Verschwörungstheorien "Rolltreppe abwärts"

Möglicherweise gibt es bei Verschwörungstheoretikern eine eingebaute Abwärtsspirale, was das inhaltliche Niveau der Theorien angeht, begleitet von zunehmender Paranoia.

Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck, als ich das neueste Buch von Gerhard Wisnewski entdeckte (in der öffentlichen Bücherei, kaufen wollte ich es nicht): Lügen im Weltraum: Von der Mondlandung zur Weltherrschaft

Gekauft hatte ich vor Jahren ein gutes Buch, an dem Gerhard Wisnewski mitschrieb. "Das RAF-Phantom". Es legte eine durchaus schlüssige Indizienkette dafür vor, dass es die "3. Generation" der RAF, die in den frühen 90er Jahren gern von "Sicherheitsexperten" als Gefahr an die Wand gemalt wurde, nie gegeben hat. Auch die Frage, wem das nützt, konnte das Autorenteam wenigstens ansatzweise beantworten: Das "RAF-Phantom" diente als Rechtfertigung für den sonst nur schwer durchsetzbaren Ausbau des Sicherheitsapparates und des Abbaus von Bürgerrechten.
Allerdings bin ich schon damals darüber gestolpert, dass die RAF der 3. Generation nicht etwa als zur akuten Bedrohung aufgeblasenes Häufchen politisch dilletantischer Gewalttäter gesehen wurde, sondern gleich als komplette Inszenierung. Ein Hauch von "Weltverschwörung" durchwehte schon dieses Buch.

Dann, 2003, lief die WDR-Dokumentation "Aktenzeichen 11.9. ungelöst", für die Wisnewski zuerst gefeiert wurde - weil er kritische Fragen stellte. Dann wurde er gefeuert weil seine "Antworten" extrem an den Haaren herbeigezogen und zudem fadenscheinig waren - und nicht passende Fakten schlichtweg ignorierten. Fantomas kehrt zurück
Es mag in der Tat viele offene Fragen zu den Anschlägen vom 11. September 2001 geben. Doch die Darstellungen von Gerhard Wisnewski sind hanebüchen. Die Aussage eines Mannes, der als Kind im Innenhof des Pentagon auf einer Kiste gesessen haben will, in der, wie man ihm sagte, Flugabwehrgeschütze gelagert seien, soll flugs die Behauptung stützen, dass das Pentagon vor einem Flugzeugeinschlag gefeit gewesen wäre. Ein alter Mann, der erklärt, in Pennsylvania an der Absturzstelle kein Flugzeug gesehen zu haben, soll die These belegen, es habe dort keinen Absturz gegeben. Insgesamt kommt Wisnewskis Argumentation jedoch ohne Beweise aus.
Schlimmer noch, auf seiner Website vertrat er offen antisemitische Verschwörungstheorien. Gerhard Wisnewski will nicht "offener Antisemit" genannt werden: Antisemit? I wo!

Im Zuge dieses allgemeinen Abwärtstrends wundert es nicht, dass jemand, der mal als kritischer Journalist angefangen hat, in der untersten Schublade der Verschwörungstheorien landete: Beim "Mondschwindel". Zugegeben, was Wisnewski da über Propagandamanöver und Machenschaften des militärisch-industriellen Komplexes schreibt, liest sich spannend und plausibel.
Aber Recherche gehört eindeutig nicht zu seinen Stärken. Er behauptet z. B. in Encyclopedia Astronautica seien keine bemannten Redstone-Flüge aufgeführt. Na ja: Encyclopedia Astronautica: Mercury-Redstone
Als Raumfahrt-Enthusiast kenne und nutze ich die Encyclopedia Astronautica schon seit Jahren, der Mercury-Artikel ist seit mindestens fünf Jahren online! Außerdem dürfte schon eine flüchtige Lektüre der E. A. die meisten Argument der "Apollo-Skeptiker" ad absurdum führen.

Abschließend eine Website, die sich ausführlich mit den Argumenten "contra Mondlandung" auseinandersetzt - auch solchen, die besser sind, als die von Wisnewski angeführten:
Mondlandungs(f)lüge?

Nachtrag: als kurzer Überblick über die wichtigsten "Mondlandungs-Lügen"-Argumente nebst Widerlegung reicht schon die Wikipedia (von der Wisnewski übrigens nicht viel hält Image hosting by Photobucket )
Mondlandungslüge
Eine weitere sehr gute, auch für technische Laien verständliche Punkt-für-Punkt Widerlegung der Mondlandungslüge: Apollo-Projekt
Und der "Klassiker" unter den Mondlandungslügen-Widerlegungs-Websites (auf Englisch): Bad Astronomy: Fox TV and the Apollo Moon Hoax

Und noch eine Fundsache: Das Team von "Moon Base Clavius" hat sich kritisch und sachkundig mit Wisnewskis Buch auseinandergesetzt:
Deutsche Moonhoax Autoren - Gerhard Wisnewski
Gerhard Wisnewski hat in Lügen im Weltraum sein geballtes Raumfahrt-Nichtwissen niedergeschrieben, inklusive einer Unmenge an längst gelösten und unsinnigen Fragen.
Pavlos - 15. Feb, 20:18

die einzige verschwörungstheorie die ich zu 100 % befürworten kann :

http://pavlos.twoday.net/stories/1133682/

Londo - 15. Feb, 23:04

Auf dem Jubiläumscon des SFCD..

