Was ein "blinder Alarm" verrät
Sicherlich haben viele schon aus den Medien von der Sperrung des Flensburger Hauptbahnhofs wegen eines liegengelassen Paketes mit einem Gartengerät erfahren. Die ganze Absurdität der Situation wird aber erst deutlich, wenn man die im lakonischen Polizeideutsch abgefasste Pressemeldung der Polizei Flensburg liest:
Ich wünsche dem Paketvergesser viel Glück, gute Nerven, und gegebenenfalls eine kulante Haftpflichtversicherung und einen guten Anwalt.
Aber das ist nur ein Nebenaspekt. Vor dem "Krieg gegen den Terror" hätte so ein Paket keinen Großalarm ausgelöst. Es hätte wahrscheinlich erst mal eine Streifenwagenbesatzung das verdächtige Paket angesehen - und erst beim konkreten Verdacht Absperrungen angeordnet und den Kampfmittelräumdienst alarmiert. Wenn das Paket überhaupt der Polizei gemeldet worden wäre. (Ehrlich gesagt: wenn ich auf dem Bahnhofsplatz, also auf offener Straße ein herrenloses Paket sehe, dann sehe ich es mir erst mal aus der Nähe an, und wenn es so schlecht verpackt ist, schaue ich vielleicht sogar neugierig hinein. Falsches Heldentum? Nein, weil ich unter normalen Umständen bei so etwas so wenig an eine Bombe denke, wie beim Überqueren der Straße vor meiner Tür an einen mit über 200 km/h heranrasenden Sportwagen. Es gibt solche Idioten, aber sie sind zum Glück sehr selten.)
Inzwischen herrscht aber ein Klima, in dem grundsätzlich von dem schlimmsten vorstellbaren Szenario ausgegangen wird. Nicht nur, dass sofort der Verdacht, es könnte eine Bombe sein, aufkommt. Nein, es wird auch angenommen, dass die Bombe einen berührungsempfindlichen Zünder hat. Übrigens wären selbst wenn das Paket randvoll mit fachmännisch verdämmten militärischem Sprengstoff gefüllt gewesen wäre, die umfangreichen Absperr-Maßnahmen und Evakuierungen nur bei einer äußerst pessimistischen Einschätzung der Sprengwirkung wirklich sachlich gerechtfertigt gewesen.
Wahrscheinlich war die Angst, es könnte jemand den Vorwurf erheben, die Polizei hätte nicht das Menschenmögliche getan, ausschlaggebend. Was ich, aus der Sicht der Polizisten, sogar nachvollziehen kann. Dieses paranoide Denken ist ja sozusagen politische Vorgabe.
Das heißt anderseits: Auch wenn in diesem Fall gar keine Terroristen am Werk waren, haben die Terroristen auch in Flensburg wieder einmal gewonnen. Ihr Ziel: Angst verbreiten - und, dialektisch gedacht, den Staat zu für die Bevölkerung unerträglichen Maßnahmen veranlassen.
(Ich warte nur auf den "Sicherheitsexperten", der fordert, dass auch die "fahrlässige Vortäuschung einer Straftat", sprich, Vergessen eines Gepäckstückes, künftig unter Strafe gestellt werden soll. Unseren panikerfüllten Panikmachern traue ich in dieser Beziehung alles zu.)
POL-FL: Flensburg - Gartenfreund verursacht Vollsperrung am HauptbahnhofDie Überschrift lässt kaum einen Zweifel, dass auch die Polizei Flensburg von einem "Versehen" ausgeht. An der Stelle desjeniger, der seinen Vertikulierer vergessen hat, würde ich mich übrigens auf keinen Fall als Eigentümer melden - denn die möglichen Forderungen, die auf ihn oder sie zukommen, übersteigen den Wert des Gartengerätes um das Mehrtausendfache. Selbst wenn keine Absicht oder auch nur grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann, und daher eine Inrechnungstellung für den Fehlalarm nicht zu erwarten ist, sind damit Schadenersatzforderungen, etwa der Deutschen Bahn, nicht aus der Welt. (Jedenfalls erwarte ich, dass die Bahn es "erst mal versuchen" wird, auch bei für sie ungünstiger Rechtslage. Denn überraschend viele Menschen sind schon aus schlechtem Gewissen und Angst vor einem Rechtsstreit bereit, auch unberechtigten Forderung nachzugeben. Eine menschliche Schwäche, die erfahrungsgemäß gnadenlos ausgenutzt wird!)
