Die oft übersehene "religiöse" Seite Jürgen Riegers

Jürgen Rieger ist landauf, landab bekannt als rechtsextremer Rechtsanwalt, Rassentheoretiker - und reich. Er setzt beachtliche Finanzmittel aus dem Nachlaß vermögender Nazis für Immobilienkäufe, die Unterstützung rechter "Kameradschaften" und obskure Vereine und Stiftungen, die sich mit "Fruchtbarkeitsforschung" und Ähnlichem beschäftigen, ein. Rieger ist Hauptfunktionär und Leiter der Artgemeinschaft - oder, in der Sprache des Boulevardjournalismus, "Chef einer Rassisten-Sekte". Nun ist er der NDP beigetreten.

NDP-blog:Neonazi-Anwalt Rieger tritt in die NDP ein
che:Der Rechtsruck bei der NDP

Nicht überraschend, denn Rieger hatte bereits als Landtags-Kandidat für die NPD kandidiert. Allerdings ist der Neo-Nazi-Anwalt selbst für NPD-Verhältnisse ein extremer Rechtsaußen. Sein Parteieintritt ist somit ein weiteres Zeichen für den Weg der "Nationaldemokraten" zur aggressiver rassistischen Neo-Nazisozialistischen Partei.

Eine Tatsache wird bei der erregten öffentlichen Diskussion um Rieger oft übersehen: Das "religiöse" Engagement Riegers ist mehr als eine skurrile Schrulle oder propagandisch-folkloristische Dekoration. Er und die "Artgemenschaftler" meinen es ernst.

Die "Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Daseinsgestaltung" beruft sich auf den alten nordisch-germanischen Götterglauben - obwohl der größte Teil ihrer Glaubenslehre auf ariosophischen Vorstellungen beruht, die erst vor ca. 100 Jahren entstanden. Auch da, wo sie sich auf authentische altnordische Überlieferungen berufen, gehen sie in der Regel von nationalromantischen Interpretationen aus, die von den meisten Religionswissenschaftlern und Fachhistorikern abgeleht werden. Mehr zur Ariosophie und zur rechten Heidenszene bei Odins Auge (ehemals Ariosophieprojekt der Nornirs Ætt). Sie verbreitet, neben allerlei germanischer Mythologie, "altdeutschem" Brauchtum und kräftigen Attacken gegen das Christentum (das als eine Abart des Judentums gesehen wird) auch völkisch-rassistisches und antisemitisches Gedankengut.
Der Rassismus der Argemeinschaftler beschränkt sich nicht "nur" auf die Theorie: So sollen sich "germanische Heiden" (sprich: Mitglieder der Artgemeinschaft) "gleichgeartete" Gatten aussuchen, d.h. Partner, die zur "nordischen" oder zur "fälischen" Rasse gehören. Nur so ließe sich die Weitergabe des genetischen Erbes an die Nachkommen sicherstellen. Entsprechend gilt "Rassenschande" neben Verrat und Meineid als großes Übel. Bemerkenswert ist eine auf den ersten Blick sehr sozial wirkende "Artgemeinschafts"-interne Familienunterstützung, die sich beim näheren Hinsehen als eine Art "Wurfprämie" für möglichst zahlreiche möglichst "nordische" Kinder entpuppt. Hinzu kommt eine (pseudo-) darwinistische Lehre vom "Leben als Kampf". Neben diesem "Artbekenntnis" genannten Rassismus und der "Wiedererweckung des Glaubens" (des Glaubens rechter Okkultisten aus Kaisers Zeiten?) geht es der "Artgemeinschaft" um die "Rekonstruktion der Volksgemeinschaft". Sie kämpft um "volkliche" Einheiten wie Gau und Stamm, Reich und Volk. Aufgebaut ist die Volksgemeinschaft nach dem Führerprinzip - durchaus als "wahre" Demokratie, als Einklang mit dem "Volkswillen", im Gegensatz zur "formalen Demokratie" des Parlamentarismus, gesehen. (Obacht also, wenn Rieger & Co. von "wahrer Demokratie" reden! Sie meinen damit eine totalitäre Diktatur!)

Das kultisch-religöse Element in der "Artgemeinschaft" ist meines Erachtens nicht zu unterschätzen. Der Glaube befähigt gerade kleine Gruppen zu einen Gemeinschaftsgefühl und einer Entschlossenheit, die die entsprechender "rein politischer" Splittergruppen bei weitem übertrifft. Wobei es letzten Endes unerheblich ist, ob die "Artgemeinschaftler" an germanische Götter oder doch eher an göttliche Germanen glauben. Jedenfalls verfügt Rieger als "Sektenchef" über eine weitaus größere "Hausmacht" als andere rechtsextreme Politiker.

Ärgerlich ist auch, dass die "Artgemeinschaft" ihr antidemokratisches und zutiefst rassististisches Konstrukt ausdrücklich als "Ásatrú" bzw. "Forn Siðr" bezeichnet. Mit dem in seit 1972 in Island, später auch in Dänemark, Norwegen und Australien als offizielle Religion anerkanntem modernen Ásatrú, wie es auch von zahlreichen keineswegs "rechten" und durchaus modernen Neuheiden in Deutschland praktiziert wird hat die Doktrin der "Artgemeinschaft" nur am Rande zu tun.
pantoffelpunk - 7. Sep, 20:46

Jaja...

Sehr interessante Seite, die Ihr dort betreut und füllt. Habe es als alter "Punker" (<-gnihihi, lustig, so in Anführungsstrichen) auf jeden Fall als Linker schon so oft erlebt, angemacht zu werden, weil ich einen Thorshammer trage... dabei steht dahinter nichts weiter, als dass mein Vorname "Thorshammer" bedeutet (Thor Sten -> Thor Stein[waffe]). Ach, die ollen Nazis, tragen linke Klamotten, linke Frisuren, bilden auf Demos autonome Blöcke bzw. rufen per Transpi dazu auf, es ist schon im wahrsten Sinne ein Kreuz mit denen.

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