...kam ich in den Genuß eines Vortrages eines bei der ESOC arbeitenden Physikers, der praktisch alle Argumente der Mondlandungs-Verschwörungstheoretiker Stück für Stück anschaulich widerlegte. Der Vortrag war brilliant, der Mann argumentierte klar nachvollziehbar (zumindest für mich). Schade, dass er nicht im Netz zu finden ist.

WildeWalküre - 16. Feb, 15:05

mal wieder typisch!

gerhard wisnewski hat nie behauptet raumfahrtwissenschaftler zu sein. er ist politologe. es geht im buch lügen im weltraum nicht um irgendwelche technischen details an denen ihr euch hier hochzieht. schon der gesunde menschenverstand spricht für ihn. erstens: wenn heute noch reihenweise astronauten umkommen, raketen explodieren, satelliten verlorengehen, wie müsste das erst vor 40 jahren gewesen sein? damals waren computer so gross dass sie gar nicht in die "raumschiffe" hätten eingebaut werden können. und seht euch doch mal die läppischen bilder von der "mondlandung" an. klar, damals war die tricktechnik noch nicht so weit *grins*. meine güte was müsst ihr vernagelt sein wenn ihr euch an triebwerkgeräuschen und kratertiefen aufgeilt und den balken der studiodecke in einen "mondfoto" überseht?!?
überlegt auch mal wieviel geld in den "mondflug" geflossen ist. für die wissenschaft? *kicher* - wäre auch zu schön gewesen, zich millarden dollar für grundlagenforschung ohne kommerziellen und militärischen "nutzen". prestige? wäre zwar typisch männlich, das bein wie ein hunderüde möglichst überhall zu heben und markieren. aber das ist glaube wer will. ich nicht. das es um macht und militärische unterdrückung geht ist so was von klar.
schon mal aufgefallen dass kritische publizisten verdammt schnell in die spinnerecke geschoben werden wenn sie zu politisch unliebsamen ergebnissen kommen? der bröckers zum bleistift der warnte früher vor irren verschwörungstheoretikern und seitdem er rausgefundern hat dass beim "terrorattentat" vom 11. september einiges gelogen ist soll er selbst verschwörungstheoretiker sein?!? das ist doch wie damals in der udssr als regimekritiker für verrückt erklärt und ins irrenhaus gesperrt wurden.
MMarheinecke - 16. Feb, 20:01

Mal langsam, Walküre!

Mir ist schon klar, dass Wisnewski in erste Linie politischer Journalist ist und nehme ihm nicht übel, dass er von Technik und Naturwisschenschaften nicht so viel versteht. Was ich ihm übel nehme, ist, dass er den Eindruck erweckt, sich zumindest gründlich informiert zu haben. Zum Beispiel müßte er, wenn er sich mit Flugzeugabstürzen befasst hätte, wissen, das von einer Maschine, die mit ca. 800 km/h in ein Stahlbetongebäude (Pentagon) kracht, kein "Wrack" übrig bleibt. Nicht von ungefähr gleicht die "Wrackuntersuchung" schon nach einem "normalen" Flugzeugabsturz einem Puzzlespiel, bei dem hunderte manchmal winzige Aluminiumfetzen zusammengefügt werden. Erst recht gilt das für sein Weltraum-Buch: hauen schon die technischen Details einer Verschwörungstheorie nicht hin, stellen sich politische, soziologische und ökonomische Fragen erst gar nicht. Das gilt erst recht für die "Mondverschwörung".
Wisnewskis Annahme, der Weltraum eigne sich besonders für Lügen, weil nur die mutmaßlich "Eingeweihten" Zutritt hätte, ist falsch - und er weiß es auch, sonst würde er keine Beobachtungen von Amateurfunkern anführen (soweit sie seine Theorie stützen, versteht sich).
"Was auch zu berücksichtigen ist, ist, dass unzählige TV- und Radiostationen die offenen Sendungen (Jim Lovell: "Sind wir auf Vox?") der Astronauten frei empfangen konnten. Wenn diese Signale nicht vom Mond kamen, hätte das irgendwer merken müssen. Die Aussicht auf eine tolle Schlagzeile wäre Grund genug gewesen, nach so was zu suchen. ..."
Aber vermutlich waren sämtliche Rundfunktechniker und -amateure der Erde 1969 von der NASA bestochen oder eingeschüchtert.

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