Flensburg (ots) - Sonnabendmittag, gegen 12:50 Uhr, eilten Beamte des 1. Polizeireviers zum Hauptbahnhof, da hier ein mit Folie und Strick umwickeltes 80x80x30 cm großes Paket ohne Beschriftung auf dem Vorplatz lag.
Sofort erfolgte gemeinsam mit 16 Beamten der Bundespolizei die Räumung und großräumige Absperrung des Nahbereiches bis Höhe Hauptpost.
Der Zugverkehr wurde vorläufig gestoppt, Schienenersatzverkehr ab Tarp eingerichtet.
Die Maßnahmen wurden alle in enger Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und anderen Institutionen getroffen. So hielten sich Kräfte der Berufsfeuerwehr einsatzklar. Rettungswagen und Notarzt standen vor Ort bereit.
Der Kampfmittelräumdienst untersuchte das Paket, nachdem sich alle weiteren Einsatzkräfte aus der unmittelbaren Nähe entfernt hatten. Zunächst wurde ein mobiles Röntgengerät eingesetzt. Nach Auswertung des Bildmaterials wendeten die Spezialisten die Bewegungsprobe auf Distanz an.
Sie gaben Entwarnung, im Paket befand sich letztlich ein Vertikutierer.
Ob das Paket wissentlich herrenlos platziert oder einfach vergessen wurde, ist nicht bekannt.
Die Absperrmaßnahmen wurden gegen 16:00 Uhr aufgehoben.
Zeugen, Hinweisgeber oder Eigentümer melden sich bitte bei der Polizei unter 0461/484-0.
Ich wünsche dem Paketvergesser viel Glück, gute Nerven, und gegebenenfalls eine kulante Haftpflichtversicherung und einen guten Anwalt.
Aber das ist nur ein Nebenaspekt. Vor dem "Krieg gegen den Terror" hätte so ein Paket keinen Großalarm ausgelöst. Es hätte wahrscheinlich erst mal eine Streifenwagenbesatzung das verdächtige Paket angesehen - und erst beim konkreten Verdacht Absperrungen angeordnet und den Kampfmittelräumdienst alarmiert. Wenn das Paket überhaupt der Polizei gemeldet worden wäre. (Ehrlich gesagt: wenn ich auf dem Bahnhofsplatz, also auf offener Straße ein herrenloses Paket sehe, dann sehe ich es mir erst mal aus der Nähe an, und wenn es so schlecht verpackt ist, schaue ich vielleicht sogar neugierig hinein. Falsches Heldentum? Nein, weil ich unter normalen Umständen bei so etwas so wenig an eine Bombe denke, wie beim Überqueren der Straße vor meiner Tür an einen mit über 200 km/h heranrasenden Sportwagen. Es gibt solche Idioten, aber sie sind zum Glück sehr selten.)
Inzwischen herrscht aber ein Klima, in dem grundsätzlich von dem schlimmsten vorstellbaren Szenario ausgegangen wird. Nicht nur, dass sofort der Verdacht, es könnte eine Bombe sein, aufkommt. Nein, es wird auch angenommen, dass die Bombe einen berührungsempfindlichen Zünder hat. Übrigens wären selbst wenn das Paket randvoll mit fachmännisch verdämmten militärischem Sprengstoff gefüllt gewesen wäre, die umfangreichen Absperr-Maßnahmen und Evakuierungen nur bei einer äußerst pessimistischen Einschätzung der Sprengwirkung wirklich sachlich gerechtfertigt gewesen.
Wahrscheinlich war die Angst, es könnte jemand den Vorwurf erheben, die Polizei hätte nicht das Menschenmögliche getan, ausschlaggebend. Was ich, aus der Sicht der Polizisten, sogar nachvollziehen kann. Dieses paranoide Denken ist ja sozusagen politische Vorgabe.
Das heißt anderseits: Auch wenn in diesem Fall gar keine Terroristen am Werk waren, haben die Terroristen auch in Flensburg wieder einmal gewonnen. Ihr Ziel: Angst verbreiten - und, dialektisch gedacht, den Staat zu für die Bevölkerung unerträglichen Maßnahmen veranlassen.
(Ich warte nur auf den "Sicherheitsexperten", der fordert, dass auch die "fahrlässige Vortäuschung einer Straftat", sprich, Vergessen eines Gepäckstückes, künftig unter Strafe gestellt werden soll. Unseren panikerfüllten Panikmachern traue ich in dieser Beziehung alles zu.)
MMarheinecke - Samstag, 8. Oktober 2011