Warum gibt es heute weniger Morde als in früheren Zeiten?

Wir leben - trotz "asymetrischer" Kriege, deren Tote durchweg Nichtkombattanten sind, trotz Terror, Bürgerkriegen und Gewalt, trotz der Massenmorde, Genozide, Ethnozide, Vernichtungskriege - in einer historischen Epoche, in der das Risiko, von Menschenhand zu sterben, geringer ist, als je zuvor.

Der Wissenschaftsjournalist Jürgen Langenbach schrieb vor wenigen Tagen zu diesem Thema in "Die Presse":Anthropologie: Das Verschwinden der Gewalt

Nach Erhebungen des Kriminologen Manuel Eisner (Cambridge) starben In Europa im 15.Jahrhundert 41 von 100.000 Menschen pro Jahr einen Tod durch Menschenhand, dann sank die Rate von Jahrhundert zu Jahrhundert (19, 11, 3,2, 2,6), im 20. Jahrhundert lag sie bei 1,4. (Br. J. Criminol., 41, S.618)..

Warum ist das so? Langenbach verweist in seinem Artikel auf die Evolutionsbiologie - eine Forschungsrichtung, die überhaupt erst durch den Versuch entstanden ist, destruktives menschliches Verhalten (wie Mord) mit den Grundannahmen der Soziobiologie in Einklang zu bringen. In soziobiologischer Sicht werden Gene begünstig, die ihre Träger mit Verhaltensweisen ausstatten, mit denen sie die ihnen zur Verfügung stehende Zeit und Energie erfolgreicher im Kampf um knappe Ressourcen einsetzen können als konkurrierende Individuen oder Artgenossen. Kriege und Morde "aus niederen Motiven" wären kontraproduktiv, da ressourcenverschwendend. Außerdem ist Gewalt ist auch für Ausübende riskant. Wer also davon ausgeht, dass das menschliche Gewaltpotenzial genetisch bedingt ist, steht vor dem Problem, wieso sich Träger von Genen durchsetzen, die die "intraspezifische Aggression" begünstigten?

1988 schlugen Martin Daly und Margot Wilson im Buch „Homizid“ eine Erklärung vor, und zwar die, dass unser Gehirn generell gewaltbereit sei, aber diese genetisch bedingte Gewaltbereitschaft nur ein "Nebenprodukt" der Selektion wäre. In der Hauptsache gehe es um Status und Reproduktion, und dabei komme es schon einmal vor, dass Nebenbuhler handgreiflich werden. Das war sozusagen die Geburtsstunde der Evolutionspsychologie. (Es gibt auch noch weitaus radikalere Evolutionpsychologen, die etwa direkte Vorteile kriegerischen Verhaltens annehmen - oder Vergewaltigungen als wirksame Vermehrungsstrategie männlicher Genträger beschreiben.)

Das tatsächlich abnehmende Risiko, Opfer von Mordes, Totesstrafe, Krieg oder Totschlag zu werden, bringt die stramm biologistische Weltsicht der Evolutionspsychologie in Erklärungsnöte.

Um die Frage beantworten können, ob das Risiko, durch die Hand seiner Mitmenschen zu sterben, tatsächlich im Laufe der Menschheitsgeschichte abnahm, oder sich etwa daraus erklärt, dass die als Ausgangswert genommene frühe Neuzeit ein besonders "mörderisches" Zeitalter war, muss man das Gewaltpotenzial frühgeschichtlicher Gesellschaften untersuchen. Leider sind die archäologischen Funde zu spärlich, um statistisch haltbare Aussagen darüber zu erlauben, wie "mordlüstern" etwa die Menschen der Altsteinzeit waren.

Man greift deshalb auf eine Analogie aus der Etnologie ("Völkerkunde") zurück: Wie groß ist das Gewaltpotenzial in wildbeuterischen Stammesgesellschaften, die immerhin dem Typ Zivilisation, in dem die Menschheit fast die ganze Zeit ihrer Existenz gelebt hat, und der selbst heute nicht völlig verschwunden ist?

Langenbach folgt jenen, die von einem hohen Aggressionpotenzial ausgingen:
Auch die Gewalt zwischen Gruppen ging dramatisch zurück: Wenn Stämme von Naturvölkern aneinandergerieten, kämpfte ein höherer Anteil an Mitgliedern, ein höherer Anteil starb, und von der unterlegenen Gruppe blieb keiner am Leben.
Das Problem dabei ist, dass auch die Datenlage zu Kriegen zwischen "Naturvölkern" äußerst spärlich und bei älteren Berichten durch die sehr spezifischen Blickwinkel der Kolonisatoren und Missionare verzerrt sind. Was allerdings auffällt, sind die enormen Unterschiede zwischen friedliebenden und kriegerischen Kulturen. Wobei das Risiko, in einer friedliebenden Kultur hingerichtet oder ermordet zu werden, durchaus größer sein kann, als in einer kriegerischen.

Ich selber neige zu der Annahme, dass die geschilderten Zustände eher Ausnahmen waren. Normalerweise gehen sich Stammesgesellschaften aus dem Wege oder versuchen, einen erträgliches "Modus Vivendi" zu finden. Stammeskriege sind in "Normalzeiten" wohl eher "Grenzscharmützel" oder "Raubzüge", an denen sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung beteiligt.
Nur in Zeiten massiver Wanderungsbewegungen, sogenannter Völkerwanderungen, sah das anders aus - so, wie Langenbach es beschreibt.

Es führt meiner Ansicht in die Irre, wenn man diese Frage mit im weitesten Sinne biologischen oder auch individualpsychologischen Ansätzen zu erklären versucht. Weiter führt meiner Ansicht ein Blick auf die polit-ökonomischen Verhältnisse und auf die Gesellschaftsstruktur. Zentral ist die Frage: "Was ist ein Menschenleben wert?" - Wobei diese Frage sowohl "materiell" wie "ideell" zu beantworten wäre.

Folgendes Zitat stammt aus einer bekanntermaßen aggressiven Kultur, der der Nordgermanen (Stichwort: "Wikinger") :
Besser ist's lebend, als leblos zu sein:
wer lebt, kriegt die Kuh,
Feuer sah ich rauchen auf des Reichen Herd,
doch er lag tot vor der Tür.

Der Handlose hütet, der Hinkende reitet,
tapfer der Taube kämpft;
blind ist besser als verbrannt zu sein;
nichts taugt mehr, wer tot.
(Aus dem Alten Sittengedicht der Hávamál, in der Übersetzung von Felix Genzmer.)
Auch wenn die Dichtung des Hávamál schon hochmittelalterlich ist, also keinen unverfälscht heidnisch-germanischen Charakter hat,
dürfte die "dem Hohen" (Odin) in den Mund gelegten ethischen Anweisungen schon in der "Wikingerzeit" und wahrscheinlich sogar schon in der blutigen "Völkerwanderungszeit" gegolten haben. (Aussagen über das Gastrecht der Germanen oder ihr Verhalten im Kriege von antiken und frühmittalterlichen Autoren stimmen mit dem "Alten Sittengedicht" gut überein.)
Das bedeutet für den Wert eines Menschenlebens, in der "ökonomischen" Bedeutung: jeder Erwachsene, der noch irgend eine Aufgabe übernehmen konnte, war für die (Stammes-)Gemeinschaft nützlich und damit wertvoll. In der "ideellen" Bewertung bedeuten diese Verse, dass auch ein Leben als "Krüppel" noch lebenswert ist. Auch wenn Verallgemeinerungen immer riskant sind: selbst in einer kriegerischen Stammesgesellschaft scheint ein Menschenleben nicht "wertlos" gewesen zu sein.
Das "Alte Sittengedicht", nämlich der Missbrauch seiner letzten Strophe, zeigt, in welcher Art Gesellschaft ein Menschenleben wirklich wenig wert ist.
Besitz stirb, Sippen sterben,
du selbst stirbst wie sie;
eins weiß ich, das ewig lebt:
der Toten Tatenruhm.
(in der Übersetzung von Felix Genzmer)
Dieser Spruch war und ist bei den Nazis und ihren Vorläufern, Mitläufern und Nachfolgern äußerst beliebt, und erschien im 12-jährigen Reich auf zahlreichen Kalendern, wurde in zahlreichen "Heldengedenkreden" zitiert und stand auf nicht wenigen Gedenksteinen für im Krieg getötete deutsche Soldaten. Selbstverständlich ohne den Kontext dieser Strophe zu berücksichtigen.

Als Faustregel lässt sich sagen, dass das Risiko des Einzelnen von Menschenhand zu sterben, in dem Maße abnimmt, in dem der Einzelnen für gesellschaftlich wertvoll erachtet wird. Oder: je offener eine Gesellschaft ist, je demokratischer seine politische Kultur, desto sicherer sind ihre Bürger vor dem Tod durch ihre Mitmenschen.
Eine vielleicht überraschende Tatsache: es gab noch niemals einen Krieg, bei dem beide Parteien halbwegs intakte demokratische Rechtsstaaten gewesen wären.
Damit lässt sich die abnehmende Gewaltkurve seit dem ausgehenden Mittelalter zwanglos erklären: sie korreliert mit der Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte.
Gesellschaften, in denen "das Ganze" über "den Einzelnen" gestellt wird, in denen das Prinzip "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" gilt, laufen immer Gefahr, dass der Einzelmensch zum bloßen "Menschenmaterial" herabgewürdigt wird - unabhängig übrigens vom ökonomischen System - auch Marktwirtschaften sind dagegen nicht gefreit. Wenn erst einmal der Schritt zum "Menschenmaterial" gemacht ist, ist es erfahrungsgemäß nicht mehr weit bis zum "Verheizen" von "wenig wertvollem Menschenmaterial" im Kriege und in der Zwangsarbeit, bis hin zum Mord an "unnützen Essern" und zum "präventiven" Mord an potenziellen Gegnern des Regimes. Unüberbotener Höhepunkt dieser Entwicklung war der bisher einzige Staat, dessen oberstes Staatsziel die Ermordung Abermillionen von Menschen einschloss: Deutschland, 1933 - 1945.

Wie sah es aber im Altertum aus? Die meisten frühen städtischen Hochkulturen waren stramm hierarchisch organisiert, ihre noch heute bewunderten architektonischen Leistung beruhten auf Zwangsarbeit (und nicht auf Sklavenarbeit: ein Sklave hat immerhin einen individuellen Wert für seinen Halter, der sein Eigentum nicht mutwillig zerstören wird, während Zwangsarbeit nur eine "Ressource" ist - gibt es genügende Zwangsarbeiter, kommt es auf deren Leben nicht mehr an. Unser Bild vom "Altertum" wird vor allen von solchen hierarchischen Staatsgebilden bestimmt - und von Zeiten der Völkerwanderungen.

Ich nehme deshalb an, dass es von der Gesellschaftsordnung abhängt, wie groß das Risiko des Einzelnen ist, ermordet zu werden.
Psychologische oder gar biologische Faktoren, deren Existenz ich keineswegs bestreite, treten dem gegenüber weit in den Hintergrund.
Ingo Bading - 2. Feb, 23:50

Jäger und Sammler waren wohl schon gewalttätiger

Ja, ich war auch ursprünglich von der These überrascht, daß die Gewaltraten in Jäger- und Sammler-Völkern so wesentlich höher gelegen haben sollen und liegen, als sogar im Europa des 20. Jahrhunderts.

Tatsächlich berichtet das aber fast jeder Forscher, der schon einmal in Papua-Neuguinea geforscht hat, daß dort zumeist mehr als die Hälfte aller Männer und ein großer Teil der Frauen eines gewaltsamen Todes stirbt. (In noch sehr ursprünglich lebenden Stämmen.) Das heißt nicht, daß diese Menschen nicht zugleich auch hochgradig friedliebend sind und außerordentlich viel Freundlichkeit ausstrahlen. Die meisten Morde werden auch aus dem Hinterhalt verübt an friedlichen Menschen, die sich in der Situation gar nicht wehren können. Das wird auch gar nicht als diskreditierend angesehen.

Exakt genauso auch bei den Kopfjäger in Myanmar.

Das ist also vielfach auch eine ganz andere Psyche, aus der heraus diese Dinge geschehen als wir das so im Westen für "normal" ansehen. (Mord gilt zwar bei uns sowieso nicht als "vorbildlich" - aber "hinterhältiger", "feiger" Mord wird bei uns noch mal als eine Stufe übler und ekelhafter angesehen ... Ganz anders diese Völker.)

Und von den Yanömamö ist die hohe Gewaltrate ja sowieso bekannt, obwohl sie ansonsten ein hochgradig sympathisches, freundschaftliches Sozialleben aufweisen, auch alle immer sehr kinderfreundlich sind.

Ich glaube jedenfalls, die Statistiken kann man wenig anzweifeln. Insbesondere ist es auch wichtig zu wissen, daß in vielen Stämmen nicht nur Auseinandersetzungen zwischen Gruppen eine Rolle spielen bei den hohen Todesraten durch Gewalt, sondern durchaus auch Ehestreitigkeiten und ähnliches. Das ist schon vor einigen Jahren mal umfangreicher durch die Wissenschafts-Presse gegangen, glaube auch in "Bild der Wissenschaft", wenn ich mich recht erinnere.

Übrigens kann man, was ausgerechnet "die Kriege zivilisierende Rolle von demokratischen Rechtsstaaten" betrifft, auch heute noch so seine eigenen Gedanken haben ... Apropos: Waren die Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg nicht so demokratisch wie die Nordstaaten? (Nicht polemisch gefragt, ich weiß es gerade einfach nicht.) Auch der Krieg zwischen England und den Buren in Südafrika dürfte zwischen zwei eher demokratisch verfaßten Gruppen stattgefunden haben. Alter schützt vor Torheit nicht und Demokratie schützt davor erst recht nicht, ist meine Meinung.

MMarheinecke - 3. Feb, 12:57

Was ja durchaus stimmt ...

... denn wie Du sicher gemerkt hast, habe ich meine Aussagen absichtlich ziemlich "steil" formuliert. Ich könnte die These, dass es noch nie einen Krieg zwischen zwei intakten Demokratien gab, sicherlich verteidigen (und ohne Schwierigkeit gegen Kritik "immunisieren", einfach indem ich mich auf die Formulierung "intakte" Demokratie zurückziehe), aber darum geht es mir weniger.
Entscheidend ist, dass ich der Ansicht bin, dass die gesellschaftliche Faktoren darüber entscheiden, wie sicher ein Menschenleben in einer Gesellschaft ist.

