Stromlinie
Heute (20.Mai 2006) wird Cherilyn LaPiere Sarkisaian Bono Allman, besser bekannt als Cher, 60 Jahre alt. Oder, wie nicht nur Klatschkolumnisten kalauern, werden Teile von ihr 60. Cher, die Zeitlose. Was nicht ganz gerecht ist, auch wenn sie selbstironisch einräumt, "the poster girl of plastic surgery" zu sein. Die meisten der vielen haarsträubenden Schönheitsoperationen, die man ihr nachsagt, fanden nicht im OP, sondern in den Redaktionsräumen der Boulevardpresse statt. Urban Legends Reference Page: Claim: Cher had her lowest pair of ribs surgically removed to achieve an ultra-small waist.
Status: False.
Was den Klatsch antreibt, ist offensichtlich: Chers - jedenfalls für amerikanische Verhältnisse - extrem "gewagte" Kostüme. Agressive Erotik ruft immer zwiespältige Reaktionen, bis hin zur Doppelmoral, hervor: Gut für die Verkaufzahlen, schlecht für "Image".
Weil aber diese agressive Erotik, unter Showbiz-Bedingungen, nur mit einen attraktiven Aussehen funktioniert, und das knallharte körperliche Trainung, dem sich die Sängerin und Schauspielerin seit jeher unterwirft, auch keine ewige Jugend garantiert, war der Gang zum Schönheitschirurgen eine offensichtliche Option. Jedenfalls in einer vom "Jugendwahn" geprägten Umwelt.
Es fällt aber, wenn man sich alte und neue Fotos aus ihrer 40 jährigen Karriere ansieht (z. B. hier) noch etwa auf: die Tochter eines Armeniers und einer Cheerokee wirkte am Anfang ihrer Karriere erheblich "nichtweißer" als später.
Nicht zufällig fiel ihrer ersten Schönheits-Op ihre markante Nase zum Opfer.
In den 70er Jahren, als sie sich noch rebellisch-hippiemäßig gab, thematisierte sie sogar ihre Abkunft. "Half Breed" aus dem Jahr 1973 ist ein eindrucksvolles Dokument jener Zeit, mit einem Text, der deutlichst auf ihre Herkunft anspielt:
Der Titel war sehr erfolgreich, es gab sogar ein deutschsprachiges Cover, "Halbblut" von Joy Fleming.
(Nebenbei: als ich neulich "Half Breed" auf einem Oldie-Sender hörte, war ich überrascht, welch gute und interessante Musik "Plastik-Cher" mal gemacht hatte.)
Mit den Image-Wechsel von "rebellisch" zu "glamourös" änderte sich das das Schönheitsideal, dem sie nacheiferte, ins Barbiepuppenhafte, Stromlinienförmige.
Um einen etwas gewagten Bogen zum Thema Multikulti und PC zu schlagen: In den 70er spielte Cher, ob beabsichtig oder nicht, die Rolle einer "kulturellen Bereicherung" in Sinne der (damals noch nicht so genannte) Multikulturalität. Oder die der Exotin, die sich zu ihrer Exotik bekannte. "Politisch korrekt" waren die für Pop-Songs relativ kritischen Texte ohnedies. Etwas gefällige Empörung, die niemandem weh tut. Jedenfalls so lange, bis sich Ende der 70er Frauenrechtsgruppen wegen ihres (angeblichen) "Sex Sklaven"-Image einen Sturm der Empörung entfesselten - der bezeichnenderweise gerade von keineswegs feministische gesonnenen "Moralaposteln" unterstützt wurde.
Die Exoten-Rebellen-Nummer hatte sich als Sackgasse entpuppt. Kommerzieller Dauererfolg ist mit Außenseiter-Image wohl nicht zu machen. Also paßte sie sich an. Auch dem gängigen Schönheitsideal. Auch mittels Chirurgie.
Sie ist kein Einzelfall. Das spektakulärste und tragischte Beispiel im Show-Biz dürfte Michael Jackson sein, der versuchte, immer gefällig "hübscher" und immer "weißer" zu werden.
Nachtrag: Ich habe mich mal aus Neugier - und um mich abzulenken - auf diversen "Cher"-Websites umgegoogled. Einiges ist dabei ganz interessant.
Offenbar liegt der Hauptgrund, weshalb ausgerechnet über ihre Schönheis-OPs so viel gelästert wird, darin, dass Cher bei diesem Thema, bei dem anscheinend jeder heuchelt, eben nicht heuchelt. Sie gab ja auch in den 80er zu, dass sie mitunter mit (männlichen) Groupies in die Kiste steigt. Das darf "man" als Popstar - wenn man Mann ist und es bei eindeutigen Anspielungen beläßt. Die Folge: bösartiger Klatsch, "wenn die das schon zugibt, ist ihr alles zuzutrauen". Bisher war mir Cher eher unsympatisch, aber ich bin geneigt, mein Urteil über die Frau zu revidieren.
Eine weitere Sache, die ich ihr, weil sie mich sonst nicht wirklich interessiert, nicht zugetraut hätte: Ein nicht-kommerzielles Album namens not.com.mercial , das ausschließlich über das Internet vertrieben wird und das, glaubt man dieser Rezi, not.com.mercial von ihr selbst im Laufe von über 20 Jahren geschriebene, Songs enthält, die ich einer "lebenden Barbie-Puppe" wirklich nicht zugetraut hätte:
Status: False.
Cher attempted to combat the story with common sense: "If that [rumor] were true," she said, "how could I do those health club commercials, in which I wear next to nothing? I'd be scarred all over. And could I wear the kind of clothes I do if I'd had all those many operations? Wouldn't there be visible scars everywhere?Tatsächlich dürfte es zahlreiche Prominente geben, die ebenso so oft oder noch öfter unter dem Messer des Schönheitschirurgen lagen als Cher, ohne deshalb Daueropfer der Lästerkolumnisten zu werden. Selbst wenn die Ergebnisse unübersehbar und nicht immer gelungen sind: Awful Plastic Surgery.
Was den Klatsch antreibt, ist offensichtlich: Chers - jedenfalls für amerikanische Verhältnisse - extrem "gewagte" Kostüme. Agressive Erotik ruft immer zwiespältige Reaktionen, bis hin zur Doppelmoral, hervor: Gut für die Verkaufzahlen, schlecht für "Image".
Weil aber diese agressive Erotik, unter Showbiz-Bedingungen, nur mit einen attraktiven Aussehen funktioniert, und das knallharte körperliche Trainung, dem sich die Sängerin und Schauspielerin seit jeher unterwirft, auch keine ewige Jugend garantiert, war der Gang zum Schönheitschirurgen eine offensichtliche Option. Jedenfalls in einer vom "Jugendwahn" geprägten Umwelt.
Es fällt aber, wenn man sich alte und neue Fotos aus ihrer 40 jährigen Karriere ansieht (z. B. hier) noch etwa auf: die Tochter eines Armeniers und einer Cheerokee wirkte am Anfang ihrer Karriere erheblich "nichtweißer" als später.
Nicht zufällig fiel ihrer ersten Schönheits-Op ihre markante Nase zum Opfer.
In den 70er Jahren, als sie sich noch rebellisch-hippiemäßig gab, thematisierte sie sogar ihre Abkunft. "Half Breed" aus dem Jahr 1973 ist ein eindrucksvolles Dokument jener Zeit, mit einem Text, der deutlichst auf ihre Herkunft anspielt:
My father married a pure Cherokeecher - "half breed"
My mother's people were ashamed of me
The indians said I was white by law
The White Man always called me "Indian Squaw"
Der Titel war sehr erfolgreich, es gab sogar ein deutschsprachiges Cover, "Halbblut" von Joy Fleming.
