Leukämie und Mini-Atombomben (Teil 2)
(Erster Teil)
Vorbemerkung
Ich behaupte nicht, dass "Bloggen" sehr viel mit "professionellem" investigativen Journalismus zu tun hätte - schon die Recherchemöglichkeiten sind arg beschränkt, selbst im Vergleich zu einer Lokalzeitung. Wenn man als Blogger überhaupt recherchieren will (ich will auch nicht in jedem Fall). Obwohl ich mich diesem besonderen Fall durchaus persönlich bei der GKSS umsehen kann. Ich kenne Leute, die damals bei der GKSS arbeiteten, einige sogar im Bereich "Strahlenschutz". Und mir steht, außer dem Internet und den öffentlichen Büchereien noch die Staatsbibliothek zur Verfügung. Das heißt, ich kann mich erst mal gründlich schlau machen, ehe ich schreibe.
Genau das habe ich getan. Ich wußte z. B. nicht, was es mit den ominösen PAC (oder pac) auf sich hat. Oder ich wußte es nur aus einer Quelle - der ARGE PhAM und jenen, die sich auf ihre Ergebnisse berufen. Wurden überhaupt PAC-Kügelchen in der Elbmarsch gefunden?
Schon vor 2000 wurde über PAC-Funde berichtet. Der Bericht des von der damaligen Schleswig-Holsteiner Landesregierung beauftragten Sachverständigen ist auch heute noch sehr aufschlußreich: Behauptete Befunde von Kernbrennstoffpartikeln in der Umgebung von KKK / GKSS
Interessant ist z. B. die Darstellung eines Störfalls in einer "heißen Zelle" des GKSS im Jahre 1983, der zwar keineswegs vertuscht wurde (er war z. B. mir damals bekannt), der aber relativ wenig Aufsehen erregte - wohl, weil die in die Umwelt gelangte Aktivität mit 1 600 Mega Bq radioaktiven Jods 131 und 8 000 Mega Bq radioaktiven Edelgasen recht gering war. (Das führte zu einer Belastung von ca. 5 Bq pro kg Gras (Frischsubstanz) bei einigen Proben in der Umgebung - nach "Tschernobyl" waren es z. B. 250 Bq pro Kg Gras.)
Die ARGE PhAM behauptete, dass gemäß Interatomberichten am GKSS mit PACs gearbeitet wurde. Der Sachverständigen-Bericht weist - m. E. schlüssig - nach, dass die ARGE PhAM falsch und sinnentstellend zitiert hat.
Außerdem wird bemängelt, dass die Darstellung der ARGE PhAM unscharf und schwer verständlich sind und das es an Darlegungstiefe fehlt.
Fast alle journalistische Darstellungen, um was es bei den angeblich gefundenen PAC eigentlich geht, leiden darunter, dass höchst unterschiedliche Begriffe fast beliebig durcheinander geworfen werden - Fusion mit Kernspaltung, Mini-Atombomben mit Versuchsreaktoren, Thorium-Brennelemente mit PAC usw., bis überhaupt nicht mehr klar ist, was den was ist (auch ich habe mich durch diese Verwirrung verwirren lassen).
Im Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) Hamm-Uetrop wurden z. B. keine pac-Brennstoffe verwendet, jedoch tennisballgroße Brennelement-Kugeln aus Graphit, in denen das Spaltmaterial ain Form von Körnchen aus Uran 235 (primärem Brennstoff) und Thorium 232 (aus dem im Betrieb spaltbares Uran 233 "erbrütet" wird) vorliegt. (siehe auch: wikipedia Hochtemperaturreaktor).
Aufschlußreich und gut lesbar ist auch der Untersuchungsbericht der Staatsanwaltschaft Lübeck zu angeblichen Kernbrennstoffpartikeln in der Elbmarsch - Bewertung durch die Atomaufsicht.
Andererseits ist klar, dass tatsächlich Partikel aus radioaktivem Material im Umkreis um das GKSS gefunden wurden. Das darin die namengebenden Elemente Plutonium, Americium und Curium (pac) vorkommen, könnte tatsächlich darauf hinweisen, das die Partikel pac oder Bruchstücke von pac sind. Andererseits wurden auch Thorium 232 und verschiedene Uranisotope darin gefunden - Elemente, die nicht für pac, sondern für THTR-Brennelemente typisch wären. Und das ebenfalls lt. ARGE phAM nachgewiese Tritium, Lithium und Bor machen weder im Zusammenhang mit pac noch mit THTR-Brennstoffen Sinn.
Für mich liegt der Schluß nahe, dass die gefundenen und auch im Fernsehen gezeigten Kügelchen gar keine PAC sind - sondern, salopp formuliert, "irgendein radioaktiver Dreck".
Etwas länger, aber interessant, von der Strahlenschutzkommision: Bewertung von Messungen der ARGE PhAM zur Radioaktivität in der Elbmarsch
Die Existenz der u. A. im Hausstaub gefundenen radioaktiven Kügelchen wude übrigens von der GKSS nicht bestritten. Sie hat selbst Untersuchungen an diesen Kügelchen vorgenommen.
Leider stehen die Untersuchungsberichte der ARGE PhAM (offensichtlich) nicht online.
