Unter falscher Flagge

Aus meinem Artikel Moderne Hexenjagd könnte man schließen, dass ich sehr viel von Karl Weiss und seinen in seinem Blog gesammelten Artikeln halte.
Das gilt nur bedingt.
Ich schätze Karl Weiss dafür, dass er mit Vorliebe dahin schaut, wo die "Mainstream-Medien" gerne wegsehen. Auch für seine Recherche und dafür, dass er gerne Lügen und Legenden aufdeckt.
Weniger schätze ich das meines Erachtens zu stark von Feindbildern geprägte, zu "schwarz/weiße" Weltbild vieler Weiss'scher Artikel. Dass es in den Mainstream-Medien nicht besser ist - geschenkt! Und dass ich bei verschiedenen Themen anderer Meinung bin, ebenfalls.

Ich meine jene Artikel, in dem die Schlussfolgerungen nicht ganz folgerichtig zu den bekannten Fakten passen. Ein Beispiel, in dem ich zu anderen Schlüssen komme als Weiss - bei gleicher Faktenlage: Gestatten, Terrorist, CIA!.
Die Nachricht war, dass während der G8-Gipfels die deutsche Polizei am Zaun mit Sprengstoffspürgeräten ein zur US-Delegation gehörendes Fahrzeug überprüften - und einen Koffer voller Sprengstoff fanden. Die beiden kaum deutsch sprechende Insassen des Wagens gehörten zum US-Sicherheitsdienst, die angeblich einen Test der Sicherheitseinrichtungen durchführen wollten.
Karl Weiss vermutet, dass der Test gar kein Test war, sondern dass die Agenten einen "false flag"-Anschlag planten - also ein Attentat, das jemanden anders (Al Qaida, militante Globalisierungsgegner, oder wer auch immer) in die Schuhe geschoben werden sollte.

Es stimmt schon, die CIA hat tatsächlich eine lange und unrühmliche Geschichte der "false flag"-Aktionen. Aber: es ist noch nicht einmal sicher, dass die beiden Herren CIA-Agenten waren. Nur ein Teil der "Security Agents", die den US-Präsidenten auf seinen Reisen abschirmen, sind zugleich Agenten eines Geheimdienstes. Die meisten sind schlicht eine Art Leibwächter.
Für einen Sicherheitstest war die Vorgehensweise tatsächlich dilettantisch, zumal die Vorgesetzten der Polizisten anscheinend nicht eingeweiht waren.
Allerdings wäre eine auf diese Art eingefädelter "false flag"-Aktion geradezu atemberaubend "amateurhaft" - und obwohl die CIA sich schon viele Flops und Pannen geleistet hat, mangelnde "Professionalität" verbindet man normalerweise nicht mit dem US-Auslandsgeheimdienst.
Aller Wahrscheinlichkeit würde ein '"false flag"-Attentäter für den Sprengstoffschmuggel einen Weg gewählt haben, bei dem das Risiko, mit einem Sprengstoffspürgerät oder eine empfindlichen Hundenase konfrontiert zu werden, auszuschließen ist. Möglichkeiten gäbe es viele, z. B. im Gepäck einer "über jeden Verdacht erhabenen" Person, die am Zaun einfach durchgewunken wird (das ist erstaunlich oft erfolgreich gewesen, siehe u. A. Attentat auf Hitler am 20.Juli 1944), oder, der "Klassiker": vor dem Schließen des Zaunes den Sprengstoff in einem guten Versteck deponieren. (Auf einem so großem Gelände mit mehreren verwinkelten Altbauten findet man bestimmt ein geeignetes ungestörtes Plätzchen - zumal die Attentäter wahrscheinlich "Insider-Infos" gehabt hätten.) Mir fallen noch ein paar Methoden mehr ein, aber die spare ich mir lieber für meinen nächsten Krimi auf.
Dann: wenn schon ein der Sprengstoff per Koffer eingeschmuggelt werden sollte, dann würde ich für eine gute "Legende" sorgen. Also z. B. den Test ganz offiziell anmelden - was auch den Vorteil hätte, bei weiteren Kontrollen einen Vorwand zu haben. Oder es so erscheinen zu lassen, dass der Posten, nachträglich befragt, antworten würde "also, wie echte Amerikaner kamen mir die nicht vor". Aber das wären schon "Methoden zweiter Wahl".
Ein Szenario der Wahl für einen "false flag"-Angriff wäre dies: Ein mit Sprengstoff beladener ferngesteuerter schwerer Geländewagen durchbricht gewaltsam den Zaun und fliegt in die Luft. Das hätte den Vorteil, der "Handschrift" irakischer Attentäter zu entsprechen - auch wenn die sich meistens die Fernsteuerung sparen.

Also, es spricht aus meiner Sicht wenig dafür, dass die beiden dilettantischen Sicherheitsleute etwas anderes vor hatten als einen reichlich dilettantischen Sicherheitstest - etwa, weil sie den Gerätschaften der deutschen Polizei partout nichts zutrauten. Hätte die CIA einen Anschlag geplant, wäre der nicht schon bei der ersten Kontrolle gescheitert.
Köppnick - 14. Aug, 18:20

Dritte Schlussfolgerung

Es gibt eine dritte Schlussfolgerung, die keine der beiden von dir genannten tangiert: Die USA und ihre Institutionen missachten in ihrem Kampf gegen den Terrorismus und ihrem ganzen Verhalten die Souveränität und die Gesetze anderer Staaten bzw. der internationalen Staatengemeinschaft. Ich bezweifle, dass nach deutschen Gesetzen das Herumfahren in einem Auto voller Sprengstoff erlaubt ist.

Ähnliches gilt für Festnahmen auf fremden Territorien, Flüge mit illegalem Inhalt, der Unterhalt von Lagern auf eigenem und fremden Boden, in denen den Gefangenen elementare Rechte vorenthalten werden, die Billigung von Folter und das Führen von Kriegen gegen andere Staaten.

MMarheinecke - 15. Aug, 11:11

Diplomatische Immunität

Als Mitglieder der US-Delegation genossen die beiden "Tester" wahrscheinlich diplomatisch Immunität. Das heißt, man hätte sie allenfalls des Landes verweisen können.
Angemeldete Tests mit echten Sprengstoff (es war ja kein ganzes Auto voll, sondern "nur" ein Aktenkoffer) sind durchaus legal. In diesem Falle hat man sich vermutlich "auf dem kurzen Dienstweg" geeinigt ,dass das ein legaler Test war. (Außerdem zeigen US-Behörden ganz gerne mal, "wo der Hammer hängt".)

Ich stimme Dir darin zu, dass die Aktion gut in das Bild einer breitfüssig und arrogant auftretenden Weltmacht passen. Die Aktionen im "War on Terror", beleibe nicht nur die der USA, stehen oft im auffälligen Gegensatz zu den Menschenrechten, die angeblich damit verteidigt werden sollen.
Anderseits: auch die andere beteiligten Regierungen der G8-Staaten haben dem "War on Terror" zugestimmt und zugesichert, die Aktionen der USA nicht zu behindern. Es wäre ein Stück Heuchelei, wenn sich die deutsche Regierung über "kleine Frechheiten" seitens der US-Delegation lautstark beschwert hätte - während die eigenen "Strafverfolgungsorgane" zur selben Zeit in nicht rechtskonformer Art und Weise gegen Demonstranten vorging.
(Und es war nicht der Respekt vor dem Völkerrecht, der die Regierung Schröder vor einer deutschen Beteilungen an der Invasion des Irak abhielt.)

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