Sonntag, 31. Mai 2009

Heillose Neuheiden?

Manchmal höre ich morgens den "Deutschlandfunk". Und ab und an kommt es sogar vor, dass ich sogar bei der "Morgenandacht" hinhöre. Meistens, weil irgend ein Wort mich aufhorchen ließ. Wie neulich, als ich noch vor der ersten Tasse Kaffee, also nicht vollständig wach, das Stichwort "aggressive Neuheiden" hörte.

Dank dem Manuskript-Archivs des "Medienbeauftragten der EKS" fand ich den Text dieser Morgenandacht wieder: Es ist die Morgenandacht vom 30. April 2009, von Pastor Karl-Martin Unrath, St. Wendel.

Wenn ich mir so ansehe, auf welche Sorten Neuheiden sich der gute Herr Pastor bezieht, kann ich seinen Standpunkt bis zu einem gewissen Grade nachvollziehen:
(...) Nein, vor dem offensiven Atheismus ist mir nicht bange. Vor einem aggressiven Neuheidentum allerdings schon. Nicht, weil das neue Heidentum für die Kirche gefährlich werden könnte. Das kann es nicht. Aber es ist gefährlich für die Menschen.
In einer Fernseh-Talkshow sitzt eine junge Frau, eine Hexe, wie sie sich selbst vorstellt. Man könne bei ihr beispielsweise einen Rachezauber kaufen, wirbt sie. Neben ihr ein Priester der allgermanischen heidnischen Front, offen antisemitisch und gewaltverherrlichend. Ein Satanist aus Berlin komplettiert die unheilige Dreifaltigkeit. Satanismus ist Körperarbeit, sagt er. Und es wird deutlich, dass "Körperarbeit" eine Umschreibung für sexuelle Besessenheit ist.
Also eine Kommerz-Hexe auf Leichtgläubigen-Fang, ein inwändig kackbrauner "Blut & Boden"-Kasper von der Allgermanischen Heidnischen Front und ein Satanist. Wobei Satanisten typischerweise etwa so viel mit Heidentum zu tun haben, wie Kirchenschiffe mit Schifffahrt. Typischerweise: denn es gibt immer Ausnahmen:
Kirchenschiff02
Ein Kirchenschiff

Die Frage, wieso keine seriöseren Vertreter der Neuheidentums in der Talkshow zu Gast waren, ist leider leicht zu beantworten: Weil Heiden im Fernsehen allzu oft nach Strich und Faden in die Pfanne gehauen werden (ein besonders übles Beispiel: Odin gab mir den Befehl), ist die Neigung der meisten Neuheiden, im Fernsehen aufzutreten, eher gering. Es gibt zwar erfreuliche Ausnahmen von der "alles bizarre Spinner"-Nummer, besagte Talkshow gehört aber sicher nicht dazu.
Dann sitzt da noch ein kirchlicher Sektenbeauftragter. Der Mann kennt sich aus, hat alles schon einmal gehört. Trotzdem – die Drei machen ihn schier sprachlos.
Kann ich mir bei jemandem z. B. von der EZW nicht so recht vorstellen. Einen Profi wie z. B. den Esoterik-Experten Matthias Pöhlmann überrascht meines Erachtens so leicht nichts. Es sei denn, die Sprachlosigkeit ist gespielt. Etwas Show gehört zur Talkshow immer dazu.
Schließlich fragt er: Meinen Sie wirklich, dass in dem, was sie da vertreten, Heil liegt? Darauf der Berliner Satanist: Wat für´n Heil denn? (...)
Eine inhaltlich andere Antwort von einem Satanisten hätte mich auch überrascht. Dem völkische Blut & Boden "Germanen" fällt zum Wort "Heil" sicherlich so Einiges ein, wahrscheinlich auch einiges, was er in einer Talkshow sicherheitshalber mit Blick auf den Paragraphen 86 a StGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) nicht ausspricht. Der "Hexe" würde ich glatt so eine Antwort zutrauen: "Heil habe ich gerade nicht auf Lager, ich kann es aber bestellen."

Was könnte aber ein seriöser Neuheide, z. B. von der Heilsgemeinschaft "Nornirs Ætt", auf die Frage nach dem Heil antworten? Ich würde dem Sektenbeauftragten antworte: "Selbstverständlich liegt in dem, was ich da vertrete, Heil."

