Große Herrscher - ein Unglück für die Beherrschten
Es war mein Freund Duke, der jenen Frankenkönig Karl, bekannt als "Karl der Große" kurzerhand "Karl den Groben" nannte.
Durchaus zu recht, wie ich finde: Die Sachsenkriege.
König Karl scheint kein Einzelfall zu sein. Sehr viele der Herrscher, die den Beinamen "der Große" tragen, sind nach heutigem Maßstab, wie auch Karl, Kriegsverbrecher. Angriffskriege führten sie fast alle, die bekannten "großen" Herrscher. Andere "große" Herrscher profilierten sich als brutale Diktatoren.
Gibt es überhaupt Herrscher, die das Prädikat "der Große" oder "die Große" tragen, die wirklich Schaden von dem von ihnen regierten / beherrschten Volk abgewendet und seinen Nutzen gemehrt hätten?
Auch bei längerem Nachdenken fallen mir allenfalls ambivalente "Große" wie Friedrich II. "der Große" von Preußen ein. Oder der ebenfalls, aber auf andere Weise, ambivalente Alexander "der Große". Kriegsverbrecher waren sie übrigens beide.
Viele moralisch denkende und fühlende Menschen meinten und meinen, ein Herrscher sollte statt des Prädikats "groß" lieber das "weise", "gerechte" oder "unbestechliche " anstreben.
Ich bin nicht dieser Ansicht. Ein "guter" Regierungschef ("gute" Regierungsschefin) sollte das beherzigen, was Friedrich II. von sich behauptete (zum Leidwesen vieler seiner Untertanen behauptete er es nur): "Ich bin der erste Diener meines Staates".
Herrschaft an und für sich ist etwas mir sehr Unsympathisches. Eine Regierung ist ein notwendiges Übel - was für jede Regierung, auch die demokratischte, gilt. Der Souverän in einem demokratischen Staat, das ist das Volk. Und Politiker haben diesem Volk zu dienen. Ist hingegen, frei nach Carl Schmitt, auch nur manchmal derjenige Souverän, der über den Ausnahmezustand entscheidet, dann ist ein Staat meiner Ansicht nach keine vollwertige Demokratie. Zwar kann man, etwa im Falle einer Naturkatastrophe, nicht erst eine Volksabstimmung abhalten, um zu entscheiden, ob ein Ausnahmezustand sinnvoll ist und ausgerufen werden soll. Aber man kann den Ausnahmezustand an klare, gesetzliche Bedingungen knüpfen. (Und so gewährleisten, dass niemand willkürlich über den Ausnahmezustand entscheiden kann, um damit Souverän im Sinne Schmitts zu sein.)
Wer dagegen verstößt - wie es die NATO, oder genauer, die Regierungen der NATO-Staaten taten, als sie nach den terroristischen Angriffe auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington den "Bündnisfall" (also de facto den Kriegszustand) erklärte, obwohl es ein krimineller, aber kein militärischer Angriff war - gehört vor Gericht. Die entsprechenden Gesetze müssen empfindlich strafbewehrt sein.
Noch was zum "Unbestechlichen". Bestechliche Politiker sind eine Landplage. Aber "Unbestechlichkeit" ist allenfalls eine Tugend, genauer gesagt, eine Sekundärtugend, die immer im Zusammenhang mit dem Ziel, von dem sie abhängt, gesehen werden muss, so wie "Fleiß", "Disziplin" oder "Pflichtgefühl".
Ein Politiker, der zurecht "der Unbestechliche" genannt wurde, war der französische Revolutionsführer Maximilien de Robespierre. Tatsächlich trotzte er allen Versuchen politischer Korrumpierung, die es in der französischen Revolutionszeit reichlich gab, und man kann nicht behaupten, dass Robespierre auf seinen persönliche Vorteil bedacht handelte. Er glaubte, wie Mirabeau erkannte, tatsächlich das, war er sagte. Nicht bestritten werden kann, dass Robespierres Absichten gut waren.
Trotzdem: sein blutig durchgesetzter Tugendterror ist die dunkle Seite der eines der am hellsten strahlenden Ereignisse der Menschheitsgeschichte, der Französischen Revolution.
Robespierre war äußerst tugendhaft. Er meinte es gut. Er meinte vor allem, dass der Zweck die Mittel heiligen würde.
Seine Mittel - die "Kopf-ab-Politik" gegen alle "Feinde des Volkes" - vernichteten den von ihm beabsichtigten Zweck, eine Gemeinschaft, in der alle Bürger in freiwilliger Übereinkunft einen Gemeinwillen formulieren, der sich stets am Gemeinwohl orientiert.
Es sind die Mittel, die den Zweck verraten - und manchmal vernichten.