Teil 3
Vorbemerkung
Ich behaupte nicht, dass "Bloggen" sehr viel mit "professionellem" investigativen Journalismus zu tun hätte - schon die Recherchemöglichkeiten sind arg beschränkt, selbst im Vergleich zu einer Lokalzeitung. Wenn man als Blogger überhaupt recherchieren will (ich will auch nicht in jedem Fall). Obwohl ich mich diesem besonderen Fall durchaus persönlich bei der GKSS umsehen kann. Ich kenne Leute, die damals bei der GKSS arbeiteten, einige sogar im Bereich "Strahlenschutz". Und mir steht, außer dem Internet und den öffentlichen Büchereien noch die Staatsbibliothek zur Verfügung. Das heißt, ich kann mich erst mal gründlich schlau machen, ehe ich schreibe.
Genau das habe ich getan. Ich wußte z. B. nicht, was es mit den ominösen PAC (oder pac) auf sich hat. Oder ich wußte es nur aus einer Quelle - der ARGE PhAM und jenen, die sich auf ihre Ergebnisse berufen. Wurden überhaupt PAC-Kügelchen in der Elbmarsch gefunden?
Schon vor 2000 wurde über PAC-Funde berichtet. Der Bericht des von der damaligen Schleswig-Holsteiner Landesregierung beauftragten Sachverständigen ist auch heute noch sehr aufschlußreich: Behauptete Befunde von Kernbrennstoffpartikeln in der Umgebung von KKK / GKSS
Interessant ist z. B. die Darstellung eines Störfalls in einer "heißen Zelle" des GKSS im Jahre 1983, der zwar keineswegs vertuscht wurde (er war z. B. mir damals bekannt), der aber relativ wenig Aufsehen erregte - wohl, weil die in die Umwelt gelangte Aktivität mit 1 600 Mega Bq radioaktiven Jods 131 und 8 000 Mega Bq radioaktiven Edelgasen recht gering war. (Das führte zu einer Belastung von ca. 5 Bq pro kg Gras (Frischsubstanz) bei einigen Proben in der Umgebung - nach "Tschernobyl" waren es z. B. 250 Bq pro Kg Gras.)
Die ARGE PhAM behauptete, dass gemäß Interatomberichten am GKSS mit PACs gearbeitet wurde. Der Sachverständigen-Bericht weist - m. E. schlüssig - nach, dass die ARGE PhAM falsch und sinnentstellend zitiert hat.
Außerdem wird bemängelt, dass die Darstellung der ARGE PhAM unscharf und schwer verständlich sind und das es an Darlegungstiefe fehlt.
Fast alle journalistische Darstellungen, um was es bei den angeblich gefundenen PAC eigentlich geht, leiden darunter, dass höchst unterschiedliche Begriffe fast beliebig durcheinander geworfen werden - Fusion mit Kernspaltung, Mini-Atombomben mit Versuchsreaktoren, Thorium-Brennelemente mit PAC usw., bis überhaupt nicht mehr klar ist, was den was ist (auch ich habe mich durch diese Verwirrung verwirren lassen).
Im Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) Hamm-Uetrop wurden z. B. keine pac-Brennstoffe verwendet, jedoch tennisballgroße Brennelement-Kugeln aus Graphit, in denen das Spaltmaterial ain Form von Körnchen aus Uran 235 (primärem Brennstoff) und Thorium 232 (aus dem im Betrieb spaltbares Uran 233 "erbrütet" wird) vorliegt. (siehe auch: wikipedia Hochtemperaturreaktor).
Aufschlußreich und gut lesbar ist auch der Untersuchungsbericht der Staatsanwaltschaft Lübeck zu angeblichen Kernbrennstoffpartikeln in der Elbmarsch - Bewertung durch die Atomaufsicht.
Andererseits ist klar, dass tatsächlich Partikel aus radioaktivem Material im Umkreis um das GKSS gefunden wurden. Das darin die namengebenden Elemente Plutonium, Americium und Curium (pac) vorkommen, könnte tatsächlich darauf hinweisen, das die Partikel pac oder Bruchstücke von pac sind. Andererseits wurden auch Thorium 232 und verschiedene Uranisotope darin gefunden - Elemente, die nicht für pac, sondern für THTR-Brennelemente typisch wären. Und das ebenfalls lt. ARGE phAM nachgewiese Tritium, Lithium und Bor machen weder im Zusammenhang mit pac noch mit THTR-Brennstoffen Sinn.
Für mich liegt der Schluß nahe, dass die gefundenen und auch im Fernsehen gezeigten Kügelchen gar keine PAC sind - sondern, salopp formuliert, "irgendein radioaktiver Dreck".
Etwas länger, aber interessant, von der Strahlenschutzkommision: Bewertung von Messungen der ARGE PhAM zur Radioaktivität in der Elbmarsch
Die Existenz der u. A. im Hausstaub gefundenen radioaktiven Kügelchen wude übrigens von der GKSS nicht bestritten. Sie hat selbst Untersuchungen an diesen Kügelchen vorgenommen.
Leider stehen die Untersuchungsberichte der ARGE PhAM (offensichtlich) nicht online.
Teil 3
MMarheinecke - Mittwoch, 5. April 2006
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