Japan hat nicht gewonnen ...

Damit meine ich nicht etwa die Fußball-WM, sondern die Internationale Walfangkommission (IWC). Japans Anträge, Kleinwale und deren Erhaltung von der Tagesordnung zu streichen sowie die Einführung geheimer Wahlen, wurden mit jeweils einer knappen Mehrheit abgelehnt. Umweltschutz-News: Walschützer gewinnen erste Runde

Erstaunlich ist allerdings Japans massiver Lobbyismus - einschließlich Stimmenkauf - für die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfanges, angesichts der real geringen wirtschaftlichen Bedeutung. Weniger erstaunlich ist die Enthaltung Dänemarks, weil von einem gelockerten Walfangverbot Grönland und die Faröer klare wirtschaftliche Vorteile hätten - andererseits eine weitgehende "Liberalisierung" im Sinne der japanische Delegation dem auch dort gut verankerten Naturschutzgedanken widerspäche. Hier sei ein Hinweis auf die scheinbar paradoxe Haltung der "traditionellen Walfangnation" Norwegen angebracht, zugleich für einen (begrenzten) Walfang und für Walschutz-Programme zu sein.

Übrigens: allen "Whale Huggern" sei folgendes Video empfohlen. (Via martin hagen, mit dem ich übrigens nicht ganz einer Meinung bin.)
Das "natürliche Gleichgewicht" ist nun mal keine harmlose Idylle und Sentimentalität keine gute Grundlage für wirksamen Natur- und Umweltschutz. Wahrscheinlich ist Whale-Hugging noch nicht mal eine gute Grundlage für Greenpeace-Kampagnen, wenn es wirklich um mehr als Spendeneinnahmen gehen soll. Und PeTA halte ich nach wie vor für die dümmste aller NGOs.

Ergänzung, 19. Juni:
dpa: Teilsieg für Walfangnationen
Ein nicht ganz unerwarteter Teilsieg:
Die wesentlichen Bestandteile der Deklaration sind: Die Nutzung von Walen trägt zur Reduzierung von Armut bei. Es gibt keine weitere Notwendigkeit für den Fortbestand des kommerziellen Walfangverbotes. Des weiteren wird die IWC scharf kritisiert, es nicht vollbracht zu haben, das Bewirtschaftungsverfahren für Walbestände fertigzustellen und einzusetzen. Dieses ist nach Ansicht von Nicolas Entrup von der Umweltschutzorganisation WDSC gleichzusetzen mit der Wiederzulassung des kommerziellen Walfangs.
Ein wesendlicher Fehler der Walschützer war es meines Erachtens, die berechtigten ökonomischen Interessen kleiner, armer Inselstaaten am Walfang außer Acht gelasssen zu haben. Eine offene Flanke für die japanische Walfanglobby, der ich solche berechtigten Interessen nicht zubilligen mag, aber unberechtigte Interessen können, wenn genügend Geld dahintersteht, ebenso wirksam sein. Die Anti-Walfang Politik der IWC seit 1986 ging von einer "alles oder nichts" Politik aus, die gerade zwei legale Schlumpflöcher für den Walfang lies: den Walfang für wissenschaftliche Zwecke (eine von Japan eifrig mißbrauchte Klausel) und die traditionelle Jagd auf Kleinwale "indigener Völker" (zur Erbitterung z. B. der norwegischen Fischer: "Warum dürfen die Grönländer etwas, was uns verboten ist?"). Norwegen ist ohnehin ein Sonderfall, der wahrscheinlich auch sehr stark von der ausgepägten Angst weiter Teile der norwegischen Bevölkerung vor äußerer Einmischung in "ureigenste" Angelegenheiten geprägt wird. "Wenn schon Walschutz, dann nur auf der Grundlage nationaler Gesetze".
Außerdem wird in dem Dokument festgestellt, dass Wale große Mengen Fisch fressen. Dementsprechend habe das "Management von Walen" große Bedeutung für die Ernährung von Küstenregionen.
Ein - ökologisch dummes - Argument, das allerdings auch in den selbsternannten Hochburgen ökologischen Denkens gängig ist. Es besteht nämlich grundsätzlich kein Unterschied zwischen einem Fischer, der darüber klagt, dass ihm die (Zahn-)Wale "seine" Fische wegfressen würden, und einem Fischer, der über Kormorane und andere fischfressende Vögel klagt. In Schleswig-Holstein führte das dazu, dass die geschützten Tauchvögel in unbegrenzter Zahl und ohne förmliche Genehmigung geschossen werden dürfen. Feuer frei auf den Naturschutz
Wobei man Kormorane noch nicht einmal essen kann ...

Ich habe den dummen Verdacht, dass die mehr auf "starke Gefühle" als auf ökologische und ökonomische Sachargument ausgerichteten "Walknutscher"-Kampagnen sehr zur Spaltung der IWC beigetragen haben und letzten Endes dem Walschutz einen Bärendienst erwiesen haben.

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