Montag, 20. Juli 2009

Heute vor 40 Jahren "The Eagle has landed"

Um 20:17 UTC (21:17 MEZ, 22:17 mitteleuropäische Sommerzeit) am 20. Juli 1969, mit Treibstoff für noch gerade einmal 25 Sekunden, berührte ein an den Landestützen des Mondlandemoduls, des LM, angebrachten Kontaktfühler den Mondboden.
Aldrin Tranquility
Die ersten Worte vom Mond waren deshalb auch ganz prosaisch:
"Contact light."
(Gesprochen von Buzz Aldrin). Erst nachdem die beiden Astronauten ihr Raumfahrzeug für einen eventuellen Not-Aufstieg klar gemacht hatten, sprach Kommandant Niel Armstrong den berühmten Satz:
"Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed."
Houston, Stützpunkt Tranquility hier. Der Adler ist gelandet.
Armstrong abrupter Wechsel des Rufzeichens von "Eagle" auf "Tranquility Base" führte für einen Moment zur Verwirrung im Kontrollzentrum:
Charles Duke (CAPCOM): "Roger, Twank...Tranquility, we copy you on the ground. You got a bunch of guys about to turn blue here. We're breathing again. Thanks a lot!" Roger, Twank... Tranquility, wir bestätigen, ihr seid auf dem Boden. Ihr habt eine Menge Leute hier ringsum blau werden lassen. Wir atmen wieder. Vielen Dank!"
Apollo11: Lunar Landing July 20, 1969 (Ausschnitt aus dem offiziellen NASA-Dokumentarfilm.)
Der CAPCOM, capsule communicator, hält die Sprechfunkverbindung zu den Astronauten. Er ist immer selbst ein erfahrener Astronaut und außer (in Notfällen) dem diensthabenden Arzt der Einzige, der direkt mit den Astronauten sprechen darf. Der medizinische Notfall hätte bei der Mondlandung von Apollo 11 eher im Kontrollzentrum in Houston gedroht, so dramatisch verlief der Abstieg: Der Bordcomputer des LM verwirrte die Crew mit etlichen ungewöhnlichen "1201" und "1202" Program-Alarmen. Der Computeringenieur Jack Garman teilte mit, dass der Abstieg sicher fortgesetzt werden könne, was auch den Astronauten mitgeteilt wurde. Tatsächlich waren die "1201" und "1202" nicht, wie man oft hört, Computerfehler, sondern Overflow-Meldungen - 1201 bedeutet "Executive overflow - no vacant areas" und 1202 "Executive overflow - no core sets". Sowohl das Rendezvous-Radar, das den Abstand zum Mutterschiff maß und vorschriftsgemäß für den Fall eines Landungsabbruch angeschaltet blieb, wie das Abstiegs-Radar, das den Flughöhe über der Mondoberfläche maß, lieferten Daten an den Computer. Anders als bei Simulationen am Boden überforderten sie die (nach heutigen Maßstäben lächerlichen) Ressourcen des Rechners, der dennoch multitaskingfähig für 8 Jobs war - sein Betriebssystem EXEX war eine Meisterleistung der Programmierkunst. Es enthielt glücklicherweise eine Notfallroutine, die weniger wichtige Prozesse zurückstellte, so das weder der Computer, noch das LM abstürzten.
Es gab noch mehr Computerärger - Armstrong sah aus dem Fenster und bemerkte, dass der Rechner das LM geradewegs in ein Geröllfeld nördlich und östlich eines 400 m durchmessenden Kraters steuerte. Das LM wäre hier nach dem Aufsetzen umgekippt. Armstrong schaltete auf halbautomatischen Betrieb um - einen echten Handbetrieb gab es beim LM nicht - es hatte schon ein digitales "Fly by wire"-System, wie es erst ab 1972 in Kampfflugzeugen und ab 1987 in Passagierflugzeugen (Airbus A 320) eingesetzt wird. Aldrin las die Höhen und Geschwindigkeitssdaten ab, und Armstrong landete den "Adler" "nach Sicht" auf einer ebenen und stabil aussehenden Fläche im "Mare Tranquilitatum" ("Meer der Ruhe").
Übrigens war der Treibstoff knapp, aber es war nicht kritisch. Wenn der Treibstoff der Landestufe völlig aufgebraucht worden wäre, hätte man die Landung abgebrochen, die Aufstiegsstufe gezündet und wäre zum Mutterschiff in der Mondumlaufbahn zurückgekehrt.