Den von Dir erwähnten Artikel aus "bild der wissenschaft" nahm ich seinerzeit zum Anlass, folgenden Beitrag zu bloggen:
"Naturvölker": mehr Morde als in der Bronx. Mit einigen skeptischen Anmerkungen hinsichtlich der statistischen Gültigkeit (die Stichproben sind arg klein), aber grundsätzlich zustimmend.
Ich schrieb damals:
Ganz falsch ist das Klischee von den "friedlichen Naturvölkern" nicht: zwischen Jäger-Sammler-Gruppen finden keine Kriege statt. Das ist erst bei sesshaften Stammesgesellschaften der Fall: Für sie wäre es zu verlustreich, durch Wegzug auf Ressourcen zu verzichten. Sie verteidigen sich. Der eigentliche "Brennstoff" für Stammeskriege ist allerdings die kollektive Rache. Bei den weniger organisierten Wildbeutern ist Rache eine persönliche Angelegenheit, die weder die Sippe noch den Stamm zur Blutrache verpflichtet.
Bezogen auf "moderne" Gesellschaftsmodelle vertrete ich folgende Thesen:
Gibt es gar keine anerkannte Autoritäten, die schlichten oder Recht sprechen können (Situation bei Wildbeutern, Situation bei zusammengebrochener Autorität, tendenziell aber auch Situation in einer libertären Gesellschaft ohne "Minimalstaat"), dann herrscht das Faustrecht. Entsprechend ist mit vielen Morden und Totschlägen zu rechnen.
Gibt es hingegen eine uneingeschränkte Autorität, die nach Gutdünken über ihre "Untertanen" verfügen kann, dann gibt es zwar nur wenige "private" Morde. Allerdings lässt sich eine uneingeschränkte Autorität erfahrungsgemäß nur durch Angst aufrecht erhalten - womit regelmäßig Todesstrafen und "Menschenopfer" im weitesten Sinne einher gehen. Außerdem werden die die Gesellschaft bestimmenden Autoritäten (die mit der Regierung identisch sein können, aber nicht müssen) ihre Eigeninteressen zu "Gemeinschaftsinteressen" erklären. Damit steigt z. B. das Risiko von Angriffskriegen.
Am wenigsten Wert ist das Leben des Einzelnen in totalitären Systemen, die sich einerseits mit Terror nach innen und außen stablilisieren, andererseits die Interessen des Einzelnen zugunsten der "Gemeinschaft" negieren. Im deutschen Machtbereich zwischen 1941 und Mai 1945 gab für den Einzelnen eine größere "Chance" , eines gewaltsamen Todes von Menschenhand zu sterben, als im 15. Jahrhundert. Darin eingerechnet sind zwar auch die Opfer der allierten Kriegsführung - wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die Gegner Deutschland keine Alternative zu einer rücksichtslosen Kriegführung hatten. Sie mussten zehntausende, oft auch moralisch unschuldiger, Menschen töten, um Millionen unschuldiger Menschen das Leben zu retten. (Der "Generalplan Ost" sah den Mord an rund 30 Millionen "nicht eindeutschungsfähigen" Menschen vor - zusätzlich zu der geplanten Ermordung aller ca. 12 Millionen Juden in Europa und den Mittelmeerraum.)
Die totalitären Systeme unter Stalin und Mao sahen zwar keine systematischen Programme zum millionenfachen Mord zu, die Entwertung eines Menschenlebens über eine relativ lange Zeit und eine großen Machtbereich zogen aber dennoch Millionen von Toten nach sich. In absoluten Zahlen vergleichbar mit den deutschen Mordfabriken.
Als Faustregel gilt: je autoritären ein System ist, desto mehr ist der Einzelne mit Leib und Leben diesem System ausgeliefert.
Daraus ergibt sich meine Grundeinstellung, dass (staatliche) Autorität ein "notwendiges Übel" ist und mein Misstrauen sogar gegenüber staatlichen Einrichtungen, von deren Existenz ich profitiere
Jari (Gast) - 3. Feb, 14:24

Interessant...

Weshalb ich mehr Polizei mit höherem Budget begrüßen würde, aber diesen ganzen Überwachungsmist ablehne. Der Staatapparat muss sowohl die Bürger voreinander schützen, als auch vor sich selbst schützen, vor allem aber nicht sich selbst vor seinem Volk schützen.

...finde ich in diesem Zusammenhang die Sami (auch "Lappen" oder (früher) finnas genannt) die m.W. einst eine äusserst friedvolle Kultur waren, bevor sie von den Finnen assimiliert und vertrieben wurden. Die Chance durch einen Sami zu sterben war sehr gering, jedoch starben viele Sami durch die sie umgebenden Völker (Tartaren, Wikinger, später dann christliche Europäer usw.).
Ihnen sind auch zwei m.E. gute Filme gewidmet :) ("Kuckuck", "Pathfinder - Die Rache des Färtensuchers"). Gibts zu den historischen Sami auch Forschungen zu Gewalt und Krieg?

