Wie hat MZB es geschafft, Bestseller-Autorin zu werden?
Anknüfend an einen Beitrag bei Volkmar: Marion Zimmer Bradley - was ich an ihr auszusetzen habe.
Anfang der 80 Jahre machte ein Fantasy-Roman weltweit Furore:
"Die Nebel von Avalon" von Marion Zimmer Bradley (im Szene-Jargon meistens MZB abgekürzt). Obwohl mein Urteil über diesen Roman nicht ganz so vernichtend ist wie Volkmars, stimme ich ihm darin zu, dass "Die Nebel" alles andere als ein literarisches Meisterwerk ist. Weder stilistisch, noch vom Spannungsaufbau her, noch von den Personenschilderungen ragt das Buch, MZBs Ambitionen zum Trotz, über das übliche Fantasy-Niveau heraus. Besonders störend - aus meiner Sicht - sind ihre wortreichen Passagen, in denen das Seelenleben der Protagonisten ausgebreitet wird, ohne dass ihre Motive dadurch klaren oder die Personen glaubwürdiger würden, die zähe Handlungsschilderung, und unlogische Handlungen - z. B. scheint der einzige Grund für die Gralssuche der zu sein, dass zu einem Arthusroman nun mal eine Gralsuche gehört.
Womit sich die Frage stellt, wieso MZB es ausgerechnet mit diesen Roman schaffte, weltweite und sogar von der Kritik beachtete Bestsellerautorin zu werden. Es kommt nicht nur auf den Inhalt oder den Stil an, ob ein Buch ein Erfolg wird.
Der Erfolg von MZB mit "The Mists of Avalon" ist geradezu ein Mustrnbeispiel, wie es das "richtige" Buch zum "richtigen" Zeitpunkt und über den "richtigen" Agenten und Verlag schaffte.
Letzten Endes ist ein Roman eine Ware wie ein paar Schuhe - Qualität allein ist für den Erfolg nicht entscheidend.
Wobei ich mir völlig darüber im Klaren bin, dass es für die Literatur veheerend ist, wenn gute Verkäuflichkeit das einzige Kriterium ist, das darüber entscheidet, ob ein Buch überhaupt erscheint.
Anfang der 80 Jahre machte ein Fantasy-Roman weltweit Furore:
"Die Nebel von Avalon" von Marion Zimmer Bradley (im Szene-Jargon meistens MZB abgekürzt). Obwohl mein Urteil über diesen Roman nicht ganz so vernichtend ist wie Volkmars, stimme ich ihm darin zu, dass "Die Nebel" alles andere als ein literarisches Meisterwerk ist. Weder stilistisch, noch vom Spannungsaufbau her, noch von den Personenschilderungen ragt das Buch, MZBs Ambitionen zum Trotz, über das übliche Fantasy-Niveau heraus. Besonders störend - aus meiner Sicht - sind ihre wortreichen Passagen, in denen das Seelenleben der Protagonisten ausgebreitet wird, ohne dass ihre Motive dadurch klaren oder die Personen glaubwürdiger würden, die zähe Handlungsschilderung, und unlogische Handlungen - z. B. scheint der einzige Grund für die Gralssuche der zu sein, dass zu einem Arthusroman nun mal eine Gralsuche gehört.
Womit sich die Frage stellt, wieso MZB es ausgerechnet mit diesen Roman schaffte, weltweite und sogar von der Kritik beachtete Bestsellerautorin zu werden. Es kommt nicht nur auf den Inhalt oder den Stil an, ob ein Buch ein Erfolg wird.
Der Erfolg von MZB mit "The Mists of Avalon" ist geradezu ein Mustrnbeispiel, wie es das "richtige" Buch zum "richtigen" Zeitpunkt und über den "richtigen" Agenten und Verlag schaffte.
- MZB hatte einen sehr guten literarischen Agenten, nämlich Lester del Rey, der selber erfolgreicher Science-Fiction Autor war, die "Del Ray"-Taschenbücher (SF & Fantasy) herausgab, und mit allen Herausgebern, den meisten Autoren und fast allen Kritikern im SF/Fantasy-Sektor gut bekannt war.
- Sie hatte - dank ihrer "Darkover-Romane" - nicht nur bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad, sondern auch eine regelrechte Fan-Szene, ein "Fandom". Diese Fan lasen einfach alles, was aus MZBs Schreibmaschine floss, damit war ein Teil der Startauflage praktisch schon verkauft - und die Mundpropaganda gesichtert.
- Der Roman spricht heimliche Wünsche, vor allem Sex- und Machtphantasien an - und das ohne wie z. B. Conan als "sexistisch" oder "reaktionär" denunzierbar zu sein oder gar in Pornoverdacht zu geraten.
- MZB veröffentlichte "Mists of Avalon" auf dem Höhepunkt der bisher größten Fantasy-Welle Anfang der 1980er Jahre. Zu dieser Zeit verkauften sich noch erheblich schlechtere Fantasy-Romane wie geschnitten Brot.
- In der Esoterik-Szene wurden zu dieser Zeit gerade die Kelten entdeckt.
- Sie griff eine alte, unzählige Mal nacherzählte, und deshalb etablierte Themtik aus einer ungewöhnlichen Perspektive auf.
- Die Wirkung des neuen Blickwinkels war besonders stark, weil sie die stark patriarchalische Artus-Sage aus weiblicher Sicht aufgriff. Das sicherte schon einige Pluspunkte bei den FeministInnen.
- Ausserdem gab es um 1980 eine Diskussion um den geringen Frauananteil in der Genre-Literatur: "Wo stecken bloß die weiblichen Scienc Fiction / Fantasy / Horror-SchreiberInnen?" - Um 1980 waren das tatsächlich noch relativ wenige, MZB hatte also einen "Frauenbonus".
- Historische Romane - und "Avalon" wurde von vielen Rezensenten fälschlicherweise dafür gehalten - werden stärker beachtet als Fantasy-Romane. MZB spielte unbeabsichtigt in der falschen, aber angeseheneren, Liga.
- Kleine Skandale sind gut für den Verkauf. Die Themen "Inzest", "Ehehelfer", "ritueller Sex" und "positiv geschildertes Heidentum" sorgten im eher prüden Medienklima der USA für die gewünschte Diskussion. Das Buch profitierte von der alten Faustregel: "Die Schmöcker, die im Kirchenblatt verissen werden, muss man unbedingt lesen!"
- Die bescheidene stilistischen Fähigkeiten MZBs förderte eher noch ihre Beliebtheit bei jungen Lesern. Dasselbe gilt für den reichlich vorhandenen Kitsch - vor allem weibliche Teenager mögen so etwas offensichtlich.
- Im Gegensatz zu vielen anderen Fantasy-Autoren überforderte MZB nicht die Denkgewohnheiten auch intellektuell schlicht gestrickter Leser: Ihre "Religion der Großen Mutter" ist im Grunde genommen eine Mischung aus alternativem Christentum und (mit Zuckerwasser?) auf "Genusstärke" abgeschwächtes Wicca.
Ungewohnte Konzepte wie Pantheismus, Animismus, Polytheismus usw. kommen nicht vor - der "Liebe Gott" ist halt eine Frau, sonst ändert sich nicht viel.
Letzten Endes ist ein Roman eine Ware wie ein paar Schuhe - Qualität allein ist für den Erfolg nicht entscheidend.
Wobei ich mir völlig darüber im Klaren bin, dass es für die Literatur veheerend ist, wenn gute Verkäuflichkeit das einzige Kriterium ist, das darüber entscheidet, ob ein Buch überhaupt erscheint.
MMarheinecke - Samstag, 14. April 2007
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