Das "Lunar Module" - LM, LEM oder auf deutsch meistens "Mondfähre". Die Dokumentation Moon Machines - Lunar Module des Discovery Channel macht vielleicht deutlich, was ich mit "an die Grenzen des Machbaren gehen und sie ein Stück weit herausschieben" meine. (Es soll auch eine deutsche Fassung der spannenden Doku geben, leider habe ich sie nicht gefunden.)
Was mich immer wieder fasziniert, ist die Geschichte des Physikers Dr. John Houbolt, einem in eher untergeordneter Position als "externer Mitarbeiter" für die NASA arbeitenden Wissenschaftlers. Die leitenden Konstrukteure des Apollo-Programms, allen voran Wernher von Braun, beabsichtigten ursprünglich, das Raumschiff direkt auf dem Mond landen zu lassen. Nach einige Plänen wäre dieses "einteilige"-Raumschiff ca. 20 Meter hoch gewesen. Für den Mondflug hätte man entweder eine extrem große Rakete ("NOVA") gebraucht - oder zwei Raketen des Typs "Saturn V", von der die eine das Raumschiff, die andere eine Antriebsstufe in die Erdumlaufbahn gebracht hätte, die dann zusammengekoppelt wären. (EOR - Earth Orbit Rendevous). Dr. Houbolt schlug das Lunar Orbit Rendezvous (LOR) vor - das Verfahren mit einem in der Mondumlaufbahn verbleibenden Mutterschiff und einer Mondlandefähre, das dann tatsächlich angewendet wurde. Es kommt mit nur einer Saturn-V-Rakete aus. Keiner wollte ihn anhören, deswegen schrieb er einen Brief direkt an den zweiten Mann bei der NASA, Dr. Seamans.
Ohne die Hartnäckigkeit Dr. Houbolts, der damals überhaupt nicht zum von-Braun-Team gehörte, hätte es die Mondlandung wahrscheinlich nicht gegeben - jedenfalls nicht zu dem von Kennedy gesetzten Termin.

War die Mondlandung nur ein gigantischer PR-Gag? In erster Linie ja - ohne die Rivalität mit der UdSSR, den "Wettlauf im Weltraum", währen die nötigen Mittel schwerlich locker zu machen gewesen. Der wissenschaftliche Nutzen war dabei zweitrangig. (Obwohl vielleicht größer, als manche erwartet hätten. Der bekannte Astronom und Sachbuchautor Dr. Carl Sagan war ursprünglich ein entschiedener Gegner der bemannten Mondlandung, gehörte aber später zu jenen Wissenschaftlern, die die Entscheidung, die Mondflüge Apollo 18, 19 und 20 abzusagen, scharf kritisierten.)
Die Mondlandung hat aber noch eine andere, eher metaphysische Bedeutung, die meiner Ansicht nach Leslie Fish am schönsten ausdrückte:

Hope Eyrie - Written by Leslie Fish, sung by Julia Ecklar
Erstaunlich an diesem teilweise (scheinbar) patriotischem Lied ist, dass Leslie Fish Anarchistin war und ist, eine profilierte Aktivistin gegen den Vietnamkrieg war, und sich als Mitglied der Industrial Workers of the World für industrielle Demokratie einsetzt.

Über all der All-Nostalgie sollte nicht vergessen werden, dass sich zur Zeit nicht weniger als 13 Astronauten auf der Internationalen Raumstation aufhalten und dort auch alle Hände voll zu tun haben - STS 127 Statusreport. Aus Anlass des 40. Jubiläums der Mondlandung macht die NASA den Astronauten den Vorschlag, den Space Shuttle Orbiter "Endevour" zusammen mit der ISS zum Mond zu schicken - allerdings ohne Garantie auf Rückkehr.
Das steht jedenfalls, einschließlich Flugbahndarstellung, im offiziellen Ablaufplan (Execute Package) für den 20. Juli 2009: STS-127 / 2JA - FD 06 Execute Package auf Seite 17 - 22.
Obwohl die NASA sicherheitshalber "Burn Humor" drüber geschrieben hat, halte ich es glatt für möglich, dass irgend ein Journalist die überraschende Sensation trotzdem für ernst nimmt. Es ist ja immerhin der offizielle Flugplan, und es ist darin genau berechnet, wie man die ISS auf den Mond bringen könnte (jedenfalls theoretisch).
Davon abgesehen ist absehbar, dass der NASA-Scherz ein neues Kapitel in der der (unendlichen) Geschichte der Mond-Verschwörungstheorien nach sich ziehen dürfte. Seit nunmehr 40 Jahren überbieten sich jene, die felsenfest überzeugt sind, dass die Mondlandung in Studio inszeniert war, und jene, die glauben, dass es beim Raumfahrtprogramm um etwas GANZ ANDERES als offiziell zugegeben ging, in bizarren Spekulationen. Theoretisch müsste jetzt zumindest die "die-Amis-waren-nie-auf-dem-Mond- Verschwörungstheoretiker" jetzt ganz still sein, was sie in der Praxis wohl nicht seien werden: LRO fotografiert die Apollo-Mondlandestellen.

