Mittwoch, 19. März 2008

Sir Arthur C. Clarke (16. Dezember 1917 – 19. März 2008)

Zum Tode von Arthur C.Clarke, dem große Raumfahrtvisionär und SF-Schriftsteller, ist heute schon so viel geschrieben worden, dass ich dem wenig hinzuzufügen hätte. Eine sehr umfassende und aktuelle Informationsquelle zum Leben und Wirken Sir Arthurs ist wieder einmal die (englischsprachige) Wikipedia: Arthur C. Clarke. Danach kann man sich das Lesen der meisten, meist schlecht recherchierten, Nachrufe sparen. (Dazu weiter unten mehr.)

Wer an Arthur C. Clarke denkt, der denkt unweigerlich an seine Mitarbeit beim Kinofilm "2001 - Odysee im Weltraum". Raumfahrtinteressierten ist Clarke eher dafür bekannt, dass er schon 1945 der den geostationären Orbit als Standpunkt für Nachrichtensatelliten vorschlug. Er war nicht der erste, der auf diese Idee kam - aber er war der erste, der sich dafür einsetzte, dass seine Vision auch Wirklichkeit wurde.
Das zeichnete den Visionär Arthur C. Clarke vor den meisten anderen SF-Autoren aus - er setzte sich aktiv für seine Visionen ein, als Erfinder, Publizist, "Netzwerker". Clarke war aktiv daran beteiligt, die bessere Welt zu erschaffen, von der er schrieb. Er war direkt (und finanziell) an Projekten beteiligt, die "High-Tech" an "Entwicklungsländer" weitergaben, das wichtigste ist das Arthur C. Clarke Center for Modern Technologie in Clarkes Wahlheimat Sri Lanka.
Dass er zukünftige technische Entwicklungen prognostizierte, ist für einen SF-Autor nicht ungewöhnlich, ungewöhnlich ist aber, dass er seine "Prognosen" als Anregungen für künftige Innovationen verstand. Anders ausgedrückt: er setzte bewusst auf den Mechanismus der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Dass eine hochentwickelte Technik am Ende der gesamten Menschheit nutzt, war Clarkes feste Überzeugung. Wie sein "Kollege", der SF-Schriftsteller Brian W. Aldiss, schrieb, sei das vielleicht eine naive Vision - aber Visionäre würden meistens dann am Besten funktionieren, wenn sie eine Aura von Naivität umgäbe. Aldiss bewunderte die wohltätige und strebsame Seite Clarkes, "es ist die andere Seite der Münze, die L. Ron Hubbard ebenfalls als Konterfei trägt".
Tatsächlich war der Scientology-Gründer L. Ron Hubbard ebenfalls ein SF-Schreiber, der versuchte, seine Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. Dabei unterschieden sich Ziele und Methoden Clarkes und Hubbards in einer Weise, dass man Hubbard als "Schatten" Clarkes beschreiben könnte. Allerdings war Clarke der bessere und erfolgreichere SF-Autor - was hoffen lässt, dass er auch auf lange Sicht der bessere und erfolgreichere Visionär sein wird.
Noch eine Randbemerkung: Arthur C. Clarke wurde von kritischen Rezensenten als "typischer Vertreter des Plastik-Optimismus der 60er Jahre" beschrieben, mit Blick auf den Film "2001" auch als "über-optimistischer "Raumfahrt-Propagandist". Dazu muss man allerdings wissen, dass Clarke selbst die in "2001" beschriebene Raumfahrt- und Computertechnik nicht mit diesem Datum versehen hat - auch in seinen futurologischen Aufsätzen forderte er die Leser immer auf, die angegebenen Jahreszahlen "cum grano salis" zu sehen. Er betonte, dass der Zeitpunkt vieler Ereignisse nicht von wissenschaftlichen oder technischen, sondern von ökonomischen oder politischen Erwägungen abhängen wird. Als Beispiel nannte er die Mondlandung, die am technisch "frühestmöglichen Termin" erfolgte, und zwar aufgrund einer politischen Entscheidung.
Clarke war auch in dem Sinne kein "billiger Optimist", dass er die negativen Folgen technischer Entwicklungen unterschätzt hätte - er war sogar einer der ersten Autoren, die sich mit ökologischen Problemen beschäftigten. Allerdings schrieb er keine Katastrophenszenarien, sondern lieber Romane, in denen die Menschen mit ihren ökologischen Problemen fertig geworden sind. Lösungsvorschläge statt Untergangsvisionen.