Gruß, Jari

Ingo Bading - 3. Feb, 16:14

Chruchill und Roosevelt nicht besser, als Hitler und Stalin

Ja, schöner Artikel über den bdw-Aufsatz von Thorwald Ewe. Dann sind wir uns weitgehend einig.

Was moderne Demokratien betrifft: Chruchill und Roosevelt unterschieden sich, was Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod von Millionen unschuldiger Zivilisten betrifft, in keiner Weise von Hitler und Stalin.

Der Historiker Klaus Hildebrand hat das in dem bekannten Piper-Band zum Historikerstreit von 1986 in die Worte gefaßt: "Das Zeitalter der Tyrannen", wobei er Roosevelt und Churchill bewußt mit einbezog.

MMarheinecke - 3. Feb, 19:43

Der Vergleich hinkt

Es stimmt, dass sowohl Churchill wie auch Roosevelt für ihre Ziele den Tod von zahllosen Zivilisten hinnahmen. Es stimmt leider auch, dass ihre Ziele nicht in erster Linie darauf gerichtet waren, die europäischen Juden vor den Todesfabriken zu retten. Ralph Giordano schrieb nicht zu unrecht davon, dass schon 1944 der Frieden verloren ging, bevor der Krieg beendet war - sprich: dass Einflusszonen abgesteckt und gegen den Verbündeten UdSSR gerichtete Aktivitäten, einschließlich Fühlungnahme mit "NS-belasteten", aber "nützlichen" Deutschen, begonnen wurde. Wobei keineswegs verschwiegen werden sollte, dass es zu dieser Zeit längst bekannt war, dass Stalin in allen von der Roten Armee befreiten Gebieten moskauhörige Satellitenstaaten errichtet würde. Vielleicht hat es die Chance für ein demokratisches, antifaschistisches Nachkriegseuropa nie wirklich gegeben.
Aber es liegen Welten zwischen den Kriegszielen eines Churchill oder eines Rosevelts - und selbst denen "gemäßigter" deutscher und japanischer Militärs, die in heimlicher Opposition zu ihrer Führung standen. Selbst Stalins Eroberungspläne wirken, angesichts der enormen Blutzolls der sowjetischen Bevölkerung und der erschreckenden Verluste der Roten Armee, nachvollziehbar.
Ob Churchill oder Rosevelt Tyrannen waren? Sie waren immerhin durch faire Wahlen demokratisch legitimiert - und die Regierung Churchill wurde kurz nach Kriegsende trotz seiner enormen Popularität abgewählt. Sie standen einer - wenn auch kriegsbedingt schwachen - parlamentarischen Opposition gegenüber.

Nein, Churchill und Rosevelt waren keine Engel. Sie waren nicht einmal Politiker mit hohen moralischen Grundsätzen. Wäre sie es gewesen, hätte der 2. Weltkrieg wahrscheinlich viel länger gedauert. Mit einigen Millionen Toten, Krüppeln, Heimatlosen mehr.
Köppnick - 6. Feb, 20:42

Statistik!?

Wenn man den 1. und 2. WK einrechnet, dann kommt man auf eine Mordquote von mindestens 5% im 20. Jahrhundert. Meiner Meinung nach ist das Einzige, was man aus der zitierten Statistik entnehmen kann, dass durch das Übertragen des Gewaltmonopols vom Einzelnen an den Staat auch das Töten anderer Menschen jetzt weitgehend durch diesen verantwortet wird.

Und auch bei der Rechtsauslegung, dass noch nie 2 demokratische Staaten übereinander hergefallen sind, habe ich Zweifel. Das ist eine Betrachtung a posteriori - man kann so im Nachhinein als Ursache eines Krieges undemokratische Tendenzen in ein Gemeinwesen hinein interpretieren, die man noch einen Tag vor Kriegsausbruch übersehen hat.

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