Alternativwelt - und: Alternativen in einer Welt
Nachricht aus einer Alternativwelt:
Eine alternative Welt, die ich schon deshalb für die "Bessere" halten würde. Auch wenn mir, als überzeugtem Republikaner, Monarchien, auch parlamentarische, zuwider sind, und ein Europa, das nicht zuletzt auf die "gemeinsamen Werte des Christentums" gegründet wäre, vielleicht ein Staatswesen wäre, aus dem ich lieber auswandern würde.
Es kann vermutet werden, dass Otto von Habsburg unter diesen Umständen ein "guter Monarch" gewesen wäre, denn bei einem nur durch die Kraft seiner Persönlichkeit wirkenden Staatsoberhaupt ohne reale Machtbefugnisse hätten sich die erzkonservativen Ansichten des realweltlichen CSU-Politikers nur wenig ausgewirkt.
Immerhin: er war, zusammen mit dem ungarischen Staatsminister und Reformer Imre Pozsgay, Schirmherr und Initiator des Paneuropäischen Picknicks am 19. August 1989. ein Meilenstein bei Überwindung des "Eisernen Vorhangs". Das wiegt - vielleicht - einige dumme bis rassistische Äußerungen, ein gerüttelt Maß an "Homophobie" traditionell-katholischer Bauart und einige Interviews für die "neurechte" Postille "Junge Freiheit" auf. Vielleicht. In der Realwelt war er nun einmal aktiver Politiker, und kein zur Zurückhaltung bei politischen Äußerungen angehaltener Monarch.
Übrigens - nimmt man die Kaiserproklamation von Kaiser Franz I. vom 11. August 1804 wörtlich, dann wäre Dr. Otto Habsburg-Lothringen, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, bis zur Abdankung in Form der Loyalitätserklärung gegenüber der Republik Österreich von 1961, nicht nur Erzherzog von Österreich, sondern Kaiser von Österreich gewesen!
In der Kaiserproklamation hieß es nämlich, dass von nun an das Oberhaupt des Hauses Österreich den Titel eines Kaisers von Österreich tragen sollte. Da die Proklamation gleichzeitig ausführt, dass sich durch die Annahme des Kaisertitels in den Verfassungen des Verbandes der Erbländer nichts ändere, ja es ausdrücklich vermeidet, den Verband der habsburgischen Erbländer als "Kaiserreich" zu bezeichnen, sagt es, dass der Kaisertitel der besondere Titel des Oberhauptes der habsburgischen Familie wäre.
Daraus folgt, dass das jeweilige Oberhaupt den Titel "Kaiser" tragen könnte, gleichgültig, wo und ob es regiert.
Berücksichtigt man den enormen symbolischen Gehalt des Titels "Kaiser", der Otto von Habsburg nach dieser monarchistischen Lesart war, und die im Vergleich zum fast bedeutungslos gewordenen ehemaligen deutschen Kaiserhaus Hohenzollern nach wie vor politisch und gesellschaftlich einflussreiche Familie Habsburg, dann wird vielleicht auch heute noch verständlich, wieso es auch nach der Loyalitätserklärung in Österreich zur "Habsburger-Krise 1961-1966" kommen konnte.
Heute, am 4. Juli 2011, verstarb im gesegneten Alter von 98 Jahren Seine Majestät Otto, Kaiser von Österreich und König von Ungarn, Ehrenpräsident der Zentraleuropäischen Union, in seinem Privathaus im Pöcking am Starnberger See im Königreich Bayern. "Er ist friedlich eingeschlafen", sagte die Sprecherin des Hofes. Sein ältester Sohn Karl, der schon seit 2007 als Regent die öffentlichen Aufgaben des Staatsoberhauptes übernommen hatte, wird als Kaiser Karl II. König Karl V. die Nachfolge des greisen Monarchen antreten.Soweit der Bericht aus einer glücklicherer Alternativwelt, in der es den 1. und 2. Weltkrieg nie gab, Österreich-Ungarn und Deutschland auf friedlichem Wege zu demokratischen Bundesstaaten (mit parlamentarischem Monarchie nach britischem, niederländischem und skandinavischem Muster) reformiert wurden, und schließlich ein europäischer Bundesstaat, der nur aus historischen Gründen nicht "Vereinigte Staaten von Europa" heißt, entstand. Eine Welt, in der Hitler immer ein radikaler, aber einflussloser Provinzpolitiker geblieben wäre, eine Welt ohne Vernichtungskrieg und ohne industriellen Massenmord an Millionen Juden, "Fremdrassigen", Schwulen, Behinderten und willkürlich zu "Volksfeinden" Erklärten.