Heissblut gibt eine (satirische) Antwort, worum es bei der Mondlandung wirklich ging:
Die Amis waren auf dem Mond. Was sie uns gezeigt haben kam von der Erde. WARUM?
Die Freimaurer wollten ungestört ihr Ritual auf dem Mond durchführen. Sie zogen ihre Freimaurerkluft an und zelebrierten ihr Ritual auf dem Mond. So ist es gelaufen. Ihr glaubt mir nicht?
Tatsächlich ist Heissblut damit näher an der Realität, als es z. B. der derzeit profilierteste deutsche Anhänger der "Mondflug-Lüge", Gerhard Wisnewski ist.
Es stimmt, Buzz Aldrin ist Freimaurer, und machte daraus auch nie ein Geheimnis. Am 20. Juli 1969 deponierte er als spezieller Stellvertreter im Auftrag des Großmeisters J. Guy Smith der Großloge von Texas der Alten Freien und Angenommenen Maurer eine Urkunde (Special Deputation) für eine erste freimaurerische Jurisdiktion auf dem Mond unter einem Steinhaufen. Freimaurerische Bekleidung hat er dabei allerdings nicht getragen.
Außerdem feierte Aldrin zusammen mit Armstrong in der Ruhepause unmittelbar nach der Landung auf dem Mond die heilige Kommunion. (An die mitlesenden Katholiken: ja, das konnte er. Aldrin ist Presbyterianer, also Calvinist. Bei den Calvinisten, wie übrigens auch bei den Lutheranern, kann jeder das "heilige Abendmal" spenden, der getauft und konfirmiert ist. Ganz hartnäckige Katholiken werden jetzt natürlich bestreiten, dass das, was Aldrin da machte, auch wirklich eine Kommunion war ... )
Aldrin schwieg über sein Vorhaben und weihte nicht einmal seine Frau ein. Aus gutem Grund: Apollo 8 erreichte als erstes bemanntes Raumschiff am 24. Dezember 1968 die Mondumlaufbahn. Während einer Fernsehübertragung aus dem Mondorbit lasen die drei Astronauten die ersten Zeilen der biblischen Schöpfungsgeschichte als Weihnachtsbotschaft vor. Das führte zu Protesten seitens Anhänger anderer Religionsgemeinschaften und Atheisten. Die Atheistin Madalyn Murray O’Hair reichte sogar Klage vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein, in der sie den Astronauten als Regierungsangestellten alle religösen Aktivitäten im All untersagen wollte. Die Klage wurde zwar abgewiesen, dennoch hielt die NASA ihre Astronauten bei der Ausübung von Religiosität im All von nun an zurück.

Um 02:56 UTC am 21. Juli (in Florida: 22:56 EDT am 20. Juli), stieg Armstrong zur Mondoberfläche herab und sagte, sich leicht verhaspelnd *) die berühmten Worte:
"That's one small step for (a) man, one giant leap for mankind"
*) (Natürlich nicht vor Aufregung - Armstrong war ein erfahrener Testpilot. Regel 1: Erfahrene Testpiloten lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. - Regel 2: Sollten sie doch einmal aufgeregt sein: siehe Regel 1.) (Frei nach "Der Stoff, aus dem die Helden sind".)

Remembering Apollo 11 - Sehr schöne Fotos in hoher Auflösung und mit guten Kommentaren auf Boston.com.

NASA High Definition Video: Apollo 11 Partial Restoration HD Videos

Hypnotische Trance und Psychotherapie - nur Psycho-Irrtümer?

