Wahlkampf auf bayerisch - Halloween-Parties nur bis Mitternacht

Als "Nordlicht" kann ich mich über die Eigenarten des CSU-Wahlkampfes nur wundern. Ministerpräsident Beckstein scheint z. B. tatsächlich gelaubt zu haben, mit seiner launigen Äußerung, ein "bayrisches Mannsbild" sei nach 2 Maß Bier noch fahrtüchtig, Punkte (aber keine in "Flensburg") bei der Stammwählerschaft (genauer wohl: Stammtischwählerschaft) sammeln zu können.

Vermutlich zielt auch dieser auffällige Anfall bayrischer Härte auf die (angeblich) fromme CSU-Wählerschaft ab:
Um Mitternacht ist auf bayrischen Halloween-Parties Schluss!

Der Grund: Der 1. November, Allerheiligen, ist ein so genannter "stiller Feiertag". Öffentliche Unterhaltungs-Veranstaltungen mit Musik und Tanz sind ebenso wie private Parties über eine gewisse Lautstärke an diesem Tag streng verboten. Das bedeutet, dass sämtliche Halloween-Veranstaltungen um Punkt Mitternacht beendet werden müssen.
Das Gesetz trat zwar bereits am 1. Januar 2005 in Bayern in Kraft, wurde aber bislang nahezu überall relativ freizügig ausgelegt, die Sperrzeit wurde mit behördlichem Segen bis maximal 5 Uhr morgens gedehnt, öffentliche Halloween-Parties wurden meistens genehmigt.

Aber dieses Jahr ist "Schluss mit Lustig". Das bayrische Innenministerium verfügte: Partyverbot an Halloween nach 0 Uhr, keine Ausnahmegenehmigungen mehr!
Am 15. September wies die Bezirksregierung Oberbayern im Auftrag des Innenministeriums den zuständigen und bisher recht großzügigen Münchner Referenten Wilfried Blume-Beyerle an, das Feier-Verbot strikt durchzusetzen und bereits erteilte Genehmigungen wieder aufzuheben: "Der Schutz des Feiertages muss garantiert werden". Halloween-Verbot: Bayern dreht durch.

Ich bin mal gespannt, wie die bayrischen Jung- und Erstwähler auf diesen Anfall verschärfter Nulltoleranz reagieren ...
Björn (Gast) - 25. Sep, 10:14

Das Interessante für mich ist, dass fast jeder junge Bayer den ich kennengelernt habe, also Altersgruppe 20 bis Mitte 20, vom konservativen Jura-Studenten bis hin zum kiffenden "Linken" in Debatten immer die CSU verteidigt. Da scheint es wirklich um weit mehr zu gehen als nur um die Partei, sondern darum dass nur die CSU den Wohlstand und die soziale Sicherheit garantiert. Und natürlich, dass man "in allen Bereichen die Nummer 1 in Deutschland" ist. Insofern bin ich mir nichtmal sicher, ob die CSU bei sowas wirklich befürchten muss, dass sie hier Stimmen verliert, oder ob sie damit nur Leute trifft, die ohnehin nicht für die CSU gewählt hätten...

Bei der "Zwei Maß"-Aussagen hätte ich übrigens wirklich explodieren können. Das hat mich echt wütend gemacht, vielleicht weil ich bei Alk-im-Straßenverkehr ein Null-Toleranz-Hardliner bin...

MMarheinecke - 25. Sep, 10:53

Es geht um Identität

Was Du da beobachtest, beobachte ich auch. Wobei ich den Eindruck habe, dass viele "Jungbayern" die CSU nur dann verteidigen, wenn z. B. die bayrische Industriepolitik oder das bayrische Bildungssystem von "Preußen" kritisiert werden. Also eher eine Frage des Patriotismus, als eine der tatsächlichen politischen Position.
Es ist sehr viel einfacher, bayrischer Patriot zu sein, als deutscher Patriot. Dieses Ausweichen vom "schwierigen Vaterland" zur "regionalen Heimat" kann man in vielen Teilen Deutschlands beobachten. Aber unter den meist eher willkürlich gebildeten Bundesländern hat eigentlich nur Bayern genügend historische und "staatliche" Identität um über "Stammesgrenzen" (Altbayern, Schwaben, Franken) hinweg für patriotische Gefühle zu taugen.

Der Streit um die Feiertagsruhe in Bayern dauert schon lange an - und interessanterweise nur in Bayern so sehr, dass man von "toben" sprechen kann. Das besonderes innige Verhältnis zwischen Kirchen (beiden großen Kirchen) und CSU spielte dabei stets eine wichtige Rolle - die CSU als "Verteidiger des Glaubens".
Das ist auch der Grund, weshalb ich in dem dem "Halloween - um Mitternacht ist Schluss mit lustig"-Beschluss ein Wahlkampfmanöver sehe.
MMarheinecke - 25. Sep, 18:38

Die CSU ist ihr schlimmster Wahlkampfgegner

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