Was ist aber dieses "Heil"?
Duke Mayer hat hierauf eine Antwort versucht, in der ich meine Ansicht gut wiederfinde. Eine ausführliche Antwort, die sich nicht auf ein kurzes Talkshow-Statement eindampfen lässt:
Heil (1) und Heil (2).
Der Einfachheit halber, und weil ich mich nicht hinter Dukes Rücken verstecken will, gehe ich von der Antwort Pastor Unraths aus. Die ist nämlich gar nicht mal so schlecht:
Heil, das ist Versöhnung statt Rachezauber, Frieden statt Gewaltverherrlichung, Freiheit statt Besessenheit.
Ja, das ist Heil - und noch viel mehr! Heil ist kein Zustand, den einer für sich allein haben kann. Es ist das Glück, der Erfolg, das Gedeihen, die wir uns gegenseitig geben. Der Pastor würde mir sicher auch zustimmen, wenn ich ergänze, dass Heil stets verbindlich ist. Seine Annahme hat immer Konsequenzen. Und von alleine, ohne eigenes Handeln, kommt kein Heil.
Heil, das ist im Leben und im Sterben Vertrauen auf die Liebe Gottes.
Da würde ich dem guten Herrn Pastor sagen: "Es stimmt (auch wenn ich mehreren Göttern vertraue) - aber was wir nie darüber vernachlässigen sollten: Heil ist auch im Leben und im Sterben Vertrauen aufeinander."
Ob es die Götter - oder Gott - wirklich gibt, lässt sich, da sowohl ein Gottesbeweis, wie ein Beweis der Nichtexistenz der Götter logisch nicht möglich ist, nicht sagen. (Das ich ab und an mit den Göttern spreche, und sie auf verschiedene Art antworten, ist kein Beweis, dass es sie wirklich gibt und wenn ja, dass es wirklich Götter sind. Es ist aber auch kein Beweis dafür, dass ich an Wahnvorstellungen leide.)
Die Frage nach dem Leben nach dem Tod ist schwer zu beantworten (allerdings werden ich die Antwort darauf totsicher und früh genug erhalten, weshalb ich darauf wenige Gedanken verschwende). Es besteht aber vergleichsweise wenig Zweifel daran, dass es unsere Mitmenschen und ein Leben vor dem Tod gibt. Daher ist Gottvertrauen gut, aber ohne Vertrauen in meine Mitmenschen zu wenig.

Pastor Unrath fürchtet sich vor einem aggressiven Neuheidentum. Und wenn ich mir so die Leute von der "Allgermanischen Heidnischen Front" ansehe, von "Nazitrus" wie in "Rasse-Jürgen" Riegers "Artgemeinschaft" gar nicht zu reden, dann kann ich das verdammt gut verstehen.
Allerdings ist für viele dieser kackbraunen Kameraden die germanische Mythologie nur reine Deko. Odin und Thor, Walküren und Einherjer als scheinbar unbelastete Folie zum Ausagieren von Macho- und Machtphantasien. Sicher, Mythen sind für die Blut & Boden-Leute und erst recht für Nazitrus wichtig - aber ihr "Germanentum" ist eine Ideologie der Gewalt, der Durchsetzung des Stärkeren, ganz im Sinne des Sozialdarwinismus. In diesem Sinne, durch dunkle braune ideologische Brillengläser, nehmen sie germanische Mythologie wahr und interpretieren sie entsprechend. Zum Beispiel zeichnet sich Thor, Fruchtbarkeitsgott und Beschützer der Menschen, durch die braune Brille gesehen vor allem durch Macht und Gewalt aus. Wer gar meint, Thor würde mit seinem Hammer allen Widerstand in Trümmer und Scherben schlagen, oder gar "das deutsche Volk vom verderbenden Ungeziefer" reinigen, der hat die braune Optik schon längst verinnerlicht. Unter "Heil" verstehen die Braunheiden sowieso etwas anderes als ich.

Neonazis und andere Rechtextremisten sind gefährlich - unabhängig davon, ob sie Heiden sind oder nicht. Kommerz-Hexen sind eine Gefahr - für den Geldbeutel. Wie gefährlich Satanisten sind, hängt von den jeweiligen Satanisten ab - bei sexualisierter Gewalt (nicht mit einvernehmlichem BDSM zu verwechseln) hört jedenfalls jeder Spaß auf.

Pastor Unrath hat Recht: für die Kirche sind noch so aggressive Neuheiden keine Gefahr - selbst, wenn sie Kirchen anzünden. Für einzelne Menschen schon - aber weil diese Neuheiden aggressiv sind, nicht, weil sie Heiden wären.

Kaffeefragen

Kursieren gerade auf einigen Blogs und in diversen Foren, ich mach mal mit:

1. Deine erste Tasse Kaffee, wann trinkst Du sie?
Zwischen Aufstehen und Aufwachen.

2. Wieviele Tassen trinkst Du täglich?
Zwischen null (selten) und sechs (nicht so selten).

3. Koffeinfrei oder Bohnenkaffee?
Kastrierter Kaffee (ohne Koffein) kommt mir nicht in den Becher (ggf. Tasse)!

4. Zucker, Milch oder Sahne?
Meistens schwarz, ab und an Milchkaffee (halb heißer Kaffee, halb warme Milch).

5. Deine bevorzugte Zubereitungsart?
Frisch gemahlen, dann in der "Drückerkanne" zubereitet. Alternativ: Espresso, wenn die Maschine gut ist.

6. Mit wem geniest Du Deinen Kaffee am liebsten?
*schweig*

7. Deine Lieblingsmarke?
Marke weniger, aber Sorte: eher milde Hochland-Arabica-Bohnen, mittelstark geröstet ("Wiener Röstung"), aus Ostafrika oder Mittelamerika. Für Espresso natürlich Espressoröstung.

8. Wo trinkst Du Deinen Kaffee vorzugsweise?
Auf dem Sofa sitzend, oder am Schreibtisch. Am liebsten aber draußen, in schöner Landschaft rastend, oder auch mal in einem stilvollen Café.

9. Wie sieht Deine Lieblingstasse aus?
Ist ein Lieblingsbecher und sieht so aus:
becher

10. Espresso, Cappuccino oder Latte Macchiato?
Espresso.

11. Bevorzugte Tätigkeit beim Kaffee trinken?
Genießen.

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