Vor einigen Jahren sorgte der Medizinjournalist Rolf Degen mit seinem Lexikon der Psycho-Irrtümer mit zum Teil recht steilen Thesen für Aufsehen. Darin veriss er, in einem ziemlich polemischen Stil, psychotherapeutische Techniken, deren Wirksamkeit "nicht über jene von Aderlass, Geisterbeschwörung und Gesundbeten hinaus" reichen würde.
Ich muss zugeben, dass das Buch mich damals beeindruckte, obwohl ich erkannte, dass Degen zuwenig differenzierte und einen breiten Rundumschlag gegen die "Psycho-Szene" bis hin zu ihren esoterischen Rändern schrieb, bei dem auch mutmaßlich seriöse Ansätze der Polemik zum Opfer fielen.
Inzwischen sind einige Jahre vergangen, in denen es vor allem in der Neuropsychologie und Neurobiologie viele neue Erkenntnisse gab. Auch wenn nicht alle diese Erkenntnisse so spektakulär und allgemeingültig sein dürften, wie es in Pressemeldungen den Anschein hat, und die bildgebenden Verfahren der Hirnuntersuchung, vor allem der PET, wahrscheinlich überschätzt werden, lohnt es sich meiner Ansicht nach, einige der Thesen in Degens Buch noch einmal anzusehen.

Degen hinterfragte unter anderem die These, es gäbe veränderte Bewusstseinszustände, etwa während der Meditation und in hypnotischer Trance. Das gipfelte in der Aussage: "Es gibt, wissenschaftlich gesehen, keinen Unterschied zwischen Meditation und einem Mittagsschlaf."

Auch wenn ich es schon öfter erlebt habe, dass eine Meditation ungewollt und nahtlos in Schlaf überging, gibt es sehr wohl einen Unterschied zwischen Wachzustand, meditativer Versenkung und Schlaf. Schon damals fand ich Degens Aussage vor dem Hintergrund erstaunlich, dass ein Neurologe ohne weiteres am EEG erkennen kann, ob ein Patient gerade normal wach, konzentriert, tief entspannt oder eingeschlafen ist. Da die unterschiedlichen Formen der Meditation auf Konzentration oder auch auf tiefe Entspannung abzielen, nicht jedoch aufs Einschlafen, ist Degens Aussage, beim Wort genommen, unsinnig. Aus dem Kontext ergibt sich, dass Degen damit meinte, Meditation bewirke nichts anderes als Entspannung, was immerhin eine diskutable Ansicht ist.
Degen ging es im Meditations-Kapitel vor allem darum, vollmundige Versprechen aus der eher esoterischen Ecke, welche Wunderdinge dank Meditation möglich seinen, zu entlarven.

Zentraler Punkt seiner Argumentation gegen die Hypnose (genauer: die hypnotische Trance) als besonderer Bewußtseinszustand war, dass alle spektakulären Handlungen unter Hypnose ebenso im Wachzustand möglich seien. Dazu müssten drei Voraussetzungen erfüllt werden: 1. der Wunsch, dem Versuchsleiter/Hypnotiseur einen Gefallen zu tun, 2. die Überzeugung, dass die Handlung nicht gefährlich ist, und 3. die Überzeugung, dass die Verantwortung für die Konsequenzen beim Versuchsleiter/Hypnotiseur liegt. Ein besonderer Bewusstseinszustand sei nicht erforderlich. Die "Entrückten" seien in einem klaren Wachzustand und gäben lediglich eine theatralische Vorstellung, die ihren vorgefertigten Erwartungen an das Szenario entspräche.
Im Großen und Ganzen entspricht Degens Ausführung über Hypnose seinem Artikel Nur alltägliche Fähigkeiten hervorgelockt?, den er schon 1996 für die "Welt" schrieb.
Nun ist es so, dass die Anhänger der Hypnose versuchen, die wissenschaftliche Fundierung dieser Methode hervorzuheben, indem sie beispielsweise die therapeutische Hypnose oder die Hypnose asl Methode zur Schmerzbeeinflussung bewusst gegenüber der "Showhypnose" abgrenzen, die oft tatsächlich mit Täuschungseffekten arbeitet. Soweit ich Degen verstehe, hält er diese Rechtfertigung für nicht stichhaltig. Hypnotische Trance als besonderen Bewusstseinszustand gäbe es nicht, sie sei nur ein soziales Artefakt.
Degen konnte, als er sein Buch schrieb, natürlich noch nichts von den 2004 veröffentlichten Untersuchungen John Gruzeliers vom Imperial College in London wissen. Gruzellier zufolge hat Hypnose tatsächlich einen unmittelbaren und mittels Gehirnscan messbaren Effekt auf das Gehirn. Die Trance würde die Fähigkeit, künftige Aktionen zu planen, beeinflussen. Dies wirkte sich bei leicht hypnotisierbaren Menschen anders aus als bei Menschen, die resistenter gegen eine Hypnose seien. In Trance planlos - Wie Hypnose aufs Gehirn wirkt. 2005 kam ein amerikanisches Forschungsteam um Amir Reiz zu dem Ergebnis, dass Hypnose die Informationsverarbeitung im Gehirn so stark verändern könne, dass typische Wahrnehmungskonflikte nicht mehr aufträten. Der Effekt, der ausschließlich bei hypnoseempfindlichen Menschen auftrat, veränderte dabei deutlich die Gehirnaktivität, was mit der funktionellen Magnetresonanztomographie nachweisbar war. Wie Hypnose die Hirnfunktionen verändert. Seitdem 2007 israelische Forscher mit Hilfe von Hypnose jene Gehirnregionen identifizierten, die am Wiedererlangen der Erinnerung nach einem kurzzeitigen Verlust des Gedächtnisses beteiligt sind (Hypnotisierende Erkenntnisse), und 2008 eine britische Forschergruppe um Roi Cohen Kadosh nachwies, dass unter Hypnose eine Verknüpfung zwischen Zahlen und Farben suggeriert werden kann (eine Synästhesie), die auch noch nach der Hypnose anhalten kann, (Was Buchstaben farbig macht) sieht es ganz so aus, als ob die Hypothese, Hypnose sei nichts als ein soziales Artefakt, im Licht der Hirnforschung nicht mehr haltbar wäre.

