Wie man Intoleranz herstellt

Regelmäßige Geniesser meines Senfs wissen es längst: ich gehöre nicht zu jenen, die meinen, dass das Klima des Anpassungsdrucks und der Angst vor und der Intoleranz gegenüber "Außerseitern", das wir in den letzten Jahren beobachten, Zufall, naturgegeben oder "Schuld" der Außenseiter bzw. Minderheiten sei. Wenn ich auch gern einräume, dass es Minderheiten innerhalb von Minderheiten gibt, die kräftig daran arbeiten, dass die Mehrheitsgesellschaft diesen Minderheiten mißtraut. Die islamische Minderheit ist dafür nur ein Beispiel.

Ich bin immer wieder verblüfft, mit welcher Frechheit Meinungen und Vermutungen als Fakten und Wahrheiten herausposaunt werden. Vor allem dann, wenn es um Außenseiter, Minderheiten oder auch nur Exentriker geht. Und nicht nur in den viel gescholtenen Mainstream-Medien.

Es ist der einfache Mechanismus: Erst kommt ein "Äh - was macht der denn da?", dann "Darf der denn das?", dann "Wenn das jeder täte....", schließlich "So geht das aber nicht!" Unabhängig übrigens von jeder Rechtslage.
Ein harmloses Beispiel: vor einigen Jahren machte ich mit ein paar Freunde auf einer sandigen Waldlichtung ein Grill-Feuer - und zwar in einer selbstgebauten Blech-Feuerschale und weitab von aller brennbaren Vegetation. Einig Passanten holten die Polizei - denn: siehe oben! Die Polizei kam, sah sich um - und fand nichts Ordnungswidriges an unserem Verhalten: so, wie wie das machten, war Feuermachen erlaubt.
Was besagte Passanten nicht verstehen konnten. Es gibt kein einziges Argument dagegen. Aber irgendetwas muss schließlich doch dagegen möglich sein!

Ein Mittel, um "Abweichler" zu "Außenseitern" zu stempeln, kennt man schon aus dem Kindergarten: Den Gruppendruck. Grade unter Kindern kann der grausam sei. Am grausamsten - und am einfachsten zu manipulieren - ist er allerdings unter Jugendlichen.
Jungens Menschen, noch ohne gefestigtes Selbstvertrauen, ist es extrem unangenehmen, sich in ihrer Peer-Gruppe - ihrer Clique, ihrer Klasse, ihrer Freizeitgruppe oder was auch immer - lächerlich zu machen und verspottet zu werden. Dieser Spott gegen "Abweichler" - was beim "falschen" Kleidungsstil anfängt - ist aber ist genau der Angriff, mit dem eher unsicher und gehemmt vorgeprägte Kinder und Jugendliche ihre Position verteidigen. Unter lauter "Lesemuffeln" fühlt sich ein wegen seiner Leseschwäche unsicherer Schüler stark, wenn er einen in der großen Pause lesenden Mitschüler als "Streber" denunziert: Der unsichere Schüler münzt so sein Unterlegenheitsgefühl in "Stärke" bzw. Meinungsführerschaft um.

Unter Erwachsenen ist dieses Spiel nicht so offensichtlich. Aber es läuft täglich ab. So gut, dass ich manchmal den Verdacht habe, solche Schulhofmechnanismen würden zum "heimlichen Lehrplan" unseres Bildungssystems gehören.

Wer sich Dinge traut, die erlaubt sind, die sich andere aber, aus welchen Gründe auch immer, nicht trauen, auch wenn sie vielleicht gerne wollten, der findet sich schnell in der Position des angefeindeten Außenseiters wieder.

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