Angst steckt an - Angst tötet

Zwei Meldungen, die mir zu denken geben, wenn ich sie zusammen denke:

Bei wissenschaft.de: Erlernte Angst ist wie wirkliche Angst.
Für das Gehirn macht es keinen Unterschied, ob ein Mensch vor etwas selbst Angst hat oder nur einen Menschen in einer angstvollen Situation beobachtet. Das haben amerikanische Wissenschaftler bei Hirnscans herausgefunden. Die Forscher beobachteten die Hirnaktivität von Probanden, während diese sich Videos von Darstellern anschauten, die in Angst vor elektrischen Stromstößen versetzt wurden. Die Aktivität des Gehirns der Probanden zeigte dabei ein ähnliches Muster, wie wenn sie selbst vor Stromstößen Angst hatten. Die Ergebnisse zeigten, wie ausgeprägt die Fähigkeit des Menschen zum emotionalen Lernen sei, schreiben die Wissenschaftler um Andreas Olsson.

Und diese im Eurozine: Stadt in Angst - London und der Krieg gegen den Terror.(via ulysses)
(...) Der Soundtrack zum Krieg gegen den Terror legt sich wie eine Decke über die Stadt. Die Sirenen erzeugen eine Atmosphäre unmittelbarer Bedrohung, in der sich Angst und Unruhe gegenseitig aufschaukeln.[10] Die Geräusche der Polizeisirenen und der Helikopter sind gleichermaßen Ursache und Wirkung der Angst, die London nach den Bombenanschlägen vom Juli überfallen hat, und die Entstehung eines Fehlschlüsse begünstigenden Klimas ist Teil der Schadensbilanz. Die Erschießung des jungen Brasilianers Jean Charles de Menezes an der Tube Station in Stockwell durch die Polizei ist ein Beispiel für einen solchen Fehlschluss mit tödlichem Ausgang. Am 22. Juli – dem Tag nach der zweiten Welle missglückter Angriffe – erblickte ein Polizist einen "Selbstmordattentäter" in seinem Visier und feuerte auf ihn. Der junge Mann war bloß vor Beamten weggelaufen, die automatische Waffen mit sich herumtrugen. (...)
Tiggy steckte an dem Tag, an dem Jean Charles de Menezes erschossen wurde, kurz vor Stockwell in einem U-Bahn-Zug fest. "Ich war auf dem Weg durch die Stadt, und auf einmal blieb die Tube stehen. Mein erster Gedanke war: 'Mist, jetzt komme ich zu spät.'"[14] Tiggy hatte viele Jahre in Südafrika gelebt und dort in antirassistischen Projekten gearbeitet. "Man sagte uns, im Zug vor uns befinde sich ein Selbstmordattentäter – und im ersten Reflex dachte ich: 'Na, hoffentlich töten die ihn noch vorher.'" Die Polizei schoss dann auch zuerst; nachdem sie seiner habhaft geworden waren, schossen sie den jungen Brasilianer sieben Mal in den Kopf. "Eigentlich ist es schrecklich", dachte Tiggy später. "Man beginnt die Welt aus dem Blickwinkel der Polizei zu sehen." Heute halten die Sirenen das permanente Gefühl von Krieg und Notstand wach und verstärken auf die Weise die Angst.Dass London in Angst lebt, ist nicht allein das Werk der Attentäter, sondern vielmehr das Werk von Politikern und Journalisten, die die Vorstellung von Attentaten dazu nutzen, mit den Ängsten der Menschen zu spekulieren.
(Hervorhebung von mir. MartinM.)
Die Angst vor dem Feind nebenan ist zu einer Allzweckwaffe des Regierungshandelns geworden, die einerseits den Populismus der Sensationspresse dämpft und andererseits politische Unterstützung und öffentliche Meinung in sich bündelt. Niccolò Machiavelli schrieb vor über 400 Jahren, ein Fürst müsse sich dergestalt fürchten machen, dass er, wenn er die Liebe auch nicht gewinnt, den Hass doch vermeide.[20] Ob die modernen Fürsten geschmäht werden oder nicht, ist eine müßige Frage, aber Zustimmung durch Verbreitung von Furcht zu gewinnen hat seinen Preis: die Entfesselung und Stärkung von Rassismus, die den Boden für die Begegnung der Kulturen vergiften. Benjamin Barber schrieb: "[...] nicht der Terrorismus ist der Feind, sondern die Angst, und mit Angst wird man Angst letztlich nicht besiegen."[21]
Karan - 17. Mär, 12:52

Wer Angst hat, wird passiv. Und ist gut beherrschbar.

Das ist genau die Strategie, die diejenigen verfolgen, die Angstmache gezielt als Maßnahme einsetzen. Übrigens geschieht das nicht nur beim Thema Terrorismus, sondern auch auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes, siehe das ganze ALG II System...

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