Samstag, 17. März 2007

Zukunftsvisionen? - Das ich nicht lache ...

Von heute abend an präsentiert arte die dreiteilige Reihe 2057- Die Welt der Zukunft . (Jeweils am folgenden Sonntag wird die Sendung im ZDF wiederholt.)
Wie sieht unser Leben, unser Alltag in 50 Jahren aus? Diese Frage stellt die 3-teilige Dokumentation und schafft in fiktionalen Spielszenen ein realistisches Abbild des Lebens in 50 Jahren.
Ich sehe die Reihe mit gemischten Gefühlen. Es geht nämlich nicht um "das Leben in 50 Jahren", also um eine Prognose, sondern schlicht um Science Fiction. Zwar SF auf der Grundlage handfester Forschungsergebnisse, aber dennoch, aus der simple Tatsache heraus, dass die Entdeckungen, Erfindungen und Entwicklungen der Zukunft noch nicht gemacht sind, hochgradig spekulativ.
Wie spekulativ kann man ermessen, wenn man sich z. B. "Zukunftsvisionen" aus den 50er und 60er Jahren ansieht, die das Leben im frühen 21. Jahrhundert zum Thema hatten.
(Ein amüsantes Beispiel aus dem Jahr 1950: Miracles You’ll See In The Next Fifty Years.
Ein interessanter Artikel aus dem Jahr 2000 zum Thema "Zukunftsvisonen von gestern": So sollten wir leben.)

Wenn sich eine Prognose stellen läßt, dann die, dass die Welt im Jahre 2057 sehr wahrscheinlich völlig anders aussehen wird als in "Die Welt der Zukunft".

Allerdings regen solche Zukunftszenarien die Phantasie und Neugier an, zeigen, dass Probleme dazu da sind, gelöst zu werden. Deshalb freue ich mich darüber, dass "Die Welt der Zukunft" gesendet wird. Mit wäre es aber sehr viel lieber, wenn sie als "ehrliche" Science Fiction ohne pseudokumentarisches Drumherum präsentiert würde. Es mangelt nicht an guten Vorbildern, wie den "Science Thrillern"
Rainer Erlers aus den 70er und 80er Jahren. Erlers Filme befassten sich oft mit brisanten gesellschaftlichen Themen wie Atomkraft, Atommüll, Ethik in der wissenschaftlichen Forschung, Genmanipulation, Organhandel. Obwohl sie klar als Fiktionen erkennbar waren, lösten sie kontroverse Reaktionen und lebhafte Diskussionen aus.

Aber vermutlich liegt es daran, dass Science Fiction im deutschen Fernsehen (angeblich) "nicht gut läuft" und "Infotainment" ("Sendung mit der Maus" für Erwachsene plus opulente Bilder - wobei sich die Themenwahl danach richtet, das es sich gut visuell darstellen läßt) gute Einschaltquoten bringt.

Weiterer Senf zum Thema "Prognosen und Zukunftsvisionen":
Ausreden
Orakelzeit
Warum wir süchtig nach Prognosen sind - auch wenn sie in die Hose gehen
Das Ende eines Verkehrsmittels?
Divination zum Jahreswechsel

Wenn man Gift in die Hirne und Herzen von Kinden träufelt (2)

Eine wichtige Ergänzung zu einem traurigen Thema:
Chajms Sicht: Fragen zum Warum.

Ich konnte nicht glauben, dass es das wirklich gibt: Einen Propaganda-Spot im TV-Programm der Hamas, in dem zwei Kinder darüber erzählen, dass ihre Mutter jetzt als Märtyrerin im Paradies sei, und wie viele Juden sie dabei umgebracht hätte. Ich hatte gehofft, dass diese Form der Haßpropanda ein Produkt der Propanda ist. Leider sieht es gar nicht so aus.
Der Sender Al Aksa-TV, auf dem diese Sendung lief, kann über Satellitenanlagen praktisch weltweit empfangen werden.

Und das ist nur ein winziger Teil des Problems. Bei uns in Deutschland werden zwei besonders verbreitete und gefährlich Formen des Antisemitismus zu wenig beachtet: den importierten "islamischen" Antisemitismus und den "getarnten" Antisemitismus der „Darf man eigentlich Israel gar nicht kritisieren?”-Sager. Natürlich darf man Israel kritisieren. Sogar mit so harten Worten, wie es z. B. Che2000 tat: Vom Frieden und denen, die ihn wollen - oder auch nicht.
Aber: unter dem Deckmantel der Israelfeindschaft, notdürftig als Israelkritik getarnt, geht es immer sehr schnell um "das Verhalten" "der Juden". Auch derjenigen Juden, die gar nicht in Israel leben. Das scheint für manche heimliche Antisemiten ein Ausweg aus der geschaftlichen Ächtung des Antisemitismus zu sein.

