Elemente der Gegenaufklärung - Heute: koffeinfreier Kaffee

Das Koffein ist die Droge der Aufklärung. Der Einzug des Kaffees in Europa führte zur Kaffeehauskultur des 18. Jahrhunderts. Das von Tassen starken Kaffees stimulierte exessive Schwärmen und Fantasieren regte die radikalen Gedanken der Philosophen der Aufklärung, und die radikalen Taten der französischen Revolutionäre an. Voltaire, einer der radikalsten und geistreichsten Aufklärer, trank bis zu 50 Tassen Kaffee am Tag.
Koffein ist eines der wirksamsten und am besten verträglichen Stimulanzien. Und es wirkt direkt auf Gehirn:
Während höhere Konzentrationen auch die motorischen Gehirnzentren beeinflussen, wirkt das Koffein in diesen geringen Konzentrationen hauptsächlich auf die sensorischen Teile der Hirnrinde. Es kommt zu einer Erhöhung des Gehirntonus, d. h. der Festigkeit der Hirngefäße. Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen werden dadurch erhöht; die Steigerung von Speicherkapazität und Fixierung (mnestische Funktionen) erleichtert den Lernprozess; mit der Beseitigung von Ermüdungserscheinungen verringert sich das Schlafbedürfnis.
Ähnliches gilt vom schwarzen bzw. grünen Tee, der zusätzlich dank seiner Gerbstoffe eine beruhigende Wirkung hat - er regt das Denken an und macht dabei gelassen. Für die Gegenaufklärer ist die Haltung "Abwarten und Tee trinken" allerdings besser beherrschbar als der explosive Aktionismus, der z. B. nach ausgiebigem Expressokonsum entsteht.
Kein Wunder, dass die Schergen des Absolutismus vor allem den Kaffee verteufelten, bekämpften, künstlich mit hohen Steuern und Zöllen verteuerten! Und auch kein Wunder, dass die Vertreter des autoritären Nationalismus des 19. Jahrhunderts (und übrigens auch des Faschismus und des Stalinismus) keine Freunde des Kaffees waren!
Umgekehrt ist die Affinität völkisch-nationalistischer Kreise zum nicht koffeinhaltigen Malzkaffe, zum Muckefuck, unübersehbar! Schon die Uniform-Farbe der meisten NS-Organisationen erinnert lebhaft an dieses Kaffee-Surrogat. Hitler spottete über "Kaffeehaus-Juden", während er insgeheim seit seinen Wiener Jahren die Kaffeehaus-Kultur, zu der er keinen Zugang fand, fürchtete. Muckefuck war das Getränk der völkischen Wandervögel (der linke Flügel dieser Vögel scheint Tee bevorzugt zu haben), und es ist sicherlich auf kein Zufall, dass die deutschen Besatzer von der französischen Résistance spöttisch "Les Ersatz" (wie Ersatz-Kaffee) genannt wurden! Heute gilt die NPD als "Muckefuck-Partei".

Vor ungefähr 100 Jahren war allem reaktionären Widerstand zum Trotz der Kaffee nicht nur in bürgerlichen Kreisen, sondern sogar innerhalb der Arbeiterklasse derart verbreitet, dass Verbote kaum noch durchsetzbar waren. Just zu dieser Zeit kam der entkoffeinierte Kaffee auf.
Beschäftigt man sich näher mit den Hintergründen, ist klar: Das Aufkommen des "kastrierten" entkoffeinierten Kaffees ist eindeutig Folge eine ariosophischen Verschwörung!

Sehe wir uns mal an, wer den "koffeinfreien Kaffee" erfunden hat: Ludwig Roselius. Roselius, desse diabolisches Produkt den verräterischen Namen "Kaffee Hag" trägt, war nachweislich völkischer Nationalist und Ariosoph. (Ein "Hag" ist ein von einer Hecke umstandenes Gelände - ein Symbol des von völkischen Blut- und Bodenfanatikern verherrlichten Wehrbauerns.)
Roselius stand dem Nationalsozialismus positiv gegenüber und unterstützte Hitler, den er privat 1922 in Bremen traf. Das von Roselius verfolgte völkisch-nordische Gedankengut mit seinem Glauben an den unersetzlichen Wert der nordisch-niederdeutschen "Rasse" läßt sich eindeutig auf Ariosophen wie Guido von List, Hermann Wirth und das GGG-Gründungsmitglied Heinrich Pudor zurückführen.

Dank einer pseudo-medizinischen Horror-"Gesundheitsaufklärung", die die vom Koffein ausgehenden Gefahren in grostesker Form übertrieben, gelang es Roselius, sein teuflisches Gebräu weit über die kleine Zielgruppe der koffeinempfindlichen Herzkranken hinaus populär zu machen!

Nachtrag 2. April:
Eine Sache ist leider kein Aprilscherz: der Kaffeefabrikant Roselius war wirklich völkischer Okkultist ariosophischer Prägung und war begeisterter Anhänger des Nationalsozialismus - und das sogar nachdem die vom Kunstmäzen Roselius geschätzte expressionistische Kunst als "entartet" verfolgt und sein völkischer Okkultismus von Hitler als parteischädlich gebranntmarkt worden war. Allerdings läßt sich ein arisophischer Hintergrund von Kaffee Hag nicht nachweisen ...
Sven (Gast) - 2. Apr, 00:00

Ich hab's geahnt *schnellzurkaffeemaschinerenn*

MMarheinecke - 2. Apr, 10:33

Etwa DIE Kaffeemaschine?

Karan - 4. Apr, 09:16

Neee, DIE nicht... ;-)
darkrond - 2. Apr, 01:51

weiter mit musik: johann sebastian bach * die kaffeekantate
*kaffeeschlürf*

Jari (Gast) - 2. Apr, 03:53

Yeah!

Kaffeetrinken gegen Rechts! ;)

Karsten (Gast) - 2. Apr, 10:15

Ah, Martin macht seinen eigenen Aprilscherz. :)

MMarheinecke - 2. Apr, 10:36

Von wegen Aprilscherz!

Alles tierisch ernst gemeint!
Nein, der Beitrag ist zwar eine Blödelei, aber ein Punkt dabei ist leider kein Aprilscherz.
Marek Möhling (Gast) - 4. Apr, 08:14

Diabolisch? Richtig doll schlimm?

> desse diabolisches Produkt den verräterischen Namen "Kaffee Hag" trägt

Hm, laut Wikipedia steht das für "Kaffee-Handels-Aktien-Gesellschaft", ist das Verräterische nicht etwas Spökenkiekerei? Zudem ist dort, ähem, zumindest Mitigierendes zu finden: "Als Roselius senior im Alter von 59 Jahren unerwartet starb, führten die Ärzte das vor allem auf starken Koffeingenuss zurück. Sein Sohn beschäftigte sich daraufhin intensiv mit der Wirkung von Kaffee und seiner Bestandteile auf die Gesundheit". Leider gibt es keine Quellen.

Habe hier übrigens Mist gebaut.

MMarheinecke - 4. Apr, 08:36

Kein Problem, ist repariert

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