Kaiser und König Otto herrschte seit seiner offiziellen Thronbesteigung im Jahre 1930 und war damit über 81 Jahre Staatsoberhaupt Österreich-Ungarns. Obwohl ihn die 1917 verabschiedete Verfassung einer lediglich repräsentative Rolle zuwies, war Otto eine treibende Kraft der paneuropäischen Bewegung, ja, er verkörperte geradezu das Prinzip des Vielvölkerstaates, der "Einheit in Verschiedenheit". Ohne ihn, als Symbolfigur und eloquenten Fürsprecher, wäre die Neubegründung des alten Österreichisch-Ungarischen Gemeinwesen als moderner Bundesstaat schwer vorstellbar gewesen; auch die Gründung zunächst der Konföderation mit dem Deutschen Reich, ab 1954 dann des Bundesstaates der Zentraleuropäischen Union, sowie die Aussöhnung mit Frankreich und dem 1918 neu gegründeten Polen, fand in ihm stets einen Fürsprecher.
Freilich war seine Majestät auch ein tief im katholischen Christentum verorteter Konservativer, was durchaus zu Spannungen mit dem protestantischen Preußen führte. Seine Vorstellung eines neuen "Heiligen Römischen Reiches" wurde selbst von wohlwollenden politischen Köpfen in den letzten Jahrzehnten seiner langen Regentschaft belächelt; von der politischen Linken und Zentraleuropäern moslemischen Glaubens sogar heftig angefeindet.
Eine alternative Welt, die ich schon deshalb für die "Bessere" halten würde. Auch wenn mir, als überzeugtem Republikaner, Monarchien, auch parlamentarische, zuwider sind, und ein Europa, das nicht zuletzt auf die "gemeinsamen Werte des Christentums" gegründet wäre, vielleicht ein Staatswesen wäre, aus dem ich lieber auswandern würde.
Es kann vermutet werden, dass Otto von Habsburg unter diesen Umständen ein "guter Monarch" gewesen wäre, denn bei einem nur durch die Kraft seiner Persönlichkeit wirkenden Staatsoberhaupt ohne reale Machtbefugnisse hätten sich die erzkonservativen Ansichten des realweltlichen CSU-Politikers nur wenig ausgewirkt.
Immerhin: er war, zusammen mit dem ungarischen Staatsminister und Reformer Imre Pozsgay, Schirmherr und Initiator des Paneuropäischen Picknicks am 19. August 1989. ein Meilenstein bei Überwindung des "Eisernen Vorhangs". Das wiegt - vielleicht - einige dumme bis rassistische Äußerungen, ein gerüttelt Maß an "Homophobie" traditionell-katholischer Bauart und einige Interviews für die "neurechte" Postille "Junge Freiheit" auf. Vielleicht. In der Realwelt war er nun einmal aktiver Politiker, und kein zur Zurückhaltung bei politischen Äußerungen angehaltener Monarch.
Übrigens - nimmt man die Kaiserproklamation von Kaiser Franz I. vom 11. August 1804 wörtlich, dann wäre Dr. Otto Habsburg-Lothringen, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, bis zur Abdankung in Form der Loyalitätserklärung gegenüber der Republik Österreich von 1961, nicht nur Erzherzog von Österreich, sondern Kaiser von Österreich gewesen!
In der Kaiserproklamation hieß es nämlich, dass von nun an das Oberhaupt des Hauses Österreich den Titel eines Kaisers von Österreich tragen sollte. Da die Proklamation gleichzeitig ausführt, dass sich durch die Annahme des Kaisertitels in den Verfassungen des Verbandes der Erbländer nichts ändere, ja es ausdrücklich vermeidet, den Verband der habsburgischen Erbländer als "Kaiserreich" zu bezeichnen, sagt es, dass der Kaisertitel der besondere Titel des Oberhauptes der habsburgischen Familie wäre.
Daraus folgt, dass das jeweilige Oberhaupt den Titel "Kaiser" tragen könnte, gleichgültig, wo und ob es regiert.
Berücksichtigt man den enormen symbolischen Gehalt des Titels "Kaiser", der Otto von Habsburg nach dieser monarchistischen Lesart war, und die im Vergleich zum fast bedeutungslos gewordenen ehemaligen deutschen Kaiserhaus Hohenzollern nach wie vor politisch und gesellschaftlich einflussreiche Familie Habsburg, dann wird vielleicht auch heute noch verständlich, wieso es auch nach der Loyalitätserklärung in Österreich zur "Habsburger-Krise 1961-1966" kommen konnte.
MMarheinecke - Montag, 4. Juli 2011
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