Feige Würstchen überall

Das Halberstädter Beispiel macht leider Schule: Auch anderswo kneifen Kommunalpolitiker vor rechtsextremen Drohungen den Schwanz ein und sagen Anti-Nazi Veranstaltungen ab. In der Gemeinde Auetal (Kreis Schaumburg) ist ein Konzert gegen Rechtsextremismus wegen befürchteter rechtsradikaler Gegenaktionen untersagt worden. Abendblatt: Konzert gegen Nazis abgesagt - Angst vor Rechts

Es geht aber auch anders: Großaufgebot der Polizei sichert Demonstrationen in Halbe

Sicher ist es kein "schönes Bild", wenn demokratische Veranstaltungen nur noch unter Polizeischutz stattfinden können. Die Illusion, alles sei in Ordnung und alle Deutschen seien brave Bürger, läßt sich nicht aufrecht erhalten. "Appeasement" gegenüber gewaltbereiten Fanatikern hat immer wieder versagt. Ich plädiere nicht für "hartes Durchgereifen" in jedem Fall oder gar "Präventiveinsätze", aber es muß jedem potenziellen Störenfried klar gemacht werden: Wie können und wollen uns wehren - notfalls auch mit Gewalt!

In diesem Zusammenhang vielleicht wichtig: mdr:Bombendrohung gegen Festival "Bunt statt Braun" in Magdeburg Das Konzert mußte wegen einer Bombendrohung für eineinhalb Stunden unterbrochen werden.
Zum Glück wurde es nicht abgebrochen, auch wenn die gute Stimmung garantiert im Eimer war!

Wichtiger Nachtrag, So. 12. März!
Ich habe die Situation in Halbe wohl falsch eingeschätzt: Netzeitung: Scharfe Kritik an Polizeieinsatz in Halbe

Anscheinend sahen die in Halbe eingesetzten Polizeikräfte in den Gegendemonstranten in erster Linie ein Sicherheitsrisiko, weshalb sie unverhältnismäßig strenge und vom Datenschutz her bedenkliche Personenkontrollen vornahmen.

Also stand leider auch hier nicht der Schutz der Demokratie, sondern der der "Ruhe und Ordnung" an oberster Stelle. (Der Theaterdonner des PDS-Landesvorsitzenden Thomas Nord ist meiner Ansicht nach dennoch übertrieben. "Kriminalisierung" sieht anders aus.)

Im Falle Halberstadt argumentiert der Landrat juristisch logisch: Konzerte für Geld dürfen in Schulen grundsätzlich nicht stattfinden. Zwar ist das Wecker-Konzert nichtkommerziell, weil die Gewinne an das soziokulturelle Zentrum fließen, aber genau das schafft den Präzendenzfall, durch die die NPD erzwingen könnte, dass für sie gleiche Bedingungen herrschen: Sonderregelungen für "politisch relevante" Veranstaltungen.
Das heißt, schon im Vorfeld der Veranstaltung ist so viel schief gelaufen, dass mir das Vorgehen des Landrats angesichts etlicher von der NPD gewonnenen Prozesse resignierend-realistisch (fatalistisch?) erscheint. Ich kann diese Argumentation verstehen, wenn auch mit Bauchgrimmen. Klammheimlich Sympathie oder simples "Kuschen" vor den "braunen Kameraden" kann ich nicht erkennen. Wecker im "Spiegel"-Interview:
Der örtliche Landrat Henning Rühe hat sich allerdings noch sehr bemüht, einen Ausweichort für das Konzert zu finden.
Angesichts dessen fällt es mir schwer, Herrn Rühe wirklich mangelnde Zivilcourage zu unterstellen. Allerdings stellt sich die Frage, ob er auch ohne die implizierte Gewaltandrohung der NPD und deren juristische "Erfolge" auf diese traurigen Konsequenzen gekommen wäre. Was für ein politisches Klima muß am nördlichen Harzrand (und nicht nur dort!) herrschen, dass man sich auf solche Winkelzüge einlassen muß?

Immer wieder zum kotzen
Karan - 12. Mär, 22:41

Wäre das mit dem Eintrittsgeld wirklich so ein "grundsätzliches" Problem gewesen, so wäre es mit Sicherheit schon in der allerersten Planungsphase für das Konzert zur Sprache gekommen! Mir scheint da eher verzweifelt ein halbwegs logisch klingender Grund für die sehr kurzfristige Absage gesucht worden zu sein... Armselig, das.

MMarheinecke - 12. Mär, 23:31

Armselig, aber realistisch

Ich möchte nicht in der Haut des Herrn Landrat Rühe stecken - egal, was er tut, es dürfte grundverkehrt sein. So kurzfristig, wie es schien, war die Absage übrigens nicht, sie erfolgte Anfang Februar, einvernehmlich mit dem soziokulturellen Zentrum Zora.
Rühe bestreitet, dass diese Drohung zur Absage geführt habe: "Das hat uns nicht beeindruckt." Maßgeblich sei vielmehr die Ankündigung der NPD gewesen, eigene "Konzerte Nationaler Liedermacher und Musikgruppen" einzuklagen - ein Horrorszenario für den parteilosen Landrat. "Wir hätten keine Handhabe mehr gehabt, rechte Konzerte mit entsprechendem Publikum zu verhindern." In diesem Sinne sei die Entscheidung "prophylaktisch" gewesen. Lieber stehe er jetzt in der Kritik, als später wegen einer rechten Veranstaltung.
Quelle: Berliner Zeitung

Die Eintrittsgeld-Sache scheint, da hast Du recht, tatsächlich mehr ein Nebenthema zu sein.

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karan.twoday.net - 11. Mär, 13:38

Staatlich gepr

... gibt es, wie MM dankenswerter... [weiter]

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