Der Meister des "Professorenromans" wird 75
Umberto Eco, geboren am 5. Januar 1932 in Alessandria, Piemont, ist Philosoph, Medienwissenschaftler und Professor für Semiotik an der Universität Bologna. Er ist politisch engagiert und machte als aktiver Gegner Silvio Berlusconis Schlagzeilen.
Berühmt wurde er allerdings als Romanautor - Der Name der Rose, Das Foucaultsche Pendel, Baudolino, Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana. Herrausragende Werke der intelligenten Spannungsliteratur. Und Professorenromane.
"Professorenroman" - das war noch zur Zeit, als ich als Gymnasiast meine Deutsch-Leistungskurse absolvierte, eine spöttische Bezeichnung für von Gelehrten geschrieben Romane, die beinahe in jedem Satz durchblicken ließen, für wie schrecklich gelehrt sich der Autor hält. Romane voller exotischer Fremdwörter, verschrobener Formulierungen und bedeutungsschwerer Anspielungen auf literarische Texte, ohne deren Kenntnis sich der Sinn des Ganzen nicht erschließt.
In einem Satz: Schwer verständliche und mit tonnenweise "Botschaft" beladene "Bildungsliteratur", vorzugsweise in einem schrecklich pathetischen Stil gehalten.
Allgemeiner, und ohne Spott, ist ein Professorenroman ein Roman, der von einem Professor über sein Fachgebiet geschrieben wird. Meistens entspricht das Ergebnis dann dem oben genannten, aber es gibt Ausnahmen:
J. R. R. Tolkien war Sprach- und Literaturwissenschaftler, Philologe und Professur für Anglistik. "Der Herr der Ringe" fällt genau in sein Fachgebiet.
Streng genommen würden auch zahlreiche Science Fiction-Romane unter "Professorenroman" fallen, da SF-schreibende Professoren aber meistens da anfangen, wo die "seriöse" Wissenschaft aufhört, werden z. B. die Werke Carl Sagans, Isaac Asimovs oder Samuel R. Delanys gemein hin nicht hier eingeordnet.
Umberto Ecos Werke sind Professorenromane, fast, aber nur fast, in der Tradition der von Kulturhistorikern verfassten kulturhistorischen Schmöker des 19. Jahrhunderts, deren lesbarster und populärster Vertreter der unterhaltsam schreibende Althistoriker und Germanenschwärmer Felix Dahn war. Eco ist nicht nur ein um Klassen besserer Schriftsteller, er hat auch ein bei weitem besseres, weil nicht belehrendes, sondern zum Selbstdenken anregendes, "didaktische Konzept". Aus Ecos Romanen kann man viel lernen, ohne das es unangenehm auffällt. Er ist keiner jener Schreiber, die einen zu etwas "kriegen" wollen.
Vor allem ist Eco ein Aufklärer. (Was man von Dahn nicht gerade behaupten kann.)
Da ich gerne Verschwörungtheorien demontiere, liegt mir unter Ecos Romamen "Das Focaultsche Pendel" besonders am Herzen. (Allein 23 der Beiträge, die ich im Laufe des letzten Jahres für dieses Blog schrieb, beschäftigen sich mit Verschwörungstheorien. Wobei es manchen ganz hartgesottenen V-Theoretikern zu denken geben wird, dass es ausgerechnet 23 Beiträge sind ... )
In Ecos Roman geht es, anders als etwa in den Verschwörungs-Thrillern Dan Browns, um die Beliebigkeit, mit der sich aus Tatsachen irreale Verschwörungstheorien zusammenbasteln lassen. An diesen Theorien stimmen dann alle Fakten, auch die Art und Weise, wie die Fakten miteinander verknüft sind, ist in sich logisch, aber die Theorien als Ganzes haben mit der "Welt da draußen" herzlich wenig zu tun. Was nichts daran ändert, dass sie dann bei hinreichender Paranoia auch geglaubt werden.
Es geht im "Foucaultschen Pendel" um eine typische pseudowissenschaftliche Verschwörungstheorie, genannt "der Plan", nach der die Tempelritter a) auf eine geheimnissvolle Energiequelle gestoßen sind, b) sich für die Verfolgung ihres Ordens im 14. Jahrhundert rächen wollen und natürlich c) nach der Weltherrschaft greifen. Drei Freunde bauen ihre Theorie über "den Plan" als eine Art satirisches intellektuelles Spiel immer weiter aus.
Sie benutzen, um neue Inspirationen für "den Plan" zu erhalten, z. B. einen PC, der so programmiert ist, dass er "Zusammenhänge" erstellt, indem er nach dem Zufallsprinzip Wörter aus echten esoterischen Schriften und Verschwörungstheorien verknüpft.
Ein amüsanter Seitenhieb ist das Ergebnis des ersten Versuches: eine Verschwörungstheorie, wonach Maria Magdalena die Geliebte Jesu Christi und Behältnis von dessen Nachkommen, der wahre Heilige Gral sein soll.
Genau diese These liegt dem Bestseller "Der heilige Gral und seine Erben" von Michael Baigent, Henry Lincoln und Richard Leigh zugrunde. Und die übrigens auch dem lange nach Eco Buch erschienen Thriller "The Da Vinci Code" / "Das Sakrileg" von Dan Brown zugrunde liegt.
Den Umberto Eco nicht nur deshalb verabscheut, weil er für die Hauptperson des Romans, dem Semioniker Robert Langdon, unverkennbar als "Vorlage" diente - wobei Langdon als Symbolforscher etwa so glaubwürdig geriet wie Indiana Jones als Archäologe.
