Mehr als Fett & Filz: vor 20 Jahren starb Joseph Beuys

"Die einzig revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität. Die einzig revolutionäre Kraft ist die Kunst."
Er ist heute meistens nur als "spinnerter Künstler", der ständig einen speckigen Hut trug, erinnerlich, als Provokateur, der unappetitliche und unverständliche Installationen, vorzugsweise aus Filz und Fett, schuf. Häufigster Kommentar, nicht nur von sog. Spießern: "Was soll denn das mit Kunst zu tun haben?"

Die ständige Überforderung von Austellern und Publikum gehörte zweifellos zum Programm des politisch engagierten Künstlers, der tatsächlich einen (mir sympatischen) Hang zur Eulenspiegelei hatte. Aber Beuys war alles andere als ein "Scharlatan": auch als traditioneller Bildhauer und Zeichner konnte er bestehen, "Meisterschüler" bei Ewald Mataré wird man nicht durch Schaumschlägerei, und Beuyst war nicht von ungefähr 10 Jahre lang Professor für Bildhauerei an der Düsseldorfer Kunstakademie.
Als "normaler", "seriöser" Künstler wäre er allerdings einer von Tausenden gewesen. Joseph Beuys hatte viel zu sagen, zu Menschenrechten, zur gesellschaftlichen Mißständen, zur Abrüstung und immer wieder zu Ökologie und Naturschutz.
Dank seiner provokativen Konzeptkunst hörte man ihm auch zu. (Jedoch um den Preis, dass man ihn nicht immer ernst nahm.)

-> wikipedia:Joseph Beuys

Auf dem Höhepunkt der "Nachrüstungsdebatte" und der Friedensbewegung in der BRD um 1982 trat er auch als Politsänger mit dem Song "Sonne statt Reagan" auf. Er schaffte es sogar ins öffentlich-rechtliche Radioprogramm.

Wenig bekannt ist, dass der Naturfreund, Naturmystiker und Umweltschützer Beuys in den 50er Jahren als Assistent des bekannten Tierfilmers Heinz Sielmann an in ihrer ökologischen Botschaft und "unlehrhaften" Machart bahnbrechenden Naturdokumentarfilmen beteiligt war.

Ganz im Sinne der ökologischen Botschaft, ganz im Sinne des von ihm verkündeten Mottos "Jeder ist ein Künstler" und ganz ohne Fett, Filz und Provokation kam Joseph Beuys letzte große Aktion aus:
Unter dem Motto: "7000 Eichen - Stadt-verwaldung statt Stadt-verwaltung", türmte er auf der Dokumenta in Kassel 7000 Basaltblöcke auf, mit dem Ziel, den Berg aus riesigen Steinen nach und nach dadurch abzutragen, dass jeder, der 500 DM spendete, einen Basaltblock entfernen und dafür an anderer Stelle ein Eichenbäumchen einpflanzen dürfe, dem der jeweilige Steinblock zugesellt wird. Die Aktion überlebte ihn.
Karan - 23. Jan, 22:30

Danke...

... daß Du an ihn erinnert hast!
Als ich mich noch regelmäßiger in Museen herumtreiben konnte, stand ich immer wieder mal beeindruckt vor einem Beuys. Einmal geriet ich sogar in eine kleine aber feine Sonderausstellung von Handzeichnungen, das war in London. Faszinierend...

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