(Nebenbei: als ich neulich "Half Breed" auf einem Oldie-Sender hörte, war ich überrascht, welch gute und interessante Musik "Plastik-Cher" mal gemacht hatte.)
Mit den Image-Wechsel von "rebellisch" zu "glamourös" änderte sich das das Schönheitsideal, dem sie nacheiferte, ins Barbiepuppenhafte, Stromlinienförmige.
Um einen etwas gewagten Bogen zum Thema Multikulti und PC zu schlagen: In den 70er spielte Cher, ob beabsichtig oder nicht, die Rolle einer "kulturellen Bereicherung" in Sinne der (damals noch nicht so genannte) Multikulturalität. Oder die der Exotin, die sich zu ihrer Exotik bekannte. "Politisch korrekt" waren die für Pop-Songs relativ kritischen Texte ohnedies. Etwas gefällige Empörung, die niemandem weh tut. Jedenfalls so lange, bis sich Ende der 70er Frauenrechtsgruppen wegen ihres (angeblichen) "Sex Sklaven"-Image einen Sturm der Empörung entfesselten - der bezeichnenderweise gerade von keineswegs feministische gesonnenen "Moralaposteln" unterstützt wurde.
Die Exoten-Rebellen-Nummer hatte sich als Sackgasse entpuppt. Kommerzieller Dauererfolg ist mit Außenseiter-Image wohl nicht zu machen. Also paßte sie sich an. Auch dem gängigen Schönheitsideal. Auch mittels Chirurgie.
Sie ist kein Einzelfall. Das spektakulärste und tragischte Beispiel im Show-Biz dürfte Michael Jackson sein, der versuchte, immer gefällig "hübscher" und immer "weißer" zu werden.
Nachtrag: Ich habe mich mal aus Neugier - und um mich abzulenken - auf diversen "Cher"-Websites umgegoogled. Einiges ist dabei ganz interessant.
Offenbar liegt der Hauptgrund, weshalb ausgerechnet über ihre Schönheis-OPs so viel gelästert wird, darin, dass Cher bei diesem Thema, bei dem anscheinend jeder heuchelt, eben nicht heuchelt. Sie gab ja auch in den 80er zu, dass sie mitunter mit (männlichen) Groupies in die Kiste steigt. Das darf "man" als Popstar - wenn man Mann ist und es bei eindeutigen Anspielungen beläßt. Die Folge: bösartiger Klatsch, "wenn die das schon zugibt, ist ihr alles zuzutrauen". Bisher war mir Cher eher unsympatisch, aber ich bin geneigt, mein Urteil über die Frau zu revidieren.
Eine weitere Sache, die ich ihr, weil sie mich sonst nicht wirklich interessiert, nicht zugetraut hätte: Ein nicht-kommerzielles Album namens not.com.mercial , das ausschließlich über das Internet vertrieben wird und das, glaubt man dieser Rezi, not.com.mercial von ihr selbst im Laufe von über 20 Jahren geschriebene, Songs enthält, die ich einer "lebenden Barbie-Puppe" wirklich nicht zugetraut hätte:
Hier wird zwar auch zum Teil über die Liebe gesungen, aber nicht im typischen Popgewand, zudem werden auch heikle Themen behandelt und kritisiert, beispielsweise der Vietnamkrieg, der Selbstmord von Curt Cobain (Nirvana), Patriotismus und die katholische Religion.Nehme ich "alte 70er Hits" wie "Gypsies, Tramps And Thieves" und "Half Blood" hinzu, dann habe ich den Verdacht, dass ich eine respektable und eigenwillige Künstlerin auf die "Kunstfigur" Cher reduziert habe.
Kein Wunder also, dass die CD in Amerika sogar ein "Parental advisory"-Sticker bekam, eine Warnung, die sich sonst hauptsächlich auf den Werken von Künstlern wie 50 Cent, Marilyn Manson oder Slipknot finden lässt.
MMarheinecke - Samstag, 20. Mai 2006