Freitag, 28. August 2009

Kackbraune Terroristen?

Man vergleiche das mediale Echo auf diesen kackbraunen "Hobbychemiker und Waffensammler" mit dem auf die dilettantischen Möchtegern-Djihadisten der "Sauerlandgruppe":
Gegen den 22-jährigen Neonazi aus Südbaden, der möglicherweise Bombenanschläge geplant hat, ist laut Medienberichten mittlerweile Haftbefehl erlassen worden. „Mit den bei einer Hausdurchsuchung entdeckten Chemikalien hätte der Mann innerhalb weniger Stunden explosionsgefährliches Material herstellen können“, sagte ein Polizeisprecher bei einer Pressekonferenz in Lörrach.

Außerdem stellte die Polizei zwei Gewehre und drei Pistolen, Messer, Dolche und Bajonette sicher. „Bei seiner Festnahme führte er zwei Messer im Rucksack und eines im Gürtel mit sich“, teilte ein Polizeisprecher weiter mit.
Haftbefehl gegen JN-Funktionär: Anschläge auf Antifas geplant?

Damit will ich nicht dazu aufrufen, wieder einmal die Gefahr des Rechtsterrorismus an die Wand zu malen. Das übernehmen zuverlässig unsere Innenpolitiker und "Sicherheitsexperten". Günther Beckstein, damals bayrischer Innenminister, warnte vor gut fünf Jahren vor einer “Braunen-Armee-Fraktion”. Seit mindestens 20 Jahren wird die Gefahr des Rechtsterrorismus immer wieder herbeigeredet. Es ist auch nicht das erste Mal, dass ein Neonazi beim Bombenbasteln erwischt wurde. Allerdings erwiesen sich manche von ihnen als V-Leute des Verfassungsschutzes.

Es gibt einen "Terror von rechts", allerdings sind seine Waffen keine Bomben, sondern Schlagringe, Baseballschläger und Benzin. Die Blutspur der inwändig braunen Schläger ist unübersehrbar und breit. Angriffe gegen Immigranten, sozial Schwache oder (vermeintlich oder tatsächlich) Linke und selbst Morde sind keine Einzelfälle. Opferverbände geben über hundert Tote an, die in den letzten Jahren auf das Konto der Ultrarechten gingen.
Das ist allerdings nicht das, was gemeinhin unter Terrorismus verstanden wird. Die meisten dieser Anschläge entwickelten sich "spontan", ohne große Planung - aber durch Täter, die fest davon überzeugt sind, dass ihre brutalen Taten bei "den Leuten" gut ankämen. Womit sie leider oft recht haben. Gegen spontan und lustvoll handelnden Gewälttäter helfen weder die Infiltration durch V-Leute noch hoher Überwachungsaufwand.

Dass die Ursachen rechter Gewalt in der "Mitte der Gesellschaft" zu suchen seien, ist längst eine Binsenwahrheit. Tatsächlich ist es so, dass es aus der Sicht eines Rechtsextremisten so erscheinen muss, dass "die Politik" insgeheim im Großen und Ganzen so denken würde wie er, nur nicht den "Mut" hat, so "konsequent durchzugreifen", wie es die Rechtsextremen gerne hätten.
Beispiele für eine Politik nach dem Herzen der Rechtsextremisten ist die "Festung Europa". Abschotten, auch mit Gewalt, gegen dunkelhäutige "Untermenschen" aus Afrika, das ist nach Unmenschens Geschmack. Wenn zum Beispiel selbst Kinder in Flüchtlingslagern interniert werden, dann sagt er "recht so!".
Es ist offensichtlich, dass die deutschen Gesetze gegen Einwanderung, die Abschiebeknäste und die de-facto Abschaffung des Asylrechtes Anfang der 1990er Jahre nicht ohne ein entsprechendes Weltbild und auch nicht ohne die Vermutung, dass man damit Wahlen gewinnen oder zumindest nicht verlieren würde, politisch erklärbar sind. Unser Rechtsextremist wird auch die immer noch weit verbreiteten rassistischen Vorurteilen der Bevölkerung beifällig zu Kenntnis nehmen, und auch nichts dagegen haben, dass öffentlich gegen "Faulenzer und Schmarotzer" gehetzt wird - das "gesunde Volksempfinden" funktioniert noch!
Auch an die fixe Idee, beispielsweise in der CDU, Deutschland besäße ein kulturell definierbares Volk, die regelmäßig "Leitkultur"-Debatten nach sich zieht, kann die rechtsextreme Gesinnung bequem anknüpfen.
Selbst der Ruf nach dem Obrigkeitsstaat, der von den unermüdlichen Warnern vor einer "abstrakt erhöhten Terrorgefahr" ausgeht, dürfte den Beifall unseres Rechtsextremen finden. Selbst wenn es zufällig gegen ihn gehen sollte: das versteht er, so denkt er auch: Hart durchgreifen, der Staat muss Flagge zeigen, Null Toleranz!

Warum also das unterschiedlich starke Echo auf Bombenbastler mit islamistischen und mit rechtsextremen Hintergrund? Ich vermute, das psychologische Prinzip, Schuld immer bei den "Anderen" zu sehen, spielt dabei eine Rolle: der Islamofaschismus - anders kann ich die Ideologie der Djihadisten schwerlich nennen - ist das "ganz Andere", die rassistische Paranoia "moderner" europäischer Rechtsextremisten "neurechter" und "klassisch" neonazistischer Bauart ist, jedenfalls in einige Aspekten, nicht allzu weit vom "politischen Mainstream" entfernt.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Geheimauftrag MARIA STUART...
Krisenfall Meuterei Der dritte Roman der Reihe "Geheimauftrag...
MMarheinecke - 9. Apr, 19:42
Urlaubs-... Bräune
Das "Coppertone Girl", Symbol der Sonnenkosmetik-Marke...
MMarheinecke - 1. Aug, 08:34
Geheimauftrag MARIA STUART...
Ahoi, gerade frisch mit dem Postschiff eingetoffen. Der...
MMarheinecke - 26. Mär, 06:48
Kleine Korrektur. Man...
Kleine Korrektur. Man kann/sollte versuchen die Brille...
creezy - 11. Nov, 11:29
strukturell antisemitisch
Inhaltlich stimme ich Deinem Text zwar zu, aber den...
dummerle - 5. Jun, 11:12

Suche

 

Status

Online seit 6729 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Credits


doof-aber-gut
Gedankenfutter
Geschichte
Geschichte der Technik
Hartz IV
Kulturelles
Medien, Lobby & PR
Medizin
Persönliches
Politisches
Religion, Magie, Mythen
Überwachungsgesellschaft
Umwelt
Wirtschaft
Wissenschaft & Technik
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren