Konsens in der Welt der Wissenschaft
Le Penseur schreibt über Über das Stattfinden von Klima- und anderen angesagten Katastrophen - ziemlich polemisch und nicht immer meiner Ansicht entsprechend, aber nachdenkenswert.
Abseits der Klimathematik finde ich diesen Gedanken interessant:
Aber wie auch immer: Jeder Stand der Forschung ist der aktuelle "Stand des Irrtums", und schon ein einzige nicht zur Theorie passende Beobachtung kann den gesamten "wissenschaftlichen Konsens" über die Einzeltheorie hinnaus ungültig machen. Das geschah z. B. als Max Planck die Strahlung eines schwarzen Körpers untersuchte. Der "Konsenz" praktisch aller Physiker einschließlich Plancks (mit der möglichen Ausnahme des krassen Außenseiters Bolzmanns) war, dass die Energieabgabe kontinuierlich erfolgt - und nicht, wie sich erwieß, in "Paketen", Quanten, erfolgte.
"Unfehlbare wissenschaftliche Konsense" sind, natürlich, in den Naturwissenschaften völliger Blödsinn (und auch in jenen Geisteswissenschaften, die den Namen Wissenschaft verdienen - Theologie ist für mich z. B. keine Wissenschaft). Was im Prinzip auch schon zu Plancks Zeiten bekannt war. Allenfalls gibt es Paradigmen bzw. disziplinäre Matrizen im Sinne Kuhns, also "herrschende Lehrmeinungen", "Denkmuster".
Konsense gibt es, aus pragmatischen Gründen, z. B. in der Medizin. Z. B. wenn ein bestimmten Heilverfahren sich in der Praxis bewährt hat und von der Mehrheit der Ärzte befürwortet wird. Wenn allerdings jemand "Konsens" mit "unfehlbare Wahrheit" übersetzt, dann halte ich ihn für einen Scharlatan (bzw. Lobbyisten bzw. PR-Agenten bzw. Werber). Es geht nun mal auch bei angewandten Wissenschaften wie der Medizin nicht nach dem Mehrheitsprinzip.
Wie Le Penseur habe ich schon manche Lehrmeinungen / disziplinäre Matrizen, die von einem überwältigenden Konsens getragen wurden, kippen sehen.
Zu meiner Abizeit galt es laut Chemie-Lehrbuch (Leistungskurs, Oberstufe) als prinzipiell unmöglich, einzelne Atome manipulieren zu können. Schon in der Grundschule lernte ich eine Mitschülerin kennen, die unter dem lange Jahre besteheneden medizinischen Konsenz, dass die Placenta-Blutschranke für komplizierte organische Verbindungen, z. B. Talidomit, unüberwindlich sei, litt - sie war schwer körperbehindert, weil ihre Mutter während der Schwangerschaft ein keimschädigendes Medikament, vermutlich Talidomit, eingenommen hatte.
Es würde nicht nur die Klimadebatte sehr versachlichen, wenn statt "wissenschaftlicher Konsenz" von "von der Mehrheit der Wissenschaftler geteilte Lehrmeinung" und statt des durch PR-Sprech und Pseodowissenschaftler vernutzten" Begriffs "Paradigma" von "Denkmustern" oder "Weltbildern" die Rede wäre. Es ist für mich, nicht nur in der Klimadebatte, immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen ein "Naturgesetz" (empirisch bzw. experimentell erhärtetes Modell eines Naturvorganges) mit einem Gesetz im juristischen Sinne oder einem moralischen Gebot verwechseln. Man kann gegen Gesetze, aber nicht gegen Naturgesetze verstoßen. Wenn ein Brücke einstürzt, dann nicht, weil der Bauingenieur gegen die Gesetze der Statik verstoßen hätte, sondern weil er sich verrechnet hat oder weil beim Bau geschlampt wurde.