Robespierre war ein großer Revolutionär. Wie alle mir bekannten "großen" Herrscher war er ein Unglück für die Beherrschten.
Durchaus zu recht, wie ich finde: Die Sachsenkriege.
König Karl scheint kein Einzelfall zu sein. Sehr viele der Herrscher, die den Beinamen "der Große" tragen, sind nach heutigem Maßstab, wie auch Karl, Kriegsverbrecher. Angriffskriege führten sie fast alle, die bekannten "großen" Herrscher. Andere "große" Herrscher profilierten sich als brutale Diktatoren.
Gibt es überhaupt Herrscher, die das Prädikat "der Große" oder "die Große" tragen, die wirklich Schaden von dem von ihnen regierten / beherrschten Volk abgewendet und seinen Nutzen gemehrt hätten?
Auch bei längerem Nachdenken fallen mir allenfalls ambivalente "Große" wie Friedrich II. "der Große" von Preußen ein. Oder der ebenfalls, aber auf andere Weise, ambivalente Alexander "der Große". Kriegsverbrecher waren sie übrigens beide.
Viele moralisch denkende und fühlende Menschen meinten und meinen, ein Herrscher sollte statt des Prädikats "groß" lieber das "weise", "gerechte" oder "unbestechliche " anstreben.
Ich bin nicht dieser Ansicht. Ein "guter" Regierungschef ("gute" Regierungsschefin) sollte das beherzigen, was Friedrich II. von sich behauptete (zum Leidwesen vieler seiner Untertanen behauptete er es nur): "Ich bin der erste Diener meines Staates".
Herrschaft an und für sich ist etwas mir sehr Unsympathisches. Eine Regierung ist ein notwendiges Übel - was für jede Regierung, auch die demokratischte, gilt. Der Souverän in einem demokratischen Staat, das ist das Volk. Und Politiker haben diesem Volk zu dienen. Ist hingegen, frei nach Carl Schmitt, auch nur manchmal derjenige Souverän, der über den Ausnahmezustand entscheidet, dann ist ein Staat meiner Ansicht nach keine vollwertige Demokratie. Zwar kann man, etwa im Falle einer Naturkatastrophe, nicht erst eine Volksabstimmung abhalten, um zu entscheiden, ob ein Ausnahmezustand sinnvoll ist und ausgerufen werden soll. Aber man kann den Ausnahmezustand an klare, gesetzliche Bedingungen knüpfen. (Und so gewährleisten, dass niemand willkürlich über den Ausnahmezustand entscheiden kann, um damit Souverän im Sinne Schmitts zu sein.)
Wer dagegen verstößt - wie es die NATO, oder genauer, die Regierungen der NATO-Staaten taten, als sie nach den terroristischen Angriffe auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington den "Bündnisfall" (also de facto den Kriegszustand) erklärte, obwohl es ein krimineller, aber kein militärischer Angriff war - gehört vor Gericht. Die entsprechenden Gesetze müssen empfindlich strafbewehrt sein.
Noch was zum "Unbestechlichen". Bestechliche Politiker sind eine Landplage. Aber "Unbestechlichkeit" ist allenfalls eine Tugend, genauer gesagt, eine Sekundärtugend, die immer im Zusammenhang mit dem Ziel, von dem sie abhängt, gesehen werden muss, so wie "Fleiß", "Disziplin" oder "Pflichtgefühl".
Ein Politiker, der zurecht "der Unbestechliche" genannt wurde, war der französische Revolutionsführer Maximilien de Robespierre. Tatsächlich trotzte er allen Versuchen politischer Korrumpierung, die es in der französischen Revolutionszeit reichlich gab, und man kann nicht behaupten, dass Robespierre auf seinen persönliche Vorteil bedacht handelte. Er glaubte, wie Mirabeau erkannte, tatsächlich das, war er sagte. Nicht bestritten werden kann, dass Robespierres Absichten gut waren.
Trotzdem: sein blutig durchgesetzter Tugendterror ist die dunkle Seite der eines der am hellsten strahlenden Ereignisse der Menschheitsgeschichte, der Französischen Revolution.
Robespierre war äußerst tugendhaft. Er meinte es gut. Er meinte vor allem, dass der Zweck die Mittel heiligen würde.
Seine Mittel - die "Kopf-ab-Politik" gegen alle "Feinde des Volkes" - vernichteten den von ihm beabsichtigten Zweck, eine Gemeinschaft, in der alle Bürger in freiwilliger Übereinkunft einen Gemeinwillen formulieren, der sich stets am Gemeinwohl orientiert.
Es sind die Mittel, die den Zweck verraten - und manchmal vernichten.
Robespierre war ein großer Revolutionär. Wie alle mir bekannten "großen" Herrscher war er ein Unglück für die Beherrschten.
MMarheinecke - Sonntag, 30. Oktober 2011
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