An dieser Stelle komme ich auf Nachrufe in deutschen Medien zurück, die zwar "gut gemeint" sind, die Sir Arthur wirklich nicht gerecht werden. Z. B. wird Clarke in der "Netzeitung" (Odyssee auf Erden beendet: Science-Fiction-Autor Clarke ist tot) als "Wanderer zwischen Naturwissenschaften und düsteren Zukunftsszenarien" beschrieben - da klischiert es mächtig, denn Clarkes Zukunftsszenarien sind nicht düstern, aber da SF-Autoren bekanntlich düstere Zukunftszenarien schreiben, muss das wohl auch auf Clarke zutreffen. Erstaunlich auch, wie wichtig die Story von der DNA-Probe, die "durchs All fliegen" soll, genommen wird: sie beruht auf einem Witz, den Clarke in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP machte.

Überhaupt nicht nachvollziehbar ist folgende Behauptung:
In den letzten Jahren widmete er sich in seinem Büchern dem Schicksal der Menschen im Zeitalter der Raumfahrt. Allerdings war er wenig optimistisch und erklärte, die Welt dürfte in wenigen Jahrzehnten unbewohnbar sein. In seinem Roman «3001: Die letzte Odyssee» aus dem Jahr 1998 hat menschliche Intelligenz nur im Weltraum überlebt, während auf der durch Klimakatastrophen zerstörten Welt nur noch einige primitive Lebewesen zu finden sind.
Der Roman "3001 - The Final Odysee" schildert eine Zivilisation, die das Sonnensystem besiedelt hat und in der in der Tat mehr Menschen freiwillig im (erdnahen) Weltraum leben, als auf der Erde. Die Erde ist in einem ökologisch wesentlich besseren Zustand als in der Gegenwart, sie wurde in eine Art Naturpark verwandelt. (Inhaltsangabe in der Wikipedia: 3001 The Final Odyssey).

In seiner jetzigen, ziemlich gut recherchierten, Form ist der Nachruf auf SpOn Zum Tode Arthur C. Clarkes gar nicht mal so schlecht. (Die erste, grauenhafte, Fassung war wohl ein typischer "SpOn-Schnellschuss".)

Allerdings behauptet der Artikel nach wie vor, dass Clarke überzeugt davon gewesen wäre, die Welt werde in einigen Jahrzehnten unbewohnbar sein.

Dieser Satz im Nachruf ist wohl ein Beitrag zum Wettbewerb "Wie bringe ich möglichst viele Fehler in einem Satz unter?":
In einem seiner letzten Werke, dem Roman "3001: The Last Odyssey" von 1997, erwacht der Pilot eines Raumschiffes nach tausend Jahren im Tiefschlaf und muss auf eine Erde zurückkehren, die durch Klimakatastrophen vollends verwildert ist und nur noch noch primitive Lebensformen beherbergt.
Es gibt keinen Roman Clarkes, der auch nur annähernd dieser Beschreibung entspräche - allerdings unzählige Romane anderer SF-Autoren mit ähnlichem Plot.

Das von einer pessimistischen Gundeinstellung Clarkes - bei aller Skepsis - keine Rede sein kann, zeigt seine eigene Geburtstagsbotschaft vom 16. Dezember 2007:
90th Birthday Reflections.

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