Abseits der Klimathematik finde ich diesen Gedanken interessant:
Wenn ich mich allein aus meiner Lebenszeit zurückerinnere, welch (mittlerweile als flagranter Blödsinn enttarnte) "unfehlbare wissenschaftliche Konsense" so im Schwange waren, ist mein Vertrauen in solche Beschwörungen einigermaßen gedämpft. Vielleicht sollten mehr Wissenschaftler die provokanten Thesen von Paul Feyerabend lesen. Aber das ist wohl zu viel verlangt. Leider.. Zu Paul Feyerabends Thesen habe ich ein gemischtes Verhältnis, da halte ich es lieber mit seinem alten Prof, Karl Popper. Bekanntlich sah Feyerabend Wissenschaft, neben beispielsweise Religion oder Kunst, nur als eine von vielen Möglichkeiten, Erkenntnis zu gewinnen. Worin ich ihm sogar zustimme. Nicht folgen mag ich ihm darin, dass eine Wertigkeit verschiedener Zugänge zur Wahrheit nicht möglich sei, da diese Wahrheitszugänge untereinander inkommensurabel seien. Feyerabends provokative Feststellung, Regentänze seien genausogut wie Wettervorhersagen und Wahlprognosen nicht besser als Astrologie übersieht, dass es kein Problem ist, die Wirksamkeit eines Regentanzes oder eines Horoskopes auszupropieren. Die Begrifswelten mögen inkommensurabel sein, die Ergebnisse sind es nicht.
Aber wie auch immer: Jeder Stand der Forschung ist der aktuelle "Stand des Irrtums", und schon ein einzige nicht zur Theorie passende Beobachtung kann den gesamten "wissenschaftlichen Konsens" über die Einzeltheorie hinnaus ungültig machen. Das geschah z. B. als Max Planck die Strahlung eines schwarzen Körpers untersuchte. Der "Konsenz" praktisch aller Physiker einschließlich Plancks (mit der möglichen Ausnahme des krassen Außenseiters Bolzmanns) war, dass die Energieabgabe kontinuierlich erfolgt - und nicht, wie sich erwieß, in "Paketen", Quanten, erfolgte.
"Unfehlbare wissenschaftliche Konsense" sind, natürlich, in den Naturwissenschaften völliger Blödsinn (und auch in jenen Geisteswissenschaften, die den Namen Wissenschaft verdienen - Theologie ist für mich z. B. keine Wissenschaft). Was im Prinzip auch schon zu Plancks Zeiten bekannt war. Allenfalls gibt es Paradigmen bzw. disziplinäre Matrizen im Sinne Kuhns, also "herrschende Lehrmeinungen", "Denkmuster".
Konsense gibt es, aus pragmatischen Gründen, z. B. in der Medizin. Z. B. wenn ein bestimmten Heilverfahren sich in der Praxis bewährt hat und von der Mehrheit der Ärzte befürwortet wird. Wenn allerdings jemand "Konsens" mit "unfehlbare Wahrheit" übersetzt, dann halte ich ihn für einen Scharlatan (bzw. Lobbyisten bzw. PR-Agenten bzw. Werber). Es geht nun mal auch bei angewandten Wissenschaften wie der Medizin nicht nach dem Mehrheitsprinzip.
Wie Le Penseur habe ich schon manche Lehrmeinungen / disziplinäre Matrizen, die von einem überwältigenden Konsens getragen wurden, kippen sehen.
Zu meiner Abizeit galt es laut Chemie-Lehrbuch (Leistungskurs, Oberstufe) als prinzipiell unmöglich, einzelne Atome manipulieren zu können. Schon in der Grundschule lernte ich eine Mitschülerin kennen, die unter dem lange Jahre besteheneden medizinischen Konsenz, dass die Placenta-Blutschranke für komplizierte organische Verbindungen, z. B. Talidomit, unüberwindlich sei, litt - sie war schwer körperbehindert, weil ihre Mutter während der Schwangerschaft ein keimschädigendes Medikament, vermutlich Talidomit, eingenommen hatte.
Es würde nicht nur die Klimadebatte sehr versachlichen, wenn statt "wissenschaftlicher Konsenz" von "von der Mehrheit der Wissenschaftler geteilte Lehrmeinung" und statt des durch PR-Sprech und Pseodowissenschaftler vernutzten" Begriffs "Paradigma" von "Denkmustern" oder "Weltbildern" die Rede wäre. Es ist für mich, nicht nur in der Klimadebatte, immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen ein "Naturgesetz" (empirisch bzw. experimentell erhärtetes Modell eines Naturvorganges) mit einem Gesetz im juristischen Sinne oder einem moralischen Gebot verwechseln. Man kann gegen Gesetze, aber nicht gegen Naturgesetze verstoßen. Wenn ein Brücke einstürzt, dann nicht, weil der Bauingenieur gegen die Gesetze der Statik verstoßen hätte, sondern weil er sich verrechnet hat oder weil beim Bau geschlampt wurde.
MMarheinecke - Montag, 12. März 2007
Trackback URL:
https://martinm.twoday.net/stories/3424542/modTrackback