Berühmt wurde er allerdings als Romanautor - Der Name der Rose, Das Foucaultsche Pendel, Baudolino, Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana. Herrausragende Werke der intelligenten Spannungsliteratur. Und Professorenromane.
"Professorenroman" - das war noch zur Zeit, als ich als Gymnasiast meine Deutsch-Leistungskurse absolvierte, eine spöttische Bezeichnung für von Gelehrten geschrieben Romane, die beinahe in jedem Satz durchblicken ließen, für wie schrecklich gelehrt sich der Autor hält. Romane voller exotischer Fremdwörter, verschrobener Formulierungen und bedeutungsschwerer Anspielungen auf literarische Texte, ohne deren Kenntnis sich der Sinn des Ganzen nicht erschließt.
In einem Satz: Schwer verständliche und mit tonnenweise "Botschaft" beladene "Bildungsliteratur", vorzugsweise in einem schrecklich pathetischen Stil gehalten.
Allgemeiner, und ohne Spott, ist ein Professorenroman ein Roman, der von einem Professor über sein Fachgebiet geschrieben wird. Meistens entspricht das Ergebnis dann dem oben genannten, aber es gibt Ausnahmen:
J. R. R. Tolkien war Sprach- und Literaturwissenschaftler, Philologe und Professur für Anglistik. "Der Herr der Ringe" fällt genau in sein Fachgebiet.
Streng genommen würden auch zahlreiche Science Fiction-Romane unter "Professorenroman" fallen, da SF-schreibende Professoren aber meistens da anfangen, wo die "seriöse" Wissenschaft aufhört, werden z. B. die Werke Carl Sagans, Isaac Asimovs oder Samuel R. Delanys gemein hin nicht hier eingeordnet.
Umberto Ecos Werke sind Professorenromane, fast, aber nur fast, in der Tradition der von Kulturhistorikern verfassten kulturhistorischen Schmöker des 19. Jahrhunderts, deren lesbarster und populärster Vertreter der unterhaltsam schreibende Althistoriker und Germanenschwärmer Felix Dahn war. Eco ist nicht nur ein um Klassen besserer Schriftsteller, er hat auch ein bei weitem besseres, weil nicht belehrendes, sondern zum Selbstdenken anregendes, "didaktische Konzept". Aus Ecos Romanen kann man viel lernen, ohne das es unangenehm auffällt. Er ist keiner jener Schreiber, die einen zu etwas "kriegen" wollen.
Vor allem ist Eco ein Aufklärer. (Was man von Dahn nicht gerade behaupten kann.)
Da ich gerne Verschwörungtheorien demontiere, liegt mir unter Ecos Romamen "Das Focaultsche Pendel" besonders am Herzen. (Allein 23 der Beiträge, die ich im Laufe des letzten Jahres für dieses Blog schrieb, beschäftigen sich mit Verschwörungstheorien. Wobei es manchen ganz hartgesottenen V-Theoretikern zu denken geben wird, dass es ausgerechnet 23 Beiträge sind ... )
In Ecos Roman geht es, anders als etwa in den Verschwörungs-Thrillern Dan Browns, um die Beliebigkeit, mit der sich aus Tatsachen irreale Verschwörungstheorien zusammenbasteln lassen. An diesen Theorien stimmen dann alle Fakten, auch die Art und Weise, wie die Fakten miteinander verknüft sind, ist in sich logisch, aber die Theorien als Ganzes haben mit der "Welt da draußen" herzlich wenig zu tun. Was nichts daran ändert, dass sie dann bei hinreichender Paranoia auch geglaubt werden.
Es geht im "Foucaultschen Pendel" um eine typische pseudowissenschaftliche Verschwörungstheorie, genannt "der Plan", nach der die Tempelritter a) auf eine geheimnissvolle Energiequelle gestoßen sind, b) sich für die Verfolgung ihres Ordens im 14. Jahrhundert rächen wollen und natürlich c) nach der Weltherrschaft greifen. Drei Freunde bauen ihre Theorie über "den Plan" als eine Art satirisches intellektuelles Spiel immer weiter aus.
Sie benutzen, um neue Inspirationen für "den Plan" zu erhalten, z. B. einen PC, der so programmiert ist, dass er "Zusammenhänge" erstellt, indem er nach dem Zufallsprinzip Wörter aus echten esoterischen Schriften und Verschwörungstheorien verknüpft.
Ein amüsanter Seitenhieb ist das Ergebnis des ersten Versuches: eine Verschwörungstheorie, wonach Maria Magdalena die Geliebte Jesu Christi und Behältnis von dessen Nachkommen, der wahre Heilige Gral sein soll.
Genau diese These liegt dem Bestseller "Der heilige Gral und seine Erben" von Michael Baigent, Henry Lincoln und Richard Leigh zugrunde. Und die übrigens auch dem lange nach Eco Buch erschienen Thriller "The Da Vinci Code" / "Das Sakrileg" von Dan Brown zugrunde liegt.
Den Umberto Eco nicht nur deshalb verabscheut, weil er für die Hauptperson des Romans, dem Semioniker Robert Langdon, unverkennbar als "Vorlage" diente - wobei Langdon als Symbolforscher etwa so glaubwürdig geriet wie Indiana Jones als Archäologe.
MMarheinecke - Freitag, 5. Januar 2007