"Unwort des 21. Jahrhunderts"
Diesen Beitrag auf BooCompany: Ein-Euro-Jobs sind moderne Sklaverei
ist absichtlich provokativ. Eine Provokation, die ich für notwendig halte.
Ich halte Ein-Euro-Jobs nicht für moderne Sklaverei, aber: das Menschenbild, dass dahinter steht, gefällt mir gar nicht.
Der meiner Ansicht nach entscheidende Punkt, an dem klar wird, was an diesem Menschenbild faul ist, ist dass der Mensch
2.: als Sache behandelt wird
Diese im wahrsten Sinne des Wortes inhumane Einstellung drückt das Unwort des 20. Jahrhunderts knapp und treffend aus: Menschenmaterial
Das Schlimmste dabei ist, dass sich mehr und mehr Menschen mehr und mehr selbst als "Material" wahrnehmen! - "freiwillig" - etwa der als Lebenssinn erlebten Karriere, aus Spießigkeit oder Sozialängsten heraus - "was sollen denn die Leute von mir denken?" - "die Leute" sind dabei nicht etwa konkrete Menschen, sondern die Personifizierung der Angst vor dem Prestigeverlust - oder unter massivem Druck - wie im Falle der Langszeitarbeitslosen, die sich wie abgeschriebene Maschinen auf ihre "Buchwert" (einen Euro) und ihren "Restnutzen" reduziert sehen (was zu der Bürokratien immanenten Neigung, Menschen auf ihre Akteneinträge zu reduzieren, noch hinzu kommt).
ist absichtlich provokativ. Eine Provokation, die ich für notwendig halte.
Ich halte Ein-Euro-Jobs nicht für moderne Sklaverei, aber: das Menschenbild, dass dahinter steht, gefällt mir gar nicht.
Der meiner Ansicht nach entscheidende Punkt, an dem klar wird, was an diesem Menschenbild faul ist, ist dass der Mensch
2.: als Sache behandelt wird
Diese im wahrsten Sinne des Wortes inhumane Einstellung drückt das Unwort des 20. Jahrhunderts knapp und treffend aus: Menschenmaterial
Neben dem »Unwort des Jahres 1999« wählte die Jury auf der Grundlage der mehrjährigen Sammlung von Unwort-Vorschlägen und wortgeschichtlicher Untersuchungen mit dem Begriff »Menschenmaterial« auch das »Unwort des 20.Jahrhunderts«. »Menschenmaterial« ist zwar bereits im 19. Jahrhundert aufgekommen und spielt u.a. schon bei Karl Marx (1867) eine Rolle, (Allerdings benutzte Marx diesen Begriff in kritischer Absicht! MM) hat aber im 20.Jahrhundert seine besonders zynische Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt als Umschreibung von Menschen, die als Soldaten im 1. und 2. Weltkrieg »verbraucht« wurden. Dieser zeiten- und ideologienübergreifende Begriff steht exemplarisch für die weitgediehene Tendenz, Menschen nur noch nach ihrem »Materialwert« einzuschätzen. Er ist gleichsam der Vater für ebenfalls zynische Begriffe wie »Schüler-, Lehrer- oder Spielermaterial«, aber auch für Unwörter wie »Patienten-, Geburten- oder Häftlingsgut«. Das Medizinern immer noch geläufige Wort vom »Patientengut« wurde 1999 durch einen süddeutschen Klinikchef noch unterboten, der Todkranke gar als »morbides Patientenmaterial« umschrieb. Dem Ungeist, der solchen Wortschöpfungen zugrunde liegt, entsprechen denn auch zahlreiche andere Materialisierungen des Menschen wie »Biorohstoffe«, »Organgewinnung«, »weiche Ziele« (im Artilleristenjargon), »Humankapital« und »Bodyleasing« sowie die Abfallmetaphern »Belegschaftsaltlasten«, »Personalentsorgung« und »Wohlstandsmüll«.Der Trend dazu, Menschen zu "verdinglichen" setzt sich im beginnenden 21. Jahrhundert fort. Er ist der menschenverachtende gemeinsame Nenner zwischen den Ideologien der "Staatsgläubigkeit" und denen der "Marktgläubigkeit" - wobei es ja durchaus Ideologen gibt, die zugleich an den "starken Staat" und den "freien Markt" glauben - dazu muß man nicht mal nach China sehen.
Das Schlimmste dabei ist, dass sich mehr und mehr Menschen mehr und mehr selbst als "Material" wahrnehmen! - "freiwillig" - etwa der als Lebenssinn erlebten Karriere, aus Spießigkeit oder Sozialängsten heraus - "was sollen denn die Leute von mir denken?" - "die Leute" sind dabei nicht etwa konkrete Menschen, sondern die Personifizierung der Angst vor dem Prestigeverlust - oder unter massivem Druck - wie im Falle der Langszeitarbeitslosen, die sich wie abgeschriebene Maschinen auf ihre "Buchwert" (einen Euro) und ihren "Restnutzen" reduziert sehen (was zu der Bürokratien immanenten Neigung, Menschen auf ihre Akteneinträge zu reduzieren, noch hinzu kommt).
MMarheinecke - Samstag, 16. September 2006
Trackback URL:
https://martinm.twoday.net/stories/2676197/modTrackback