Angst steckt an - Angst tötet

Zwei Meldungen, die mir zu denken geben, wenn ich sie zusammen denke:

Bei wissenschaft.de: Erlernte Angst ist wie wirkliche Angst.
Für das Gehirn macht es keinen Unterschied, ob ein Mensch vor etwas selbst Angst hat oder nur einen Menschen in einer angstvollen Situation beobachtet. Das haben amerikanische Wissenschaftler bei Hirnscans herausgefunden. Die Forscher beobachteten die Hirnaktivität von Probanden, während diese sich Videos von Darstellern anschauten, die in Angst vor elektrischen Stromstößen versetzt wurden. Die Aktivität des Gehirns der Probanden zeigte dabei ein ähnliches Muster, wie wenn sie selbst vor Stromstößen Angst hatten. Die Ergebnisse zeigten, wie ausgeprägt die Fähigkeit des Menschen zum emotionalen Lernen sei, schreiben die Wissenschaftler um Andreas Olsson.

Und diese im Eurozine: Stadt in Angst - London und der Krieg gegen den Terror.(via ulysses)
(...) Der Soundtrack zum Krieg gegen den Terror legt sich wie eine Decke über die Stadt. Die Sirenen erzeugen eine Atmosphäre unmittelbarer Bedrohung, in der sich Angst und Unruhe gegenseitig aufschaukeln.[10] Die Geräusche der Polizeisirenen und der Helikopter sind gleichermaßen Ursache und Wirkung der Angst, die London nach den Bombenanschlägen vom Juli überfallen hat, und die Entstehung eines Fehlschlüsse begünstigenden Klimas ist Teil der Schadensbilanz. Die Erschießung des jungen Brasilianers Jean Charles de Menezes an der Tube Station in Stockwell durch die Polizei ist ein Beispiel für einen solchen Fehlschluss mit tödlichem Ausgang. Am 22. Juli – dem Tag nach der zweiten Welle missglückter Angriffe – erblickte ein Polizist einen "Selbstmordattentäter" in seinem Visier und feuerte auf ihn. Der junge Mann war bloß vor Beamten weggelaufen, die automatische Waffen mit sich herumtrugen. (...)
Tiggy steckte an dem Tag, an dem Jean Charles de Menezes erschossen wurde, kurz vor Stockwell in einem U-Bahn-Zug fest. "Ich war auf dem Weg durch die Stadt, und auf einmal blieb die Tube stehen. Mein erster Gedanke war: 'Mist, jetzt komme ich zu spät.'"[14] Tiggy hatte viele Jahre in Südafrika gelebt und dort in antirassistischen Projekten gearbeitet. "Man sagte uns, im Zug vor uns befinde sich ein Selbstmordattentäter – und im ersten Reflex dachte ich: 'Na, hoffentlich töten die ihn noch vorher.'" Die Polizei schoss dann auch zuerst; nachdem sie seiner habhaft geworden waren, schossen sie den jungen Brasilianer sieben Mal in den Kopf. "Eigentlich ist es schrecklich", dachte Tiggy später. "Man beginnt die Welt aus dem Blickwinkel der Polizei zu sehen." Heute halten die Sirenen das permanente Gefühl von Krieg und Notstand wach und verstärken auf die Weise die Angst.Dass London in Angst lebt, ist nicht allein das Werk der Attentäter, sondern vielmehr das Werk von Politikern und Journalisten, die die Vorstellung von Attentaten dazu nutzen, mit den Ängsten der Menschen zu spekulieren.
(Hervorhebung von mir. MartinM.)
Die Angst vor dem Feind nebenan ist zu einer Allzweckwaffe des Regierungshandelns geworden, die einerseits den Populismus der Sensationspresse dämpft und andererseits politische Unterstützung und öffentliche Meinung in sich bündelt. Niccolò Machiavelli schrieb vor über 400 Jahren, ein Fürst müsse sich dergestalt fürchten machen, dass er, wenn er die Liebe auch nicht gewinnt, den Hass doch vermeide.[20] Ob die modernen Fürsten geschmäht werden oder nicht, ist eine müßige Frage, aber Zustimmung durch Verbreitung von Furcht zu gewinnen hat seinen Preis: die Entfesselung und Stärkung von Rassismus, die den Boden für die Begegnung der Kulturen vergiften. Benjamin Barber schrieb: "[...] nicht der Terrorismus ist der Feind, sondern die Angst, und mit Angst wird man Angst letztlich nicht besiegen."[21]

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