Evolution auf musikalisch

Heute stieß ich auf der Seite Darwin Rocks! auf ein geniales Spiel, mit dem sich die Evolution musikalisch erfahren lässt. Oder, wie es die Autoren der Seite ausdrücken: "In diesem Computerspiel kannst Du durch Evolution Musik entwickeln, besser gesagt sie entwickelt sich von selbst."
Zwar hängt - das kann man als methodologische Schwäche sehen - der unterschiedliche Fortpflanzungserfolg der Musikstücke vom persönlichen Geschmack des Spielers ab, es ist also kein Modell der natürlichen Selektion. Aber es gibt einen Eindruck, wie Neues ohne Detailplanung entsteht. Dem Spieler werden durchaus handfeste evolutionsbiologische Konzepte als Einflussgrößen auf die von ihm gelenkte Evolution näher gebracht, er bestimmt Populationsgröße, Verwandtenpaarung, Mutationsrate, Sex oder Selbstbefruchtung.

Außer dem Spiel, das übrigens sehr viel Spaß macht, bietet "Darwin Rocks" noch das gut gemachte Musik-Video "Überlieben", das auf unterhaltsame Weise die Themen Evolution, natürliche Selektion und Liebe (sprich: Vermehrung) aufgreift, und das weitverbreitete Vorurteil, Evolution hieße, nur der Stärkere überlebt, lügen straft.
jolle094 (Gast) - 17. Apr, 15:10

kein methodischer Fehler sondern Methode

Hi MMarheinecke,

freut mich sehr, dass dir das Projekt gefällt. Nur eine kleine Anmerkung:
das Ändern des Fortpflanzungserfolgs ist keine methodische Schwäche, sondern elementar. Denn der Spieler stellt die Natur dar, oder noch genauer, die selektierenden Kräfte der Natur. Im Gegensatz zur Natur muss der Spieler aber explizit etwas bewerten, in der Natur übernehmen das automatisch Kälte, Hitze etc. Das mag etwas zu verwirrung führen, aber letztendlich machen diese Kräfte nichts anderes als den Fortpflanuzngserfolg zu ändern.
vg Jolle

MMarheinecke - 17. Apr, 17:19

Genau das ist m. E. die didaktische Schwäche des Spiels

Nämlich, dass der bewusst nach seinen Maßstäben beurteilende, also zielgerichtet agierende Spieler, anstelle der nicht zielgerichteten Einflussgrößen der natürlichen Umwelt, wie Verhungern durch Nahrungsmangel, die Entscheidung über der Fortpflanzungserfolg tritt. (Darin, und nicht darin, die Änderung des Fortpflanzungserfolg zur zentralen "Stellgröße" der Evolution gemacht zu haben, liegt meine Kritik.)

Ich erkenne schon eine löbliche didaktische Absicht in dem Spiel und auch im Video, nämlich den, der insbesondere im deutschen Kulturraum tief verankerten Vorstellung, es ginge bei der darwinschen Evolutionstheorie um das Prinzip "der Stärkere gewinnt". Das Problem dabei ist IMO aber, dass das Spiel (unbeabsichtigt) die Position des "Intelligent Design", das da "irgendwo" ein weiser Entscheider über die Richtung der Evolution entscheiden würde, stärkt.

Nebenbei ist es kein Zufall, dass ich von einer methodologischen, also einen wissenschaftstheoretischen, statt einem methodischen, also eher praktischen, Schwäche schrieb. Es geht mir dabei um die im Spiel steckende teleologische Sicht der natürlichen Evolution - denn das Spiel verläuft ja, wie die Zuchtwahl eines Tierzüchters, und anders als die reale Evolution, zielgerichtet: das Musikstück soll mir als Spieler immer mehr gefallen.
Allerdings ist diese Schwäche in pädagogischen Sprachgebrauch durchaus eine der didaktischen Methodik, also ist das absichtsvolle Eingreifen der Spielers nach seinem persönlichen Geschmack sowohl eine methodologische wie eine methodische Schwäche.

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