Nordeuropa), da kann die katholische Kirche noch so sehr wettern - welchen Sinn dieses Beziehungs-Stereotyp hat, das wird mir tatsächlich ein Rästel bleiben ...
MMarheinecke - 8. Mär, 19:19

Pornographisierung des Alltags?

In mancher Hinsicht ist die These nicht so weit von der unsäglichen "PorNo"-Kampagne der 80er entfernt - mit dem Unterschied allerdings, dass sie den moralischen Holzhammer in der Werkzeugkammer läßt. Mich erinnern das stark an die K-Spiel-Debatte, in dem Sinne, dass etwas, das eher Symptom ist (Wichsen vorm Pornovideo, Ballern am Computer) zur Ursache hochstillisiert wird. Frau von Schirach erwähnt ja immerhin noch gesellschaftliche Ursachen (ihre Nachbeter lassen das gern mal weg).

Nicht die jungen Männer der "Generation Download" sind narzisstisch, sondern die gesellschaftlichen Ideale, die ihr präsentiert werden. Porno-Daueruser sind es ja meistens aus Frust. Übersteigerte Ansprüche an sich selbst (und ihr Aussehen), übersteigerte Ansprüche an den Partner / die Partnerin (und deren Aussehen), zugleich der Einfluß einer massiven Pflicht- und Leistungsideologie, die im Bereich der Sexualität wirklich nichts verloren hat - da läuft nicht viel mit Realsex.

Die Gleichschaltung von Sex und Nacktheit - nun, die ist z. B. in den USA weitaus ausgeprägter als bei uns - "Nippelgate" wäre selbst in Polen oder Irland keine große Affäre gewesen. Vorhanden ist sie aber schon - siehe z. B. Teile der "Kinderporno"-Debatte, wo es dann schnell mal nicht mehr um "Kinderpornos", sondern um nackte Kinder geht. (Wobei die Motive, die einen Erwachsenen dazu bringen, sich Bilder nackter Kinder anzusehen, hinterfragbar sind, vorsichtig formuliert. Aber darum geht es bei der öffentlichen Empörung erst in zweiter Linie.)
Anderseits sehe ich auch die bewußte Entkopplung zwischen Nacktheit und Sexualität, die die "Freikörperkultur" so lange propagiert hat, als ziemlich verklemmt an. Ihre "Pioniere" propagierten, teils in vorweggenommener Anpassung an Vorurteile und moralisierende Verurteilungen, das Ideal der "keuschen Nacktheit" . Dass sich sich die Nacktkultur "Kultur" nennt, ist eine deutsche Sonderentwicklung, die dem Geist des willhelminischen Zeitalters geschuldet ist - und dem Protestantismus (den umfangreichsten ideologischen Überbau errichteten die Schweizer "Lichtfreunde" des frühen 20. Jahrhunderts).

Latexfetischisten haben Sex, und es ist eine bekannte Tatsache, dass geschickte Verhüllung "erotisierender" wirkt als völlige Nacktheit - aber offensichtlich scheint diese Erkenntnis bei manchen "kastrierten Katern" und Menschen, die so tun, als wäre sie es, nicht angekommen zu sein. (Legendär der verstorbene Erzbischof Dyba, der sich öffentlich Gedanken um die sexualmoralischen Aspekte des Nacktduschens - und sich damit lächerlich - machte.)

Ich finde es nicht skurill, dass Sex immer dann unter Verdacht gestellt wird, wenn er sich nicht in kleinfamilienartigen Konstrukten abspielt. Das ist m. E. die notwendige Konsequenz aus der sittenchristlicher Sexualmoral, die sich aus einer "katholischen-gnostischen" (Leibfeindlichkeit, Selbstkasteiung) und einer "protestantischen" (Pflichtethik, Selbstbeherrschung, Nützlichkeitsdenken) Komponente zusammensetzt. Sie läßt sich in einem Kernsatz zusammenfassen: "Sex ist Sünde und unnütze Zeit- und Energieverschwendung - solange er nicht der Produktion von Nachwuchs und der Bindung zwischen den legal getrauten Ehepartnern dient". Interessanterweise ist sie weit repressiver als die jüdische und - jedenfalls meistens - die islamische.
lars (Gast) - 9. Mär, 11:06

Bei uns spricht man da von einer doppelten Opferung des Kindes und der "Macht der Unschuld". Mit der lässt sich eine genze Sache legitimieren. Das ist wirklich nicht zu unterschätzen. Sprüche wie "Belgien mitten unter uns" oder "Stumme Hilferufe hören" waren ja während der politischen Debatte um "die kleine Natalie" allerorten zu hören. Der Witz lag da unter anderem darin, dass mit der politischen Verhandlung dieses Falls dann eine Verschärfung des Strafgesetzes durchgesetzt wurde, die vorher schon geplant und ausgearbeitet wurde. Im Bundestag ging das dann auch soweit, dass man in der hauseigenen Kinderkommission sämtliche demokratischen Spielregeln ausser Kraft setzte - die Mitglieder durften nur gemeinsame Erklärung abgeben, die Verteilung der Sitze an die Parteien war paritätisch, und man fand es im übrigen ganz toll, dass das Parlament mal ganz unpolitisch handelte.
Die Position des Kindes besteht ja immer in der doppelten Figur des "Gefährdeten" (Kinderpornographie) und des "Gefährlichen" (Killerspiele).

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