Kommen wir zur Psychotherapie. Degen schien wenig von den "Redekuren" zu erwarten, und stellte ihnen die nachgewiesenen Effekte der Psychopharmazeutika gegenüber.
Wenn eine Psychotherapie wirkt, dann müsste sich diese Wirkung, genau so wie die von psychopharmazeutischen Medikamenten, im Hirnstoffwechsel niederschlagen.
In der Tat zeigte eine vom Psychiater Jakob Koch geleitete Studie an der Kieler Christian-Albrechts-Universität, dass eine erfolgreiche Psychotherapie die Konzentration eines Transkriptionsfaktors im Gehirn erhöhte. Protein zeigt Behandlungserfolg an. Insgesamt 30 Patienten, die unter Depressionen, absolvierten sechs Wochen lang eine Interpersonelle Psychotherapie mit insgesamt 12 Gesprächssitzungen. Bei rund der Hälfte der Teilnehmer zeigte diese Kurzzeitbehandlung Wirkung: Die Schwere ihrer Depression, per Fragebogen ermittelt, ging deutlich zurück. Bereits eine Woche nach Therapiebeginn konnten die Forscher bei diesen Patienten eine erhöhte Konzentration an pCREB, der aktiven Form des Proteins, messen. Bei jenen Teilnehmern, die nicht auf die Behandlung ansprachen, fand sich dagegen kein solcher Anstieg.
Was zuvor schon für Antidepressiva bekannt war, trifft somit auch für die Psychotherapie zu: Eine erfolgreiche Behandlung führt zu mehr aktiviertem CREB.

Eine verzerrte Körperwahrnehmung ist Risiko- und aufrechterhaltender Faktor von Essstörungen wie Magersucht (Anorexie) und Ess-Brech-Sucht (Bulimie). Dr. Silja Vocks von der Ruhr-Universität Bochum bestätigte nicht nur, dass sich diese Verzerrung sich in den Hirnfunktionen widerspiegelt, sie konnte sogar nachweisen, dass durch Körperbildtherapie diese Hirnfunktionen verändert werden können. Therapie verändert das Gehirn - Neuropsychologische Grundlagen des gestörten Körperbildes bei Essstörungen

Das sagt selbstverständlich nichts darüber aus, welche Formen der Psychotherapie sinnvoll sind. Sicher gibt es auf diesen Gebiet Einiges an Scharlatanerie. Da Degen kaum differenzierte, welche Arten "der Psychotherapie" er in seiner Polemik aufs Korn nahm, ist sein markiger Vergleich zwischen Psychotherapie und "Aderlass, Geisterbeschwörung und Gesundbeten" wohl widerlegt.

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